Entscheidungsdatum
06.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I416 2148057-1/7E
S C H R I F T L I C H E A U S F E R T I G U N G D E R A M 2 2. 0 5. 2 0 1 8
M Ü N D L I C H V E R K Ü N D E T E N E N T S C H E I D U N G
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Mag. Susanne SINGER, Maria-Theresia-Str. 9, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2017, Zl. 831366202-1721741/BMI-BFA_OOE_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.05.2018 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:
"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet ein und stellte am 22.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seiner Fluchtroute gab er an, dass legal mit einem Visum von Lagos nach Dubai und von dort nach Amsterdam geflogen sei. Von dort sei er mit dem Zug nach Österreich gefahren. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass er in Nigeria als LKW-Fahrer gearbeitet habe. Im März 2013 sei sein Arbeitgeber von der nigerianischen Polizei festgenommen worden, da dieser verdächtigt worden sei, Mitglied von "Boko Haram" zu sein. Nach dessen Festnahme sei er von den Männern dieser Gruppe bedroht und verfolgt worden, da diese ihm unterstellt hätten, dass er deren Chef verraten hätte. Dieser Mann würde XXXX heißen und es sei darüber im Internet berichtet worden. Im Falle seiner Rückkehr fürchte er von den Mitgliedern getötet zu werden, konkrete Hinweise, dass ihm im Falle seiner Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde, oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gebe es nicht.
2. Am 30.09.2013 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass das Bundesamt Konsultationen mit den Niederlanden führen würde. Mit Rückantwort der niederländischen Behörden wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass es weder eine Spur hinsichtlich der Personendaten gebe, noch, dass das Visa-Registrierungssystem eine Spur dieser Person aufweisen würde, ebenso habe sich der Vergleich der zur Verfügung gestellten Fingerabdrücke als negativ erwiesen. In weiterer Folge wurde das Asylverfahren zugelassen.
3. Mit Schriftsatz vom 17.07.2014 reichte der Beschwerdeführer diverse Unterlagen nach, darunter auch eine Zeitung vom 22.03.2013.
4. Am 18.06.2015 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen, wobei er befragt zu seinen persönlichen Verhältnissen in Nigeria ausführte, dass er XXXX heißen würde, am XXXX, in Lagos in Nigeria geboren und nigerianischer Staatsbürger sei. Er sei nicht verheiratet, habe eine Lebensgefährtin mit der er auch einen Sohn und eine Tochter habe. Der Sohn sei 2010 geboren und die Tochter 2013. Er gehöre der Volksgruppe der Esa an und sei römisch-katholischen Glaubens. In seinem Heimatland würde er eine sehr große Familie haben, dort würden noch seine Mutter, seine sechs Geschwister und seine sechs Halbgeschwister leben. Seine Mutter würde Farmarbeit betreiben, das Haus und das Grundstück sei Familienbesitz, in Lagos habe er in einer Mietwohnung gelebt. Seine Lebensgefährtin sei Lehrerin, würde aber derzeit nicht arbeiten, sondern von dem Geld leben, dass diese von ihrer Mutter und ihren Tanten erhalten würde. Er führte weiters aus, dass als er drei Jahre alt gewesen sei, sein Vater seinen Polizeidienst beendet habe und sie in ihr Dorf XXXX in Edo State zurückgezogen seien. Dort habe er die Primary School besucht und sei er, nachdem sein Vater nach Lagos zurückgegangen sei, zu diesem nach Lagos gegangen, wo er die Secondary School besucht habe und habe er noch während der Schulzeit seinem Vater bei seiner Arbeit geholfen. Nach seiner Schulzeit habe er bei seinem Vater gearbeitet und habe er das Transportgewerbe seines Vaters schließlich 1999 übernommen. Er führte weiters aus, dass er im Monat umgerechnet ca. 450€
verdient habe und sich davon gut selbst erhalten habe können. Gearbeitet habe er von Montag bis Samstag, fixe Arbeitszeiten habe er nicht gehabt, der LKW habe ihm gehört und habe er selbstständig gearbeitet. Sein letzter Arbeitstag sei im Juli 2013 gewesen und sein Land verlassen habe er im September 2013. Er gab weiters an, dass er mit seinem Vater bis zu dessen Tod regelmäßig telefonischen Kontakt gehabt habe, jetzt habe er noch Kontakt zu seiner Frau und habe er auch einen Facebook Account, da er Freunde in Nigeria habe, zu denen er Kontakt habe. Gefragt, ob er vorbestraft, oder in seinem Heimatland inhaftiert gewesen sei, oder ob er Probleme mit Behörden gehabt habe, verneinte er dies, es würden aber aktuelle staatliche Maßnahmen wie Haftbefehle oder Strafanzeigen gegen ihn bestehen. Er sei nicht politisch tätig gewesen, habe in seinem Herkunftsstaat keine Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder aufgrund seines Religionsbekenntnisses gehabt noch habe er an bewaffneten Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte er im Wesentlichen aus, dass Ihn sein Chef "XXXX" immer angerufen habe, wenn dieser einen Transportauftrag für ihn gehabt habe. Am 17.03.2013 habe er wieder einen Transportauftrag erhalten, wobei sich als er dorthin gekommen sei, herausgestellt habe, dass sein LKW dafür zu klein sei. Sein Chef habe gemeint Geld spiele keine Rolle, er solle nur die Ware herbringen. Er sei daraufhin wieder zurückgefahren und habe einen größeren LKW mit Fahrer für den Transport der Waren geholt. Nachdem sie die Waren zum Lagerhaus von XXXX gebracht hätten, habe ihm dieser aber nur den ursprünglichen Betrag gegeben. Dadurch sei es zum Streit gekommen und zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit den Boys von XXXX, in deren Verlauf er verletzt worden sei, aber auch einen der Boys verletzt habe. Nach dieser Auseinandersetzung sei er dann nach Hause gefahren. Er sei dann am 21.03.2017 wieder zum Lagerhaus gegangen, weil er XXXX am Telefon nicht erreichen konnte, dort habe ihn einer der Boys gefragt, was er dort mache und habe ihm dieser mitgeteilt, dass XXXX verhaftet worden sei, da er verdächtigt werde Mitglied der Boko Haram zu sein. Er habe dann erfahren, dass einer der Boys mit denen er die Auseinandersetzung gehabt habe, ihm unterstellte habe, dass er es gewesen wäre, der XXXX angezeigt habe. Er habe dies zurückgewiesen und dann hätte sein Problem begonnen, da die Boys ihm gedroht hätten ihn überall zu finden. Er sei dann eines Tages von einem Auftrag heimgefahren und habe zwei Motorräder mit jeweils zwei Boys von XXXX gesehen, wobei ihn eines der Motorräder blockieren und das andere überholen wollte. Er sei dann in eines der beiden Motorräder hineingefahren und weggefahren. Er habe seinen LKW abgestellt und wollte die Straße überqueren, wo er von einem Auto angefahren worden sei, wobei dies nicht die Boys von XXXX gewesen wären. Die sei der Moment gewesen, wo ihm klar gewesen sei, dass sie ihn töten würden. Zum Unfall befragt führte er aus, dass in dem Auto zwei weiße Männer gesessen hätten, die ihn zu einer Apotheke brachten, wo er versorgt worden sei. Ins Krankenhaus habe er nicht können, da er alles vermeiden habe müssen, was ihn mit der Polizei in Verbindung habe bringen können. Ein paar Tage später habe er sich mit einem der beiden getroffen und nachdem er diesem alles erzählt habe, habe dieser XXXX gemeint, er könne ihm helfen aus Nigeria weg zu kommen. Von da an seien sie in Kontakt gewesen und habe ihm XXXX dann gesagt, dass er beruflich nach Holland müsse und er ihn begleiten könne. Er führte weiters aus, dass er nicht wisse, ob irgendjemand nach ihm suchen würde, sein Frau sei nicht bedroht worden, sonst hätte sie es ihm sicher gesagt. Auf die Frage, dass es seltsam sei, dass er alle Daten die seine Flucht betreffen würden, mit genauem Datum nennen könne, die Daten seiner Geschwister, seiner Familie und seiner eigenen Kinder aber nicht schildern könne, antwortete er wörtlich: "In den letzten sechs Monaten habe ich Schwierigkeiten mich zu konzentrieren. Manchmal fragen mich die Leute etwas und ich schaue sie nur an." Gefragt wo sein Reisepass sei gab er an, dass dieser XXXX seinen Pass gehabt habe, um die Tickets zu kaufen. An der Endstation habe er XXXX nicht mehr finden können. Zu seinen persönlichen Verhältnissen in Österreich führte er aus, dass er wegen seinen Unfalles hin und wieder Tabletten nehmen würde, wenn er Schmerzen habe, dass er keine Verwandten in Österreich haben würde, aber den Bürgermeister von XXXX, den Pfarrer und viele andere kennen würde. Er habe Deutschkurse besucht, aber noch keine Deutschprüfungen abgelegt, er gehe keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach und sei auch kein Mitglied in einem Verein. Der Beschwerdeführer legte Kopien von medizinischen Untersuchungsberichten vor, sowie Kopien von Teilnahmebestätigungen für einen Alphabetisierungskurs Stufe 1 vom 01.07.2014, für einen Deutschkurs für Asylwerber Stufe 1 vom 25.09.2014, für einen Deutschkurs für Asylwerber Stufe 2 vom 03.12.2014 , für einen Deutschkurs für Asylwerber Stufe 3 vom 13.03.2015, die Kopie einer Bestätigung des AMS wonach der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschäftigungskontingentes "Baumschularbeiter" beschäftigt werden kann, sowie zwei Lohn- und Gehaltsabrechnungen vom April und Mai 2015. Dem Beschwerdeführer wurden die aktuellen Länderberichte zu Nigeria mit der zweiwöchigen Frist für eine Stellungnahme übergeben.
5. Mit Schreiben der Rechtsvertretung vom 02.07.2015 langte eine Stellungnahme ein und führte aus, dass er sich auf sein bisher Gesagtes berufen würde und es zu hinterfragen wäre, ob es objektive Anzeichen dafür gebe, dass diese Gruppe ein Naheverhältnis zu Boko Haram haben würden. Ebenso wäre zu hinterfragten, in wie fern sich der Beschwerdeführer konkret an die Polizei gewandt habe und ob diese schutzwillig und schutzfähig gewesen wäre. Weiteres wurden mediale Berichte hinsichtlich Boko Haram vorgelegt, wonach die Gewalt durch Boko Haram im letzten Jahr gestiegen sei.
6. Im Rahmen einer Anfragebeantwortung durch die Staatendokumentation vom 20. Juli 2015 wurde zusammengefasst mitgeteilt, dass es die angegebene Verhaftung eines XXXX tatsächlich gegeben hat, wobei insgesamt fünf Personen verhaftet worden seien, ob die Festgenommenen tatsächlich Boko Haram angehören würden, stehe noch nicht fest.
7. Mit Schriftsatz der Rechtsvertretung vom 27.04.2016 wurden die Kopien weiterer Lohn- und Gehaltsabrechnungen von Juni 2015, Juli 2015, August 2015, September 2015, Oktober 2015 und März 2016 vorgelegt. 8. Mit Schreiben des AMS vom 11.08.2016 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Kopie einer Bestätigung des AMS wonach der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschäftigungskontingentes "Gärtnerhelfer" im Zeitraum vom 22.08.2016 bis 18.11.2016, beim Arbeitgeber XXXX beschäftigt werden kann.
9. Am 23.08.2016 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal niederschriftlich einvernommen, wobei er befragt zu seinem Gesundheitszustand ausführte, dass es ihm gut gehe und er keine Behandlung oder Therapie haben würde. Gefragt, wie der Tod seines Vaters mit seiner persönlichen Bedrohung in Zusammenhang stehen würde gab er an, dass seine Arbeit, die Arbeit seines Vaters gewesen sei, diese Leute seien in sein Dorf gekommen und hätten seinen Vater erwürgt. Erfahren habe er dies von seiner Mutter. Gefragt woher, diese gewusst habe, dass es die Boys gewesen seien gab er wörtlich an: "Die Boys von XXXX kannten meinen Vater sehr gut, weil mein Vater dort beim Lager von XXXX auch seine Geschäfte führte. Danach habe ich das Geschäft übernommen. Mein Vater ging ins Dorf zurück. Sie kennen ihn und sie kennen mich." Seine Mutter habe nicht gesehen, wie sein Vater umgebracht wurde, da sie sich hinter dem Haus befunden habe und nur das Schreien "wo ist XXXX" gehört habe. Auf die Frage, warum seine Mutter nicht die Polizei verständigt habe, sagte er wörtlich: "Meine Mutter hat mich angerufen und ich sagte ihr, dass sie die Polizei nicht holen sollte." Auf Nachfrage gab er an, dass er dies deswegen gesagt habe, weil sonst das Leben seiner Mutter in Gefahr gewesen wäre. Auf nochmaliges Nachfragen gab er wiederum an, dass ihr Leben in Gefahr gewesen wäre. Im Falle seiner Rückkehr würden sie ihn definitiv töten. Er wisse, dass sie nach ihm suchen würden, da ihn ein Bruder von XXXX letztes Jahr im Oktober oder November angerufen habe und ihm gedroht habe, dass sie ihn finden würden. Auf die Frage, wie dieser Bruder von XXXX seine Telefonnummer erhalten habe, gab er wörtlich an: "Ich habe viele Freunde in Nigeria, mit denen habe ich guten Kontakt. Meine Frau hat meine Nummer und einer meiner Freunde, mit denen ich früher gearbeitet habe, hat die Nummer auch." Bezüglich seiner Flucht gab er gefragt an, dass XXXX alles gemacht habe, dieser habe ihn zur Botschaft gebracht, wo er seine Fingerabdrücke abgegeben habe, auf Nachfrage gab er an, dass sie alles zusammen gemacht hätten und XXXX hätte alles bezahlt. Sein Pass sei ihm nach der Einreisekontrolle zurückgegeben worden, das Dokument mit dem Visum habe auf seinen jetzigen Namen gelautet. Gefragt, warum er sich nicht in einem anderen Landesteil von Nigeria niedergelassen habe, gab er wörtlich an: "Wenn dieser Vorfall mit XXXX nicht gewesen wäre, wäre ich in Nigeria geblieben. XXXX hat mir geholfen dort wegzukommen." Auf die Wiederholung der Frage antwortete er: "Nach dem Vorfall habe ich mein normales Leben weitergeführt." Der Beschwerdeführer legte weiters die Kopie einer Integrationsbestätigung des Vereines "XXXX" vom 19.08.2015 die Kopie einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem Erste Hilfe Grundkurs vom 13.10.2015, die Kopien von Lohn- und Gehaltsbestätigungen vom April 2016, Mai 2016 und Oktober 2016, sowie die Kopie einer Vereinbarung betreffend einer Wohnungsbenützung vom 26.06.2016 zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX für den Zeitraum 01.07.2016 bis 30. 06.2017 vor.
10. Mit Bescheid vom 17.01.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
11. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 19.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, in 1170 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
12. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 02.02.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen unsubstantiiert vor, dass er sein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Bestandteil seines Beschwerdeschriftsatzes erheben würde und dass die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung eine inhaltlich anderslautende Entscheidung ergehen hätte müssen. Weiters führte er unsubstantiiert aus, dass seine widersprüchlichen Aussagen hinsichtlich der Ausreisemodalitäten noch nicht unbedingt darauf hinweisen würden, dass auch sein weiteres Vorbringen unglaubwürdig wäre. Auch würde die Angabe eines genauen Datums nicht zwingend auf eine vorbereitete, bewusst und gezielte Asylaussage zu einem tatsächlichen Vorfall hinweisen und könne dies nicht als Begründung für seine Unglaubwürdigkeit herangezogen werden. Der Beschwerdeführer habe nachvollziehbar und lebensnah geschildert, dass er von den "Boys" bedroht werde, die betreffe auch den Vorfall mit den Motorrädern. Es wurde weiters ausgeführt, dass er in Nigeria in wirtschaftlich guten Verhältnissen gelebt habe und dass er dort Frau und Kinder habe, weshalb es objektiv keine Anhaltspunkte gebe, dass er geflohen wäre, ohne dem Vorliegen tatsächlicher Verfolgungshandlungen. Darüberhinaus habe es die belangte Behörde unterlassen, sich damit auseinanderzusetzen, inwieweit der Beschwerdeführer Schutz durch die die staatlichen Polizeibehörden erhalten habe, bzw. ob Anzeige erstattet worden sei und ob strafrechtliche Verfolgungshandlungen gegen die Mitglieder eingeleitet worden seien. Zu seiner Integration wurde ausgeführt, dass er bereits Kontakt zur einheimischen Bevölkerung knüpfen habe können, wie es das beiliegende Schreiben der Pastoralassistentin
XXXX belegen würde, sowie, dass er zumindest teilweise selbsterhaltungsfähig sei und seit April 20165 zeitweilig in einer Gärtnerei als Hilfsarbeiter arbeiten würde. Außerdem sei er Mitglied in einem Hausbibelkreis und werde auf das Empfehlungsschreiben von
XXXX verwiesen. Zuletzt führte er aus, dass er sich weiteres Vorbringen ausdrücklich vorbehalten würde. Es werde daher beantragt eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, das im Asyl gewährt wird, sowie ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, in eventu eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklären und ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen, die Unzulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria feststellen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und an das Bundesamt zurückzuverweisen. Der Beschwerdeführer legte zwei Empfehlungsschreiben vom 21.01.2017 und 24.01.2017 bei.
13. Mit Urkundenvorlage vom 17.05.2018 wurden zwei weitere Lohnbestätigungen vom März und April 2018 vorgelegt.
14. Am 22.05.2018 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht. Die nachweislich geladene Rechtsvertreterin RA Mag. Susanne Singer hat mit Schriftsatz vom 17.05.2018 bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer die mündliche Verhandlung ohne Beisein seiner Rechtsvertretung wahrnehmen würde. Im Rahmen dieser legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen hinsichtlich seiner Integration vor nämlich die Kopien zweier Bestätigungen der Gemeinde XXXX über die Teilnahme an der Flurreinigungsaktion am 12.04.2014 und 21.03.2015, sowie ein ÖSD Zertifikat A1 - bestanden- vom 04.04.2017 und ein ÖSD Zertifikat A2 - nicht bestanden - vom 09.02.2018.
15. Mit Schriftsatz vom 29.05.2018 wurde die schriftliche Ausfertigung des am 22.05.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, nigerianischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.
Der (spätestens) am 22.09.2013 illegal in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer ist volljährig gehört der Volksgruppe der Esan an und bekennt sich zum christlichen Glauben.
Der Beschwerdeführer ist laut eigenen Angaben in Nigeria traditionell verheiratet und hat drei Kinder mit zwei Frauen.
Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig.
Der Beschwerdeführer hat in Nigeria die Schule besucht. Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben vor seiner Ausreise als selbstständiger LKW-Fahrer seinen Lebensunterhalt in Nigeria bestritten.
Es wird festgestellt, dass in Nigeria noch seine gesamte Familie, seine Frau, seine Kinder, seine Mutter, seine Geschwister und seine Halbgeschwister mit Ausnahme seines Vaters leben und dass zumindest noch mit seiner Frau und seiner Mutter regelmäßiger telefonische Kontakt besteht.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.
Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Integration folgende Unterlagen vorgelegt: Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate April 2015 - Oktober 2015, für März, April, Mai und Oktober 2016, sowie März und April 2018; die Bestätigung über die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Grundkurs vom 13.10.2015; eine Bestätigung über seine Mitgliedschaft im Verein XXXX vom 19.08.2015; eine Vereinbarung betreffend einer Wohnungsbenützung vom 26.06.2016 zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX für den Zeitraum 01.07.2016 bis 30. 06.2017; zwei Bestätigungen der Gemeinde XXXX über die Teilnahme an der Flurreinigungsaktion am 12.04.2014 und 21.03.2015; sowie zwei Empfehlungsschreiben.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse aufweist. Der Beschwerdeführer hat neben diversen Teilnahmebestätigungen - Alphabetisierungskurs Stufe 1, Deutschkurs für Asylwerber Stufe 1, Stufe 2 und Stufe 3 - ein ÖSD Zertifikat A1 vom 04.04.2017 - bestanden - und ein A2 Zertifikat vom 09.02.2018 - nicht bestanden - vorgelegt.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied des Vereines XXXX und seit 29.06.2017 Schriftführer des Vereins.
Der Beschwerdeführer geht nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Rahmen eines Branchenkontingentes einer zeitweisen legalen Beschäftigung in einem Gärtnereibetrieb als Gärtnerhelfer nach, bezieht aber nach wie vor Leistungen aus der Grundversorgung und ist daher nicht selbsterhaltungsfähig.
Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.
Die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohung durch XXXX, insbesondere durch die Boys des XXXX, kann mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden.
Es kann in Bezug auf seine Fluchtroute nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer legal von Nigeria über Dubai in die Niederlande und von Amsterdam kommend ins Bundesgebiet eingereist ist.
Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die aktuelle Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation herangezogen und kann zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, da sich die Sicherheitslage im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram) stark verbessert hat, sodass das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst feststellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.
Es wird weiters festgestellt, dass er, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, wobei sich in Nigeria seine gesamte, laut eigenen Aussagen sehr große, Familie aufhält. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.
Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre.
2. Beweiswürdigung
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, die ergänzenden Vorbringen des Rechtsvertreters, sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017 und in die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2018.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seinen familiären Anknüpfungspunkten und seiner beruflichen Tätigkeit in Nigeria ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben, ebenso, dass der Beschwerdeführer zeitweise einer legalen Erwerbstätigkeit nachgeht.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig ist und Leistungen aus der Grundversorgung bezieht ergibt sich aus der Abfrage aus dem Betreuungsinformationssystem vom 17.05.2018.
Der Beschwerdeführer hat unbestritten im Laufe seines Aufenthaltes integrative Schritte gesetzt. Es wird vom erkennenden Richter auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse aufweist. Es wird aber auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer erstmalig im April 2017 eine Deutschprüfung A1 erfolgreich abgelegt hat und die Deutschprüfung A2 nicht bestanden hat und der Beschwerdeführer nicht imstande ist seiner Aufenthaltsdauer entsprechende Deutschkennnisse nachzuweisen.
Auch seine weiteren integrativen Schritte die sich insbesondere in der zeitweisen Ausübung einer legalen Tätigkeit zeigen sprechen zwar für seine Bemühungen seinen Lebensunterhalt zumindest zeitweise zu sichern, es wird aber auch darauf hingewiesen, dass er immer noch Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und seine Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben ist.
Es wird auch nicht verkannt, dass sich der Beschwerde in einem im zentralen Vereinsregister eingetragenen Verein engagiert und dort Schriftführer ist, es ist aber auch auszuführen, dass es sich dabei um einen Kulturverein der Volksgruppe der XXXX mit Sitz in XXXX handelt und insgesamt gesehen, daraus keine entscheidungsmaßgebliche Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben der Dorfgemeinschaft abgeleitet werden kann, wenn man bedenkt, dass sein Aufenthalt in XXXX mittlerweile drei Jahre beträgt.
Seine weiteren Integrationsbemühungen, insbesondere die Teilnahme an zwei Flureinigungsaktionen als gemeinnützige Tätigkeit datieren aus den Jahren 2014 und 2015, seitdem wurde keinerlei solche Tätigkeiten mehr ausgeübt, auch die Teilnahme am Erste Hilfe Grundkurs erfolgte im Jahr 2015, seitdem wurden dahingehend keine weiteren Unterlagen mehr vorgelegt.
Aus den obgenannten Unterlagen und Ausführungen ergeben sich insgesamt durchaus Integrationsbemühungen, die jedoch insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK entsprechen.
Auch die von ihm vorgebrachten privaten Kontakte, entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für Ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.
Der zeitliche Faktor ergibt sich aus dem vorliegenden Akt (illegale Einreise vor 4 1/2 Jahren), hinsichtlich der Intensität hat er weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie etwa Heirat oder Vaterschaft) behauptet, um eine Entscheidungsrelevanz daraus abzuleiten.
Die erschließt sich auch aus seinen Ausführungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, wonach er gefragt, wie er seine Freizeit verbringen würde, wörtlich antwortete: "Ich lese das wenige das ich verstehe und besuche die Kirche. Das ist alles." Auch hinsichtlich seiner Kontakte zu ÖsterreicherInnen blieb der Beschwerdeführer wortkarg und gab er den Bürgermeister, den Pfarrer und seinen Vermieter als seine sehr guten Freunde an, wobei er den Namen des Bürgermeistes erst nach einer Nachdenkpause nennen konnte, weitere Kontakte, die aufgrund seiner Empfehlungsschreiben zu erwarten gewesen wären, führte er nicht an. Insbesondere erscheint es dem erkennenden Richter auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben in Österreich in die evangelische Kirche geht, wo er in Nigeria Katholik gewesen sein will, insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die von ihm vorgelegten Empfehlungsschreiben von der katholischen Pfarre XXXX kommen und nicht wie man meinen müsste von der evangelischen Kirche und dass er angibt, der katholische Pfarrer sei sein Freund, ohne den evangelischen Pfarrer auch nur zu erwähnen. Auch dahingehend fehlt seinen Angaben die erforderliche Stringenz und stärkt dies nicht seine persönliche Glaubwürdigkeit.
Eine darüberhinausgehende maßgebliche integrative Verfestigung wurde auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht, bzw. ergab sich eine solche auch aus den Angaben des Beschwerdeführers nicht.
Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 17.05.2018.
2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:
Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers und müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.
Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht. Im gegenständlichen Fall ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist, dies vor allem aus den folgenden Erwägungen:
Es ist unbestritten, dass sich der angegebene Vorfall, nämlich die Verhaftung eines XXXX tatsächlich ereignet hat, es ist aber auch unbestritten, dass darüber medial berichtet worden ist. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist insbesondere entgegenzuhalten, dass er zwar hinsichtlich seines Fluchtvorbringens, im Bezug auf XXXX während seines gesamtes Verfahrens dem Grunde nach gleichbleibende Angaben machte, ansonsten aber keinerlei Stringenz in seinen Ausführungen ersichtlich war, er den Fragen des erkennenden Richters ausgewichen ist bzw. Fragen erst auf wiederholtes Nachfragen und selbst dann nicht nachvollziehbar beantwortet hat.
Die fehlende Stringenz und Nachvollziehbarkeit erschließt sich insbesondere aus seinen widersprüchlichen Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen, so gab er im Rahmen des Administrativerfahrens an, dass er seinem Vater nach Beendigung der Mittelschule im Jahr 1995 im Geschäft geholfen habe und dieses 1999 von ihm übernommen habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab er befragt zu seinen Kindern an, dass seine erste Tochter im Jahr 2007, noch während seiner Mittelschulzeit geboren sei und auf Vorhalt, dass dies nicht sein könne, da er ja diese 1995 abgeschlossen habe, gab er nunmehr an, dass er noch ein Polytechnikum besucht habe, welches aufgrund von verschiedenen Streiks fünf bis sechs Jahre gedauert habe. Selbst diese Erklärung lässt immer noch einen Zeitraum von fünf Jahren offen, der mit seinen zeitlichen Angaben nicht in Einklang zu bringen ist.
Auch gab der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung nunmehr an, dass seine gesamte Familie, sein Vater, seine Mutter, dessen zweite Frau und seine Geschwister alle in Lagos gewohnt hätten, dem entgegen hat er noch im Administrativerfahren angegeben, dass sein Vater nach dessen Pensionierung zu seiner Familie nach "XXXX", in Edo State, gegangen und dessen zweite Familie in Lagos geblieben sei.
Auch dass der Beschwerdeführer darüberhinaus im Rahmen der mündlichen Verhandlung nunmehr entgegen seinen früheren Angaben, dass Geschäft seines Vaters im Jahre 1999 übernommen zu haben angibt, dass er dies seit 2011 für sich allein gemacht hat, lässt die zeitliche Abfolge der Geschehnisse mit dem von ihm gemachten zeitlichen Angaben nicht in Einklang bringen, sodass sein Vorbringen, auf eine konstruierte Geschichte, die zweifelsfrei auf einer wahren Begebenheit aufgesetzt ist, dem Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitel dienen soll, schließen lässt und darüberhinaus gegen seine persönliche Glaubwürdigkeit spricht.
Der Beschwerdeführer berichtete auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht von sich aus über die Geschehnisse im Rahmen einer narrativen und konkludenten Wiedergabe, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Seinen Aussagen fehlt auch generell jene Detailliertheit, die bei einem tatsächlich erlebten Sachverhalt gegeben sein müsste. Das Vorbringen weist in seiner Gesamtheit, insbesondere auch in Bezug auf die Auseinandersetzung und die daraus resultierende Bedrohung im Rahmen der freien Schilderung bei weitem nicht die Realkennzeichen eines wahrheitsgemäßen Vorbringens auf. Es fehlt beispielweise die logische Konsistenz, als auch die strukturierte Darstellung und der quantitative Detailreichtum und blieb der Beschwerdeführer jegliche Interaktionsschilderung bzw. Wiedergabe von Gesprächen die Schilderung ausgefallener und nebensächlicher Einzelheiten, wie sie typischer Weise bei einem wahrheitsgetreuen Vorbringen auftreten, schuldig.
Hier ergibt sich also in der Gesamtschau mit den anderen Ausführungen zur Beweiswürdigung ein wesentliches Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des zentralen Asylvorbringens des Beschwerdeführers. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht als Aufgabe des erkennenden Richters bzw. der belangten Behörde gesehen werden, jede seiner unzähligen vagen und pauschalen Angaben bzw. Andeutungen durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren, sondern liegt es am Beschwerdeführer ein detailliertes und stimmiges Vorbringen zu erstatten, um die nötige Glaubwürdigkeit zu erlangen. Dies zeigt sich insbesondere auch darin, dass der Beschwerdeführer Fragen entweder gar nicht, oder erst auf Nachfragen und selbst dann ausweichend beantwortete, wie der nachfolgende Auszug aus der Niederschrift belegt:
"RI: Wieso hat sie der Boy von XXXX, als sie beim Lagerhaus gewesen sind, ohne Probleme gehen lassen, wo sie doch angeblich seinen Chef verraten hätten?
BF: Tatsache ist, dass ich nicht gewusst habe, dass mein Chef bei Boko Haram ist. Die meisten Leute haben das nicht gewusst, eigentlich hat es niemand gewusst.
RI: Das war nicht die Frage.
BF: Lassen Sie mich das erklären. Ich wusste nicht, dass mein Chef der Boko Haram angehört. Ich habe ihn aufgefordert mir den Mehrpreis für die Anmietung des größeren LKW's zu bezahlen, was er mir verweigerte. Daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung mit einem seiner Boys, bei der ich verletzt wurde. Das war am 17.09.2013. Am 21.09.2013 wurde mein Chef dann verhaftet, woraufhin alle mich beschuldigten, dass ich ihn bei der Polizei angezeigt hätte, was aber nicht stimmte.
Der RI hält fest, dass der BF auch auf wiederholtes Nachfragen, die vom RI gestellte Frage ausweichend bzw. nicht ausreichend beantwortet hat."
Auch konnte der Beschwerdeführer weder schlüssig noch nachvollziehbar erklären, warum nach der Verhaftung von XXXX, dessen Boys, die ihn ja beschuldigt hätten, diesen verraten zu haben, nicht direkt zu seinem Lager gekommen sind, wie ein weiterer Auszug aus der Niederschrift belegt:
"RI: Sie haben angegeben, dass schon ihr Vater sein Geschäft beim Lager von XXXX geführt habe und die Boys deshalb Ihren Vater und Sie selbst kennen würden. Können Sie mir erklären, wieso die Boys dann nicht gleich zu ihrem Lager gekommen sind, sondern ihnen später auf der Straße aufgelauert haben? Woher sollen diese gewusst haben, wann sie mit dem LKW unterwegs sind?
BF: Sehr gute Frage. Meine Garage und das Lagerhaus von XXXX sind weniger als 1 Kilometer entfernt. Ich habe auch aus seinem Lagerhaus Waren abgeholt, weil dort auch sehr viele indische Unternehmen vertreten sind. Das letzte Mal habe ich Waren dort aufgeladen und nach XXXX gebracht, das ist eine andere Gemeinde in Lagos. Als ich die Waren dort ablud, bemerkte ich zwei Boys auf Motorrädern, die mich bereits beim Aufladen beobachtet haben.
Der RI hält fest, dass die Frage wiederum ausweichend und nicht die gestellte Frage beantwortet wurde."
Sohin konnte oder wollte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darlegen, warum die Boys von XXXX erst zwei Monate nach der Verhaftung ihres Chefs ihm auflauern hätten sollen, wo sie dies doch gleich hätten machen können, da sie ihn ja wie er selbst ausgesagt hat seitdem telefonisch bedroht hätten.
Auch seine Ausführungen warum, er seine Mutter nicht zur Polizei hat gehen lassen, um den Tod seines Vaters anzuzeigen, lassen die erforderliche Stringenz vermissen, seine Angaben, dass es das Geschäft seines Vaters gewesen sei und diese vermutet hätten, dass er noch in der Gegend sei, können dafür nicht als schlüssige Erklärung dienen. Auch sein nunmehriger Erklärungsversuch, wie der Bruder von XXXX von seiner Telefonnummer erfahren haben soll, ist dahingehend zu relativieren, dass er noch in der Einvernahme keine Angabe dazu machte, um nunmehr auszuführen, dass ein Kollege von ihm diesem die Nummer gegeben habe.
Letztlich konnte der Beschwerdeführer auch hinsichtlich seiner Flucht im speziellen weder nachvollziehbar noch schlüssig darlegen, warum ihm sein angeblicher Reisebegleiter nach der Kontrolle im Zug von Amsterdam nach Österreich den Reisepass hätte abnehmen sollen, nachdem dieser schon seine gesamte Flucht bezahlt hat und ihn darüberhinaus mit ihm im selben Zug gewesen ist.
Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass der behauptete Fluchtgrund nicht glaubhaft gemacht werden konnte, da der Beschwerdeführer, wie aus den obigen Ausführungen und den Einvernahmen zu entnehmen ist, in wesentlichen Punkten lückenhafte, widersprüchliche und unplausible Angaben machte. Diese Überlegung stützt sich auf die unsubstantiierten, unschlüssigen und nicht nachvollziehbaren Schilderungen des Beschwerdeführers zu den Geschehnissen, welche ihn letztlich dazu veranlasst haben sein Heimatland zu verlassen. Diese Ausführungen lassen in ihrer Gesamtbetrachtung die Fluchtgeschichte als reine gedankliche Konstruktion erscheinen, der jegliche Stringenz hinsichtlich einer Verfolgung durch Boko Haram fehlt, sodass die Angaben zu seiner behaupteten Verfolgung jegliche Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit vermissen lassen und davon auszugehen ist, dass diese Geschichte nur zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels vorgebracht wurde.
Sofern im Beschwerdeschriftsatz zum Ausdruck gebracht wird, dass die Behörde sich damit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Beschwerdeführer Schutz durch die staatlichen Polizeibehörden erhalten hat, bzw. ob eine Anzeige erstattet wurde, oder ob strafrechtliche Verfolgungshandlungen gegen die gruppe eingeleitet worden sind, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben, den Kontakt zu den staatlichen Behörden weder in Bezug auf seine Person noch seine Familie gesucht hat, bzw. diesen sogar nicht nachvollziehbar vermieden hat, die Frage des erkennenden Richters, warum er nicht in einem anderen Landesteil von Nigeria Schutz gesucht habe beantwortete er wie folgt:
"RI: Warum sind Sie nicht in einen anderen Teil von Nigeria gegangen, um der Bedrohung durch Boko Haram auszuweichen?
BF: Hätte ich XXXX nicht getroffen, wäre ich heute ein toter Mann. Ich hätte ansonsten keine Veranlassung gehabt meine Heimat zu verlassen.
Der BF beantwortet wiederrum die Frage nicht.
RI: Wie hätten Sie die Boys von XXXX finden sollen, wenn man berücksichtigt, dass es in Nigeria kein Meldesystem gibt?
BF: Wie ich ihnen bereits gesagt habe, führte ich zum Zeitpunkt der Verhaftung von XXXX noch ein ganz normales Leben. Ich habe gearbeitet und hatte wie üblich Kontakt mit verschiedenen Kunden. Doch dann hat sich das Problem zugespitzt. Hätte ich XXXX nicht getroffen, weiß ich nicht wo ich heute noch leben würde."
Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Dieses Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt, um damit der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten.
Darüberhinaus ist auszuführen, dass selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens, es sich um eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (Privatpersonen) handeln würde, dieser hätte er durch Inanspruchnahme von Schutz seitens der staatlichen Behörden begegnen können. Dies insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des völligen Fehlens eines Meldesystems in Nigeria, worunter auch die Nichtexistenz eines polizeilich funktionierenden Fahndungssystems fällt, das es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich macht, nach verdächtigen Personen zu fahnden, dies sollte daher insbesondere für private Gruppen (Boko Haram) gelten.
Zusammengefasst geht der erkennende Richter aufgrund des persönlichen Eindruckes und der mündlichen Beschwerdeverhandlung davon aus, dass der Beschwerdeführer sich eines tatsächlichen Vorfalles bedient hat, um rund um diesen Vorfall eine Fluchtgeschichte zu konstruieren die in ihrer Gesamtheit nicht der Realität entspricht und nur dazu dient einen Fluchtgrund zu konstruieren.
Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der grundsätzlich gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der über eine mehrjährige Schulbildung verfügt, in seinem Heimkatland als LKW-Fahrer gearbeitet hat und über eine Großfamilie verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, selbst wenn es an staatlichen Sozialleistungen mangeln würde.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,
3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.
Im aktuellen Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage gegenüber der letzten Fassung eine Verbesserung im Norden von Nigeria im Hinblick auf Boko Haram. In den ersten eineinhalb Jahren Amtszeit hat es Buhari geschafft, die Bedrohung durch Boko Haram (Jama'atu Ahlis Sunna Lidda'awati wal-Jihad (USDOS 2.6.2016) weitgehend einzudämmen (AA 4.2017a). Boko Haram ist seit Mitte 2010 für zahlreiche schwere Anschläge mit tausenden von Todesopfern verantwortlich. Seitdem fielen diesem Konflikt unterschiedlichen unabhängigen Schätzungen zufolge zwischen 20.000 und 30.000 Menschenleben zum Opfer (AA 4.2017a).
Im Nordosten und Zentrum Nigerias hatte sich die Sicherheitslage insgesamt verbessert. Die nigerianischen Streitkräfte konnten den Großteil der von Boko Haram eingenommenen Territorien wieder zurückerobern, allerdings gelingt es ihnen kaum, diese Gebiete zu sichern (AA 21.11.2016; vgl. USDOS 19.7.2017). In den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es weiterhin zu tödlichen Anschlägen der Islamisten; nur die Distriktzentren gelten als sicher (AA 21.11.2016).
Die von Boko Haram betroffenen Staaten haben sich im Februar 2015 auf die Aufstellung einer 8.700 Mann starken Multinational Joint Task Force (MNJTF) zur gemeinsamen Bekämpfung von Boko Haram verständigt (AA 4.2017a). Bei der im April gestarteten Offensive des Militärs im Sambisa Forest, dem wichtigsten Rückzugsraum Boko Harams, konnten bis Anfang Mai ca. 700 von Boko Haram entführte Frauen und Kinder befreit werden (AA 21.11.2016). Bis Oktober 2015 konnte Boko Haram aus allen von ihr kontrollierten Städten und aus fast allen Landkreisen im Nordosten Nigerias vertrieben werden, ohne dass es den nigerianischen Sicherheitsbehörden bisher gelungen ist, diese Gebiete dann auch abzusichern und vor weiteren Angriffen der Islamisten zu schützen. Mit Selbstmordanschlägen in den Städten und Angriffen auf einzelne Orte vor allen in ländlichen Regionen, bleiben die Islamisten weiterhin aktiv (AA 4.2017). In den Bundesstaaten Adamawa und Borno gab es die meisten Anschläge (USDOS 19.6.2017). Boko Haram übte weiterhin Morde, Bombenanschläge, Selbstmordanschläge und Angriffe auf zivile und militärische Ziele aus (USDOS 19.7.2017). Beim verheerendsten Angriff der Boko Haram seit Monaten sind in Nigeria mindestens 50 Menschen ums Leben gekommen, als ein Konvoi mit Mitarbeitern des staatlichen Ölkonzerns NNPC am 25.7.2017 im Nordosten des Landes in einen Hinterhalt geriet. Auch Soldaten und Mitarbeiter der Universität Maiduguri waren unter den Opfern. Der Konvoi wurde nahe Magumeri im Bundesstaat Borno angegriffen (DS 28.7.2017).
Frauen und Kinder gerieten in den vergangenen zwei Jahren zunehmend auch ins Visier von Boko Haram, die sie nach ihrer Entführung zur Konversion zum Islam und zur Heirat mit Kämpfern zwangen, als Arbeitssklaven missbrauchten oder verkauften (AA 21.11.2016). Viele von den Frauen werden sexuell versklavt oder zu Kämpferinnen ausgebildet (AI 14.4.2015; vgl. USDOS 3.3.2017) und als Selbstmordattentäterinnen eingesetzt (AI 24.2.2016). Außerdem setzt Boko Haram Kindersoldaten ein (USDOS 3.3.2017). Nach langen Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung hat die Extremistengruppe Boko Haram 82 weitere der über 200 Mädchen freigelassen - im Austausch für einige von den Behörden festgehaltene Boko-Haram-Verdächtige (DS 6.5.2017; vgl. FAZ 6.5.2017). Die 82 freigelassenen Mädchen gehören zu den rund 270 meist christlichen Schülerinnen, die im April 2014 in der Stadt Chibok im Nordosten Nigerias in der Nacht entführt worden waren (DW 6.5.2017).
Boko Haram möchte eine Version vom Islam durchsetzen, die es für Muslimen "haram" macht oder ihnen verbietet an irgendeiner politischen oder sozialen Tätigkeit teilzunehmen, die mit dem Westen assoziiert wird. Dazu gehört das Wählen, das Tragen von Hemden und Hosen oder säkulare Bildung. Boko Haram betrachtet den nigerianischen Staat als von Ungläubigen betrieben, ungeachtet dessen, ob der Präsident muslimisch ist oder nicht (BBC 24.11.2016). Grob datiert werden kann die Entstehung der Gruppe auf das Jahr 2002. Sie hat sich in Maiduguri im Norden Nigerias formiert. Ihr Vorgehen war zunächst friedlich. Experten sehen die anfängliche Attraktivität von Boko Haram vor allem in den politischen und sozialen Verhältnissen im Norden Nigerias begründet: Die Gesellschaft ist ethnisch und religiös zersplittert, Armut und Arbeitslosigkeit sind höher als in anderen Landesteilen. Der Staat kommt seinen Aufgaben nur bedingt nach, die Lokalregierungen sind oft korrupt. Etwa ab 2009 radikalisierte sich die Gruppe und bekämpft seither aktiv den nigerianischen Staat. Seit 2011 kommt es beinahe im Wochenrhythmus zu Überfällen auf Kirchen, Polizeistationen, Schulen, Universitäten und andere Einrichtungen des Staates. Markenzeichen von Boko Haram sind sogenannte Drive-by-Shootings, gezielte Tötungen vom Motorrad aus, die sogar zu einem Motorrad-Verbot in Maiduguri führten. Aufgrund des anhaltenden Terrors rief der ehemalige nigerianische Präsident Goodluck Jonathan im Mai 2013 in den drei nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa den Notstand aus. Der Konflikt weitete sich inzwischen auf die Nachbarländer Kamerun, Tschad und Niger aus. Seit November 2013 wird Boko Haram von den USA als Terrororganisation eingestuft. Die finanziellen Mittel Boko Harams stammen einerseits von Überfällen, bei denen in den vergangenen Jahren mutmaßlich Millionen von Dollar erbeutet wurden. Die Organisation wird aber auch von anderen Terrororganisationen wie Al-Kaida und ihrem nordafrikanischen Ableger Al-Kaida im islamischen Maghreb (Aqmi), der somalischen al-Schabab oder dem Islamischen Staat unterstützt. Der Chef von Boko Haram war von 2010 bis 2016 Abubakar Shekau. Wie viel Kontrolle Shekau über die diversen Gruppierungen von Boko Haram hatte, ist fraglich. Im August 2016 meldete das IS-Magazin Al-Naba, dass Shekau als Chef von Boko Haram entmachtet wurde. Als Nachfolger nannte das Magazin den bisherigen Sprecher der Organisation, Abu Musab al-Barnawi (Zeit 18.1.2017). Es gibt Berichte, dass Boko Haram sich in zwei Gruppierungen aufgeteilt hat, eine wird von Abubakar Shekau geführt und die andere von Abu Musab al-Barnawi (NW 15.3.2017; vgl. DW 4.8.2016). Boko Haram soll in untergeordneten, lokalen Zellen organisiert sein. Zudem soll es einen Rat geben, der das oberste Entscheidungsorgan der Gruppe ist und auf dessen Zustimmung der Anführer bei Entscheidungen angewiesen ist (Zeit 18.1.2017).
Im Jahr 2015 hat die nigerianische Regierung mehrere Schritte im Kampf gegen Boko Haram unternommen. So wurde im Laufe des Jahres von Mitgliedern des nigerianischen Militärs berichteten, dass seit Buhari sein Amt antrat, sie zunehmend die erforderlichen Ressourcen im Kampf gegen Boko Haram erhalten haben (USDOS 2.6.2016). Buhari ordnete im Mai an, dass das nigerianische Militär sein Hauptquartier nach Maiduguri verlegt, damit Boko Haram besser bekämpft werden kann (USDOS 2.6.2016, BBC 8.6.2015). Boko Haram war aufgrund der Versuche des nigerianischen Militärs die Organisation zu isolieren zunehmend auf das Sambisa Waldgebiet beschränkt (USDOS 2.6.2016) und im Dezember 2016 erklärte das nigerianische Militär den Sambisa Wald frei von Boko Haram (VOA 31.3.2017). Boko Haram übte trotzdem sporadische Angriffe im Sambisa Waldgebiet aus und verstärkte Überfälle auf Dörfer und Städte in der Suche nach Nahrungsmitteln (DW 28.3.2017)
Die nigerianische Armee beging bei ihrem Kampf gegen Boko Haram zwischen 2011 und 2015 Kriegsverbrechen und mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Präsident Buhari versprach, Hinweisen auf mehrere Kriegsverbrechen des Militärs im Zeitraum Juni bis Dezember 2015 nachzugehen. Es wurden jedoch keine weiteren Maßnahmen ergriffen, um unabhängige und unparteiische Untersuchungen einzuleiten (AI 24.2.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Sicherheitskräfte unter dem Kommando der 7. und 3. Division der nigerianischen Armee, die Polizei und das Department of State Service (DSS) haben weiterhin militärische Operationen gegen Boko Haram im Nordosten des Landes durchgeführt. Einige der Truppen töteten mutmaßliche Boko Haram Mitglieder. Auch gab es Massenverhaftungen von Männern und Buben, die auch gefoltert wurde. Laut einem AI-Bericht hat das nigerianische Militär in den Jahren 2013 und 2014 im Zuge von militärischen Operationen 1.200 außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 3.3.2017). Sowohl Human Rights Watch als auch Amnesty International haben das in ihren verschiedenen Berichten seit mehreren Jahren massiv kritisiert und verwiesen dabei vor allem auf Fälle immer wieder auftretender Folterungen von Gefangenen durch die Polizei im ganzen Land, extra-legaler Tötungen und das Verschwindenlassen angeblicher Boko Haram-Mitglieder im Norden des Landes. Seit März 2011 sollen nach Angaben von AI (Juni 2015) im Nordosten Nigerias über 7.000 Menschen während ihrer Haft ums Leben gekommen sein, von denen seit Februar 2012 durch das nigerianische Militär mehr als über 1.200 Gefangene bewusst getötet worden wären (AA 21.11.2016).
Es ist richtig, dass aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria besteht, in Lagos gibt es demgegenüber aber z.B. keine Fälle von Tötungen durch Boko Haram. Die Terroristen sind außerdem nicht in der Lage, eine Person überall in Nigeria aufzuspüren. Wenn sich Menschen von Boko Haram bedroht fühlen, dann können sie im Land umsiedeln (VA1 16.11.2015). Im Süden gibt es Schläfer-Zellen der Boko Haram. Trotzdem können z.B. Deserteure der Boko Haram in den Süden umsiedeln, wo sie sicher sind (VA2 16.11.2015).