TE Vwgh Beschluss 2018/5/24 Ra 2018/01/0028

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E19103000;
E6J;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32003L0086 Familienzusammenführung-RL;
62016CJ0550 A und S VORAB;
AsylG 2005 §35;
EURallg;
NAG 2005;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/01/0029 Ra 2018/01/0031 Ra 2018/01/0030

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, über die Revision des 1. H A, der 2. L M, der

3. E A O, und des 4. H A O, alle vertreten durch die Wieneroiter Raffling Tenschert & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 12/1/13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2017, Zlen. W240 2161499- 1/2E, W240 2161500-1/2E, W240 2161501-1/2E und W240 2161502-1/2E, betreffend § 35 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Damaskus), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber ist der Ehemann der Zweitrevisionswerberin, beide sind die Eltern der minderjährigen Drittrevisionswerberin und des minderjährigen Viertrevisionswerbers. Alle sind Staatsangehörige Syriens.

2 Die Revisionswerber stellten am 26. August 2016 bei der österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB Damaskus) jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Sohn des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin (Bruder der Dritt- und Viertrevisionswerber) angeführt. Diesem wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17. Juni 2016 der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.

3 Mit Bescheid vom 9. März 2017 wies die ÖB Damaskus die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde der Revisionswerber gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (A) und die Revision für nicht zulässig erklärt (B).

5 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aus, es ergebe sich aus den vorliegenden Akten zweifelsfrei, dass die angegebene Bezugsperson im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits volljährig gewesen sei. Somit sei der Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 bezüglich des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin nicht erfüllt. Die Drittrevisionswerberin bzw. der Viertrevisionswerber seien als minderjährige Geschwister der Bezugsperson nicht vom Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 erfasst.

6 Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweise sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Revisionswerber auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn bzw. Bruder zu entsprechen. Die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 stelle nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revision weist in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf das beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-550/16 anhängige Vorabentscheidungsverfahren hin und bringt vor, es bestehe keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob Verfahren auch dann auszusetzen seien, wenn in einem Vorabentscheidungsverfahren über eine gleiche oder zumindest ähnlich gelagerte Rechtssache geurteilt werden solle.

12 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 17.10.2017, Ra 2016/01/0216, mwN).

13 Zwischenzeitig ist das Urteil des EuGH vom 12. April 2018 in der Rechtssache C-550/16, A und S, bereits ergangen.

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit diesem Urteil in seinem Erkenntnis vom 3. Mai 2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611, bereits näher befasst.

15 Zusammengefasst hat der Verwaltungsgerichtshof darin ausgeführt, dass es nach der Familienzusammenführungsrichtlinie auch weiterhin nicht geboten ist, den Anwendungsbereich des § 35 AsylG 2005 zu erweitern, um dem Anliegen auf Familienzusammenführung in unionsrechtskonformer Weise Rechnung zu tragen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es hinreichend, dass sichergestellt ist, dass im Einklang mit den Vorgaben der Familienzusammenführungsrichtlinie ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt wird. Eine unionsrechtliche Verpflichtung, eine über dieses Ziel hinausgehende Rechtsstellung, die die Familienzusammenführungsrichtlinie gar nicht zum Regelungsinhalt hat, zu verschaffen (nämlich letztlich den Status des Asylberechtigten), ist weder zu sehen, noch ist solches aus dem zur Rechtssache C 550/16 ergangenen Urteil des EuGH abzuleiten (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611, Rn. 38; gemäß § 43 Abs. 2 und Abs. 9 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen).

16 Ausgehend davon werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2018

Gerichtsentscheidung

EuGH 62016CJ0550 A und S VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010028.L00

Im RIS seit

15.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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