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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der Gemeinde F, vertreten durch die Holter-Wildfellner Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Uferstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Dezember 2015, Zl. W155 2017843-1/7E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: E GmbH in A, vertreten durch Hochleitner Rechtsanwälte GmbH, in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Dezember 2014 wurde (gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000) festgestellt, dass für das geplante Vorhaben "Kiesabbau, KG X" der mitbeteiligten Partei keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen ist.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen (A) und die Revision für nicht zulässig erklärt (B).
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
4 Im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, die Revision sei zulässig, weil das Verwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der kumulativen Wirkung gleichartiger Vorhaben den räumlichen Zusammenhang nicht schutzgutbezogen beurteilt habe. Das Verwaltungsgericht habe eine Auseinandersetzung mit den für die Beurteilung allfälliger kumulativer und additiver Effekte relevanten Parametern unterlassen. Zudem fehle es an einer Rechtsprechung zur Beurteilung der räumlichen Distanz von mehreren Vorhaben betreffend den Abbau mineralischer Rohstoffe.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Behörde hat im Fall einer Einzelfallprüfung nach § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 zu klären, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Wie derartige Auswirkungen zu beurteilen sind und ihnen entgegenzutreten ist, ist dem späteren Bewilligungsverfahren vorbehalten. Insofern stellt die Einzelfallprüfung eine Grobbeurteilung eines Vorhabens dar. Dies entspricht auch den Vorgaben des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000, wonach sich die Behörde, dann, wenn sie eine Einzelfallprüfung durchzuführen hat, hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken hat.
9 Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob einzelne Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ist nach der Judikatur, ob es durch die verschiedenen Eingriffe gleichartiger Vorhaben zu einer Überlagerung der Wirkungsebenen dieser Eingriffe im Sinn kumulativer und additiver Effekte kommen kann. Entscheidend ist jener Bereich, in dem sich die maßgeblichen Umweltauswirkungen der zu kumulierenden Vorhaben erwartungsgemäß überlagern werden, wobei der räumliche Zusammenhang schutzgutbezogen zu beurteilen ist (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117, mwN).
10 Die Entscheidung betreffend die Auswirkung eines bzw. verschiedener Eingriffe kann nur jeweils einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände getroffen werden.
11 Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel (vgl. VwGH 24.2.2015, Ro 2014/05/0097). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Gesamtabwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 18.2.2015, Ra 2015/08/0003). Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 26.2.2014, Ro 2014/04/0022, mwN).
12 Insofern die Revision im Zulässigkeitsvorbringen ins Treffen führt, das Verwaltungsgericht habe entgegen der oben wiedergegebenen Rechtsprechung als einziges Kriterium für die Beurteilung des räumlichen Zusammenhangs die Entfernung von mehr als 1 km zwischen den Vorhaben angenommen, ist darauf zu verweisen, dass das Verwaltungsgericht - gestützt auf die von der Revision zitierte Rechtsprechung - neben der Berücksichtigung der räumlichen Entfernungen der Vorhaben auch darauf Bezug genommen hat, dass durch die untersuchten Projekte nicht dieselben Schutzgüter beeinträchtigt würden wie beim verfahrensgegenständlichen Abbauvorhaben. Inwiefern diese rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts unvertretbar sei, legt die Revision nicht dar.
13 Die Gewichtung eines bestimmten Umstandes - wie die von der Revision hervorgehobene Entfernung eines Vorhabens von einem anderen - bei der Beurteilung der Umweltauswirkungen in einem konkreten Fall geht in seiner Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und stellt daher keine grundsätzliche Rechtfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar.
14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016040027.L00Im RIS seit
15.06.2018Zuletzt aktualisiert am
06.07.2018