TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 2000/12/0023

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Veröffentlicht am 23.02.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z3;
LDG 1984 §106 Abs1 Z2;
PG 1965 §19 Abs1 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs6 idF 1994/665;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der P in F, vertreten durch Dr. Elmar Ther, Rechtsanwalt in Villach, 10. Oktober-Straße 18/1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 2. Dezember 1999, Zl. 6-SchA-74631/1-99, betreffend Versorgungsbezug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Die Beschwerdeführerin ist die frühere Ehefrau des am 28. Juni 1999 verstorbenen Hauptschuloberlehrers i.R. Herbert Posautz. Diese Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. Dezember 1986 geschieden. Einen Ausspruch nach § 61 Abs. 3 Ehegesetz enthielt dieses Urteil nicht. Der frühere Ehemann der Beschwerdeführerin verpflichtete sich sodann laut Vergleich des Bezirksgerichtes Villach vom 14. Dezember 1987 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 6.000,--.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 11. August 1999 festgestellt, dass ihr nach dem am 28. Juni 1999 verstorbenen geschiedenen Gatten, Herbert Posautz, HOL i.R., gemäß § 19 Abs. 1, 2 und 4 des Pensionsgesetzes 1965 ab 1. Juli 1999 ein monatlicher Versorgungsgenuss in der Höhe der letzten Unterhaltsleistung ihres verstorbenen geschiedenen Gatten, das seien S 6.000,-- brutto zuzüglich einer Ergänzungszulage gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. von S 2.112,-- brutto gebührten.

In der Begründung dieses Bescheides wird nach Wiedergabe der Rechtslage ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall zwar die Voraussetzungen des § 19 Abs. 4 lit. b und c zuträfen, die Ehe habe 15 Jahre gedauert und die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt der Scheidung bereits das 40. Lebensjahr vollendet, das auf Scheidung lautende Urteil habe aber den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 Ehegesetz nicht enthalten. Da nach den erläuternden Bemerkungen zur 6. Pensionsgesetznovelle und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Anspruch auf volle Pension bzw. auf vollen Versorgungsgenuss nur zustehe, wenn das Scheidungsurteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 Ehegesetz enthalte, und dies auf das Scheidungsurteil nicht zuträfe, dürfe der Versorgungsbezug im gegenständlichen Fall die festgesetzte Unterhaltsleistung von S 6.000,-- laut Vergleich des Bezirksgerichtes Villach vom 14. Dezember 1987 nicht übersteigen. Dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin noch vor dem Ableben ihres geschiedenen früheren Ehegatten eine Klage auf Erhöhung des Unterhaltes eingebracht habe, komme keine Bedeutung zu, entscheidend sei allein der Anspruch, wie er gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag konkret bestanden habe. Da der Antrag auf Versorgungsgenuss erstmalig am 11. August 1999 gestellt worden sei, falle dieser gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. mit dem auf den Sterbetag des früheren Ehegatten folgenden Monatsersten (das sei der 1. Juli 1999) an. Gemäß § 26 Abs. 1 des Pensionsgesetzes gebühre einer Person, die Anspruch auf Ruhe- oder Versorgungsgenuss habe und deren monatliches Gesamteinkommen die Höhe des Mindestsatzes nicht erreiche, eine Ergänzungszulage in der Höhe des Unterschiedes zwischen dem monatlichen Gesamteinkommen und dem Mindestsatz. Da der Mindestsatz für das monatliche Gesamteinkommen eines früheren Ehegatten nach der Ergänzungszulagenverordnung für das Kalenderjahr 1999 bei S 8.112,-- liege, gebühre eine Ergänzungszulage von monatlich S 2.112,-- brutto, zumal die Beschwerdeführerin über keinerlei Einkünfte verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung eines Versorgungsgenusses im gesetzlichen Ausmaß, zumindest jedoch in der Höhe von S 9.000,-- monatlich verletzt.

Nach § 19 Abs. 1 des gemäß § 106 Abs. 1 Z. 2 LDG anwendbaren Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. Nr. 426/1985, gelten die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 -, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

Nach Abs. 1a leg. cit. (in der Fassung BGBl. Nr. 16/1994) ist Abs. 1 auch dann anzuwenden, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert und der verstorbene Beamte auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung seinem früheren Ehegatten

1. zumindest für die Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod oder,

2. ..........

nachweislich regelmäßig Unterhaltszahlungen geleistet hat.

Der Versorgungsgenuss gebührt nach Abs. 2 (in der Fassung BGBl. Nr. 522/1995) dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. Er fällt, wenn der Antrag binnen sechs Monaten nach dem Tod des Beamten gestellt wird, mit dem auf den Sterbetag folgenden Monatsersten an. In allen übrigen Fällen gebührt der Versorgungsgenuss von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt der Versorgungsgenuss von diesem Tag an.

Der Versorgungsbezug - ausgenommen die Ergänzungszulage - darf nach Abs. 4 (in der Fassung BGBl. Nr. 16/1994) der genannten Bestimmung

1. die Unterhaltsleistung, auf die der frühere Ehegatte im Fall des Abs. 1 gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat, oder

2. die durchschnittlichen monatlichen Unterhaltszahlungen, die der verstorbene Beamte im Fall des Abs. 1a regelmäßig längstens in den letzten drei Jahren vor seinem Tod geleistet hat, nicht übersteigen.

Nach Abs. 4a leg. cit. (in der Fassung BGBl. Nr. 16/1994) gilt Abs. 4 jedoch nicht, wenn

1. das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes, deutsches RGBl. 1938 I S 807, enthält,

2.

die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert und

3.

der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr vollendet hat. .....

Abs. 6 leg. cit. (in der Fassung BGBl. Nr. 665/1994) lautet wie folgt:

"Eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten ist für die Bemessung eines Versorgungsgenusses nach Abs. 1 nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Beamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat."

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die geschiedene frühere Ehegattin des verstorbenen Landesbeamten H.P. ist und dass keine weitere (spätere) Unterhaltsvereinbarung als die vom 14. Dezember 1987 vorhanden ist. Von der Beschwerdeführerin wird die Berechnung des Versorgungsgenusses nur insofern bekämpft, als sie vorbringt, sie habe ihren verstorbenen Ehemann mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 15. April 1999 zu einer erhöhten Unterhaltsleistung aufgefordert. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, sodass sie mit Unterhaltsklage vom 21. Juni 1999 zu einer näher genannten Geschäftszahl des Bezirksgerichtes Villach die Unterhaltserhöhung auf monatlich S 9.000,-- beginnend mit 1. April 1999 begehrt habe. In diesem Verfahren liege zwar schon der zivilrechtliche Erledigungsanspruch nicht jedoch das Urteil vor. Da Unterhaltsverfahren mitunter - je nach Erledigungsgeschwindigkeit der Gerichte - Jahre dauern könnten, wäre es unbillig, über den Versorgungsgenuss in einem noch offenen Verfahren, das unter Umständen Jahre dauern könne, endgültig zu entscheiden. Wenn sich der Unterhaltspflichtige zu keiner Vereinbarung bereit fände, so bleibe dem Unterhaltsberechtigten lediglich der Weg der Klage, der von der Beschwerdeführerin auch beschritten worden sei.

Zum Anspruch auf Versorgungsbezug nach § 19 PG 1965, insbesondere zum Verhältnis zwischen Abs. 1 und Abs. 6 der genannten Bestimmung, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 95/12/0151, unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur und die Erläuterungen der Novellen zu dieser Bestimmung ausgeführt, dass die Begründung des Anspruches des früheren Ehegatten auf Versorgungsgenuss nach § 19 Abs. 1 PG 1965 davon abhängig ist, dass die erstmalige Festsetzung oder Vereinbarung der Unterhaltsleistungen in einer in dieser Bestimmung genannten Form erfolgt. Erhöhungen der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten sind nach § 19 Abs. 6 PG 1965 für die Bemessung eines nach § 19 Abs. 1 PG 1965 entstandenen Versorgungsgenusses nur dann relevant, wenn diese Erhöhungen unter Einhaltung der im Abs. 6 genannten Formen aus den dort bestimmten Gründen erfolgen. Aus Abs. 6 kann nicht geschlossen werden, dass (für den Ruhegenuss relevante) Erhöhungen, die vor dem letzten Lebensjahr des Beamten erfolgt sind, an keine bestimmte Form gebunden sein müssen. Wenn schon - insbesondere aus Gründen der Beweissicherung - der Anspruch auf einen Versorgungsgenuss an bestimmte Formerfordernisse nach Abs. 1 gebunden ist, dann muss zweifellos auch jede Erhöhung der Unterhaltsleistung, um für die Bemessung des Versorgungsbezuges relevant zu sein, an die gleichen Formerfordernisse gebunden sein. § 19 Abs. 6 PG 1965 schafft demnach nicht neue Formerfordernisse für die Unterhaltserhöhungen, sondern bindet diese, um Manipulationen zu Lasten des den Pensionsaufwand tragenden Staates im letzten Lebensjahr des Beamten hintanzuhalten, dazu noch an bestimmte Gründe.

Der Bemessung des Versorgungsbezuges des früheren Ehegatten ist nicht etwa ein abstrakter, sich aus dem Gesetz ergebender Anspruch zu Grunde zu legen; entscheidend ist vielmehr allein der Anspruch, wie er auf Grund eines im § 19 Abs. 1 PG angeführten Verpflichtungsgrundes - also auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung - gegen den verstorbenen Beamten an dessen Sterbetag konkret bestanden hat (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1988, Zlen. 86/12/0071, 0072, Slg. 12.606/A - nur Rechtssatz).

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, es wäre unbillig, über den Versorgungsgenuss in einem noch offenen Verfahren, das unter Umständen Jahre dauern könne, endgültig zu entscheiden, ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde nicht verpflichtet war, das pensionsrechtliche Verfahren über den Versorgungsbezug der Beschwerdeführerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des bei Gericht anhängigen Verfahrens auf Erhöhung des Unterhaltes auszusetzen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus dem Pensionsgesetz noch aus dem im Sinne des § 1 Abs. 1 DVG grundsätzlich in Betracht kommenden § 38 AVG. Sowohl § 19 Abs. 1 als auch Abs. 6 PG knüpfen nämlich an das Vorliegen eines gerichtlichen Urteiles - nur ein solcher Titel steht im Beschwerdefall der Beschwerdeführerin zu -, das über den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch zwischen den früheren Ehegatten abspricht, an und verleihen ihm Rechtswirkungen für den zwischen dem Bund und dem früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten bestehenden öffentlich-rechtlichen Versorgungsanspruch. Bei dieser vom Gesetzgeber im § 19 Abs. 1 und Abs. 6 PG bezüglich der gerichtlichen Urteile gewählten Technik der Tatbestandswirkung ist es den Pensionsbehörden auch verwehrt, zivilrechtliche Unterhaltsansprüche, über die Gerichte zu entscheiden haben, selbstständig zu beurteilen und daraus für das öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnis Schlussfolgerungen zu ziehen. Damit fehlt es an den Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 38 AVG. Auch aus dem PG lässt sich keine Verpflichtung zur Unterbrechung des pensionsbehördlichen Verfahrens für den Fall der gleichzeitigen Gerichtsanhängigkeit von Unterhaltsstreitigkeiten ableiten (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1988, Zlen. 86/12/0071, 0072). Da zwar ein "zivilrechtlicher Erledigungsanspruch" nicht jedoch ein Urteil über den Anspruch auf Unterhaltserhöhung vorliegt, hat die belangte Behörde nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie den Versorgungsgenuss der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung des rechtswirksamen Vergleiches des Bezirksgerichtes Villach vom 14. Dezember 1987 festgesetzt hat.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war gemäß § 35 VwGG ohne Eröffnung des Vorverfahrens und ohne weitere Kosten für die Beschwerdeführerin abzuweisen.

Abschließend ist noch darauf zu verweisen, dass eine rechtskräftige Entscheidung über die Klage der Beschwerdeführerin auf Unterhaltserhöhung zu einem Zeitpunkt nach Erlassung des Bescheides gemäß § 19 PG, der über die Höhe des Versorgungsgenusses abspricht, in sinngemäßer Anwendung des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG einen Wiederaufnahmegrund für das Verfahren betreffend den Versorgungsbezug bilden kann (vgl. das zu § 12 Abs. 3 GG ergangene hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl. 92/12/0107).

Wien, am 23. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000120023.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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