Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Mag. Stefanie Lugger, Mag. Kersten Bankler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (5.500 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. November 2017, GZ 1 R 74/17k-19, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. März 2017, GZ 29 Cg 37/16k-13, nicht Folge, der Berufung der klagenden Partei hingegen Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.197,38 EUR (darin 366,23 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist ein klageberechtigter Verein iSd § 29 KSchG. Die Beklagte ist ein nachgeordnetes Kreditinstitut der ***** AG, das österreichweit tätig ist und rund 137.000 bis 140.000 *****Card-Kunden hat. Sie verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bzw Vertragsformblätter. Das vorliegende Verfahren betrifft das Begehren des Klägers, der Beklagten die Verwendung sowie die Berufung von insgesamt sechs dieser oder sinngleicher Klauseln zu untersagen und ihn zur Veröffentlichung der klagsstattgebenden Teile des Urteilsspruchs in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teils der „Kronen-Zeitung“, hilfsweise in einem vom Gericht auszuwählenden Medium, zu ermächtigen. Die wechselseitigen Vorbringen werden in der Folge dargelegt.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren unter Setzung einer sechsmonatigen Leistungsfrist zu den Klauseln 1 bis 4 und 6 statt und ermächtigte den Kläger hinsichtlich dieser Klauseln zur Urteilsveröffentlichung. Das Unterlassungsbegehren zur Klausel 5 sowie das Veröffentlichungsbegehren der Beklagten hinsichtlich des Klagsabweisenden Teils wies es ab.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinn einer gänzlichen Klagsstattgabe und einer Änderung der Leistungsfrist (dreimonatige Frist für die Verwendung, sofortige Unterlassung des Sich-Berufens auf die Klauseln) sowie einer Abweisung des Gegenveröffentlichungsbegehrens der Beklagten ab. Die Revision wurde für zulässig erklärt.
In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsabweisung mit der vom Erstgericht gesetzten Umsetzungsfrist; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
I. Die Auslegungsgrundsätze für Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter wurden bereits vom Erstgericht umfassend dargelegt; darauf wird verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
II. Zu den einzelnen Klauseln
1. Klausel 1:
44.1. Wir können mit Ihrer (auch stillschweigenden) Zustimmung (Punkt 46.2) neue Entgelte einführen und Erhöhungen der Entgelte (Abschnitt N) im Wege einer Anpassung an den von der Statistik Austria veröffentlichten Verbraucherpreisindex 2010 (VPI) oder des an seine Stelle tretenden Index vornehmen. Die Anpassung erfolgt durch Vergleich der Indexwerte vom Juli des vergangenen Jahres mit Juli des vorvergangenen Jahres. Das sich aus der Anpassung ergebende neue Entgelt wird kaufmännisch auf zehn Cent gerundet. Wurde Ihnen in einem Jahr die sich aus der Entwicklung des VPI ergebenden Entgeltanpassung nicht im Wege des Punktes 46.2 vorgeschlagen, kann Ihnen diese Änderung auch später noch mit Wirkung für die Zukunft vorgeschlagen werden.
Der Kläger brachte vor, die Klausel verstoße gegen § 864a, § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG. Sie beinhalte das Recht, neue Entgelte einzuführen, wobei Anlass und Höhe in keiner Weise bestimmt oder beschränkt seien, und sehe eine Entgeltanpassung auch noch nachträglich vor. Änderungsvorbehalte mit derartigen Zustimmungsfiktionen müssten dem Grunde und dem Umfang nach an das Vorliegen sachlich gerechtfertigter Gründe gebunden sein. Tatsächlich würden auch bislang kostenlose Kartenverträge in kostenpflichtige umgewandelt. Im Fall des Widerspruchs eines Konsumenten riskiere dieser die Kündigung durch die Beklagte, sodass die Widerspruchsmöglichkeit oftmals nicht wahrgenommen werde.
Die Beklagte bestritt und wandte ein, die Klausel beinhalte kein einseitiges Abänderungsrecht, sondern beziehe sich auf den (unbeanstandeten) Pkt 46 der AGB, in dem ein zweiseitiges Verfahren zu Vertragsänderungen vorgesehen sei. Vertragsbedingungen könnten damit nur bei (konkludenter oder expliziter) Zustimmung des Karteninhabers geändert werden. Pkt 46 der AGB stelle eine exakte Abbildung des § 29 Abs 1 ZaDiG über die Änderung des Rahmenvertrags dar. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs würde § 29 Abs 1 ZaDiG richtlinienwidrig aushebeln. Es liege auch keine unbeschränkte Änderungsmöglichkeit vor, weil die Entgelterhöhung an den VPI gekoppelt sei. Regelungen zu Entgeltänderungen in Verträgen über Dauerschuld-verhältnisse seien für Kunden auch nicht überraschend. Die Kunden könnten auch jederzeit widersprechen sowie frist- und kostenlos kündigen.
Das Erstgericht erachtete die Klausel aufgrund der unbestimmten und schrankenlosen Berechtigung zur „Einführung neuer Entgelte“ als gröblich benachteiligend und intransparent. Erhöhungsmöglichkeiten müssten auch nach Umfang und Häufigkeit determiniert sein. Hinzu komme, dass eine Senkung nicht im gleichen Maße, sondern gemäß Pkt 44.3. erst bei einer negativen Indexentwicklung um mehr als 5 % erfolgen solle.
Das Berufungsgericht gab Pkt 46.5. der AGB wieder:
„Die Einführung neuer Entgelte sowie weitere Entgeltänderungen, die über die unter Punkt 44.1. und 44.2. normierten Grenzen hinausgehen, können nur mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung erfolgen. Wir schlagen Ihnen die Änderungen wie unter Punkt 46.1 beschrieben vor. Damit die Änderungen in Kraft treten, müssen Sie per E-mail an … [Beklagte] zustimmen. Nehmen Sie nicht an, bleibt vorerst Ihr Vertrag aufrecht. Diesfalls haben wird das Recht, den Vertrag gemäß Punkt 33 zu kündigen.“
Gemäß Pkt 44.1 der AGB sei die Einführung neuer Entgelte und die Erhöhung von Entgelten mit – auch stillschweigender – Zustimmung des Verbrauchers möglich. Nach Pkt 46.5 sei aber dessen ausdrückliche Zustimmung erforderlich. Da der Verbraucher mit zwei jeweils eindeutigen, einander widersprechenden Bestimmungen konfrontiert sei, sei die beanstandete Klausel 44.1 intransparent. Dies gelte auch unter isolierter, Pkt 46.5 außer Acht lassender Betrachtungsweise, weil nach der Rechtsprechung eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulasse und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lasse, intransparent sei. Für eine geltungserhaltende Reduktion sei kein Raum. Pkt 44.1 sei daher zur Gänze unwirksam.
In ihrer Revision zitiert die Beklagte Art 42 Abs 6 und Art 44 Abs 1 Zahlungsdienste-RL, die von der Notwendigkeit von Vertragsänderungen im Massengeschäft ausgingen. Die Rechtsprechung nehme eine Vorverlagerung der Inhaltsprüfung vor. Die Klausel lasse auch nicht eine Änderung in nahezu jede Richtung und in unbeschränktem Ausmaß zu, weil Entgelterhöhungen nach dem Wortlaut der Klausel ausschließlich im Wege der Anpassung an den VPI zulässig und sohin ausreichend determiniert seien.
Diese Argumentation der Revision zeigt keine Unrichtigkeit der – selbstständig tragfähigen (vgl RIS-Justiz RS0118709) – Beurteilung des Berufungsgerichts auf, dass Pkt 44.1 im Widerspruch zu Pkt 46.5 der AGB stehe. Die Revision hält aber auch jener Rechtsprechung nichts entgegen, wonach Art 44 der Zahlungsdienste-RL nicht das Zustandekommen der Vereinbarung über die Möglichkeit einer Vertragsänderung per Zustimmungsfiktion regelt, sondern das Bestehen einer solchen Vereinbarung voraussetzt. Die Beurteilung, ob eine Vereinbarung über eine Zustimmungsfiktion nach den allgemeinen Regelungen des nationalen Rechts wirksam abgeschlossen wurde, ist dadurch nicht Gegenstand der Richtlinie, sodass es in diesem Punkt auch keiner Klärung einer Auslegungsfrage des Unionsrechts durch den EuGH bedarf (s 8 Ob 58/14h [2.8., Klausel 10]; 9 Ob 26/15m [3., Klausel 3]; 9 Ob 31/15x [9.3., Klausel 13 und 28]). Die Revision gibt in diesem Punkt daher keinen Anlass zur Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen.
2. Klausel 2:
44.2. Sollten sich unsere Kosten im oben genannten Zeitraum abweichend vom VPI entwickeln, dürfen wir mit Ihrer (auch stillschweigenden) Zustimmung (Punkt 46.2) eine Entgelterhöhung bis zum Dreifachen der Entgelterhöhung nach Punkt 44.1 vornehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Veränderung unserer Kosten für die Erbringung von Zahlungsdiensten und der Veränderungen unseres Personal- und Sachaufwandes gerechtfertigt erscheint und wir Sie in unserem Informationsschreiben (Punkt 46.1) darüber informierten, dass die geplante Entgelterhöhung abweichend von Punkt 44.1 erfolgen soll.
in Verbindung mit:
44.4. Sie haben das Recht auf eine Punkt 44.2 entsprechende Entgeltsenkung, wenn die in Punkt 44.2 genannten Voraussetzungen der Kostenentwicklung vorliegen, bis zum höchstens Dreifachen der betreffenden Entwicklung des VPI. Dies gilt nur, wenn und soweit die Entgeltsenkung nicht bereits durch 44.3 abgedeckt ist.
Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG, weil interne, für Verbraucher nicht einsehbare Kostenveränderungen der Beklagten, etwa auch aus Kalkulationsfehlern, überwälzt werden könnten. Eine Entgeltsenkung werde demgegenüber erst bei einer negativen Indexentwicklung von mehr als 5 % durchgeführt, es fehle an der „Anpassungssymmetrie“. Auch könne die Deckelung der Erhöhung mit dem Dreifachen der VPI-Anpassung leicht umgangen werden. Zudem würden im Wege der Erklärungsfiktion die engen Wertungen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG umgangen. Pkt 44.4 gebe dem Verbraucher bloß das Recht, von der Beklagten eine Entgeltsenkung zu verlangen, wenn sich deren Kosten besser entwickelten als der VPI. Ein Verbraucher könne mangels Einblick in die internen Kosten der Beklagten aber nie erkennen, ob die Voraussetzungen dafür vorlägen, es liege nur eine scheinbare Symmetrie vor.
Die Beklagte wandte ein, die Klausel erfasse die zweiseitige Änderungsmöglichkeit nach Pkt 46 der AGB. § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und die Judikatur zu Änderungsvorbehaltsklauseln, die dem Unternehmer das einseitige Recht zur Vertragsänderung bei Vorliegen objektivierter Umstände einräumten, seien nicht anwendbar. Bei betrieblichen Notwendigkeiten von Entgelterhöhungen erhalte der Vertragspartner ein Informationsschreiben mit konkreten Änderungsvorschlägen. Er könne ausdrücklich seine Zustimmung erklären, frist- und kostenlos kündigen oder Widerspruch erheben. Befürchtungen, dass er in einen für ihn nachteiligen Vertragsstatus gezwungen werde, seien daher nicht zutreffend. Ob eine Änderung sachlich gerechtfertigt sei, sei im Rahmen der Inhaltskontrolle des konkreten Änderungsangebots zu beurteilen.
Das Erstgericht sah in der Klausel einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG. Die Beklagte stelle bei der Erhöhungsmöglichkeit in Pkt 44.2. ganz allgemein auf eine negative Entwicklung von bankinternen Kosten wie Personal- und Sachkosten sowie Kosten zur Erbringung ihrer Leistung ab und könne jeglichen Kalkulationsirrtum oder jedwede interne kostenrelevante „Misswirtschaft“ auf den Kunden überwälzen. Die Parameter seien für den Kunden nicht nachvollziehbar und nicht kalkulierbar. Damit sei auch das formale Recht auf eine Entgeltsenkung für den Kunden wertlos.
Das Berufungsgericht erachtete die Klausel 44.2 bereits aufgrund ihres Querverweises auf die unzulässige Klausel 44.1 als unwirksam. Darüber hinaus gebe sie dem Kunden keine verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition, weil die für eine Entgelterhöhung im Umfang des Dreifachen der Erhöhung des Jahres-VPI des Vorjahrs erforderlichen Voraussetzungen Umstände anführten, die nicht nachvollziehbar eingegrenzt werden könnten. Zudem entspreche die Normierung der Umstände, unter denen dem Kunden ein Recht auf Entgeltänderung nach Pkt 44.4 der AGB zustehe, nicht den Anforderungen des § 6 Abs 3 KSchG.
In ihrer Revision bringt die Beklagte vor, die drei eine Entgelterhöhung rechtfertigenden Umstände (rechtliche Rahmenbedingungen, Veränderungen der Kosten für die Erbringung von Zahlungsdienstleistungen, Veränderungen des Personal- und Sachaufwands) seien naturgemäß unbekannte Größen. Im Umfeld eines beweglichen Marktsystems müsse es erlaubt sein, bei deren Änderungen zu reagieren. Dass der Verbraucher passiv sei und sich jede Änderung gefallen lasse, sei nicht (mehr) haltbar. Vorabänderungsklauseln, die § 29 Abs 1 ZaDiG und § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entsprächen, seien nicht dem „Allesfresser“ Transparenzgebot zu unterwerfen. § 29 ZaDiG lege das grundsätzlich zweiseitige Verfahren für sämtliche Änderungen des Rahmenvertrags fest und wolle die Kriterien des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG explizit und ausschließlich auf einseitig zulässige Vertragsänderungen betreffend Zinssätze und Wechselkurse angewendet wissen.
Auch auf diese Argumentation ist nicht näher einzugehen:
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, soll durch das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG erreicht werden, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen so gestaltet werden, dass der Verbraucher durch ihre Lektüre eine klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition erhält (RIS-Justiz RS0115217 [T14]). Ein Querverweis in einem Klauselwerk oder ein Verweis auf Preislisten führt an sich noch nicht zur Intransparenz im Sinn von § 6 Abs 3 KSchG. Allerdings kann im Einzelfall unklar sein, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammenwirken der aufeinander bezogenen Bestimmungen ergeben. Weiters führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RIS-Justiz RS0122040).
Da die Klausel 44.2 die Möglichkeit einer Entgelterhöhung „bis zum Dreifachen der Entgelterhöhung nach Punkt 44.1“ vorsieht, Pkt 44.1 jedoch, wie vorstehend dargelegt, unwirksam ist, ist nach dieser Rechtsprechung auch die verweisende Bestimmung unzulässig. Dies gilt ebenso für die auf Pkt 44.2 verweisende Bestimmung des Pkt 44.4.
3. Klauseln 3 und 4:
Klausel 3: 40.1. Auf dem Kartenauftrag haben Sie die Möglichkeit zu wählen, ob Sie eine kostenlose Zustellung der Kontoauszüge auf elektronischem Weg oder eine Zustellung der Kontoauszüge per Post, für die EUR 2,00 pro Kontoauszug verrechnet werden, wünschen. Je nachdem, welche Vorgehensweise Sie auf dem Kartenauftrag ausgewählt haben, erfolgt die Zustellung der Kontoauszüge an Sie rechtswirksam durch die Benachrichtigung über die Verfügbarkeit des Kontoauszuges an die zuletzt bekannt gegebene E-Mail-Adresse oder per Post an die zuletzt bekannt gegebene Adresse. Wenn Sie eine Zustellung der Kontoauszüge auf elektronischem Weg gewünscht haben, ist eine Registrierung erforderlich. Die Registrierung zu diesem elektronischen Zustellservice muss von Ihnen selbstständig über das E-Konto durchgeführt werden. Auf Ihren (jederzeit widerruflichen) Wunsch hin erfolgt auch bei Vorhandensein einer E-Mail-Adresse die Zustellung per Post, allerdings gegen Verrechnung von Versandspesen für jeden Kontoauszug in Höhe von EUR 2,00 (Punkt 51).
Klausel 4: 51. Entgelte: Versandspesen für die gewünschte postalische Zustellung der Kontoauszüge gemäß Punkt 40.1: EUR 2,00.
Der Kläger sieht in den Klauseln einen Verstoß gegen § 27 Abs 1 ZaDiG und § 879 Abs 3 ABGB. Ein Zahlungsdienstleister müsse seine Informationspflichten nach § 31 Abs 4 ZaDiG unentgeltlich erfüllen. Wenn mit einem Zahlungsdienstnutzer im Rahmenvertrag eine Übermittlung der Monatsabrechnung im Postweg vereinbart worden sei, dürfe dafür kein Kostenersatz verrechnet werden. Auch sei die Rechnungslegung eine Nebenleistung aus dem Kreditkartenvertrag, die die Beklagte damit unentgeltlich erbringen müsse. Der Kunde sei nach Pkt 16 der AGB zur Überprüfung der Monatsabrechnung verpflichtet. Für Konsumenten ohne elektronischen Zugang sei eine postalische Zustellung daher unerlässlich. Für die Verrechnung eines Entgelts wie auch für die Höhe der Gebühr fehle eine sachliche Rechtfertigung. Die Gebühr sei mit 2 EUR auch mehr als doppelt so hoch wie bei anderen Kreditkartenunternehmen.
Die Beklagte bestritt und wandte ein, die Klausel entspreche der Ausnahmebestimmung des § 31 Abs 5 ZaDiG, wonach der Kunde verlangen könne, dass die Übermittlung der Informationen, die ihm kostenlos per E-Mail zur Verfügung gestellt würden, auf eine andere Weise, etwa postalisch, gegen „angemessenen Kostenersatz“ erfolgen könne. Die Pauschale von 2 EUR sei im Hinblick auf die einzukalkulierenden internen Sach- und Personalkosten für Druck, Kuvertierung und Versandvorbereitung sowie die externen Versandspesen (Porto) angemessen. Die Entscheidung 4 Ob 141/11f sei, da das TKG betreffend, nicht übertragbar.
Das Erstgericht stellte fest, dass das Porto für eine Briefsendung im Inland aktuell durchschnittlich 1 EUR und die Vollkosten der Beklagten für die Übermittlung der Papierrechnung, sohin unter Einbeziehung des eigenen Sach- und Personalaufwands, pro Rechnung zumindest 2 EUR betragen würden. Die Klausel verstoße gegen §§ 27 Abs 1, 31 Abs 5 ZaDiG. Sie widerspreche der Intention der Richtlinie und des österreichischen Gesetzgebers, wonach die (erstmalige) Übermittlung bzw Zugänglichmachung grundsätzlich kostenfrei erfolgen solle und für die Übermittlung in Papierform Aufwandersatz, aber kein Entgelt verlangt werden dürfe. Die Beklagte könne daher lediglich Barauslagen, aber keine Abgeltung ihrer eigenen Leistungen im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Informationspflichten bzw der Rechnungslegung verlangen.
Das Berufungsgericht erachtete die Klausel ebenfalls als unwirksam. Nach den Vorgaben der Zahlungsdienste-RL (ErwGr 26 und 28; Art 32, Art 41 und Art 43) habe der Zahlungsdienstnutzer das Recht, einschlägige Informationen kostenlos zu erhalten. Die entsprechende Umsetzung finde sich in § 27 Abs 1 erster Satz ZaDiG. Die Entgeltfreiheit beziehe sich auf alle dem Kunden nach dem ZaDiG oder anderen Rechtsvorschriften geschuldeten Informationen, demnach auch grundlegende Informationen über ausgeführte Zahlungsvorgänge. Die monatliche Information über die Zahlungsvorgänge im Rahmen eines Rahmenvertrags habe ebenso kostenlos zu erfolgen. Für die „häufigere“ Übermittlung von Informationen oder die Übermittlung zusätzlicher Informationen könnten hingegen angemessene und an den tatsächlichen Kosten ausgerichtete Entgelte erhoben werden. Die Materialien legten nahe, dass der Gesetzgeber § 31 Abs 5 ZaDiG als Regelung einer solchen „häufigeren“, nämlich nicht erstmaligen Mitteilung angesehen habe. Nach ihnen handle es sich nämlich bei der in § 31 Abs 4 ZaDiG geregelten monatlichen Mitteilung um eine zusätzliche periodische Information. Die – auch zu 9 Ob 31/15x nicht ausdrücklich verneinte – Frage, ob § 31 Abs 5 ZaDiG der in Art 32 iVm 38 Zahlungsdienste-RL vorgesehenen Unentgeltlichkeit der erstmaligen Bereitstellung von Informationen über transaktionsrelevante Daten widerspreche, könne auch hier dahinstehen, weil § 31 Abs 5 ZaDiG die Einbeziehung des dem Unternehmen entstehenden internen (Sach- und Personal-)Aufwands nicht gestatte. Die Materialien führten als einziges Beispiel eines zulässigerweise zu verrechnenden Aufwands „Porto“ und damit einen dem Unternehmer gegenüber einem Dritten entstehenden, nicht aber einen internen Aufwand an. Dazu komme, dass Art 32 iVm Art 38 Zahlungsdienste-RL für die (erstmalige) Bereitstellung der transaktionsrelevanten Daten die Verrechnung eines „Entgelts“ schlechthin untersage. Der Richtlinie liege ein weiter Entgeltbegriff zugrunde, der auch einen Aufwands- bzw Kostenersatz nach § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG umfasse. Eine richtlinienkonforme Interpretation des „angemessenen“ Kostenersatzes des § 31 Abs 5 ZaDiG führe dazu, dass für die Mitteilung jedenfalls kein Anspruch gebühre, der zusätzlich zum Porto die dem Zahlungsdienstleister entstehenden internen Kosten beinhalte.
In ihrer Revision beruft sich die Beklagte auf § 31 Abs 5 ZaDiG. Ein „angemessener“ Kostenersatz sei auch nicht auf das Porto oder Barauslagen zu beschränken, sondern indiziere die Einkalkulierbarkeit der unternehmerischen Mehrkosten (Ausdrucken und Kuvertieren der Kontoauszüge, Postläufe für in- und ausländische Zustellungen).
Folgendes war zu erwägen:
3.1. Gemäß § 27 Abs 1 ZaDiG hat die Bereitstellung von Informationen gemäß § 26 Abs 1, 3 und 4 in Verbindung mit §§ 28 bis 30, 31 Abs 1 bis 4, 32 und 33 durch den Zahlungsdienstleister an den Zahlungsdienstnutzer unentgeltlich zu erfolgen. Für darüber hinausgehende Informationen sowie deren häufigere Bereitstellung oder Übermittlung in anderer als im Rahmenvertrag vorgesehener Weise kann ein angemessenes und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtetes Entgelt vereinbart werden, sofern diese Leistungen auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers erbracht und gesondert vereinbart werden. Eine darüber hinausgehende Verrechnung von Entgelten für Informationen ist unwirksam.
Die Bestimmung setzt Art 32 der Richtlinie 2007/64/EG (idF: RL) um, wonach der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer die Bereitstellung von Informationen nach diesem Titel nicht in Rechnung stellen darf (Abs 1). Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können Entgelte für darüber hinausgehende Informationen oder für deren häufigere Bereitstellung oder für ihre Übermittlung über andere als die im Rahmenvertrag vorgesehenen Kommunikationsmittel vereinbaren, sofern die betreffenden Leistungen auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers erbracht werden (Abs 2). Darf danach ein Entgelt in Rechnung gestellt werden, so muss es angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein (Abs 3).
Diese Regelung wird in Art 40 der Richtlinie 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 (Payment Service Directive II; PSD II) fortgeführt. Sie wird nunmehr wortgleich in § 33 ZaDiG 2018 BGBl I 2018/17, umgesetzt.
In der Rechtsprechung wurde bereits festgehalten, dass sowohl der Richtlinie als auch dem ZaDiG ein weiter Entgeltbegriff zugrunde liegt. Das zeigt sich insbesondere daran, dass § 27 ZaDiG pauschal von Entgelten spricht, damit aber zwei Arten solcher Entgelte meint: Zum einen den Aufwandersatz nach Abs 1 und 3 und zum anderen das Entgelt im engeren Sinn nach Abs 2 (s RIS-Justiz RS0128554; zB 9 Ob 31/15x mwN).
3.2. Die Informationspflichten zu einzelnen Zahlungsvorgängen innerhalb eines Rahmenvertrags werden in § 31 ZaDiG geregelt.
Gemäß § 31 Abs 2 ZaDiG hat nach Belastung des Kontos des Zahlers mit dem Betrag eines einzelnen Zahlungsvorgangs oder – falls der Zahler kein Zahlungskonto verwendet — nach Eingang des Zahlungsauftrags der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem unverzüglich die nachstehenden Angaben in der in § 26 Abs 1 Z 1 vorgesehenen Weise mitzuteilen: Z 1–5 …
Dabei sieht § 26 Abs 1 Z 1 ZaDiG als Mitteilungsform die Papierform oder, sofern der Zahlungsdienstnutzer damit einverstanden ist, einen anderen dauerhaften Datenträger vor.
Gemäß § 31 Abs 4 S 1 ZaDiG kann der Rahmenvertrag vorsehen, dass die Informationen nach Abs 2 und Abs 3 mindestens einmal monatlich und nach einem vereinbarten Verfahren so mitgeteilt oder zugänglich gemacht werden, dass der Zahler die Informationen nach Abs 2 und der Zahlungsempfänger die Informationen nach Abs 3 unverändert aufbewahren und reproduzieren kann.
Gemäß § 31 Abs 5 ZaDiG kann der Zahlungsdienstnutzer jedoch vom Zahlungsdienstleister verlangen, dass die Informationen gemäß Abs 2 und Abs 3 einmal monatlich gegen angemessenen Kostenersatz übermittelt werden.
Aus § 27 Abs 1 iVm § 31 ZaDiG ergibt sich daher, dass die Bereitstellung von Informationen unentgeltlich zu erfolgen hat, wenn es sich um die Bereitstellung von Informationen nach Maßgabe eines Rahmenvertrags iSd § 31 Abs 4 ZaDiG handelt, nicht aber, wenn der Tatbestand des § 31 Abs 5 ZaDiG erfüllt ist (zu diesem s Pkt 3.5.).
Die Entscheidung 9 Ob 31/15x (Kostenersatz für Übermittlung der Monatsabrechnung in Papierform) steht einer solchen Prüfung nicht entgegen, weil dort die Frage, ob eine solche vertragliche Regelung den Anforderungen des § 31 Abs 4 ZaDiG und § 27 Abs 1 ZaDiG nach einer unentgeltlichen Informationserteilung genügt, nicht geprüft wurde. In dem der Entscheidung 1 Ob 105/14v zugrunde liegenden Fall folgte die Unwirksamkeit jener Klausel (Verrechnung einer Gebühr für die Bereitstellung von Kontoauszügen neben Versandspesen) bereits aus der Unzulässigkeit der Verrechnung einer über den Aufwandersatz hinausgehenden Gebühr.
3.3. § 31 Abs 4 ZaDiG setzt Art 47 Abs 2 der RL 2007/64/EG (nunmehr: Art 57 Abs 2 PDS II) um, nach dem der Rahmenvertrag eine Klausel enthalten kann, wonach die Informationen nach Abs 1 mindestens einmal monatlich und nach einem vereinbarten Verfahren so mitgeteilt oder zugänglich gemacht werden, dass der Zahler die Informationen unverändert aufbewahren und reproduzieren kann.
Nach ErwGr 27 RL wird damit zwischen zwei Arten unterschieden, auf denen Informationen vom Zahlungsdienstleister gegeben werden müssen. Entweder sollte die Information mitgeteilt, dh vom Zahlungsdienstleister von sich aus übermittelt werden, ohne dass der Zahlungsdienstnutzer sie ausdrücklich anfordern muss, oder die Information sollte dem Zahlungsdienstnutzer unter Berücksichtigung seines etwaigen Ersuchens um nähere Informationen zugänglich gemacht werden. In letzterem Fall sollte der Zahlungsdienstnutzer selbst aktiv werden, um sich die Informationen zu verschaffen (Einloggen in die Mailbox des Bankkontos; Kontoauszugsdrucker). Zu diesem Zweck sollte der Zahlungsdienstleister sicherstellen, dass die Informationen zugänglich sind und dem Zahlungsdienstnutzer zur Verfügung stehen.
Wenngleich die Art und Weise der Informationserteilung damit auch jene auf einem dauerhaften Datenträger berücksichtigt, ist doch unzweifelhaft, dass das „Mitteilen“ der Informationen jedenfalls auch eine Informationserteilung im Wege der Papierform umfasst. Das entspricht auch dem Grundanliegen, dass die Informationen und Vertragsbedingungen (Art 42 RL bzw Art 52 PDS II) sowie Informationen an den Zahler bei einzelnen Zahlungsvorgängen (Art 47 Abs 1 RL bzw Art 57 Abs 1 PDS II) in der in Art 41 Abs 1 RL (Art 51 Abs 1 PDS II) vorgesehenen Weise, nämlich in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitgeteilt werden sollen
(s auch Art 43 RL bzw Art 53 PDS II). ErwGr 28 hält weiter fest, dass die monatliche Information über die Zahlungsvorgänge im Rahmen eines Rahmenvertrags kostenlos erfolgen soll.
Die Möglichkeit der kompilierten, nämlich mindestens einmal monatlichen Mitteilung der Informationen über einzelne Zahlungsvorgänge iSd § 31 Abs 4 ZaDiG bezieht sich daher auch auf eine solche in Papierform, vorausgesetzt, dass der Rahmenvertrag vorsieht, dass diese Form der Übermittlung als Informationsverfahren vereinbart wurde („nach einem vereinbarten Verfahren“).
3.4. Hier steht nicht in Frage, dass der Rahmenvertrag nach Maßgabe der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorsieht, dass die Beklagte die Informationen zu den einzelnen Zahlungsvorgängen monatlich in Form eines Kontoauszugs ausweist. Als Verfahren zur Informationserteilung wird festgelegt, dass die Kontoauszüge nach Wahl des Kunden (auf dem Kartenauftrag) auf elektronischem Weg oder per Post zugestellt werden. Dass die Beklagte dem Kunden diese Wahl zwischen zwei Übermittlungsarten lässt, nimmt dem Verfahren dabei noch nicht den Charakter als „vereinbartes“ Verfahren, weil die möglichen Übermittlungsarten in jedem Fall von der Beklagten vorgeschlagen und von ihrem Willen mitgetragen sind und hier eine Zustellung der Kontoauszüge nach Wahl des Kunden zugesagt wird (im Gegensatz dazu räumt § 31 Abs 5 ZaDiG dem Zahlungsdienstnutzer einen gesetzlichen Anspruch auf die Übermittlung der Informationen ein, womit sie auch ohne oder gegen den Willen des Zahlungsdienstleisters verlangt und durchgesetzt werden könnte). Es liegt daher eine Konstellation vor, in der im Rahmenvertrag – in Abänderung der Pflicht zur unverzüglichen Informationsübermittlung – nicht nur eine monatliche Übermittlung der Informationen, sondern auch ein Verfahren zur Informationserteilung vorgesehen wird, das auch die Möglichkeit einer Übermittlung der Kontoauszüge in Papierform einschließt. Damit werden aber die Voraussetzungen des § 31 Abs 4 ZaDiG erfüllt. Da danach die Informationen gemäß § 27 Abs 1 ZaDiG unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sind, widerspricht die in der Klausel vorgesehene Verrechnung von 2 EUR pro postalisch versandtem Kontoauszug dieser Bestimmung.
3.5. Soweit sich die Beklagte auf § 31 Abs 5 ZaDiG beruft, betrifft diese Bestimmung ebenso wie Abs 4 leg cit die Informationen nach Abs 2 und 3 leg cit, jedoch keine darüber hinausgehenden Informationen. Sie ist auch an keine häufigere Frequenz der Informationsübermittlung als nach Abs 4 leg cit geknüpft. Ob die gesetzliche Möglichkeit, die Informationen gemäß Abs 2 und 3 nach Maßgabe des Abs 5 leg cit zu verlangen, danach allenfalls dann von Interesse ist, wenn die gewünschte monatliche Übermittlung nicht schon auf eine Vereinbarung nach Abs 4 leg cit gestützt werden kann (vgl Weilinger/Knauder in Weilinger, ZaDiG § 31 Rz 25: „statt der bzw zusätzlich zur vereinbarten Zugänglichmachung“), kann hier aber dahingestellt bleiben, weil ein Verlangen von Zahlungsdienstnutzern, das über die nach Abs 4 vereinbarte Möglichkeit der Wahl der postalischen Zustellung hinausginge, nicht verfahrensgegenständlich ist. Damit ist auch hier nicht zur Richtlinienkonformität der Bestimmung des § 31 Abs 5 ZaDiG Stellung zu nehmen (s dazu Koch, Der Zahlungsverkehr nach dem Zahlungsdienstegesetz, ÖBA 2009, 869, 878, FN 63; s auch schon 9 Ob 31/15x).
Die Klausel 40.1 (iVm Klausel 51) wurde von den Vorinstanzen danach zutreffend als unwirksam erkannt, ohne dass auf Erwägungen zur Überwälzbarkeit des internen Kostenaufwands der Beklagten einzugehen wäre.
4. Klauseln 5 und 6:
Klausel 5: 19.3.1. Wir haben gemäß Punkt 51 Anspruch auf Verzugszinsen.
51. Entgelte: […] Verzugszinsen gemäß Punkt 19.3.1: 15 % p.a.
Klausel 6: 19.3.1. Die Zinsen werden monatlich zum Zeitpunkt des Kontoauszuges für einen Berechnungszeitraum, der jeweils einen Tag nach dem vorangegangenen Kontoauszug beginnt und mit dem Tag des nachfolgenden Kontoauszuges endet, tageweise berechnet, kapitalisiert und angelastet.
in Verbindung mit:
19.3.4. Wir haben im Fall des schuldhaften Zahlungsverzuges Anspruch auf Ersatz der Mahnspesen gemäß Punkt 51 pro Schreiben an Sie sowie jener Inkassospesen und Rechtsanwaltskosten, die zur zweckentsprechenden Betreibung und Rechtsverfolgung notwendig sind. Die zulässige Höhe der Inkassospesen ergibt sich aus den Höchstsätzen gemäß Verordnung BGBl 1996/141 in der jeweils geltenden Fassung.
Der Kläger erachtet die Klausel 5 als gröblich benachteiligend. Bei Verzugszinsen handle es sich um pauschalierten Schadenersatz, der keinesfalls den typischen zu erwartenden Durchschnittsschaden wesentlich übersteigen dürfe. Zudem würden neben den Verzugszinsen auch Mahnspesen verrechnet. Für die gravierende Abweichung von der aktuellen Zinslage und dem gesetzlichen Zinssatz von 4% fehle eine sachliche Rechtfertigung. Die Klausel verpflichte den Konsumenten zudem verschuldensunabhängig zur Zahlung von Verzugszinsen und weise nicht auf das richterliche Mäßigungsrecht (§ 1336 ABGB) hin. Da Klausel 5 iVm Klausel 6 (Mahn- und Inkassospesen) dem Verbraucher zusätzlich den Ersatz von Schäden auferlege, die über die als Konventionalstrafe zu betrachtende Verzugszinsen hinausgingen, hätte sie nach § 1336 Abs 3 S 2 ABGB im Einzelnen ausgehandelt werden müssen. Klausel 6 sei intransparent, weil das Recht, die Verzugszinsen monatlich zu kapitalisieren, mit dem Recht verbunden sei, von den Verzugszinsen monatlich Zinseszinsen zu verrechnen, ohne dass dies dem Verbraucher erkennbar sei. Den Klauseln sei auch nicht zu entnehmen, ob entweder nur die Überziehungszinsen (12,5 %) oder die Verzugszinsen verrechnet würden oder sie bei kundenfeindlichster Auslegung zu 27,5 % kumuliert würden.
Die Beklagte wandte ein, der Verzugszinssatz liege nur 2,5 % über dem vereinbarten Sollzinssatz von 12,5 %, womit weder die Aufschlagsgrenze des § 6 Abs 1 Z 13 KSchG noch sonst gesetzliche Schranken oder die Sittenwidrigkeitsgrenze überschritten würden. Die Qualifikation der Verzugszinsen als Vertragsstrafe sei unrichtig. Die Kapitalisierungsklausel sei transparent.
Das Erstgericht erachtete Klausel 6, nicht aber Klausel 5 als unwirksam. Die alleine bekämpfte Höhe der Verzugszinsen sei nach Maßgabe der Rechtsprechung nicht gröblich benachteiligend. Die weiteren Regelungen seien einerseits im Hinblick auf § 1336 Abs 3 S 2 ABGB unzulässig, andererseits, soweit sie die Kapitalisierung und das unklare Verhältnis zu den Sollzinsen beträfen, intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
Das Berufungsgericht teilte nur zu Klausel 6 die Beurteilung des Erstgerichts. Mangels eines entsprechenden Hinweises für den Verbraucher sei nicht ersichtlich, dass die in Punkt 19.3.1. der AGB vorgesehene monatliche Kapitalisierung zur Verrechnung auch von Zinseszinsen führe. Das Erstgericht habe auch die Regelung von Verzugszinsen in Höhe von 15 % zu Recht als Vertragsstrafe beurteilt. Da es sich bei den nichtanwaltlichen Mahn- und Inkassospesen um materiell-rechtliche Schadenersatzansprüche handle, sehe Punkt 19.3.4. der AGB zusätzlich zu einer für den Fall der verspäteten Zahlung vereinbarten Konventionalstrafe den Ersatz eines diese übersteigenden Schadens vor. Eine derartige Vereinbarung müsse nach § 1336 Abs 2 ABGB gegenüber Verbrauchern im Einzelnen ausgehandelt werden.
Klausel 5 sei isoliert auf ihre Zulässigkeit zu betrachten, die der Kläger bereits dem Grunde nach bestritten habe. Ein Anspruch auf Verzugszinsen, der über den gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a. hinausgehe, setze Verschulden voraus. Da auf dieses Erfordernis in jener Klausel nicht hingewiesen werde, sei sie intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
Folgendes war zu erwägen:
Die Beklagte erachtet die Klauseln 19.3.1. iVm 19.3.4. als „klar und verständlich“.
Zu Klausel 6, Pkt 19.3.1.
Wie das Berufungsgericht darlegte, wurde in zwei Entscheidungen (4 Ob 179/02f, dort Z 38 Abs 1; 10 Ob 31/16f, dort Pkt 3.7; s auch RIS-Justiz RS0117273) die vertragliche Vereinbarung der unterjährigen Kapitalisierung von Zinsen im Kontokorrent als intransparent eingestuft, wenn der AGB-Verwender nicht auf den daraus resultierenden Zinseszinseffekt hinweist. In 10 Ob 31/16f (mwN) wurde dazu festgehalten, für den Verbraucher sei nämlich nicht offenkundig, dass die Bank zufolge des vorgesehenen vierteljährlichen Kontoabschlusses nicht nur den angegebenen Jahreszinssatz, sondern auch Zinseszinsen in Anschlag bringt. Notwendig wäre – dem Transparenzgebot entsprechend – einen Hinweis auf das mit dem (dort: Quartals-)Abschluss verbundene Recht der Beklagten, über den angegebenen Jahreszinssatz hinaus auch Zinseszinsen zu fordern. Wenn die Vorinstanzen auch in der hier zu beurteilenden Klausel noch keinen ausreichenden Hinweis auf einen – hier monatlichen – Zinseszinseffekt sahen, ist dies nicht weiter korrekturbedürftig, wenn man bedenkt, dass die Klausel primär die Berechnung der Zinsen zum Gegenstand hat.
Zu Klausel 6, Pkt 19.3.4.
In der Entscheidung 6 Ob 120/15p (Klausel 51) wurde unter Verweis auf Lehre und Rechtsprechung ausgesprochen, dass Verzugszinsen mit einem die üblichen Zinsen übersteigenden Zinssatz der Charakter einer Vertragsstrafe zukomme. Damit müsse im Hinblick auf § 1336 Abs 3 S 2 ABGB der Ersatz von weiteren Schäden in Verbraucherverträgen im Einzelnen ausgehandelt werden. Diese Rechtsprechung wird in der Revision nicht in Frage gestellt.
Zu Klausel 5
Die Beklagte richtet sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass für den Anspruch auf die vereinbarten Verzugszinsen Verschulden erforderlich sei. Ausgehend davon, dass den vereinbarten Verzugszinsen, wie dargelegt, der Charakter einer Vertragsstrafe zukommt, Vertragsstrafen aber grundsätzlich nur bei Verschulden zu zahlen sind (RIS-Justiz RS0017471; s auch RS0016558), ist die Beurteilung nicht weiter korrekturbedürftig. Ob in Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt eine gegenteilige ausdrückliche Vereinbarung wirksam getroffen werden könnte, ist mangels einer solchen hier nicht zu prüfen. Die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0043297) ist überholt.
5. Zur Leistungsfrist:
Das Erstgericht legte die Leistungsfrist sowohl für die Verwendung als auch für die Berufung auf die von ihm als unwirksam erachteten Klauseln im Hinblick auf die Entscheidung 9 Ob 7/15t (mwN) mit sechs Monaten fest.
Das Berufungsgericht änderte dies dahin ab, dass die Beklagte die Verwendung der Klauseln – da lediglich sechs Klauseln betroffen seien – binnen drei Monaten und die Berufung darauf ab sofort zu unterlassen habe.
Die Beklagte erachtet in ihrer Revision eine Frist von zumindest sechs Monaten für erforderlich.
Die Leistungsfrist ist nach § 409 Abs 2 ZPO angemessen zu bestimmen (RIS-Justiz RS0041265 [T3]) und einzelfallbezogen zu beurteilen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts verlässt den Rahmen der Rechtsprechung nicht, die jüngst – ebenso für den Bankenbereich – eine viermonatige Frist für die Umgestaltung von acht (6 Ob 242/15d; s auch 10 Ob 31/16f ua) zu ändernden Klauseln als angemessen erachtet hat. Gründe, warum die Beklagte auch für das Verbot des Sich-Berufens auf in Verwendung stehender Klauseln hier einer (sechsmonatigen) Frist bedürfte, werden nicht dargelegt.
6. Zum Veröffentlichungs- und Gegen-veröffentlichungsbegehren
Die Revision richtet sich gegen die von den Vorinstanzen für die Urteilsveröffentlichung gewählte Samstagsausgabe der „Kronen Zeitung“. Die von der Beklagten gezielt angesprochene gehobenere Kundenschicht (vorwiegend Unternehmer, Freiberufler, leitende Angestellte) bestehe vorwiegend aus „Die Presse“- und „Standard“-Lesern.
Gemäß § 30 Abs 1 KSchG iVm § 25 Abs 3 UWG hat das Gericht der obsiegenden Partei bei berechtigtem Interesse auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Wie etwa zu 7 Ob 53/14s (mwN der Rsp) ausgeführt, liegt das „berechtigte Interesse“ an der Urteilsveröffentlichung bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- bzw sittenwidrig sind. Durch die Aufklärung wird die Aufmerksamkeit der Verbraucher für die Unzulässigkeit von Vertragsbestandteilen geschärft und es wird ihnen damit erleichtert, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen. Die Urteilsveröffentlichung soll auch ein weiteres Umsichgreifen von unzulässigen Vertragsbestandteilen verhindern.
Der Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falles zur Aufklärung des Publikums geboten ist, kommt keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu (§ 502 Abs 1 ZPO). Gleiches gilt auch für die Wahl des Publikationsmediums (RIS-Justiz RS0042967 [T8, T11]).
Die Beklagte zählt aufgrund der hohen Zahl ihrer Kartenkunden (137.000 bis 140.000) und ihrem Marktanteil keinesfalls zu den kleinen Marktteilnehmern in Österreich. Das Veröffentlichungsinteresse geht, wie dargelegt, auch über die Erreichung ihrer Kunden hinaus. Zur Verwirklichung dieser Veröffentlichungszwecke ist die vom Berufungsgericht angeordnete Veröffentlichung in der bundesweit erscheinenden „Kronen Zeitung“ mit der notorisch größten Reichweite daher nicht zu beanstanden (s auch 6 Ob 120/15p mwN).
Eine Gegenveröffentlichung kommt mangels als zulässig erkannter Klauseln nicht in Betracht.
7. Der Revision ist danach insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E121714European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00011.18K.0425.000Im RIS seit
18.06.2018Zuletzt aktualisiert am
18.02.2020