TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 98/09/0245

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Veröffentlicht am 23.02.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache des W in Straßburg, vertreten durch Dr. Hans Georg Mayer, Dr. Hans Herwig Toriser, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, St. Veiter Straße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 21. April 1998, Zl. KUVS-K2-211-216/3/98, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 24. Oktober 1995 wurde vom Arbeitsinspektorat für den

13. Aufsichtsbezirk an die Bezirkshauptmannschaft

St. Veit an der Glan Anzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet, weil dieser entgegen dem § 3 AuslBG sechs bosnische Staatsangehörige beschäftigt habe, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein ausgestellt worden seien. Dem lag zugrunde, dass bei einer Kontrolle der Salatfelder des Beschwerdeführers am 5. September 1995, der in Unterfarcha eine Landwirtschaft betreibt, durch das Arbeitsinspektorat die namentlich genannten Ausländerinnen bei der Salaternte angetroffen worden waren. Dieser Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme am 8. November 1995 zur Kenntnis gebracht.

Mit Eingabe vom 15. November 1995 nahm der Beschwerdeführer schriftlich, vertreten durch die Beschwerdevertreter, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen dahingehend Stellung, er sei in dem in Rede stehenden Zeitraum (4. und 5. September 1995) nicht in seinem Betrieb, sondern in Wien aufhältig gewesen und habe von der Beschäftigung der sechs Ausländerinnen durch seine

- legale -Arbeitnehmerin und Vorarbeiterin Nora Masic nichts gewusst. Erst anlässlich seiner Rückkehr aus Wien sei ihm mitgeteilt worden, dass Nora Masic, die grundsätzlich in seiner Abwesenheit alleine arbeite, für sich persönlich Hilfe angeheuert habe. In einer weiteren Stellungnahme und Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom 7. Mai 1996 wurde auch ausdrücklich bestritten, dass Vereinbarungen über ein allenfalls zu leistendes Entgelt zwischen ihm und den aufgegriffenen bosnischen Staatsangehörigen getroffen worden seien. Der Beschwerdeführer erstattete in der Folge mit Eingabe vom 27. August 1996 noch eine weitere Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 30. Jänner 1998 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, die sechs namentlich genannten bosnischen Staatsangehörigen in seinem landwirtschaftlichen Betrieb jeweils vom 1. September bis zum Zeitpunkt der Beanstandung am 5. September 1995 bei der Salaternte beschäftigt zu haben, ohne für diese ausländischen Staatsangehörigen eine Beschäftigungsbewilligung erlangt zu haben. Er habe dadurch die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 AuslBG verletzt. Über den Beschwerdeführer wurden sechs Geldstrafen in Höhe von S 20.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 4 Tagen verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21. April 1998 dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG hinsichtlich der Schuld mit der Maßgabe keine Folge, dass die Tatzeit 4. und 5. September 1995 laute und für die Ausländerinnen auch weder eine Arbeitserlaubnis noch ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Hinsichtlich der verhängten Geldstrafen gab die belangte Behörde der Berufung insoweit teilweise Folge, als die Geldstrafe mit jeweils S 10.000,-- je illegal beschäftigter Ausländerin, die Ersatzfreiheitsstrafe mit jeweils 2 Tagen, neu festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Auf Grund der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der Rechtslage im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe zur Tatzeit in Straßburg, Unterfarcha 1, einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt und sechs Personen als Stammpersonal beschäftigt. Er habe sich zur Tatzeit nicht im Betrieb befunden. Am Sonntag, dem 3. September 1995 habe die Angestellte des Beschwerdeführers, Nora Masic, telefonisch die sechs betretenen Ausländerinnen gefragt, ob sie ihr in der Zeit vom

4. bis 5. September 1995 bei der Salaternte helfen wollten. Am 4. und 5. September 1995 hätten die Ausländerinnen zwei bis drei Stunden täglich im landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers gearbeitet. Als Entlohnung für ihre Tätigkeit seien den Ausländerinnen Naturalien in Form von Heizmaterial, Milch, Salat und Gemüse in Aussicht gestellt worden. Zur Tatzeit sei der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung für diese Ausländerinnen gewesen, noch hätten diese eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein besessen. Nora Masic habe bei Einstellung von Personal für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers freie Hand gehabt und sei von diesem nicht kontrolliert worden. Der Beschwerdeführer habe über den Personaleinsatz der Ausländerinnen nichts gewusst. Beweiswürdigend ging die belangte Behörde im Wesentlichen von der Darstellung der Zeugin Nora Masic aus, die sie als glaubwürdig einstufte. Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt dahingehend, auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens sei es erwiesen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Übertretungstatbestände verwirklicht habe. Auch der Umstand, dass den Ausländerinnen lediglich eine Naturalentlohnung in Aussicht gestellt worden sei, ändere nicht daran, dass in allen Fällen ein Arbeitsverhältnis vorgelegen sei, da ausgehend von der wirtschaftlichen und persönlichen Lage der Ausländerinnen, der allgemeinen Lebenserfahrung, nicht anzunehmen sei, dass diese dem Beschwerdeführer bloß einen Gefälligkeitsdienst hätten erbringen wollen. Seiner Rechtfertigung, die Einstellung der Ausländerinnen sei ohne sein Wissen geschehen, sei entgegenzuhalten, dass er als Betriebsinhaber verpflichtet gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, dass Ausländer ohne die erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG nicht beschäftigt werden und er überdies verpflichtet gewesen wäre, der Angestellten Nora Masic eine entsprechende Weisung zu erteilen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Derartiges habe er jedoch nicht einmal andeutungsweise behauptet. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, gilt als Beschäftigung, soweit dies im Beschwerdefall von Bedeutung ist, die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis und

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 895/1995) darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

Insoweit der Beschwerdeführer die Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 VStG geltend macht, ist ihm entgegenzuhalten, dass ihm der gegen ihn erhobene Vorwurf bereits anlässlich seiner niederschriftlichen Vernehmung am 8. November 1995 bekannt gegeben worden war, er daher zumindest ab diesem Zeitpunkt von dem gegen ihn eingeleiteten Verfahren gewusst hat. Damit waren aber auch Verfahrenshandlungen im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG bereits gesetzt, vom Eintritt der Verfolgungsverjährung kann daher bei der gegebenen zeitlichen Abfolge keine Rede sein.

Der Beschwerdeführer wiederholt aber weiters in seiner Beschwerde, bei Wertung seines Verhaltens aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens sei auch die Frage der Zumutbarkeit nicht außer Acht zu lassen. Einem Täter könne die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt nur dann vorgeworfen werden, wenn ihm dies unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles auch zumutbar gewesen sei. Nora Masic habe die Ausländerinnen eigenmächtig nur eingestellt, um sich selbst die eigene Arbeit zu erleichtern. Daraus müsse anzunehmen sein, dass der Beschwerdeführer niemals von der Einstellung der Ausländerinnen erfahren hätte, wenn es nicht zur Anzeige durch das Arbeitsinspektorat gekommen wäre.

Dieses - in seinen wesentlichen Aspekten bereits im Verwaltungsverfahren erstattete - Vorbringen ist beachtlich. Die belangte Behörde ist - ohne dies näher zu begründen - von einem Arbeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer als Betriebsinhaber und den Ausländerinnen ausgegangen. In diesem Zusammenhang hätte sie aber auch auf die Aussage der Zeugin Masic Bedacht zu nehmen gehabt, die - von der belangten Behörde in ihrem Bescheid nur bruchstückweise als Feststellung übernommen - Folgendes ausgesagt hat:

"Am 5.9.wollten wir den Geburtstag von Almira Begovic feiern. Aus diesem Grunde habe ich am Sonntagabend Landsleute angerufen, damit sie mir bei der Salaternte helfen und ich nicht um halb fünf Uhr in der Früh aufstehen müsste. Sechs dieser Leute haben sich bereit erklärt, mir aus den dargelegten Gründen zu helfen. Sie haben dann auch tatsächlich am 5.9. während zwei bis drei Stunden gearbeitet. Sie haben auch schon am 4.9. gearbeitet. Ebenfalls zwei bis drei Stunden. Wir waren insgesamt 11 Personen bei der Arbeit, als die Polizei kam.

...

Ich habe den sechs Landsleuten als Gegenleistung für ihre Arbeit eingeräumt, dass sie sich aus dem überschüssigen Salat und Kraut bedienen könnten. Von einer Bezahlung war nicht die Rede. Auch nicht von Heizmaterial."

Der Beschwerdeführer ergänzte diese Aussage in der Berufungsverhandlung dahingehend, die Zeugin Masic dürfe sich aus den nicht verkaufbaren Felderzeugnissen bedienen und darüber auch verfügen.

In Hinblick auf dieses Ergebnis der Berufungsverhandlung und der Verantwortung des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren wäre von der belangten Behörde aber im Bescheid darzulegen gewesen, aus welchen Gründen sie dennoch zur Ansicht gelangte, die betroffenen bosnischen Staatsangehörigen seien nicht zu ihrer Bekannten Nora Masic, zu deren Arbeitsentlastung ihre Hilfe ja angeblich dienen sollte, sondern zum Beschwerdeführer in einem Arbeitsverhältnis gestanden.

Die belangte Behörde hätte festzustellen gehabt, welche konkreten Aufgaben die Angestellte des Beschwerdeführers N.M. im Tatzeitraum zu erfüllen gehabt und in welchem Umfange die von Ausländerinnen erbrachte Arbeitsleistung der Erfüllung dieser Pflichten oder aber allfälligen anderen Interessen (des Beschwerdeführers) gedient hat (vgl. hierzu auch das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0117). In diesem Zusammenhang hätte sie ferner auch Feststellungen darüber zu treffen gehabt, welchen

-

zeitlichen oder wirtschaftlichen - Vorteil der Beschwerdeführer durch den Einsatz der Ausländerinnen gehabt hat und welchen Umfang die den Ausländerinnen für ihre Arbeitskraft gewährten

-

naturalen - Gegenleistungen im Einzelnen hatten, um deren Wert und damit deren Entgelteignung bestimmen zu können. Da die belangte Behörde dies unterlassen hat, liegen Verletzungen von Verfahrensvorschriften vor, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998090245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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