Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/05/0276 Ra 2017/05/0277 Ra 2017/05/0278 Ra 2017/05/0279 Ra 2017/05/0285 Ra 2017/05/0281 Ra 2017/05/0282 Ra 2017/05/0283 Ra 2017/05/0284 Ra 2017/05/0280Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revisionen 1. der H G (protokolliert zu Ra 2017/05/0275),
2. der E J (protokolliert zu Ra 2017/05/0276), 3. des Ing. G J (protokolliert zu Ra 2017/05/0277), 4. der G F (protokolliert zu Ra 2017/05/0278), 5. des C F (protokolliert zu Ra 2017/05/0279),
6. der D L (protokolliert zu Ra 2017/05/0280), 7. des R L (protokolliert zu Ra 2017/05/0281), 8. der E M (protokolliert zu Ra 2017/05/0282), 9. des C S (protokolliert zu Ra 2017/05/0283),
10. des M K (protokolliert zu Ra 2017/05/0284) und 11. der E P (protokolliert zu Ra 2017/05/0285), alle in W, alle vertreten durch Dr. Herbert Gartner und Mag. Daniel Karandi, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Westbahnstraße 5/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. Juni 2017, VGW- 111/005/10178/2016-51 (zu 1.), VGW- 111/V/005/10179/2016 (zu 2.), VGW-111/V/005/10180/2016 (zu 3.), VGW-111/V/005/10181/2016 (zu 4.), VGW-111/V/005/10182/2016 (zu 5.), VGW-111/V/005/10183/2016 (zu 6.), VGW- 111/V/005/10184/2016 (zu 7.), VGW-111/V/005/10186/2016 (zu 8.), VGW-111/V/005/10187/2016 (zu 9.), VGW-111/V/005/10189/2016 (zu 10.) und VGW-111/V/005/10191/2016 (zu 11.), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: S GmbH & Co KG in G, vertreten durch die Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom 5. August 2015 suchte die mitbeteiligte Partei beim Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Baubehörde) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Wohngebäudes auf einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien mit der Grundstücksadresse S.-gasse 90 an.
2 Die Revisionswerber sind (Mit-)Eigentümer benachbarter Liegenschaften, wobei die Liegenschaft der Erstrevisionswerberin (S.-gasse 88) südlich, jene der Zweit- bis Neuntrevisionswerber (S.-gasse 92) nördlich und jene der Elftrevisionswerberin (W.- straße 22, 22A und 24A) östlich an das Baugrundstück angrenzen, während die Liegenschaft des Zehntrevisionswerbers (S.-gasse 79) der Bauliegenschaft westlich, getrennt durch ein Straßengrundstück, gegenüberliegt.
3 Die Revisionswerber erhoben bereits im Vorfeld der mündlichen Bauverhandlung vom 24. November 2015 und vom 30. März 2016 umfangreiche Einwendungen gegen das Bauvorhaben, insbesondere im Hinblick auf die vorgesehene Gebäudehöhe und die geplanten Erker, Balkone, Terrassen und Außengänge.
4 Mit Bescheid der Baubehörde vom 29. Juni 2016 wurde der mitbeteiligten Partei nach Maßgabe der mit dem behördlichen Genehmigungsvermerk versehenen Einreichpläne und unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen die beantragte baubehördliche Bewilligung erteilt (Spruchpunkt I.); weiters erfolgten die Stundung der Gehsteigherstellung (Spruchpunkt II.) und die Bekanntgabe des Unterbaues der Gehsteigauf- und -überfahrt (Spruchpunkt III.).
5 Begründend wurde - soweit für den Revisionsfall wesentlich -
ausgeführt, die projektierte bebaute Fläche betrage 300,92 m2 und sei somit kleiner als die maximal bebaubare Fläche im Ausmaß von 301 m2. Zu den Einwänden betreffend die Erker- und Balkonbauteile hielt die Baubehörde fest, dass die frei anordenbare Erkerkubatur gemäß § 84 Abs. 2 lit. a Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) aus einem Drittel der Gebäudefront multipliziert mit der Gebäudehöhe und der zulässigen Auskragung zu errechnen sei. Demnach bleibe das geplante Erkervolumen an jeder Front des projektierten Gebäudes unter der jeweils maximal zulässigen Erkerkubatur. Der Stiegenhausvorbau an der Südfront des Gebäudes überschreite das sich aus § 84 Abs. 2 lit. a BO ergebende Ausmaß nicht und dürfe somit in die Abstandsfläche ragen, ohne der bebauten Fläche zugerechnet zu werden. Die im 1. Obergeschoß und im 1. Dachgeschoß jeweils an der Süd-, Nord- und Ostfront des Gebäudes angeordneten Balkone überschritten die jeweils nach § 84 Abs. 2 lit. a BO zulässigen Ausmaße nicht, wobei die Balkone bzw. Abschlussterrassen über den Erkerbereichen im 1. Obergeschoß nicht als "anrechenbare Balkonlänge" zu werten seien, weil diese Bereiche in ihren Größenbeschränkungen bereits in den Erkerlängen "subsumiert" seien. Die im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgesetzte Gebäudehöhe von 7,50 m werde ebenso wenig überschritten wie der mit maximal 4,50 m über der tatsächlichen Gebäudehöhe festgelegte oberste Abschluss des Daches. Die Überschreitung der Gebäudehöhe von 7,50 m durch ein Podest bzw. einen Stiegenhausgang, welcher der Erschließung von Wohnungen diene, sei unbedingt notwendig im Sinn des § 81 Abs. 6 BO. Auch bei der projektierten Nutzung des Daches des Stiegenhauses als Terrasse mit Absturzsicherung diene das Stiegenhaus keiner anderen Funktion als dem Erreichen der Geschoße des Wohngebäudes. Es ergebe sich aus keiner Gesetzesbestimmung, dass diese Terrasse unzulässig sei.
6 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Darin führten sie im Wesentlichen aus, dass die Behörde auf ihr Vorbringen, wonach die im 1. Obergeschoß und im 1. Dachgeschoß geplanten Außengänge entgegen § 84 Abs. 4 BO in die Abstandsfläche hineinragten, nicht eingegangen sei. Weiters legten die Revisionswerber mit näherer Begründung dar, dass der Berechnung des Erkervolumens eine zu geringe Ausladung zugrunde gelegt worden sei. Zudem habe die Baubehörde bei der Berechnung der Gebäudehöhe übersehen, dass im Revisionsfall eine Geländeaufschüttung von 45 cm nicht bewilligt worden sei. Im daraufhin geänderten Plan sei aus diesem Grund das Gebäude um 45 cm tiefer gesetzt worden; diese Änderung sei bei der Garagenrampe nicht korrekt berücksichtigt worden, wodurch deren Neigung auf unzulässige 18 % erhöht worden sei. Ferner wurde mit näherer Begründung ausgeführt, dass die Giebelfläche das zulässige Ausmaß von 50 m2 überschreite. Der Beschwerde angeschlossen wurden unter anderem zwei Sachverständigengutachten betreffend die vom gegenständlichen Bauvorhaben (Tiefgarage) ausgehenden Luftschadstoff- und Schallemissionen sowie die gutachterliche Stellungnahme eines hochbautechnischen Sachverständigen.
7 Nachdem sich in der am 1. Februar 2017 vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung gezeigt hatte, dass das Erkervolumen an der Südseite bei Berücksichtigung des Stiegenhauses massiv überschritten werde, legte die Bauwerberin geänderte Pläne vor, welche in der Folge einer Überprüfung durch den bautechnischen Amtssachverständigen Dipl.- Ing. W. unterzogen wurden. Dieser legte in seinem bautechnischen Gutachten vom 23. Februar 2017 mit näherer Begründung und unter Darstellung der jeweiligen Rechenvorgänge dar, dass die Fläche der in den Ansichten Nord und Süd dargestellten Giebel 50 m2 nicht überschreite und diese daher bei der Gebäudehöhenberechnung nicht zu berücksichtigen seien. Die maximal bebaubare Fläche werde eingehalten. Bei der Berechnung der bebauten Fläche seien jene Bauteile nicht berücksichtigt worden, die bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht zu bleiben hätten; dazu zählten Erker, Balkone und Stiegenhausvorbauten, die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in die Abstandsfläche ragen dürften. Das an den jeweiligen Gebäudefronten zulässige Erkervolumen, welches aus der Multiplikation der Frontlänge (an der Südfront abzüglich des Stiegenhauses) mit der höchstzulässigen Ausladung von 1,50 m und der Gebäudehöhe gebildet werde, werde nicht überschritten.
8 In der Folge übermittelten die Revisionswerber eine gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen für Bauwesen und Immobilien Dr. O. vom 24. Februar 2017, in welcher dieser im Wesentlichen ausführte, dass das Problem der Gebäudehöhe an der Garagenrampe auch im aktuellen Projekt ungelöst bleibe und eine Geländeanhebung durch bloße Sockelanböschung und Löffelsteine nicht zulässig sei. Aus einer Sockelfläche von rund 24 m2, bezogen auf den Gebäudeumfang mit rund 96,5 m, resultiere eine Überschreitung der maximal zulässigen Gebäudehöhe um rund 25 cm. An der Südfront werde die zulässige Gesamtlänge der Balkone überschritten, und auch das Stiegenhaus finde keine Berücksichtigung. Die Außengänge im 1. Obergeschoß würden in unzulässiger Weise im Seitenabstand durch Erker geführt. Der Erker "V 4" sei trotz der gegebenen Situation nur auf einer Gebäudefront berücksichtigt worden. Im 1. Dachgeschoß seien die Zugänge als "Terrassen" bezeichnet. Diese Flächen seien trotz eindeutiger Zuordnung als Zugänge im Seitenabstand des Bauwerks situiert, was ebenfalls nicht zulässig sei. Das Bauwerk sei "als über 15 m tief" geplant. Gemäß § 81 BO sei für daraus resultierende Geländeveränderungen eine Genehmigung nach § 69 BO erforderlich.
9 Nach Fortsetzung der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 28. Februar 2017 übermittelten die Revisionswerber eine weitere Stellungnahme, in welcher sie auf Rechenfehler des Amtssachverständigen bei der Berechnung der zulässigen Erkerkubatur hinwiesen und auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. O. in dessen unter einem vorgelegter ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 6. März 2017 verwiesen. Darin legte der Sachverständige Dr. O. den beanstandeten Rechenfehler in Bezug auf den Erker "V 5" sowie die sich daraus ergebende Überschreitung der zulässigen Erkerkubatur an der Südfront des geplanten Gebäudes im Detail dar und bemängelte, dass die Berechnung der Erker an den Fronten Süd, Nord und West nicht nach der gleichen Methode erfolgt sei; dies deshalb, weil der an der Südfront situierte Erker "V 4" nur mit dem über die Westfront hinausreichenden Teil der Westfront zugeordnet worden sei, während der an der Nordfront befindliche, vergleichbare Erker "V 9" mit seinem bis an die Nordfront reichenden Ausmaß der Westfront zugerechnet worden sei. Bei Gleichbehandlung der vorliegend gleichen Sachverhalte wäre der Erker "V 4" samt des an der Schnittstelle der west- und südseitigen Gebäudefront gelegenen Teiles des Erkers "V 5" der Berechnung der Erkerkubatur an der Westfront zuzuschlagen gewesen, wodurch sich aber eine Überschreitung der zulässigen Erkerkubatur an der Westfront ergäbe. Im Übrigen sei das Erkerstück "V 4" nicht als Erker, sondern als ein "von Erkerkubatur verhüllter" Außengang anzusehen. Würde hingegen die Berechnung des Erkervolumens an der Nordfront jener an der Südfront folgen und demgemäß das Erkerstück "V 9" entsprechend unterteilt werden, würde dies eine Überschreitung des zulässigen Erkervolumens an der Südfront bewirken. Aus Sicht des Sachverständigen sei eine derartige Darstellung nur dadurch erklärbar, dass von Seiten des Planers eine ansonsten evidente Überschreitung der zulässigen Erkerkubatur durch willkürliche Darstellung von in der Realität gleich angeordneten Erkerstücken vermieden werden solle. Weiters führte der Sachverständige mit näherer Begründung und unter Hinweis auf die hg. Judikatur aus, dass es sich bei den Gängen vor den Außenwänden der Südfront nicht um Erker, sondern um Außengänge im Sinn des § 84 Abs. 4 BO handle, welche nach dieser Bestimmung im Seitenabstand nicht zulässig seien. Schließlich liege auch eine Überschreitung der zulässigen Gebäude- und Firsthöhe vor, zumal die vorgenommenen Geländeveränderungen nicht dem Ausgleich von Niveauunterschieden dienten, sondern der Erhöhung des gesamten Baugrundstücks bis auf Wiener Null.
10 In seinem daraufhin ergänzten bautechnischen Gutachten vom 24. März 2017 berichtigte der Amtssachverständige Dipl.-Ing. W. den geltend gemachten Rechenfehler, wobei er zu dem Schluss gelangte, dass dennoch keine Überschreitung der zulässigen Erkerkubatur vorliege. Weiters führte er aus, dass die unterschiedliche Berechnungsmethode betreffend die Erker "V 5/V 4" an der Südfront und die Erker "V 9/V 16" an der Nordfront darin begründet sei, dass es sich in einem Fall um eine Innenecke und im anderen Fall um eine Außenecke handle. Bei den in Rede stehenden Gängen an der Südfront handle es sich nicht um Laubengänge im Sinn der OIB-Richtlinien, weshalb diese auch nicht als Außengänge im Sinn des § 84 Abs. 4 BO anzusehen seien. Weiters seien mit Erteilung der Baubewilligung die geplanten Geländeveränderungen bewilligt worden, wobei im Plan 3 durch einen Belichtungsnachweis nachgewiesen worden sei, dass die Veränderung der Höhenlage der Grundfläche keinen Einfluss auf bestehende Bauwerke auf eigenen oder benachbarten Grundflächen oder deren widmungsgemäße Verwendung habe.
11 Mit Schreiben vom 27. April 2017 bemängelten die Revisionswerber die in den Einreichplänen vorgenommenen Korrekturen als zum Teil nicht nachvollziehbar und legten eine weitere Stellungnahme des Sachverständigen Dr. O. vom 24. April 2017 vor. Darin wendet er sich gegen die seitens des Planverfassers und des Amtssachverständigen vorgenommene Berechnungsmethode zur Ermittlung des zulässigen Erkervolumens und führt unter Hinweis auf § 80 Abs. 2 und § 84 Abs. 2 lit. a BO, auf das Erkenntnis VwGH 25.9.2012, 2011/05/0107, sowie auf einen Aktenvermerk über ein Arbeitsgespräch der Koordinationsstelle Baubehörde - Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland aus, dass dieser Berechnung nicht die tatsächliche Gebäudehöhe von 7,50 m, sondern die um die nach § 80 Abs. 2 BO erforderliche Durchgangshöhe von 2,10 m verminderte Gebäudehöhe, im Revisionsfall somit lediglich 5,40 m, zugrunde zu legen sei. Die solcherart vorgenommene Berechnung führe an allen Fronten des Gebäudes zu einer Überschreitung der zulässigen Erkerkubatur. Weiters legte der Sachverständige in Bezug auf die unterschiedliche Berechnung der Erker "V 5/V 4" an der Südfront und der Erker "V 9/V 16" an der Nordfront dar, dass die Berechnung der Erkerkubatur nach einer einheitlichen Methodik zu erfolgen habe und eine willkürliche Zuordnung nicht gestattet sei, und verwies in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis VwGH 5.3.2014, 2011/05/0051. Inwiefern der Umstand, dass es sich um eine Innen- bzw. Außenecke handle, relevant sein solle, sei nicht ersichtlich. Weiters sei aus dem Zitat der Definition eines Laubenganges in den Begriffsbestimmungen zu den OIB-Richtlinien nichts gewonnen, weil in der zitierten Definition selbst der Laubengang als Außengang und somit als eine Teilmenge desselben bezeichnet werde. Eine Definition des Außenganges erübrige sich, weil eine Verbalinterpretation des gesetzlichen Begriffes vollkommen ausreichend sei. Der Verweis des Amtssachverständigen auf den in Plan 3 erbrachten Belichtungsnachweis sei unzureichend, weil er sich nur auf die westliche Grundstücksgrenze und nicht auf die gesamte benachbarte Liegenschaft beziehe. Aus der angeschlossenen Darstellung des Lichteinfalles auf die Liegenschaft der Erstrevisionswerberin sei problemlos ersichtlich, dass der geforderte Lichteinfall an keiner der angeführten drei Achsen gewährleistet sei. Daraus folge, dass die seitens der Bauwerberin angestrebte, ausschließlich aus Aufschüttungen bestehende Geländeveränderung und die somit erzielte reale Gebäude- und Firsthöhe in Verbindung mit der tatsächlichen Beschaffenheit der Liegenschaft der Erstrevisionswerberin einen direkten Einfluss auf die bauliche Ausnutzbarkeit und Bebaubarkeit derselben habe. Es werde daher angeregt, dem Amtssachverständigen eine eigenständige Überprüfung des Belichtungsnachweises aufzutragen.
12 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde die Beschwerde der Revisionswerber gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides als unbegründet abgewiesen und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, "dass die anlässlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung vom 1.2.2017 und 28.2.2017 abgeänderten Pläne" einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilden, im Spruch die Wortfolge "und § 2 der Wiener Bautechnikverordnung" eingefügt werde und es weiters "Tiefgarage mit 8 KFZ-Stellplätzen" zu lauten habe. Die Beschwerden der Revisionswerber gegen die Spruchunkte II. und III. wurden als unzulässig zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
13 Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und von Rechtsvorschriften - soweit für den Revisionsfall noch wesentlich - ausgeführt, dass zu den bautechnischen und baurechtlichen Fragen, ob infolge der im Zuge des Beschwerdeverfahrens geänderten Pläne das Bauvorhaben in subjektivöffentliche Nachbarrechte eingreife, nunmehr zwei sich widersprechende Gutachten existierten. Einerseits die gutachterliche Stellungnahme des Dr. O. vom 6. März 2017 und andererseits die gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. W. vom 24. März 2017, die jeweils auf deren Vorgutachten aufbauten. Das Verwaltungsgericht habe auf Grund eigener Überlegungen dem vom Amtssachverständigen erstellten Gutachten "wegen dessen größerer Schlüssigkeit" den Vorzug gegeben. Dies sei in Bezug auf die Gebäudehöhe darin begründet, dass die Änderung des Geländes durch Anschüttungen zur Begradigung der Liegenschaft auf Niveau der Straße bereits in den durch die Behörde bewilligten und dem Bescheid zu Grunde liegenden Plänen dargestellt gewesen und in diesen Plänen der Nachweis geführt worden sei, dass die Anrainer durch die Änderungen des Geländes nicht beeinträchtigt und keine unzulässigen Höhenänderungen am Gelände durchgeführt würden. Die Gebäudehöhe sei somit vom anschließenden (neuen) Gelände, wie es sich nach dem Projekt darstelle, zu ermitteln. Da durch die Rampe im Bereich der Garagenabfahrt die Ansichtsfläche in ihrer Erscheinung nicht zum Nachteil der betroffenen Revisionswerber verändert werde, könne vom Vorliegen einer Beeinträchtigung der Revisionswerber durch das Bauvorhaben hinsichtlich der Gebäudehöhe nicht ausgegangen werden. Durch die im Beschwerdeverfahren ergänzte Löffelsteinmauer zwischen Rampe und Außenmauer sei ein für die Berechnung der Gebäudehöhe relevantes Gelände in diesem Bereich geschaffen worden. Da der Privatsachverständige die Auffassung vertreten habe, es liege eine unzulässige Geländeveränderung vor, und davon ausgehend zu einer anderen Gebäudehöhenberechnung gekommen sei, hätten seine diesbezüglichen Ausführungen nicht der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können.
14 Bezüglich der Kubatur der Erker sei auszuführen, dass diese vom Amtssachverständigen ausführlich geprüft und dabei ein grundlegender Berechnungsfehler (fehlende Berücksichtigung des Stiegenhauses) festgestellt worden sei. Auf Grund dieser Tatsache seien die Pläne im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bezüglich der Erker überarbeitet und die Erker an der Südfassade erheblich reduziert worden. Dies sei vom Amtssachverständigen neuerlich geprüft worden, wobei festgestellt worden sei, dass die zulässige Erkerkubatur eingehalten werde. Die Berechnung des Amtssachverständigen sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes (nach Korrektur eines "Schreibfehlers") detaillierter und genauer gewesen und sei deshalb der Entscheidung zu Grunde gelegt worden.
15 Wie aus den Plänen ersichtlich sei, würden die Zugänge zu den Wohnungen des 1. Obergeschoßes über die Erker an der Südfassade geführt. Die Kubatur der Erker befinde sich nunmehr im gesetzlichen Rahmen gemäß § 84 Abs. 2 BO. Eine Definition, welche Widmung der durch den Erker geschaffene Raum haben dürfe, finde sich weder in den baurechtlichen Bestimmungen noch in allgemeinen Wörterbüchern. Es könnten daher die Ausführungen der Revisionswerber, wonach allein auf Grund der Nutzung des nach außen eindeutig als Erker in Erscheinung tretenden Bauteiles eine Unzulässigkeit im Sinn des § 84 Abs. 4 BO vorliegen solle, nicht nachvollzogen werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch für einen Erker vor allem den vorspringenden Charakter für maßgebend angesehen (Hinweis auf VwGH 22.10.1992, 92/06/0096). Für den Nachbarn könne es nicht von Relevanz sein, ob der Erker nun als Zugang zu den Wohnungen oder z. B. als Wohnfläche genutzt werde, da ihm bezüglich der Nutzung des Erkers kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zustehe, sondern nur darauf, ob § 84 Abs. 2 BO hinsichtlich Ausladung und Kubatur der Erker eingehalten werde.
16 Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.
17 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2017, E 2791/2017-7, ablehnte und sie unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
18 In der in der Folge erhobenen Revision begehren die Revisionswerber, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
19 Das Verwaltungsgericht hat die Akten des Verfahrens vorgelegt. Die Baubehörde und die Bauwerberin erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
20 Die vorliegende Revision erweist sich angesichts des
Vorbringens betreffend die Berechnung der Erkerkubatur als zulässig.
21 Die im Revisionsfall maßgeblichen Bestimmungen der BO,
LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 27/2016 lauten auszugsweise:
"Bauweisen; bauliche Ausnützbarkeit
§ 76. ...
(2) In der offenen Bauweise müssen die Gebäude freistehend in den im § 79 Abs. 3 festgesetzten Mindestabständen von den Bauplatzgrenzen errichtet werden.
...
(10) Im Wohngebiet und im gemischten Baugebiet mit Ausnahme der Geschäftsviertel und Betriebsbaugebiete darf bei offener, bei offener oder gekuppelter, bei gekuppelter und bei der Gruppenbauweise das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche betragen. Außerdem darf die bebaute Fläche von Gebäuden in der Bauklasse I nicht mehr als 470 m2, in der Bauklasse II nicht mehr als 700 m2 betragen. ..."
"Vorgärten, Abstandsflächen und gärtnerisch auszugestaltende Flächen
§ 79. ...
(3) In der offenen Bauweise muß der Abstand der Gebäude von Nachbargrenzen in den Bauklassen I und II mindestens 6 m, ... betragen. Die Fläche, die zwischen den Nachbargrenzen und den gedachten Abstandslinien liegt, wird als Abstandsfläche bezeichnet. In die Abstandsflächen darf mit Gebäuden auf höchstens die Hälfte des Abstandes an die Nachbargrenzen herangerückt werden, wobei die über die gedachte Abstandslinie hinausragende bebaute Fläche je Front in den Bauklassen I und II 45 m2, ... nicht überschreiten darf; insgesamt darf diese über die gedachte Abstandslinie hinausragende bebaute Fläche auf demselben Bauplatz in den Bauklassen I und II 90 m2, ... nicht überschreiten.
..."
"Bebaute Fläche
§ 80. (1) Als bebaute Fläche gilt die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht.
(2) Vor die Gebäudefront ragende Gebäudeteile der in § 84 Abs. 1 und 2 genannten Art und in dem dort bezeichneten Ausmaß bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht, gleichgültig, ob sie über Baufluchtlinien ragen oder nicht; überschreiten solche Gebäudeteile das genannte Ausmaß, sind sie zur Gänze nach Abs. 1 zu beurteilen. Erker, Balkone und Loggien, unter denen nicht überall eine freie Durchgangshöhe von mindestens 2,10 m gewährleistet ist, sind der bebauten Fläche voll zuzurechnen."
"Bauteile vor den Baufluchtlinien und in Abstandsflächen und Vorgärten
§ 84. (1) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen, in Vorgärten und in Abstände gemäß § 79 Abs. 5 erster Satz dürfen die im § 83 Abs. 1 genannten Vorbauten sowie Transport- und Einsteigschächte vorragen; diese Schächte dürfen das anschließende Gelände nicht überragen.
(2) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen, in Vorgärten und in Abstände gemäß § 79 Abs. 5 erster Satz dürfen außerdem folgende Gebäudeteile vorragen:
a) auf eine Breite von höchstens einem Drittel der
betreffenden Gebäudefront Erker, Treppenhausvorbauten und Aufzugsschächte sowie auf eine Breite von höchstens der Hälfte der betreffenden Gebäudefront Balkone, sofern die Ausladung der Balkone höchstens 2,50 m und der anderen Bauteile höchstens 1,50 m beträgt und sie von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m, im Gartensiedlungsgebiet von mindestens 2 m, einhalten; die sich daraus für Erker ergebende Kubatur an einer Gebäudefront kann unter Einhaltung dieser Ausladung und des Abstandes von Nachbargrenzen an dieser Front frei angeordnet werden. An Gebäuden, deren Gebäudehöhe nach den Bestimmungen des § 75 Abs. 4 und 5 zu bemessen ist, dürfen solche Vorbauten, mit Ausnahme von Balkonen, an den Straßenfronten nur eine Ausladung von höchstens 1 m aufweisen. Darüber hinaus sind Abschattungsvorrichtungen sowie bis zu insgesamt zwei Drittel der Gebäudefront Balkone im Sinne des ersten Halbsatzes über gärtnerisch auszugestaltenden Flächen, ausgenommen Abstandsflächen, zulässig;
b) auf einer Breite von höchstens einem Drittel der
betreffenden Gebäudefront Türvorbauten, Freitreppen und Schutzdächer über Eingängen, sofern diese Bauteile höchstens 3 m, im Gartensiedlungsgebiet höchstens 2 m, in die vor den Baufluchtlinien gelegenen Flächen oder Abstandsflächen, aber keinesfalls mehr als auf halbe Vorgartentiefe vorragen und von den Nachbargrenzen einen Abstand von mindestens 1,50 m einhalten.
...
(4) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und die Vorgärten dürfen Gänge vor Außenwänden (Außengänge) nicht vorragen."
"Parteien
§ 134. ...
(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a gegen die geplante Bauführung erheben; ... Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. ..."
"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte
§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:
a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den
Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der
Erdoberfläche;
b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
c) Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von
Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
... "
22 Die Revisionswerber sind unbestritten (Mit-)Eigentümer benachbarter Liegenschaften und als solche Nachbarn im Sinn des § 134 Abs. 3 BO.
23 Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Die genannten Nachbarrechte werden in § 134a Abs. 1 BO durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: der Nachbarn) "Schutze dienen" eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. etwa VwGH 20.1.2015, 2012/05/0058 und 0071, mwN).
24 Soweit sich das Vorbringen der Revisionswerber auf die Überschreitung der bebaubaren Fläche infolge Überschreitens der zulässigen Erkerkubatur bezieht, ist festzuhalten, dass es sich bei § 80 Abs. 2 BO um eine Bestimmung über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen handelt, durch welche nach § 134a Abs. 1 lit. c BO ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründet wird. Das subjektiv-öffentliche Recht der Nachbarn an der flächenmäßigen Ausnützbarkeit gemäß § 134a Abs. 1 lit. c BO ist auch darin begründet, dass dort, wo außerhalb des bebaubaren Bereiches der Liegenschaft gärtnerische Ausgestaltung angeordnet ist, eine solche zu erfolgen hat. Diese Bestimmung dient auch zum Schutz der Nachbarn unabhängig davon, wo ihre Liegenschaft situiert ist (vgl. VwGH 23.7.2013, 2010/05/0217, mwN).
25 Darüber hinaus kommt den Revisionswerbern gemäß § 134a Abs. 1 lit. a BO ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen zu, sofern sie im Hinblick auf die Situierung der vor die jeweilige Gebäudefront vorragenden Gebäudeteile in diesem Recht beeinträchtigt werden können.
26 Für die gegenständliche Bauliegenschaft ist im maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. 7570, die Widmung Wohngebiet, Bauklasse I, mit einer Gebäudehöhe von maximal 7,50 m sowie die offene oder gekuppelte Bauweise festgesetzt. Weiters darf der höchste Punkt der zur Errichtung gelangenden Dächer die tatsächlich ausgeführte Gebäudehöhe um höchstens 4,50 m überragen.
27 Unter Zugrundelegung der unbestrittenen Größe der Bauliegenschaft von 903 m2 beträgt das Ausmaß der maximal bebaubaren Fläche gemäß § 76 Abs. 10 BO 301 m2.
28 Nach den dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegten Ausführungen des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. W. betrage die bebaute Fläche laut Bauprojekt 300,92 m2, wobei bei dieser Berechnung jene Bauteile nicht berücksichtigt worden seien, die bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht blieben; dazu zählten Erker, Balkone und Stiegenhausvorbauten, die unter den näher dargelegten Voraussetzungen in die Abstandsfläche ragen dürften. Zur Berechnung des gemäß § 84 Abs. 2 lit. a BO an der jeweiligen Gebäudefront zulässigen Erkervolumens multiplizierte der Amtssachverständige ein Drittel der betreffenden Gebäudefront mit der maximal zulässigen Ausladung von 1,50 m und der Gebäudehöhe von 7,50 m.
29 Die Revisionswerber bringen dazu vor, dass diese vom Amtssachverständigen herangezogene Berechnungsmethode, bei welcher die Gebäudehöhe von 7,50 m als Multiplikator herangezogen werde, unzulässig sei, weil § 80 Abs. 2 BO als Erfordernis des Vorliegens eines nicht der bebauten Fläche zuzurechnenden Erkers eine lichte Durchgangshöhe von 2,10 m nenne. Der die Gebäudehöhe betreffende Multiplikator zur Berechnung der zulässigen Erkerkubatur betrage bei einer tatsächlichen Gebäudehöhe von 7,50 m somit nur 5,40 m. Diese Rechtsansicht finde ihre Entsprechung auch im Erkenntnis VwGH 25.9.2012, 2011/05/0107, in welchem ein Gebäude mit einer Gebäudehöhe von 7,50 m beurteilungsgegenständlich gewesen und der Multiplikator für die Kubatur des an der südöstlichen Front situierten Erkers dennoch mit 5,40 m angenommen worden sei. Aus diesem Erkenntnis sei abzuleiten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Falle einer Gebäudehöhe von 7,50 m bei der Berechnung der zulässigen Erkerkubatur einen die Gebäudehöhe betreffenden Multiplikator von 5,40 m (somit abzüglich der lichten Durchgangshöhe von 2,10 m) als zulässig erachtet habe. Unter Zugrundelegung dieser Berechnungsmethode würden die zulässigen Erkerkubaturen deutlich überschritten werden.
30 Weiters seien Erker, die an ein- und derselben Gebäudefront situiert seien, willkürlich unterschiedlichen Fronten zugeordnet worden. So seien die Erker "V 4" und "V 9" der Westfront, der Erker "V 5" der Südfront und der Erker "V 16" der Nordfront zugeordnet worden, obwohl die Erker "V 4" und V 5" an der Südfront und die Erker "V 9" und "V 16" an der Nordfront des Gebäudes situiert seien. Der Gesetzgeber fordere insoweit eine einheitliche Methodik und gestatte keine willkürliche Zuordnung. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis VwGH 5.3.2014, 2011/05/0051, zum Begriff der Gebäudefront ausgeführt, dass eine Front durch die Summe der Begrenzungen eines Gebäudes in Bezug auf eine Ansichtsseite gebildet werde und sei zu dem Schluss gelangt, dass der dort gegenständliche Windfang der südlichen Gebäudefront zuzuordnen sei, möge er sich auch in einer Ecke befinden und deshalb östlich ausgerichtet sein. Die Einbeziehung der Erker "V 5" und "V 9" in die Berechnung der an der Süd- bzw. Nordfront projektierten Erkerkubatur würde zu einer Überschreitung der an der jeweiligen Front zulässigen Erkerkubatur führen.
31 Weiters bringen die Revisionswerber vor, dass über die an der Südfront des Gebäudes befindlichen Erker die Zugänge zu den Wohnungen des 1. Obergeschoßes geführt werden sollten. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht näher damit beschäftigt, dass insofern tatsächlich keine Erker, sondern Außengänge vorlägen. Dieser Unterschied sei entscheidend, weil § 84 Abs. 4 BO statuiere, dass Außengänge nicht über Baufluchtlinien und nicht in die Abstandsflächen hinausragen dürften. Eine Fläche, die dazu diene, den Wohnraum zu erreichen, sei als Außengang im Sinn der genannten Bestimmung zu qualifizieren.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
32 Bei der Ermittlung der bebauten Fläche bleiben gemäß § 80 Abs. 2 BO vor die Gebäudefront ragende Gebäudeteile der in § 84 Abs. 1 und 2 BO genannten Art und in dem dort bezeichneten Ausmaß außer Betracht, wobei unter anderem Erker, unter denen nicht überall eine freie Durchgangshöhe von mindestens 2,10 m gewährleistet ist, der bebauten Fläche voll zuzurechnen sind.
33 Wie sich weiters aus § 84 Abs. 2 lit. a BO ergibt, dürfen auf eine Breite von höchstens einem Drittel der betreffenden Gebäudefront unter anderem Erker in die Abstandsflächen vorragen, sofern ihre Ausladung höchstens 1,50 m beträgt und sie - außer in Gartensiedlungsgebieten - von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m einhalten; die sich daraus für Erker ergebende Kubatur an einer Gebäudefront kann unter Einhaltung dieser Ausladung und des Abstandes von Nachbargrenzen an dieser Front frei angeordnet werden.
34 Aus diesen Bestimmungen folgt, dass für die Nichteinbeziehung eines Erkers in die bebaute Fläche zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, nämlich das Vorliegen eines Erkers in dem in § 84 Abs. 2 lit. a BO bezeichneten Ausmaß und das Bestehen einer freien Durchgangshöhe unter diesem von mindestens 2,10 m. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob ein Erker in dem in § 84 Abs. 2 lit. a BO bezeichneten Ausmaß vorliegt. Das bedeutet, es ist zunächst das sich (allein) aus § 84 Abs. 2 lit. a BO ergebende zulässige Ausmaß der Erkerkubatur an der jeweiligen Gebäudefront zu ermitteln. Überschreitet der Erker dieses sich aus § 84 Abs. 2 lit. a BO ergebende zulässige Ausmaß nicht, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob unter diesem überall eine freie Durchgangshöhe von mindestens 2,10 m gewährleistet ist, weil er nur unter dieser weiteren Voraussetzung der bebauten Fläche nicht zuzurechnen ist. Da es sich bei der geforderten Durchgangshöhe somit um eine (weitere) eigenständig zu prüfende Voraussetzung für die Nichteinbeziehung eines Erkers in die bebaute Fläche handelt, ist diese nicht - wie von den Revisionswerbern gefordert - bei der Ermittlung der zulässigen Erkerkubatur zu berücksichtigen und von der maßgeblichen Gebäudefront abzuziehen. Derartiges lässt sich auch nicht aus dem von den Revisionswerbern zitierten hg. Erkenntnis VwGH 25.9.2012, 2011/05/0107, ableiten, in welchem der Verwaltungsgerichtshof lediglich im Zusammenhang mit der Schilderung des Verfahrensganges unter anderem die Berechnung des Amtssachverständigen betreffend die Kubatur des an der südöstlichen Front situierten Erkers wiedergegeben hat, sich in der Folge aber mangels Vorbringens des dortigen beschwerdeführenden Nachbarn mit der Zulässigkeit des Erkers bzw. seines Ausmaßes nicht auseinandergesetzt hat.
35 Die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 2 BO (Nichteinbeziehung in die bebaute Fläche) setzt abgesehen davon aber jedenfalls - ebenso wie jene des § 84 Abs. 2 lit. a BO (Vorragen in die Abstandsfläche) - voraus, dass es sich bei den als "Erker" bezeichneten Bauteilen tatsächlich um Erker im Sinn der genannten Bestimmungen handelt.
36 Die BO enthält keine nähere Regelung über Erker. Unter einem Erker wird ein in der Regel geschlossener, überdachter, vorspringender Teil an Gebäuden verstanden, der unter Umständen über ein Geschoß oder mehrere Geschoße reichen kann. Dieser Gebäudeteil wird in der Regel nicht vom Boden hochgeführt, sondern ragt dem Gebäude frei vor oder wird von einem Mauervorsprung oder einer Säule gehalten. Ein Erker ist eine raumbildende Auskragung der Außenwand, die nur zur geringfügigen Vergrößerung eines Raumes dienen kann (vgl. VwGH 30.9.2015, Ro 2014/06/0024). Als Erker oder erkerähnliche Bauteile werden aber keinesfalls großflächige, vor die Fassade vorspringende Ausbauten verstanden. Einem Bauteil, der über die gesamte Breite des dahinter liegenden Raumes vor die Fassade vorspringt, kann nicht mehr der Charakter eines Erkers oder erkerähnlichen Bauteiles zuerkannt werden (vgl. VwGH 4.9.2001, 2000/05/0155, mwN).
37 Ausgehend von dieser Rechtslage können im Revisionsfall die in den Einreichplänen (Parien C 1 und C 3) dargestellten, mit V 6, 7, 8, 10, 11, 12, 13 und 13a bezeichneten Vorbauten, die jeweils über die gesamte Breite des dahinter liegenden Raumes vor die Fassade vorspringen, nicht als Erker oder erkerähnliche Bauteile angesehen werden. Da diese Vorbauten keinen in § 84 Abs. 1 oder 2 BO genannten Gebäudeteil darstellen, dürfen sie schon deshalb nicht in die Abstandsflächen vorragen. Sie sind demzufolge auch bei der Ermittlung der bebauten Fläche nicht außer Betracht zu lassen. Bei Einbeziehung der betreffenden Vorbauten in die Ermittlung der bebauten Fläche - welche bereits ohne Berücksichtigung dieser Gebäudeteile 300,92m2 beträgt - wird die zulässige bebaubare Fläche von 301 m2 jedenfalls überschritten.
38 Da das Verwaltungsgericht dies verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.
39 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
40 Für das fortzusetzende Verfahren wird darauf hingewiesen, dass Gebäudeteile nach § 84 Abs. 1 und 2 BO dann, wenn sie nicht vor eine Gebäudefront im Sinn des § 80 Abs. 2 BO ragen, sondern vor Gebäudeteile gemäß § 84 Abs. 1 und 2 BO, die ihrerseits bereits nicht zur bebauten Fläche zählen, nach der hg. Judikatur auf die bebaute Fläche voll anzurechnen sind (vgl. VwGH 24.5.2016, Ra 2014/05/0057). Weiters wird im Hinblick auf die von den Revisionswerbern bemängelte Berechnung der zulässigen Erkerkubatur, insbesondere betreffend die mit V 4 und V 9 bezeichneten Vorbauten, auf die hg. Judikatur zum Begriff "Fronten" hingewiesen, unter welchen die Ansichtsflächen der ein Gebäude nach außen abschließenden Wände (Umfassungswände) zu verstehen sind, wobei es keine Rolle spielt, ob eine geradlinig verlaufende Außenwand oder eine durch Vor- und Rücksprünge gekennzeichnete vorliegt (vgl. VwGH 5.3.2014, 2011/05/0051). Darüber hinaus wird sich das Verwaltungsgericht auch mit dem Vorbringen der Revisionswerber, wonach es sich bei den in den Einreichplänen mit V 2 bis V 5 bezeichneten Vorbauten nicht um Erker, sondern um Außengänge im Sinn des § 84 Abs. 4 BO handelt, auseinanderzusetzen haben, weil den Nachbarn ein subjektivöffentliches Recht dahin zusteht, dass - bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen - nur die in § 84 Abs. 1 und 2 BO genannten Gebäudeteile bei Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht bleiben bzw. in die Abstandsfläche vorragen.
41 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II. Nr. 8/2014.
Wien, am 24. April 2018
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017050275.L00Im RIS seit
14.06.2018Zuletzt aktualisiert am
29.11.2018