TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/27 LVwG-2018/33/0463-5

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Veröffentlicht am 27.04.2018
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Entscheidungsdatum

27.04.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsrecht;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

StVO 1960 §5 Abs2
FSG 1997 §37
StVO 1960 §4 Abs1 lita
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst/erkennt durch seinen Richter Dr. Visinteiner über die Beschwerde der Frau AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 15.01.2018, Zl ****, betreffend Übertretungen nach der StVO und dem FSG, den

I.

Beschluss:

1.       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wird Folge gegeben, Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II.

zu Recht:

1.       Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt Euro 512,60 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:

„1.  Sie haben am 19.12.2017 um 21:50 Uhr in Z, Adresse 2, Adresse 3, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen **** gelenkt und haben am 19.12.2017 um 21.50 Uhr in Z, w.o., gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigten Organ die Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Atemalkoholgehalt verweigert.

2.   Sie sind am 19.12.2017 um 21:32 Uhr in Z, Adresse 3, als Lenkerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen **** mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.

3.   Sie haben am 19.12.2017 um 21:50 Uhr in Z, Adresse 4, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ****, für das der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheins gelenkt.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 99 Abs. 1 lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO

§ 4 Abs. 1 lit. a StVO

§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 39 Abs. 5 FSG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls dies uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

€ 2.200,00

17 Tage(n) 21 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 99 Abs. 1 lit b StVO

€ 150,00

1 Tage(n) 9 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 99 Abs. 2 lit. a StVO

€ 363,00

6 Tage(n) 23 Stunde(n) 0 Minute(n)

 

§ 37 Abs. 3 Zif. 2 FSG

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€271,30 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 2.984,30“

Dagegen hat Frau AA rechtsfreundlich vertreten fristgerecht Beschwerde erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

„In umseits bezeichnetem Verwaltungsstrafverfahren erstattet die Beschuldige AA durch ihren ausgewiesenen Vertreter RA Mag. BB, Adresse 1, Z gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol **** vom 15.01.2018 gemäß Art. 130 Abs. 1 Ziff. 1 und Art. 132

Abs. 1 Ziff. 1 B-A/G binnen offener Frist nachstehende

BESCHWERDE

an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

1) Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 15.01.2018 wurde der Beschuldigten

AA zur Last gelegt,

1)   sie habe am 19.12.2017 um 21.50 Uhr in Z, Adresse 2, Adresse 3, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen **** gelenkt und am 19.12.2017 um 21.50 Uhr in Z, w.o. gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigen Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Atemalkoholgehalt verweigert;

2)   sie sei am 19.12.2017 um 21.32 Uhr in Z, Adresse 3 als Lenkerin des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen **** mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten;

3)   die habe am 19.1.2017 um 21,50 Uhr in Z, Adresse 4 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ****, für das der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines gelenkt

wodurch sie folgende Rechtsvorschriften verletzt habe:

1) § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO

2) § 4 Abs. 1 lit. a StVO

3) § 37 Abs. 1 iVm § 39 Abs. 5 FSG

Die Beschuldigte AA wurde hiefür

zu 1) zu einer Geldstrafe von € 2.200,-

zu 2) zu einer Geldstrafe von € 150,--

zu 3) zu einer Geldstrafe von € 363,-

zuzüglich Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens, sohin zu gesamt € 2.984,30 verurteilt.

Begründet wurde das vorliegende Straferkenntnis seitens der Landespolizeidirektion Tirol im Wesentlichen dahingehend, dass die Angaben der Beschuldigten den dienstlichen Wahrnehmung der einschreitenden Beamten widersprechen würden und es einem Sachverständigen obliegen würde festzustellen, ob tatsächlich ein Schaden infolge der Berührung von Fahrzeugen eingetreten sei oder nicht, sodass nach der Aktenlage davon auszugehen sei, dass der PKW beschädigt und ein Sachschaden eingetreten sei. Im Übrigen sei die Beschuldigte zu Spruchpunkt 3. umfassend geständig gewesen.

2) Beschwerdegründe:

Das angeführte Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol ist in Punkt 1. und 2. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und daraus resultierender Mangelhaftigkeit des Verfahrens behaftet und begründet sich dies wie folgt:

Richtig ist, dass der Beschuldigten AA mit Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol **** seit 25.09.2017 die Lenkberechtigung entzogen wurde. Unrichtig ist, dass die Beschuldigte AA am 19.12.2017 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hätte und Fahrerflucht beging. Ebenso unrichtig ist, dass sich AA am 19.12.2017, 21.40 Uhr in Z, Adresse 4 / Kreuzung Adresse 3 in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten

Zustand befand.

Tatsächlich leidet Frau AA, wie dies auch aus angeführtem Akt der Landespolizeidirektion Tirol, **** bekannt ist, an einer „CPOD 4 Erkrankung" und ist aufgrund dessen nicht in der Lage, ihre Atemluft mittels Alkomattestes überprüfen zu lassen. Aufgrund der vorliegenden Erkrankung resultiert auch eine verwaschene Aussprache, die irrigerweise als Alkoholisierung gedeutet werden könnte.

Tatsächlich hat AA zum angeführten Zeitpunkt in keiner Weise Alkohol konsumiert, was auch zeugenschaftlich durch CC, Adresse 5, Z bestätigt werden kann. Der Vorwurf in der Anzeige vom 19.12.2017, wonach AA gegenüber den erhebenden Polizeibeamten angegeben hätte, sie hätte „ein paar Spritzer“ getrunken“, ist unrichtig und wurde offensichtlich seitens der erhebenden Polizeibeamten die Aussage der AA, sie könne den Alkoholtest nicht durchführen, missverstanden, da sie nachweislich aufgrund der vorliegenden Erkrankung einen Alkoholtest auch nicht durchführen kann. Ob und inwieweit sie hiezu in der Lage ist bzw. aufgrund der Erkrankung es ihr nicht möglich ist, wurde, wie sich aus der Anzeige ergibt, seitens der erhebenden Polizeibeamten offensichtlich nicht nachgefragt, sodass die Amtshandlung nicht gesetzgemäß durchführt wurde.

Zum Beweis hiefür wird die Einvernahme des Zeugen CC, Adresse 5,  Z beantragt.

Des Weiteren ist aufgrund der Verkehrsunfallsanzeige **** der Polizeiinspektion Z davon auszugehen, dass am 19.12.2017 kein von der Beschuldigten verschuldeter Verkehrsunfall mit Sachstanden entstanden ist, sodass der Beschuldigten zu Unrecht der Vorwurf gemacht wurde, sie habe die Rechtsvorschrift des § 4 Abs. lit. a StVO verletzt, zumal eine Beschädigung unfallskausaler Art nicht vorliegend ist.

Zum Beweis hiefür wird die Einholung des angeführten Aktes ****Polizeiinspektion Z samt Lichtbildern sowie die Einholung eines kfz-technischen Sachbefundes beantragt.

Gleichzeitig wird eine Aufenthaltsbestätigung der Tirol Kliniken X - W zum Beweis der vorliegenden Erkrankung vorgelegt.

Aus diesen Gründen werden an das Landesverwaltungsgericht gestellt die

ANTRÄGE

1) gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung anzuberaumen;

2) das Straferkenntnis der Landespoiizeidirektion Tirol vom 15.01.2018 nach Einholung der angebotenen Beweise zu beheben und das gegen die Beschuldigte AA behängende Verwaltungsstrafverfahren zu Punk 1. und 2. gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 AVG einzustellen, in eventu die über die Beschwerdeführerin verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Für AA“

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Zl ****, insbesondere in die Anzeige der Polizeiinspektion Y vom 20.12.2017, Zl ****. Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Landespolizeidirektion Tirol zu Zl ****. Weiters fand am 29.03.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei der Beweis aufgenommen wurde durch Einvernahme des Meldungslegers Insp DD. Die Beschwerdeführerin ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, wurde jedoch vom Rechtsvertreter vertreten.

II.      Sachverhalt:

Am 19.12.2017 gegen 21.40 Uhr wurde die Streife „Peter 20“ mit Inspektor DD und Revierinspektor EE von der Stadtleitstelle in die Yer Straße in Z beordert, da jemand beobachtet hätte, dass ein Fahrzeug beim Ausparken beschädigt worden sei. Die Polizeibeamten begaben sich von der Dienststelle zum Auto und wollten zur Unfallstelle in die Yer Straße fahren. Als die Mitteilung kam, dass die Zulassungsbesitzerin in der Adresse 4 wohne. Als die Streife mit dem Meldungslegern in der Adresse 4 angekommen sind, haben sie beobachtet, wie das Kraftfahrzeug, ein Mazda mit dem entsprechenden Kennzeichen eingeparkt wurde. Das Dienstfahrzeug wurde neben diesem Mazda abgestellt und haben die Meldungsleger gewartet, bis die Lenkerin mit dem Einparkvorgang fertig gewesen ist. Inspektor DD ist bei der Fahrertüre gestanden als die Beschwerdeführerin den Motor abgestellt und die Fahrertüre aufgemacht hat. Dann hat sie gesagt „jetzt habe ichs, wer hat mich den jetzt angezeigt“. Daraufhin hat der Meldungsleger eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt. Die Beschwerdeführerin hat gesagt, dass sie nur einen Reisepass vorweisen könne, nicht aber den Führerschein. Aufgrund ihres Verhaltens wurde die Beschwerdeführerin vom Meldungsleger gefragt, ob sie alkoholische Getränke konsumiert hat. Dies wurde von der Beschwerdeführerin bejaht, worauf sie vom Meldungsleger Inspektor DD zum Alkomattest aufgefordert wurde. Sie wurde über die Amtshandlung aufgeklärt, worauf die Beschwerdeführerin erklärt hat, dass sie nicht mitfahren werde und sie auch keinen Alkomattest machen möchte. Ihr wurde vom Meldungsleger wiederum der Ablauf der Amtshandlung erklärt und hat dieser versucht, die Beschwerdeführerin zu beruhigen und wenn sie den Alkomattest nicht machen werde, dies als Alkotestverweigerung zu werten ist. Die Beschwerdeführerin hat gemeint, dass sie das wisse und es ihr auch egal sei, wenn sie angezeigt werde. Da die Beschwerdeführerin den Alkomattest nicht durchgeführt hat, kam es zur Anzeige.

Die Amtshandlung über die Unfallaufnahme wurde vom Kollegen Revierinspektor EE durchgeführt. Aus dem Aktenvorgang und der Aussage des Meldungslegers ergibt sich, dass beim gegnerischen Fahrzeug kein Schaden entstanden ist.

III.     Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen betreffend Tatzeitpunkt, Tatort, Fahrzeug und Lenkerin ergeben sich insbesondere aufgrund der Anzeige der Polizeiinspektion Y vom 20.12.2017, Zl ****. Diese Feststellungen werden von der Beschwerdeführerin grundsätzlich auch gar nicht bestritten.

Die getroffenen Feststellungen betreffend die Aufforderung an die Beschwerdeführerin zum Alkomattest ergiben sich aus der glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussage des als Zeugen einvernommenen Meldungsleger Inspektor DD anlässlich seiner Einvernahme im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 29.03.2018.

Dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt erklärt hat, dass sie den Alkomattest aus gesundheitlichen Gründen nicht durchführen könne, weil sie an einer Atemwegserkrankung leide, ergibt sich ebenfalls aus der glaubhaften und widerspruchsfreien Aussage des als Zeugen einvernommen Meldungslegers Inspektor DD im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 29.03.2018.

Auch dass der Meldungsleger die Beschwerdeführerin über die Folgen einer Alkomattestverweigerung aufgeklärt hat, ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage des als Zeugen einvernommenen Meldungslegers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 29.03.2018.

Dass die Beschwerdeführerin beim Ausparken in der Yer Straße einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht haben soll, lässt sich aufgrund des Akteninhaltes nicht feststellen. Auch der als Zeuge einvernommene Meldungsleger hat im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er zwar nicht die Amtshandlung betreffend die Unfallaufnahme geleitet hat, er sich jedoch erinnern kann, dass beim gegnerischen Fahrzeug kein Schaden entstanden ist.

IV.      Rechtsgrundlagen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung lauten wie folgt:

„§ 5

Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol

(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und – soweit es sich nicht um Organe der Bundespolizei handelt – von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen,

1.   die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, oder

2.   bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.“

„§ 99

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

b)   wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,“

Weiters sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes relevant:

„9. Abschnitt

Strafbestimmungen

Strafausmaß

§ 37

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs. 3 Z 3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

„Vorläufige Abnahme des Führerscheines

§ 39

(5) Das Lenken von Kraftfahrzeugen, für die der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheines oder das Lenken von Motorfahrrädern, Invalidenkraftfahrzeugen oder vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Mopedausweises ist unzulässig.“

V.       Rechtliche Erwägungen:

Zu Spruchpunkt I.:

Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens, insbesondere der Aussage des als Zeugen einvernommenen Meldungslegers Inspektor DD anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 29.03.2018 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin beim Ausparken in der Yer Straße keinen Unfall mit Sachschaden verursacht hat.

Nach der herrschenden Rechtsprechung ist Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht des § 4 Abs 1 lit a StVO als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätte kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl VwGH 23.05.2002, Zl 2002/03/0417).

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung desselben zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Für das Landesverwaltungsgericht Tirol ist nicht erkennbar, wie aufgrund der vorhandenen Beweismittel die vorgeworfene Verwaltungsübertretung auf subjektiver Tatseite vorgeworfen werden könnte. Einerseits hat die Beschwerdeführerin von Anfang an bestritten, den Verkehrsunfall mit Sachschaden bemerkt zu haben. Zum anderen wurde auch im Zuge der Unfallaufnahme durch die Meldungsleger kein Sachschaden am gegnerischen Fahrzeug bemerkt und festgestellt.

Aufgrund des Ergebnisses des Beweisverfahrens steht fest, dass der Beschwerdeführerin die vorgeworfene Verwaltungsübertretung auf subjektiver Tatseite nicht vorgeworfen werden kann. Es war daher entsprechend auch dem im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsatz „in dubio pro reo“ der Beschwerde Folge zu geben, dass angefochtene Straferkenntnis zu Spruchpunkt 2. zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfange einzustellen.

Zu Spruchpunkt II.:

Aufgrund des Ergebnisses des Beweisverfahrens ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Meldungslegern vorgebracht hat, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage ist, den Alkomatest durchzuführen. Aufgrund ihres Verhaltens war vom Meldungsleger davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Die Aufforderung zum Alkomattest ist daher zu Recht erfolgt. Wie sich aus dem Ergebnis des Beweisverfahrens ergibt, hat die Beschwerdeführerin trotz Belehrung die Durchführung des Alkomattestes abgelehnt, ohne dass sie darauf hingewiesen hat, dass ihr die Durchführung nicht möglich ist. Es ist daher von einer Verweigerung des Alkomattestes auszugehen.

Aufgrund einer Anzeige, dass ein Fahrzeuglenker/Fahrzeuglenkerin beim Ausparken ein anderes Fahrzeug beschädigt hat, waren die Meldungsleger berechtigt nach § 5 Abs 2 StVO die Beschwerdeführerin zum Alkomattest aufzufordern.

Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin am 19.12.2017 um 21.50 Uhr in Z, Adresse 4, Adresse 3, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen **** gelenkt hat und am 19.12.2017 um 21.50 Uhr in Z, Adresse 4 Adresse 3, gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Atemalkoholgehalt verweigert hat. Weiters hat sie das gegenständliche Kraftfahrzeug, für das der Besitz einer Lenkberechtigung vorgeschrieben ist, vor der Wiederausfolgung des vorläufig abgenommenen Führerscheins gelenkt.

Die Beschwerdeführerein hat daher die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht verwirklicht.

Was die subjektive Tatseite betrifft, so ist anzuführen, dass zur Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung fahrlässiges Verhalten (§ 5 Abs 1 VStG) ausreicht. Die Beschuldigte hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Dabei hat die Beschwerdeführerein im Sinne des § 5 VStG initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht, sei es durch die geeignete Tatsachenvorbringen, durch Beibringung von Beweismitteln oder durch Stellung konkreter Beweisanträge.

Den von der Beschwerdeführerin gestellten Beweisanträgen ist das Landesverwaltungsgericht Tirol teilweise nachgekommen und hat die Beweise aufgenommen. Der Kfz-technische Sachbefund war nicht notwendig, weil das Verfahren in diesem Punkt eingestellt wurde.

Als Ergebnis dieser Beweisaufnahme ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht verwirklich hat. Diesbezüglich ist der Beschwerdeführerin zumindest Fahrlässigkeit anzulasten.

Den Tatvorwurf, dass die Beschwerdeführerin das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen **** gelenkt hat, obwohl ihr die Lenkberechtigung entzogen worden war, wurde von der Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt bestritten.

VI.       Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist das als beträchtlich anzusehen. Die Beschwerdeführerin hat dem Interesse an der Vermeidung von Gefahren, welche von Alkohol beeinträchtigten Lenker ausgehen, in erheblicher Weise zuwidergehandelt.

Hinsichtlich des Verschuldens war – wie bereits erwähnt – von Fahrlässigkeit auszugehen. Mildernd war nichts zu werten, erschwerend war die einschlägige Verwaltungsvormerkung zu werten. Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfälliger Sorgepflichten hat die Beschwerdeführerin, obwohl dazu die Möglichkeit bestanden hätte, keine Angaben gemacht. Es war daher insofern eine Einschätzung vorzunehmen (vgl VwGH 11.11.1998, 98/04/0034, uva), wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einem durchschnittlichen Einkommen bzw Vermögen ausgegangen werden konnte.

Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien haben sich gegen die durch die belangte Behörde bestimmten Strafen keine Bedenken ergeben. Bei dem gesetzlichen Strafrahmen von Euro 1.600,00 bis Euro 5.900,00 nach § 99 Abs 1 lit b StVO bzw von mindestens 363,00 Euro nach § 37 FSG ist die Bestrafung im unteren Bereich angesetzt bzw handelt es sich um die Mindeststrafe nach dem FSG und war daher eine Bestrafung in dieser Höhe jedenfalls geboten, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen Rechnung zu tragen. Eine Bestrafung in dieser Höhe ließe sich auch mit allenfalls ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen in Einklang bringen und war sowohl spezial- als auch generalpräventiven Gründen geboten, um die Beschwerdeführerin künftig von gleichartigen Übertretungen abzuhalten und auch anderen Verkehrsteilnehmern das besondere Gewicht der betreffenden Verhaltensnormen aufzuzeigen.

Der Beschwerde kommt sohin keine Berechtigung zu und war diese spruchgemäß abzuweisen.

Der Kostenspruch stützt sich auf die dort angeführten Gesetzesbestimmungen.

VII.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Visinteiner

(Richter)

Schlagworte

Alkotestverweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.33.0463.5

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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