Entscheidungsdatum
17.05.2018Index
50/03 Personenbeförderung GüterbeförderungNorm
GelVerkG 1996 §11 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Dollenz über die Beschwerde des AA, Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.07.2017, ****,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y wurde dem Beschwerdeführer Nachstehendes zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Tatzeit: 13.04.2017 19.30 Uhr
Tatort: X
Fahrzeug: PKW ****
Sie haben es als Gewerbeinhaber zu verantworten, dass das angeführte Fahrzeug zur angeführten Zeit am angeführten Ort für eine Personenbeförderung im Mietwagengewerbe verwendet wurde, ohne dass ein Nachweis über die Erteilung der Bewilligung gem. § 11 Abs 1 GelverkG mitgeführt wurde.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 11 Abs 3 GelverkG iVm § 11 Abs 1 Z 2 GelverkG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe (€): Gemäß: Ersatzfreiheitsstrafe
1.500,00 § 15 Abs 1 Z 3 GelverkG iVm 5 Tag(e)
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
€ 150,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Die eingehobene vorläufige Sicherheit in der Höhe von EUR 272,23 wird gemäß § 37a Abs. 5 iVm § 37 Abs. 5 VStG für verfallen erklärt und auf den Strafbetrag angerechnet.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 1377,77“
Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nach dem 03.07.2017 zugestellt.
Am 24.07.2017 ging bei der Bezirkshauptmannschaft Y eine Beschwerde ein, in der die Aufhebung des Bescheides beantragt wurde. Es wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in W eine Einzelunternehmung (****) für Personen- und Warentransport führe. Mit den entsprechenden Wer Genehmigungen dazu.
Gemäß § 11 Abs 5 GelverkG bräuchte es nicht zwingend eine Bewilligung des österreichischen Staates, wenn der andere Staat die Vorschriften ähnlich hält. Dies sei bei W seines Wissens nach so. Er sei ein gewissenhafter Mann und habe in keinem anderen Land Probleme mit Wer Bewilligung für die Personenbeförderung.
Am 21.08.2017 wurde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.
Infolge der Beschwerde wurde unter Bekanntgabe des Spruches des Straferkenntnisses vom Landesverwaltungsgericht Tirol an das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, geschrieben und von diesem mitgeteilt, dass als Rechtsgrundlage zwischen dem Verkehr mit PKW zwischen Österreich und W das Abkommen zwischen der Republik Österreich und W über den grenzüberschreitenden Verkehr mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Straße vom 22.10.1958, ratifiziert am 29.01.1959, in Kraft getreten am 04.04.1959, BGBl Nr 123/1959, gelte.
In diesem Abkommen sind folgende Fahrten liberalisiert worden:
- Rundfahrt mit geschlossenen Türen (in einem anderen Vertragsstaat dürfen keine neuen Personen aufgenommen werden)
- Absetzfahrt
- Abholfahrt (Beförderung innerhalb von 10 km diesseits und jenseits der Grenze)
Aufgrund der erhobenen Beschwerde wurde am 09.05.2018 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Y mit der Zahl **** sowie durch Einvernahme von Herrn BB als Zeuge aufgenommen wurde. Eine Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen CC sowie DD konnte nicht erfolgen, da sie zur Verhandlung nicht erschienen.
Für die Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer ein Auszug aus dem Handelsregister des V in Kopie übermittelt, aus dem sich entnehmen lässt, dass im Handelsregister betreffend des Beschwerdeführers eine Firma mit dem Zweck Personen- und Warentransport mit Kleinbus eingetragen ist.
Anlässlich der Einvernahme gab Herr BB an, dass er am 13.04.2017 in U eine Routinekontrolle vorgenommen hat. Im Zuge dessen wurde der Beschwerdeführer, der in dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen **** war, kontrolliert und konnte festgestellt werden, dass dieser Lenker des Fahrzeuges ist. In diesem befanden sich noch weitere 8 Personen, die in W zugestiegen sind und nach T fahren wollten. Der Fahrpreis hat **** betragen. Anlässlich der Kontrolle konnte auch eine Visitenkarte vorgefunden werden, wonach jeden Freitag Personen- und Warentransporte durchgeführt werden.
§ 11 Abs 1 GelverkG normiert, dass die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeug von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland, außer den nach §§ 2 und 7 berechtigten Personen auch Unternehmern gestattet ist, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden gesetzlichen Vorschriften zur Beförderung von Personen befugt sind und Inhaber einer
1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1073/09 oder
2. Genehmigung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich oder
3. Genehmigung aufgrund des Landverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Straße, oder
4. auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen gemäß § 12 vergebenen Genehmigung der Bundesministerin/des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie oder
5. Genehmigung aufgrund des Übereinkommens über die Personenbeförderung im grenzüberschreitenden Gelegenheitsverkehr mit Omnibussen (Interbus-Übereinkommen), ABl. Nr. L 321 vom 26.11.2002 S. 13, zuletzt geändert durch den Beschluss Nr. 1/2011, ABl. Nr. L 8 vom 12.1.2012 S. 38, sind
oder eine genehmigungsfreie Gelegenheitsfahrt gemäß einer in Z 4 und 5 genannten Rechtsvorschrift oder aufgrund des Bundesgesetzes vom 1. Oktober 1987 zur Durchführung des Übereinkommens über die Personenbeförderung im grenzüberschreitenden Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, BGBl. Nr. 17/1987 (ASOR-Durchführungsgesetz), BGBl. Nr. 521/1987, durchführen.
Nach § 11 Abs 5 leg cit kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie anordnen, dass die gewerbsmäßige Beförderung von Personen nach, durch oder aus Österreich durch ausländische Unternehmer ohne die in Abs. 1 Z 2 vorgeschriebene Genehmigung gestattet ist, wenn und insoweit der betreffende ausländische Staat in dieser Hinsicht Gegenseitigkeit einräumt oder wenn wirtschaftliche Interessen Österreichs dies rechtfertigen; die Aufnahme neuer Fahrgäste durch ausländische Unternehmen im Bundesgebiet bedarf aber jedenfalls der in Abs. 1 Z 2 vorgeschriebenen Genehmigung.
Das vom Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführte Beweisverfahren konnte nicht ergeben, dass vom Beschwerdeführer AA Personen in Österreich aufgenommen wurden, oder solche die in Österreich aussteigen wollten. Es wurde eine reine Transitfahrt durchgeführt.
Aus der Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie ergibt sich, dass mit W ein Abkommen besteht und gewisse Fahrten liberalisiert sind und dafür keine Genehmigung erforderlich ist.
Darunter fallen Fahrten mit geschlossenen Türen (im anderen Vertragsstaat dürfen keine neuen Personen aufgenommen werden), Absetzfahrten sowie Abholfahrten (Beförderung innerhalb von 10 km diesseits und jenseits der Grenze).
Feststeht, dass in Österreich keine Passagiere aufgenommen werden sollten, ebenso, dass der Transport mit einem Fahrzeug durchgeführt wurde, welches nicht mehr als 9 Sitze aufweist und dass Ausgangspunkt W und Ende der Fahrt T ist. Es wurde eine „Absetzfahrt“ durchgeführt.
Dass die gegenständliche Fahrt nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz bewilligungspflichtig ist, kann im Gegenstandfall nicht nachgewiesen werden.
Aus diesem Grund kann der Beschwerde stattgegeben werden und ist spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Dollenz
(Richter)
Schlagworte
Gelegenheitsverkehr – Transitfahrt bzw Absetzfahrt– aufrechtes AbkommenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.14.1992.5Zuletzt aktualisiert am
14.06.2018