TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/19 VGW-141/081/7341/2017

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Veröffentlicht am 19.09.2017
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Entscheidungsdatum

19.09.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §4 Abs1
WMG §10 Abs1
WMG §16 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde der Frau M. S., Wien, ..., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Region ..., Sozialzentrum …, vom 28.03.2017, Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2017/1440937-001, mit welchem der Antrag vom 19.01.2017 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und Mietbeihilfe) gemäß §§ 4, 7, 9, 10, 12 und 16 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) idgF abgewiesen wurde,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 28. März 2017, wurde der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie Mietbeihilfe zur Zahl MA 40 - Sozialzentrum ... - SH/2017/01440937-001 abgewiesen.

Begründend führte die Behörde zusammengefasst aus, die nunmehrige Beschwerdeführerin sei auf Grund ihres Antrages mit Schreiben vom 1. März 2017 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 16 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes aufgefordert worden, der Behörde bis spätestens 15. März 2017 für die Beurteilung ihres Anspruches unerlässliche Unterlagen beizubringen bzw. Angaben zu machen. Dieser Aufforderung wäre sie jedoch nicht bzw. nicht zur Gänze nachgekommen. Sie habe nämlich ihre Nettolohnzettel für Jänner und Februar 2017 sowie ihren Dienstvertrag nicht vorgelegt. Da die Behörde aus diesem Grunde außer Stande gesetzt gewesen sei, die für die Bemessung der Leistung rechtserheblichen Tatsachen festzustellen, seien diese Unterlagen somit als unerlässlich im Sinne des § 16 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes zu qualifizieren.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde legte die nunmehrige Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen Nachstehendes dar:

„Laut Ihren Bescheid vom 28.03.2017 wurde die Mindestsicherung für mich abgewiesen weil ich teilweise die von mir verlangten Unterlagen nicht nachgereicht habe.

Ich gebe Ihnen bekannt, dass ich die Unterlagen (Lohnzettel Jänner bis März 2017 und Arbeitsvertrag) erst am 31.03.2017 bekommen habe.

Da ich in Voraus gewusst habe, dass die Unterlagen nicht rechtzeitig ankommen werden, habe ich um eine Fristverlängerung vom 15.03.2017 bis 30.04.2017 bei Ihrem Magistrat angesucht.

Dieses Ansuchen habe ich per Post an Ihre Adresse geschickt.

Im Anhang übermittle ich Ihnen die verlangten Unterlagen.“

Zusammen mit dem Beschwerdeschriftsatz übermittelte sie ihren Dienstvertrag mit der V.-GmbH vom 5. September 2016 sowie ihre Nettolohnzettel von Jänner, Februar und März 2017.

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Mit Eingabe vom 19. Jänner 2017 beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin, eine polnische Staatsangehörige, die Zuerkennung von Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes sowie Mietbeihilfe nach dem Wiener Mindestsicherungsgesetz.

Die Rechtsmittelwerberin wohnt alleine in ihrer Mietwohnung in Wien, .... Der von ihr monatlich zu tragende Mietzins beläuft sich auf EUR 169,10.

Die Rechtsmittelwerberin war im Zeitraum von 1. Jänner 2017 bis 11. März 2017 bei der V.-GmbH erwerbstätig, wobei dieses Dienstverhältnis durch Zeitablauf endete.

Mit Schreiben vom 1. März 2017 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, bis spätestens 15. März 2017 ihre Nettolohnzettel von Jänner und Februar 2017 sowie ihren Dienstvertrag vorzulegen. Dabei wurde ausdrücklich auf die Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens hingewiesen und wurde außerdem darauf aufmerksam gemacht, dass nach fruchtlosem Verstreichen der gesetzten Frist die Leistung nach § 16 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes abgelehnt oder eingestellt werden wird. Auch auf das Unterbleiben einer Nachzahlung für die Zeit der Einstellung oder Abweisung wurde hingewiesen. Dieses Schreiben wurde der Beschwerdeführerin am 6. März 2017 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt.

Nachdem die Rechtsmittelwerberin der eben dargelegten behördlichen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen war, erging der nunmehr angefochtene Bescheid. Die angeforderten Unterlagen wurden erst zusammen mit dem Beschwerdeschriftsatz vom 20. April 2017, eingelangt am 21. April 2017, übermittelt.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG abgesehen werden, weil sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich dem Akteninhalt entnehmen lässt und die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Belehrung im angefochtenen Bescheid im Beschwerdeschriftsatz nicht die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Auch die belangte Behörde hat von der Beantragung der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien (Wiener Mindestsicherungsgesetz) hat Anspruch auf Leistungen aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung, wer

1. zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,

2. seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,

3. die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,

4. einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.

Gemäß § 6 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes haben Hilfe suchende oder empfangende Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen

1. zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen,

2. an arbeitsintegrativen Maßnahmen teilzunehmen,

3. eigene Mittel vorsorglich und zweckmäßig einzusetzen,

4. Ansprüche, die der Deckung der Bedarfe nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist,

5. zuerkannte Leistungen zweckentsprechend, das heißt zur Abdeckung der Bedarfe für die sie zuerkannt wurden, zu verwenden und

6. ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen.

Gemäß § 10 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

Gemäß § 16 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes ist, wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person trotz Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Frist und nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen ohne triftigen Grund nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie

1. die zur Durchführung des Verfahrens von der Behörde verlangten Angaben nicht macht oder

2. die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt oder

3. soweit nicht für die Anrechnung die statistisch errechneten Durchschnittsbedarfssätze herangezogen werden können, gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich), verfolgt, wobei eine offenbar aussichtslose, unzumutbare oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbundene Geltendmachung von Ansprüchen nicht verlangt werden kann,

die Leistung einzustellen oder abzulehnen. Eine Nachzahlung für die Zeit der Einstellung oder Ablehnung unterbleibt. Ein triftiger Verhinderungsgrund ist von der Hilfe suchenden oder empfangenden Person glaubhaft zu machen und entsprechend zu bescheinigen.

Anträge auf die Zuerkennung von Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sind u.a. dann abzulehnen, wenn die Hilfe suchende Person unter Setzung einer angemessenen Frist und nachweislichem Hinweis auf die Rechtsfolgen ohne triftigen Grund nicht rechtzeitig mitwirkt, indem sie die von der Behörde verlangten Unterlagen nicht vorlegt bzw. gesetzliche oder vertragliche Ansprüche, die zumindest teilweise der Deckung des Bedarfs nach § 3 dienen, nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich) verfolgt, wobei eine offenbar aussichtslose, unzumutbare oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbundene Geltendmachung von Ansprüchen nicht verlangt werden kann.

Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 1. März 2017, welches ihr am 6. März 2017 zugestellt wurde, zur Vorlage der oben erwähnten Unterlagen aufgefordert, wobei diesem Auftrag innerhalb der gesetzten Frist nicht Folge geleistet wurde. Die Rechtsmittelwerberin behauptete zwar in ihrer Beschwerde, um Fristverlängerung bis zum 30. April 2017 angesucht zu haben, wobei sie dieses Ansuchen per Post an den Magistrat der Stadt Wien übermittelt habe, ein derartiger Antrag auf Fristverlängerung ist der Aktenlage jedoch nicht zu entnehmen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Gefahr des Verlustes einer an eine Behörde (Gericht) übersandten Eingabe den Einschreiter trifft (vgl. etwa VwGH vom 4. März 1983, Zl. 81/17/0092; VwGH vom 19. März 2015, Zl. 2012/16/0014 ua.). Da sich somit aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte für das Einlangen eines Ansuchens um Fristverlängerung ergeben und das Risiko für das Nichteinlangen zur Post gegebener Eingaben der Absender trägt, ist festzuhalten, dass die Bescheinigung oder zumindest Behauptung eines tauglichen Verhinderungsgrundes innerhalb der behördlich eingeräumten Frist ebenso nicht erfolgte. Der Vollständigkeit halber ist schließlich anzumerken, dass sich insbesondere keine Anhaltspunkte für die Gewährung einer Fristverlängerung durch die belangte Behörde finden und eine Erstreckung der Frist durch die Behörde von der Beschwerdeführerin auch nicht einmal behauptet wurde. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass sich das Vorbringen, dass die Rechtsmittelwerberin die angeforderten Unterlagen erst am 31. März 2017 erhalten habe, als unglaubwürdig erweist, zumal der Dienstvertrag das Datum 5. September 2016 aufweist.

Die geforderten Unterlagen waren für die Beurteilung und Bemessung des Anspruches der Beschwerdeführerin insoweit notwendig, als gemäß § 10 Abs. 1 Wiener Mindestsicherungsgesetz auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen ist. Die angeforderten Unterlagen waren somit für die Feststellung des Anspruchs auf Leistungen der Mindestsicherung bzw. die Bemessung dieser Leistungen unerlässlich.

Des Weiteren ist anzumerken, dass der Rechtsmittelwerberin ab Zustellung des Schreibens mehr als eine Woche zur Verfügung stand, um der gegenständlichen Aufforderung nachzukommen, und sich diese Frist somit jedenfalls als angemessen erweist. Schließlich hat die Beschwerdeführerin – wie bereits festgehalten - einen triftigen Verhinderungsgrund, welcher ihr die Einhaltung der Frist bzw. die Vorlage der Unterlagen unmöglich machte, innerhalb dieser gesetzten Frist nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere hat sie innerhalb der gesetzten Frist nicht einmal behauptet, dass ihr die Vorlage der Unterlagen nicht möglich ist.

Es ist somit festzuhalten, dass es zwar einen triftigen Verhinderungsgrund im Sinne des § 16 Abs. 1 letzter Satz WMG darstellen würde, wenn die Beschwerdeführerin die angeforderten Unterlagen nicht vorlegen kann, jedoch ist solch ein triftiger Verhinderungsgrund von der Hilfe suchenden oder empfangenden Person glaubhaft zu machen und entsprechend zu bescheinigen. Es wäre der Rechtsmittelwerberin daher oblegen, den von ihr behaupteten Verhinderungsgrund innerhalb der ihr von der belangten Behörde gesetzten Frist zu bescheinigen. Eine derartige Bescheinigung ist dem Verwaltungsakt jedoch nicht zu entnehmen.

Es steht daher fest, dass die Beschwerdeführerin einen triftigen Verhinderungsgrund für die Übermittlung der in Rede stehenden Unterlagen im Sinne des § 16 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes im behördlichen Verfahren nicht dargetan hat und somit innerhalb der ihr gesetzten Frist ihrer in § 16 Abs. 1 Z 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes festgelegten Verpflichtung zur Vorlage unerlässlicher Unterlagen nicht nachgekommen ist.

Da somit feststeht, dass die Beschwerdeführerin trotz diesbezüglicher Aufforderung und Setzung einer angemessenen Frist zur Vorlage dieser Unterlagen und ausdrücklichem Hinweis auf die durch ihre Säumigkeit resultierenden Rechtsfolgen ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht nachkam, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes für die Ablehnung der beantragten Leistungen der Mindestsicherung vor.

Die Abweisung des Antrags auf Zuerkennung von Leistungen der Mindestsicherung erfolgte auf Grund der Verletzung der Mitwirkungspflicht im gegenständlichen Fall somit zu Recht und war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung, Antrag auf; Unterlagen, Beibringung von; Mitwirkung; triftiger Verhinderungsgrund; Bescheinigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.081.7341.2017

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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