Entscheidungsdatum
23.04.2018Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §9 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr.in Lettner über die Beschwerde des Herrn Dipl.-Ing. F. M. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat …, vom 07.09.2017, Zl. VStV/917301032970/2017, wegen Übertretung des § 9 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO),
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20,-- Euro (das sind 20 % der verhängten Strafe) zu leisten.
III. Für den Beschwerdeführer ist gegen dieses Erkenntnis gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, für die belangte Behörde ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:
„1. Sie haben am 04.07.2017 um 08:58 Uhr in 1190 Wien, Heiligenstädter Straße 29, in Fahrtrichtung stadteinwärts als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-5 die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrfläche (§ 55 Abs. 4 StVO 1960) befahren.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich Freiheitsstrafe Gemäß
ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
von
€ 100,00 1 Tage(n) 22 Stunde(n) § 99 Abs. 3 lit. a StVO
0 Minute(n)
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
€ als Ersatz der Barauslagen für
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 110,00“
Herr F. M. (in der Folge: Beschwerdeführer) erhob dagegen Beschwerde und führte aus, er habe die im Straferkenntnis erwähnten Unterlagen nie erhalten. Er habe auch keine Gelegenheit gehabt, sich zu rechtfertigen. Es seien ihm auch keine Fragen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gestellt worden. Weiters verstehe er einige Formulierungen nicht, wie z.B. „…Meldungsleger zu einer … Stellungnahme verhalten“. Im Übrigen sei seine aktuelle Zustelladresse nicht beachtet worden. Er halte sich gegenständlich in Wien auf und pendle zwischen Deutschland, Österreich und anderen Ländern.
Der Beschwerde angeschlossen war der Einspruch gegen die Strafverfügung, in der der Beschwerdeführer vorgebracht hatte, dass er keine Sperrlinie überfahren habe. Er sei einem Auto, das vor ihm plötzlich gebremst habe, ausgewichen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Die Polizei könne dies nicht gesehene haben, da sie auf der gegenüberliegenden Fahrspur im Auto gewesen sei. Im Weiteren gab der Beschwerdeführer seine Wiener Zustelladresse bekannt.
Aus dem Behördenakt geht hervor, dass der Beschwerdeführer von einem Polizeibeamten angezeigt wurde, weil er am 4.7.2017 um 8 Uhr 58 in Wien 19., Heiligenstädter Straße 29, in Fahrtrichtung stadteinwärts, ein anderes Fahrzeug links überholte und dabei eine Sperrfläche befuhr. Dies wurde vom Meldungsleger im Zuge seines Streifendienstes festgestellt, wobei sich dieser in einem entgegenkommenden Polizeifahrzeug befand. Der Beschwerdeführer verantwortete sich nach seiner Anhaltung damit, dass er nicht überholt habe, weil das andere Fahrzeug nach rechts abbiegen wollte. Er habe auch keine Sperrfläche befahren.
Nachdem der Beschwerdeführer anlässlich seiner Anhaltung kein Organstrafmandat bezahlen wollte, erging zunächst die Strafverfügung vom 5.7.2017, gegen die er den o.a. Einspruch erhob.
Der Meldungsleger gab zum Vorbringen des Beschwerdeführers eine Stellungnahme ab, in der er den Vorfall aus seiner Sicht schilderte. Er führte aus, dass er eine gefährliche Situation, die den Beschwerdeführer zu einem Ausweichmanöver gezwungen hätte, nicht wahrgenommen habe. Die Besatzung des Polizeifahrzeuges habe das Verhalten des Beschwerdeführers genau beobachten können, da das Polizeifahrzeug zur Tatzeit die Heiligenstädter Straße stadtauswärts befahren habe und sich auf gleicher Höhe mit dem Fahrzeug des Beschwerdeführers befunden habe.
Dem Beschwerdeführer wurde diese Aussage mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übermittelt, er gab jedoch dazu keine Stellungnahme ab. Es erging daher das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis.
Aufgrund der Beschwerde wurde vor dem Verwaltungsgericht Wien eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Verhandlung hatte folgenden Verlauf:
Der Beschwerdeführer gab zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen an, er habe kein Vermögen und die Sorgepflicht für zwei Kinder. Über sein monatliches Einkommen machte er keine Angaben.
„Auf Befragen der Verhandlungsleiterin gibt der Beschwerdeführer an:
Wenn ich gefragt werde, ob ich mich an den Vorfall noch erinnern kann so gebe ich an, dass dies der Fall ist. Ich bin an diesem Tag die Heiligenstädter Straße entlang Richtung Liechtensteinstraße gefahren. Kurz nach der Gürtelbrücke hat ein Fahrzeug plötzlich gebremst und ich habe die auf dem Ausdruck aus dem Wiener Stadtplan ersichtliche Sperrfläche mit einem Rad befahren, um diesem Fahrzeug nicht hineinzufahren.
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Sperrfläche zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar war. Sie wurde offenbar seitdem erneuert.
Ich wurde in der Folge von der Besatzung eines Polizeifahrzeuges angehalten. Bei der Person, die mich angehalten hat, handelt es sich um eine Polizistin. Mein Führerschein wurde kontrolliert und meine Daten aufgenommen. Ich wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass mir vorgeworfen wird, dass ich eine Sperrfläche befahren habe.“
Der Zeuge E., Meldungsleger, sagte unter Wahrheitspflicht aus:
„Wenn ich gefragt werde, ob ich mich an den Vorfall noch erinnern kann, so gebe ich an, dass dies der Fall ist. Ich war zum Vorfallszeitpunkt mit einem Streifenwagen mit den Kollegen L. und R. vom Josef-Holoubek-Platz Richtung Nußdorf unterwegs. Wir konnten das Fahrzeug des Beschwerdeführers gut sehen.
Unser Fahrzeug befand sich vor der U-Bahnbrücke über dem Gürtel. Das Fahrzeug des Beschwerdeführers war gut erkennbar, da es sich bei dem Bereich, in dem sich das Fahrzeug befand, um eine Senke handelt, auf die wir hinunter sehen konnten. Vor dem Fahrzeug des Beschwerdeführers befand sich ein weiteres Fahrzeug, das langsam unterwegs war und rechts in den Döblinger Gürtel abbiegen wollte. Der Beschwerdeführer hat das Fahrzeug links überholt und dabei die Sperrfläche befahren. Er wurde in der Folge angehalten und zwar von meiner Kollegin Frau Insp. L.. Ich war Beifahrer.
Wenn mir die Aussage des Beschwerdeführer vorgehalten wird, dass das Fahrzeug vor ihm plötzlich gebremst hat, so gebe ich an, dass das nicht der Fall war. Ich habe auch kein Reifenquietschen oder Hupen wahrgenommen, wie dies in einer solchen Situation zu erwarten gewesen wäre. Wenn mir die Aussage des Beschwerdeführers vorgehalten wird, dass die Bodenmarkierung der Sperrfläche zur Tatzeit nicht erkennbar war, so gebe ich dazu an, dass es zutrifft, dass die Sperrfläche vor kurzem in Stand gesetzt wurde. Sie war aber auch zur Tatzeit sichtbar.
Der Beschwerdeführer fragt den Zeugen, wie er es sich erkläre, dass er über eine breite Straße hinweg am Fahrer vorbei im Entgegenkommen genau wahrnehmen konnte, dass das Fahrzeug das vor dem Fahrzeug des Beschwerdeführer fuhr, nicht plötzlich gehalten hat.
Der Zeuge gibt dazu an, dass er dies durch die Windschutzscheibe wahrnehmen hätte können. Er hätte auch feststellen können, dass die Sperrfläche als solche erkennbar war.“
Die Verhandlung wurde zur Einvernahme der Zeugin L. vertagt. Vom Gericht wurde weiters eine Anfrage an die Magistratsabteilung 28 gestellt, wann die verfahrensgegenständliche Sperrfläche zuletzt instand gesetzt wurde. Diesbezüglich konnte von der Magistratsabteilung 28 nach deren Angaben jedoch keine Aussage getroffen werden.
Weiters wurde von der entscheidenden Richterin ein Lokalaugenschein am Tatort durchgeführt und dieser durch ein Foto, das dem Akt angeschlossen wurde, dokumentiert. Daraus ist ersichtlich, dass die Heiligenstädter Straße in diesem Bereich leicht Richtung stadtauswärts abschüssig ist, wodurch eine gute Einsicht der Lenker von stadtauswärts fahrenden Fahrzeugen auf die stadteinwärts fahrenden Fahrzeuge gegeben ist.
Am 18.4.2018 wurde die mündliche Verhandlung fortgesetzt. Die Zeugin Insp. L. sagte unter Wahrheitspflicht aus:
„Ich kann mich an den Vorfall noch erinnern. Wir sind damals mit dem Funkwagen vom 9. Bezirk Richtung stadtauswärts gefahren. Soweit ich mich erinnern kann, war ich Beifahrerin. Ich habe gesehen, dass vor dem Fahrzeug des Beschwerdeführers ein weiteres Fahrzeug fuhr. Dieses wurde langsamer um rechts in den Döblinger Gürtel abzubiegen. Es hat aber nicht angehalten und ist nur geringfügig langsamer geworden. Der Beschwerdeführer wurde offenbar ungeduldig und hat sein Fahrzeug beschleunigt, das vor ihm fahrende Fahrzeug links überholt und dabei die dortige Sperrfläche befahren. Wir haben den Beschwerdeführer angehalten und eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt. Diese Amtshandlung habe ich geleitet. Da der Beschwerdeführer uneinsichtig war und die Bezahlung eines Organmandates ablehnte, wurde er angezeigt.
Die Bodenmarkierungen, die die Sperrfläche bezeichnen, waren zur Tatzeit gut erkennbar. Wenn ich gefragt werde, ob das Fahrzeug vor dem Beschwerdeführer wie von diesem angegeben, plötzlich abgebremst hat und er zum Auslenken gezwungen war, um einen Unfall zu verhindern, so gebe ich an, dass das nicht der Fall war und verweise auf meine obige Darstellung.
Wenn ich vom Beschwerdeführer gefragt werde, ob ich mich noch daran erinnern kann, ob ich damals Lenkerin war oder Beifahrerin, so gebe ich an, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann. Dies deshalb, weil wir ca. 6 Stunden am Tag Streife fahren, im Rahmen von 24h-Diensten sogar 12 Stunden, und uns beim Lenken des Fahrzeuges abwechseln. Ich kann mich aber an den Vorfall noch erinnern.
Wenn ich gefragt werde, ob ich mich noch erinnern kann, um was für ein Fahrzeug es sich gehandelt hat, das vor dem Fahrzeug des Beschwerdeführers fuhr, so gebe ich an, dass ich mich daran nicht mehr erinnern kann. Ich kann mich aber noch daran erinnern, dass es nicht plötzlich abgebremst hat oder stehengeblieben ist. Es ist vielmehr nur langsamer geworden. Meiner Erinnerung nach hat sich auf dem Zebrastreifen, den dieses Fahrzeug beim Abbiegen überqueren musste, kein Fußgänger befunden, weshalb das Fahrzeug auch nicht angehalten hat.“
Der Beschwerdeführer legte mehrere Fotos des Tatortes und der Umgebung vor und brachte ergänzend vor, dass seiner Meinung nach für die stadtauswärtsfahrenden Polizisten nicht erkennbar war, ob sich auf dem Zebrastreifen an der Abzweigung zum Döblinger Gürtel ein Fußgänger aufgehalten hat. Dies sei aus den Fotos erkennbar. Er wiederholt sei Vorbringen, dass die Bodenmarkierungen nicht ordnungsgemäß erkennbar gewesen seien und dass er auslenken hätte müssen, da das vor ihm fahrende Fahrzeug plötzlich angehalten habe und er einen Unfall habe verhindern müssen.
Der dritte Polizeibeamte, der sich zur Tatzeit im Polizeifahrzeug befand, teilte mit dass er sich an den Vorfall nicht mehr erinnern könne.
Aufgrund des Akteninhalts und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:
Der Beschwerdeführer lenkte am 4.7.2017 um 8 Uhr 58 sein Fahrzeug in Wien 19., Heiligenstädter Straße 29, stadteinwärts. Auf der Gegenspur Richtung stadtauswärts fuhr ein Polizeifahrzeug, in dem sich der Meldungsleger, Herr E., Frau Insp. L. und ein dritter Polizeibeamter befanden. Das Polizeifahrzeug wurde von der Zeugin L. gelenkt, der Zeuge E. war Beifahrer.
Wie sich aus dem von der Richterin anlässlich des Lokalaugenscheins vom 10.4.2018 angefertigten Foto, aus den vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 18.4.2018 vorgelegten Fotos und aus dem Ausdruck des Stadtplans (Luftbild), die alle dem Akt angeschlossen wurden, ergibt, befindet sich auf der Fahrbahn der Heiligenstädter Straße auf Höhe der ONr. 29 zwischen der stadtauswärts führenden und der stadteinwärts führenden Fahrspur (bzw. den Fahrspuren) eine Sperrfläche, die durch eine schraffierte Bodenmarkierung kundgemacht ist.
Der Beschwerdeführer hat zur Tatzeit diese Sperrfläche befahren, als er ein vor ihm fahrendes Fahrzeug, das sein Tempo verlangsamt hatte, weil es in den Döblinger Gürtel abbiegen wollte, links überholt hat. Dieses Fahrzeug wurde nicht abrupt gebremst bzw. angehalten.
Diese Feststellungen gründen sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Zeugen E. und L., die das Fahrverhalten des Beschwerdeführers zur Tatzeit aufgrund der o.a. örtlichen Verhältnisse und ihrer Position auf den Vordersitzen des Polizeifahrzeuges gut beobachten konnten. Sie sind als Polizeibeamte darin geschult, das Fahrverhalten der anderen Verkehrsteilnehmer zu beobachten. Die Zeugen haben den Vorfall glaubhaft und nachvollziehbar geschildert. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass insbesondere der Polizeibeamtin, die die Amtshandlung durchgeführt hat, Frau Insp. L., aufgrund des wenig einsichtigen Verhaltens des Beschwerdeführers die Amtshandlung und der Vorfall in Erinnerung geblieben sind.
Es hat sich kein Grund ergeben, aus dem die Polizeibeamten den Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten sollten, zumal sie ihre Aussagen vor dem Verwaltungsgericht Wien unter Wahrheitspflicht abgegeben haben. Der Beschwerdeführer machte in der Verhandlung den Eindruck, dass er von seiner Version der Ereignisse überzeugt war, konnte aber die Aussagen der Polizeibeamten nicht erschüttern. Der Umstand, dass sich diese in einzelnen, nicht entscheidungswesentlichen Details (z.B. ob die Zeugin L. Lenkerin war oder nicht bzw. welche Marke das vor dem Beschwerdeführer fahrende Fahrzeug hatte) nicht mehr genau an den Vorfall erinnern konnten, macht ihre Aussagen nicht unglaubhaft, da sich dies aufgrund des Zeitablaufs seit der Verwaltungsübertretung (4.7.2017) erklären lässt.
Die Fahrbahn der Heiligenstädter Straße vor ONr. 29 ist von der stadtauswärts führenden Fahrspur aus gut einsehbar, weil die Heiligenstädter Straße in diesem Bereich leicht Richtung stadtauswärts abfällt. Dies wurde anlässlich des von der Richterin durchgeführten Lokalaugenscheines festgestellt.
In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 44 VwGVG hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 9 Abs. 1 StVO dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.
Gemäß § 99 Abs. 3 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,
a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.
Im vorliegenden Fall wurde Folgendes erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 StVO ist das Befahren von Sperrflächen untersagt. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, gegen dieser Vorschrift verstoßen zu haben. Er hat sich einerseits dahingehend gerechtfertigt, dass die Polizeibeamten, die ihn angehalten hätten, keine ausreichenden Wahrnehmungen zu seinem Fahrverhalten zur Tatzeit machen hätten können. Andererseits hat er vorgebracht, dass er die Sperrfläche befahren habe müssen, um einen Auffahrunfall mit dem vor ihm fahrenden Fahrzeug zu vermeiden, da dieses plötzlich abgebremst habe und er Richtung Sperrfläche auslenken habe müssen.
Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bereich der Heiligenstädter Straße, in dem der Beschwerdeführer sein Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hat, für die Polizeibeamten gut einsehbar war, zumal sich der Meldungsleger und Frau Insp. L. auf den Vordersitzen des Polizeifahrzeuges befanden, das in der Gegenrichtung auf der Höhe des Beschwerdeführers stadtauswärts fuhr. Die Heiligenstädter Straße ist in diesem Bereich leicht Richtung stadtauswärts abschüssig, was die Gegenspur gut einsehbar macht.
Im Beschwerdeverfahren ist auch nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Fahrmanöver auf ein plötzliches Bremsen oder Anhalten des Fahrzeuges vor ihm wegen eines den Zebrastreifen überquerenden Fußgängers hätte reagieren müssen. Die Polizeibeamten sagten vielmehr übereinstimmend aus, dass sie ein solches plötzliches Abbremsen nicht wahrgenommen haben. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sein Fahrzeug nicht abbremsen wollte, als das vor ihm fahrende Fahrzeug langsamer wurde, dieses daher links überholt hat im Zuge dieses Überholmanövers die Sperrfläche befahren hat.
Auch dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Sperrfläche sei nicht erkennbar gewesen, war nicht zu folgen. Eine Auskunft der Magistratsabteilung 28 über die letzte Instandsetzung dieser Sperrfläche konnte zwar nicht eingeholt werden, beide an der Amtshandlung beteiligten Polizeibeamten gaben jedoch übereinstimmend an, dass die Sperrfläche zur Tatzeit ausreichend erkennbar war.
Das Beschwerdeverfahren hat keinen Grund ergeben, weshalb der Beschwerdeführer die Vorschrift, eine Sperrfläche nicht zu befahren, zur Tatzeit nicht hätte einhalten können. Es ist ihm daher zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Der Beschwerdeführer hat somit die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen.
Zur Strafhöhe ist Folgendes festzuhalten:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Das Verhalten des Beschwerdeführers verletzte in nicht unerheblichem Ausmaß das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit. Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen. Es ist dem Beschwerdeführer daher zumindest fahrlässiges Handeln vorzuwerfen.
Der Beschwerdeführer hat auf Befragen durch die Richterin kein Vorbringen zu seinen Einkommensverhältnissen erstattet. Er hat nur angegeben, dass er kein Vermögen hat und für zwei Kinder sorgepflichtig ist. Die Behörde ging von durchschnittlichen Vermögensverhältnissen aus. Der Beschwerdeführer hat dieser Einschätzung in seiner Beschwerde nicht widersprochen. Es war daher auch vom Gericht von dieser Einschätzung auszugehen.
Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten, weist aber keine einschlägigen Vormerkungen auf. Es liegt daher diesbezüglich weder ein Erschwerungs- noch ein Milderungsgrund vor.
Im Hinblick auf die o.a. Tatsachen und die von der Behörde verhängte Strafe von 100,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 22 Stunden), war von einer Herabsetzung der Strafe abzusehen, zumal der Beschwerdeführer in Hinkunft von einer Tatwiederholung möglichst wirksam abgehalten werden soll und Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind. Der Beschwerdeführer hat auch nicht behauptet bzw. nachgewiesen, dass er ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse aufweist.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG waren dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens in der im Spruch ersichtlichen Höhe aufzuerlegen.
Da nur eine Geldstrafe von bis zu 726,-- Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und tatsächlich eine Geldstrafe in der Höhe von 100,-- Euro verhängt wurde, ist für den Beschwerdeführer eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4 VwGG unzulässig. Für die belangte Behörde ist die ordentliche Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Artikel 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Schlagworte
Überfahren einer SperrflächeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.072.15246.2017Zuletzt aktualisiert am
15.06.2018