TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 99/03/0037

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Veröffentlicht am 23.02.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §7 Abs1;
AlVG 1977 §7 Abs2;
AlVG 1977 §7 Abs3;
AlVG 1977 §7 Abs4;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1997 §19 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M S in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 18. März 1997, Zl. LGSW/Abt.12/1218/56/1997, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. November 1996 auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld "gemäß § 7 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, in geltender Fassung," abgewiesen. Nach der Begründung sei im Berufungsverfahren erhoben worden, dass der Beschwerdeführer (ein iranischer Staatsbürger) keine Aufenthaltsbewilligung für eine unselbstständige Erwerbstätigkeit besitze. Er sei zwar zum Aufenthalt im Bundesgebiet während seines Asylverfahrens berechtigt, doch stelle dies keine Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer unselbstständigen Beschäftigung "im Sinne des § 7" dar.

Mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1051/97, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese mit dem weiteren Beschluss vom 28. Jänner 1999 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die im Beschwerdefall gemäß § 79 Abs. 40 zweiter Satz Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609 (AlVG) in der Fassung BGBl. I Nr. 78/1997 anzuwendenden Bestimmungen des § 7 Abs. 1 bis 4 AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 lauten:

"§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1.

der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2.

die Anwartschaft erfüllt und

3.

die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf, wer

1. sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält und

2. sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten darf (Abs. 4).

(4) Im Sinne des Abs. 3 Z. 2 dürfen sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit aufhalten:

1. Ausländer, die eine Aufenthaltsbewilligung für eine unselbständige Erwerbstätigkeit (§ 1 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Aufenthaltszwecke und die Form der Aufenthaltsbewilligung, BGBl. Nr. 395/1995) besitzen.

2. Ausländer, die nach § 12 des Aufenthaltsgesetzes (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, aufenthaltsberechtigt sind,

3. Ausländer, die nach § 13 Abs. 1 AufG aufenthaltsberechtigt sind, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllen,

4. Ausländer, die nach dem Abkommen mit dem Schweizerischen Bundesrat betreffend zusätzliche Vereinbarungen über die Niederlassungsverhältnisse der beiderseitigen Staatsbürger, BGBl. Nr. 204/1951, aufenthaltsberechtigt sind,

5. Ausländer, die vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, ausgenommen sind,

6. Ausländer, die eine Arbeitserlaubnis bzw. einen Befreiungsschein (§ 14a bzw. § 15 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes) besitzen,

nicht jedoch Grenzgänger im Sinne des § 13 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes, BGBl. Nr. 466/1992."

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer (der seinen Leistungsanspruch auf erworbene Anwartschaften auf Grund einer erlaubten Erwerbstätigkeit während eines Haftaufenthaltes herleitet) unter keinen der im § 7 Abs. 4 AlVG angeführten Tatbestände fällt. Seiner Berufung auf eine ihm zukommende asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsbewilligung hielt die belangte Behörde in der Gegenschrift entgegen, dass es sich bei § 7 Abs. 4 AlVG um eine taxative Aufzählung handle. Aus diesem Grunde stehe der Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 2 AlVG der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung.

Damit verkennt die belangte Behörde jedoch die Rechtslage. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. April 1999, Zl. 97/08/0506, unter Bezugnahme auf sein Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0314, ausgesprochen, dass kein Hindernis bestehe, eine verfassungsrechtlich gebotene Ergänzung des § 7 Abs. 4 AlVG dahin vorzunehmen, dass - vor dem Hintergrund der Zwecke der Arbeitslosenversicherung und der verfassungsrechtlichen Schranken, unter denen ihre beitragsfinanzierten Geldleistungen gesetzlich eingeschränkt oder eingehoben werden dürften - der Status eines Arbeitslosen, der über eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 des Asylgesetzes verfüge und der sich daher erlaubterweise im Inland aufhalte, jenem auf Grund eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 7 Abs. 4 AlVG (nämlich: im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verfügbarkeit) gleichzuhalten sei.

Auf dem Boden dieser Rechtslage erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030037.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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