Entscheidungsdatum
20.09.2017Index
34 MonopoleNorm
GSpG §2 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Wostri über die Beschwerden des Herrn M. K. und der A. GmbH, beide vertreten durch RA, vom 19.1.2017 und des Finanzamtes … gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 23.12.2016, Zahl VStV/916300546374/2016, betreffend Übertretungen nach dem GSpG, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG ist kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Straferkenntnis vom 23.12.2016, Zahl Zahl VStV/916300546374/2016, lautet wie folgt:
„Sie haben sich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma A. GmbH und somit als zur Vertretung nach außen Berufener und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG im Zeitraum von 01.03.2016 bis 15.03.2016 um 16.00 Uhr in Wien, P., Lokal „C.“, zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch beteiligt, indem die Firma A. GmbH als Unternehmerin entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes die Glücksspielgeräte gegen Entgelt dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt, um mit dem funktionsfähigen und in betriebsbereiten Zustande aufgestellten Glücksspielgeräte; 1) D. mit der Seriennummer 46 (FA Nr. 1); 2) D. mit der Seriennummer 44 (FA Nr. 2), 3) D. mit der Seriennummer 99 (FA Nr. 3), 4) D. mit der Seriennummer 12 (FA Nr. 4), 5) D. mit der Seriennummer 17 (FA Nr. 5), 6) D. mit der Seriennummer 63 (FA Nr. 6), 7) D. mit der Seriennummer 26 (FA Nr. 7), 8) D. mit der Seriennummer 34 (FA Nr. 8), 9) D. mit der Seriennummer 38 (FA Nr. 9), 10) D. mit der Seriennummer 44 (FA Nr. 10), 11) D. mit der Seriennummer 50 (FA Nr. 11), 12) D. mit der Seriennummer 42 (FA Nr. 12), fortgesetzt Einnahmen zu erhalten. Mit den Glücksspielgeräten wurden Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen veranstaltet an denen Personen vom Inland aus teilnehmen konnten und die Möglichkeit zur Teilnahme an diesen Glücksspielen ermöglicht wurde. Von den Kontrollorganen der Finanzpolizei … wurden am 15.03.2016 im Zeitraum von 16.07 Uhr bis 17.45 Uhr Probespiele durchgeführt und es konnte festgestellt werden, dass mit den Glücksspielgeräten mehrere Glücksspiele, vor allem virtuelle Walzenspiele, in unterschiedlichen Einsatzhöhen gespielt werden konnten. Die Firma A. GmbH hafte gem. § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 52 Abs. 1 Zif. 1 (4.Fall) i.V.m. § 2 Abs. 4 GSpG, BGBl. Nr.620/1989 i.d.g.F. i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG.“
Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden.
Am 8.9.2017 führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Im in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde M. K. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma A. GmbH vorgeworfen, dass er sich unternehmerisch beteiligt habe, indem die Firma A. [..] Glücksspielgeräte gegen Entgelt dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung gestellt habe, um mit ihnen fortgesetzt Einnahmen zu erhalten.
Aus dem gesamten Akt der belangten Behörde ist jedoch nicht ersichtlich, dass die A. GmbH jemanden Glücksspielgeräte zur Verfügung gestellt hätte und ist derartiges auch in der durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht hervorgekommen. Da sohin keine Anhaltspunkte für das der A. GmbH angelastete Verhalten vorliegen und der durch die belangte Behörde erhobene Tatvorwurf in keinster Weise nachvollziehbar ist, war das Strafverfahren einzustellen.
Soweit das Finanzamt in seiner Beschwerde ausführt, die A. GmbH habe nicht die Glücksspielgeräte sondern die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, ist zu bemerken, dass ungeachtet der Frage, ob diesbezüglich ein strafbares Verhalten vorliegt, eine Berichtigung des Spruches durch das Verwaltungsgericht nicht in Betracht kommt.
§ 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen. Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (VwGH vom 19.5.2017, Zl. Ra 2016/17/0173).
Die Verpflichtung der Berufungsbehörde, "in der Sache" zu entscheiden, besagt, dass die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen erstbehördlichen Bescheides begrenzt ist. Das bedeutet für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens, dass es der Berufungsbehörde untersagt ist, die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat gegen eine andere Tat auszuwechseln (VwGH vom 23.11.1993, Zl. 93/04/0169 und vom 5.11.2014, Zl. Ra 2014/09/0018 - dies gilt für das Verwaltungsgericht sinngemäß). Zulässig ist es hingegen, die rechtliche Beurteilung der Tat auszutauschen, solange es um ein und dasselbe Verhalten des Beschuldigten geht, also Identität der Sache (Tat) gegeben ist (VwGH vom 12.12.2001, Zl. 2000/03/0373, vom 15.6.2010, Zl. 2009/05/0262).
Im gegenständlichen Fall geht es bei der Frage, ob die A. GmbH Glücksspielgeräte zur Verfügung gestellt hat oder ob sie Räumlichkeiten verpachtete, um ein die Identität der Tathandlung bestimmendes Merkmal, das durch das Verwaltungsgericht nicht ausgetauscht werden kann.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren sieht sich das Verwaltungsgericht jedoch noch zu folgendem Hinweis veranlasst: Die mündliche Verhandlung vom 8.9.2017 hatte 10 Verfahren zum Gegenstand. In den Akten betreffend die Straferkenntnisse zeigte sich ein durchaus befremdlicher Sorgfaltsmaßstab der belangten Behörde.
? Beispielsweise findet sich in der Anzeige der Finanzpolizei die Mitteilung, dass die Eigenschaft als „unternehmerisch Zugänglichmacher“ zu verifizieren wäre. Die Landespolizeidirektkion Wien nahm jedoch von Ermittlungen Abstand und zog sogleich – ohne Angabe von Gründen - eine bestimmte Person als Straftäter heran. Ein Ermittlungsverfahren wurde durch die belangte Behörde nicht durchgeführt. Die Landespolizeidirektion Wien ist hierzu darauf hinzuweisen, dass der dem Spruch zu Grunde gelegte Sachverhalt auch im Akteninhalt Deckung zu finden hat.
? Ebenso fällt auf, dass in den Strafakten keine Nachweise über allfällige Vorstrafen (insb. bezüglich Verwaltungsübertretungen nach dem GSpG) enthalten sind. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Bedeutung von Vorstrafen im Rahmen der Strafzumessung zu beanstanden, sondern auch deswegen, da gem. § 52 Abs. 2 GSpG im Falle einer Wiederholungstat ein anderer Strafrahmen anzuwenden ist. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht keinen Zugriff auf die einschlägigen Vormerkungen/Register der LPD Wien hat. Ist sohin dem Akt der Landespolizeidirektion Wien nicht zu entnehmen dass Vorstrafen vorliegen, lässt dies nur den Schluss zu, dass es auch tatsächlich keine Vorstrafen gibt. Dessen ungeachtet ist es auch in einem solchen Fall erforderlich – und bei ordnungsgemäßer Aktenführung eine Selbstverständlichkeit - dies im Akt zu dokumentieren.
? Weiters fällt auf, dass die Sprüche der Straferkenntnisse idR in „gebrochenem Deutsch“ verfasst sind (zB - ohne Satzeinschübe -: „Sie haben es unterlassen den Organen der öffentlichen Aufsicht massiv erschwert und Ihre Mitwirkungspflicht verletzt“. Ein Bescheidspruch soll so gefasst sein, dass dessen Inhalt ohne Schwierigkeiten verständlich ist und die Verfahrensparteien nicht gezwungen sind, dessen Inhalt in Zusammenhalt mit dem Gesamtkontext herauszufinden.
? Des Weiteren wird auf § 10 VwGVG hingewiesen.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Glücksspiel; Glücksspielgeräte; verbotene Ausspielung; Spruch; Korrektur; Anlastung; Tathandlung; keine Auswechslung der Tat; Konkretisierungsgebot; unternehmerisch zugänglich machenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.002.086.2129.2017Zuletzt aktualisiert am
14.06.2018