RS Vfgh 2018/6/11 E2735/2017

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Veröffentlicht am 11.06.2018
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Index

62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
AuslBG §28 Abs1 Z1
VStG §19 Abs2, §64 Abs2

Leitsatz

Feststellung einer Verletzung im Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist durch Verhängung einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das AusländerbeschäftigungsG; keine Rechtfertigung der ungewöhnlich langen Zeitspanne von knapp 4,5 Jahren zwischen mündlicher Verkündung und schriftlicher Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung; Aufhebung der Entscheidung im Umfang des Straf- und Kostenausspruchs

Rechtssatz

Der Beschwerdeführer erlangte mit Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung durch den Magistrat der Stadt Wien am 09.01.2013 erstmals offiziell Kenntnis von dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf. Dieser Tag ist daher als Anfangszeitpunkt des Verwaltungsstrafverfahrens anzusehen. Das Verfahren endete vor der Verwaltungsbehörde mit dem Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 28.03.2013. Die angefochtene Entscheidung wurde durch mündliche Verkündung am 17.06.2014 erlassen; zugestellt wurde lediglich die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung.

Nach der Rechtsprechung des EGMR sowie des VfGH zählt auch die Zeitspanne zwischen der mündlichen Verkündung und der Ausfertigung der Entscheidung zur Verfahrensdauer iSd Art6 Abs1 EMRK. Als Zeitpunkt des Endes des zu überprüfenden Verfahrens ist daher der 28.06.2017 (Tag der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung) anzusehen. Die zu beurteilende Verfahrensdauer beträgt sohin 4 Jahre und 5 Monate.

Für die ungewöhnliche Länge des Zeitraums zwischen der mündlichen Verkündung und der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der angefochtenen Entscheidung ist allein das Verwaltungsgericht Wien verantwortlich; insbesondere kann dem Beschwerdeführer kein Vorwurf gemacht werden, das Verfahren unnötig verzögert zu haben.

Da nach der Aktenlage weder Art und Umfang des Sachverhaltes noch die zu beurteilende Rechtsfrage die Behandlung dieser Rechtssache als ungewöhnlich komplex erscheinen lassen, in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren aber auch kein weiterer besonderer Umstand hervorgekommen ist, welcher die Dauer des Verfahrens rechtfertigen könnte, ist die Dauer des Verfahrens von insgesamt 4 Jahren und 5 Monaten bis zur Zustellung der angefochtenen Entscheidung nicht mehr als angemessen iSd Art6 EMRK anzusehen.

Aufhebung der Entscheidung im Umfang des Strafausspruches; Berücksichtigung der unangemessenen Verfahrensdauer als Milderungsgrund bei der neuerlichen Strafbemessung.

Aufhebung der Entscheidung im Umfang des Kostenausspruches, da sich der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens nach der Höhe der verhängten Geldstrafe richtet und daher mit dem Strafausspruch in Zusammenhang steht.

Im Übrigen Ablehnung der Beschwerdebehandlung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Verfahrensdauer überlange, Entscheidung in angemessener Zeit, Ausländerbeschäftigung, Verwaltungsstrafrecht, Strafbemessung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E2735.2017

Zuletzt aktualisiert am

15.06.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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