TE Vwgh Beschluss 2018/4/30 Ro 2016/01/0013

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Veröffentlicht am 30.04.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
37/01 Geldrecht Währungsrecht
37/02 Kreditwesen
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art130 Abs2 Z1
BWG 1993 §41 Abs2
BWG 1993 §41 Abs3
BWG 1993 §70 Abs4
BWG 1993 §98 Abs5a Z3
BWG 1993 §99 Abs2
FM-GwG 2017 §16 Abs2
SPG 1991 §88 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2017/01/0453
Ro 2016/01/0014
Ro 2016/01/0015
Ro 2017/01/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching und Mag. Brandl sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revisionen der M B AG in W, vertreten durch Rohregger Scheibner Bachmann Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 17/15, gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. August 2016, Zl. VGW-101/050/9032/2016-4, und vom 21. November 2016, Zl. VGW-102/V/012/14035/2016-1, sowie gegen die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 20. September 2016, Zl. W210 2128033-1/4E und Zl. W210 2127539-1/5E, und vom 28. November 2016, Zl. W210 2126398-4/2E, jeweils betreffend eine Angelegenheit nach § 41 Abs. 2 Bankwesengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Schreiben der Bundesministerin für Inneres (Bundeskriminalamt) vom 20. April 2016 (in der Folge: Auskunftsverlangen) wurde die Revisionswerberin - unter Bezugnahme auf eine nach § 41 Abs. 5 Bankwesengesetz (BWG) ergangene Meldung der Finanzmarktaufsicht (FMA) - gemäß § 41 Abs. 2 BWG (aF) aufgefordert, näher bezeichnete Bankunterlagen im Zusammenhang mit einem „Back-to-Back-Treuhandgeschäft“ zu übermitteln.

2        Gegen dieses Auskunftsverlangen erhob die Revisionswerberin Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG sowie Verhaltensbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG.

3        Mit den angefochtenen Beschlüssen vom 22. August 2016 und 21. November 2016 wies das Verwaltungsgericht Wien die Bescheid- bzw. die Verhaltensbeschwerde (protokolliert zu hg. Zlen. Ro 2016/01/0013 und Ra 2017/01/0453) jeweils wegen Unzuständigkeit zurück und leitete die Beschwerden gemäß § 6 AVG an das Bundesverwaltungsgericht zurück bzw. weiter. Mit den beiden angefochtenen Beschlüssen vom 20. September 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Bescheid- bzw. die Maßnahmenbeschwerde (protokolliert zu hg. Zlen. Ro 2016/01/0014 und Ro 2016/01/0015) sowie mit Beschluss vom 28. November 2016 die Verhaltensbeschwerde (protokolliert zu hg. Zahl Ro 2017/01/0001) jeweils wegen Unzuständigkeit zurück.

4        Die Revision wurde (mit Ausnahme des zur hg. Zl. Ra 2017/01/0453 angefochtenen Beschlusses des VwG Wien) jeweils zugelassen. Die Zulässigkeit der Revision wurde in den angefochtenen Beschlüssen (zu hg. Zl. Ra 2017/01/0453: in der Revision) im Wesentlichen mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit zur Entscheidung über Beschwerden gegen Auskunftsverlangen im Sinne des § 41 Abs. 2 BWG begründet.

5        Gegen diese Beschlüsse richten sich die vorliegenden Revisionen, in denen als „Revisionspunkt“ (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) jeweils die Verletzung im „Recht auf Entscheidung in der Sache selbst“ geltend gemacht wird.

6        Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionen infolge ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden.

7        Die Revisionen sind unzulässig.

8        Die in den Revisionsfällen maßgeblichen (bis zum 31. Dezember 2016 geltenden) Bestimmungen des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 159/2015 (BWG aF), lauteten auszugsweise:

Meldepflichten

§ 41. (1) Ergibt sich der Verdacht oder der berechtigte Grund zur Annahme,

1.   dass eine versuchte, bevorstehende, laufende oder bereits erfolgte Transaktion im Zusammenhang mit Vermögensbestandteilen, die aus einer in § 165 StGB aufgezählten strafbaren Handlung herrühren (unter Einbeziehung von Vermögensbestandteilen, die aus einer strafbaren Handlung des Täters selbst herrühren), steht; oder

2.   dass ein Vermögensbestandteil aus einer in § 165 StGB aufgezählten strafbaren Handlung herrührt (unter Einbeziehung von Vermögensbestandteilen, die aus einer strafbaren Handlung des Täters selbst herrühren), oder

3.   dass der Kunde der Verpflichtung zur Offenlegung von Treuhandbeziehungen gemäß § 40 Abs. 2 zuwidergehandelt hat oder

4.   dass die versuchte, bevorstehende, laufende oder bereits erfolgte Transaktion oder der Vermögensbestandteil im Zusammenhang mit einer kriminellen Vereinigung gemäß § 278 StGB, einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b StGB, einer terroristischen Straftat gemäß § 278c StGB oder der Terrorismusfinanzierung gemäß § 278d StGB steht,

so haben die Kredit- und Finanzinstitute die Behörde (Geldwäschemeldestelle (§ 4 Abs. 2 des Bundeskriminalamt-Gesetzes, BGBl. I Nr. 22/2002)) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen und bis zur Klärung des Sachverhalts jede weitere Abwicklung der Transaktion zu unterlassen, es sei denn, dass die Gefahr besteht, dass die Verzögerung der Transaktion die Ermittlung des Sachverhalts erschwert oder verhindert. ...

(1a) ...

(2) Die Kredit- und Finanzinstitute haben der Behörde (Abs. 1), unabhängig von einer Meldung gemäß Abs. 1, auf Verlangen unverzüglich alle Auskünfte zu erteilen, die dieser zur Verhinderung oder zur Verfolgung von Geldwäscherei oder von Terrorismusfinanzierung erforderlich scheinen.

(3) Die Behörde (Abs. 1) ist ermächtigt anzuordnen, dass eine laufende oder bevorstehende Transaktion, bei der der Verdacht oder der berechtigte Grund zu der Annahme besteht, dass sie der Geldwäscherei (§ 165 StGB - unter Einbeziehung von Vermögensbestandteilen, die aus einer strafbaren Handlung des Täters selbst herrühren) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) dient, unterbleibt oder vorläufig aufgeschoben wird und daß Aufträge des Kunden über Geldausgänge nur mit Zustimmung der Behörde durchgeführt werden dürfen. Die Behörde hat den Kunden und die Staatsanwaltschaft ohne unnötigen Aufschub von der Anordnung zu verständigen. Die Verständigung des Kunden hat den Hinweis zu enthalten, dass er oder ein sonst Betroffener berechtigt sei, Beschwerde wegen Verletzung seiner Rechte an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

...

(5) Ergibt sich der FMA oder der Oesterreichischen Nationalbank bei Ausübung der Bankenaufsicht der Verdacht, daß eine Transaktion der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung dient, so haben sie die Behörde (Abs. 1) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

...

Auskunfts- und Informationseinholungbefugnisse

§ 70. ...

(4) Liegt eine Konzessionsvoraussetzung ... nach Erteilung der Konzession nicht mehr vor oder verletzt ein Kreditinstitut, ... Bestimmungen dieses Bundesgesetzes..., so hat die FMA

1.   dem Kreditinstitut ... unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Umstände des Falles angemessen ist;

2.   im Wiederholungs- oder Fortsetzungsfall den Geschäftsleitern die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen, es sei denn, dass dies nach Art und Schwere des Verstoßes unangemessen wäre, und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch nochmaliges Vorgehen gemäß Z 1 erwartet werden kann; in diesem Fall ist die erstverhängte Zwangsstrafe zu vollziehen und der Auftrag unter Androhung einer höheren Zwangsstrafe zu wiederholen;

3.   die Konzession eines Kreditinstitutes zurückzunehmen, wenn andere Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz die Funktionsfähigkeit des Kreditinstitutes nicht sicherstellen können.

...

§ 98. ...

(5a) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Kreditinstitutes

...

3.   die Pflichten der §§ ... 41 Abs. 1 bis 4 verletzt;

...

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu 150 000 Euro, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß Z 3 mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder mit einer Geldstrafe bis zu 150 000 Euro zu bestrafen.

§ 99. (1) ...

(2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Finanzinstitutes die Pflichten der §§ ... 41 Abs. 1 bis 4 verletzt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder mit einer Geldstrafe bis zu 150 000 Euro zu bestrafen.

...“

9        § 41 BWG, idF des (am 1. Jänner 2017 in Kraft getretenen) Gesetzes BGBl. I Nr. 118/2016, lautet:

§ 41. (1) Kredit- und Finanzinstitute haben Meldungen an die Geldwäschemeldestelle zu erstatten, soweit dies in § 16 Abs. 1 und 3 FM-GwG festgelegt ist.

(2) Kredit- und Finanzinstitute haben der Geldwäschemeldestelle auf deren Verlangen Auskünfte zu erteilen, soweit dies in §16 Abs. 2 FM-GwG festgelegt ist.“

10       Das (im hier maßgeblichen Umfang am 1. Jänner 2017 in Kraft getretene) Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, BGBl. I Nr. 118/2016 (Fm-GwG), lautet in auszugsweise:

Meldungen an die Geldwäschemeldestelle

§ 16. (1) ...

(2) Die Verpflichteten und gegebenenfalls deren Beschäftigte haben mit der Geldwäschemeldestelle in vollem Umfang zusammenzuarbeiten, indem sie der Geldwäschemeldestelle unabhängig von einer Verdachtsmeldung gemäß Abs. 1, auf deren Verlangen unmittelbar oder mittelbar alle Auskünfte erteilen, die dieser zur Verhinderung oder zur Verfolgung von Geldwäscherei oder von Terrorismusfinanzierung erforderlich erscheinen.

...

Nichtabwicklung von Transaktionen

§ 17. ...

(4) Die Geldwäschemeldestelle ist ermächtigt anzuordnen, dass eine laufende oder bevorstehende Transaktion, die gemäß § 16 Abs. 1 meldepflichtig ist, unterbleibt oder vorläufig aufgeschoben wird und dass Aufträge des Kunden über Geldausgänge nur mit Zustimmung der Geldwäschemeldestelle durchgeführt werden dürfen. .... Die Verständigung des Kunden hat den Hinweis zu enthalten, dass er oder ein sonst Betroffener berechtigt sei, Beschwerde wegen Verletzung seiner Rechte an das zuständige Verwaltungsgericht zu erheben.“

11       Das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundeskriminalamtes, BGBl. I Nr. 22/2002 idF BGBl. I Nr. 118/2016 (Bundeskriminalamt-Gesetz - BKA-G), lautet auszugsweise:

Einrichtung des Bundeskriminalamtes

§ 1. Für Zwecke einer wirksamen bundesweiten Bekämpfung gerichtlich strafbarer Handlungen und zur Wahrnehmung zentraler Funktionen im Bereich der internationalen polizeilichen Kooperation besteht das Bundeskriminalamt als Organisationseinheit der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit (§ 6 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz).

Zentralstellenaufgaben des Bundeskriminalamtes

§ 4. (1) ...

(2) Das Bundeskriminalamt erfüllt für den Bundesminister für Inneres folgende zentrale Aufgaben:

1.   durch die Geldwäschemeldestelle die Bekämpfung von Geldwäscherei nach dem Bankwesengesetz, ... insbesondere durch Entgegennahme, Analyse und Weiterleitung der einlangenden Meldungen einschließlich des damit verbundenen internationalen Schriftverkehrs,

2.   durch die Geldwäschestelle die Entgegennahme, Analyse und Weiterleitung von Meldungen zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung nach den in Z 1 genannten Bundesgesetzen einschließlich des damit verbundenen internationalen Schriftverkehrs,

...

(3) Sofern sich der Bundesminister für Inneres Angelegenheiten der Sicherheits- oder Kriminalpolizei vorbehält, obliegt deren Besorgung dem Bundeskriminalamt, es sei denn, der Bundesminister für Inneres betraut in der Geschäftseinteilung des Bundesministeriums für Inneres eine andere Organisationseinheit mit deren Wahrnehmung.

Vorbehalt der Erfüllung kriminalpolizeilicher Aufgaben

§ 5. (1) Sofern dies im Interesse der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit gelegen ist, kann sich der Bundesminister für Inneres bestimmte Angelegenheiten der Kriminalpolizei (Abs. 2), insbesondere wenn für das kriminalpolizeiliche Einschreiten besondere Ausbildung oder Sachmittel erforderlich sind oder die Tatbegehung regelmäßig Anknüpfungspunkte in mehreren Bundesländern bietet, zur Besorgung vorbehalten.

(2) Kriminalpolizei im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Wahrnehmung von Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege, insbesondere die Aufklärung strafbarer Handlungen nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung 1975.“

12       § 88 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 55/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013 (SPG), lautet:

Beschwerden wegen Verletzung subjektiver Rechte

§ 88. (1) Die Landesverwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG).

(2) Außerdem erkennen die Landesverwaltungsgerichte über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.

...“

13       Zu klären ist die Rechtsqualität des Auskunftsverlangens gemäß § 41 Abs. 2 BWG aF (vgl. nunmehr § 41 Abs. 2 BWG idF BGBI Nr. 118/2016 iVm § 16 Abs. 2 FM-GwG).

14       Das Gesetz sah für ein derartiges Auskunftsverlangen weder die Bescheidform noch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt explizit vor. Hinweise, dass der Gesetzgeber eine dieser Rechtsformen anordnen wollte, sind auch den Gesetzesmaterialien (vgl. RV 1130 BlgNR 18. GP, S. 143) nicht zu entnehmen [das Gleiche gilt im Übrigen für § 41 Abs. 2 BWG bzw. § 16 Abs. 2 Fm-GWG, BGBl. I 118/2016, bzw. die Gesetzesmaterialien hiezu, RV 1335 BlgNR 25. GP, S. 12]. Ebenso wenig war nach § 41 Abs. 2 BWG aF - im Gegensatz zu Abs. 3 leg. cit. (vgl. dazu unten Rn 21) - eine Beschwerdemöglichkeit an den UVS bzw. ein Verwaltungsgericht vorgesehen [vgl. nunmehr die Beschwerdemöglichkeit des Kunden oder sonst Betroffenen „an das zuständige Verwaltungsgericht“ nach § 17 Abs. 4 letzter Satz Fm-GwG]. Die Bestimmungen der §§ 98 Abs. 5a Z 3 und 99 Abs. 2 BWG normierten weiters eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit (des für das Kredit- bzw. Finanzinstitut Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG) für den Fall der ungerechtfertigten Nichtbefolgung des Auskunftsverlangens. Darüber hinaus normiert § 70 Abs. 4 BWG in seinen Z 1 bis 3 ein Regime von Sanktionen generell für den Fall der Verletzung von Bestimmungen des (ua.) BWG durch ein Kreditinstitut; die Verhängung dieser Sanktionen durch die FMA hat jeweils durch Bescheid zu erfolgen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa VwGH 7.11.2005, 2000/17/0229; 12.12.2005, 2002/17/0179; 24.2.2014, 2010/17/0185; 20.11.2015, Ra 2015/02/0140).

15       Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit vergleichbaren Konstellationen verwaltungsbehördlicher „Aufforderungen“ etc., deren ungerechtfertigte Nichtbeachtung entweder verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen oder sonstige Sanktionen (insbesondere: den Entzug von Berechtigungen) nach sich zieht, wiederholt auseinandergesetzt:

16       So stellt etwa die Aufforderung zur Auskunftserteilung an den Zulassungsbesitzer zur Lenkerbekanntgabe nach § 103 Abs. 2 KFG ein Administrativverfahren dar, in dem kein die Angelegenheit abschließender Bescheid ergeht. Der Aufforderung nach der zitierten Bestimmung kommt keine Bescheidqualität zu (vgl. etwa VwGH 23.1.2007, 2005/11/0049). DemRechtsschutzbedürfnis des Adressaten der Aufforderung wird dadurch Rechnung getragen, dass keine Verpflichtung zur Erteilung der verlangten Auskunft besteht, wenn die betreffende Aufforderung nicht dem Gesetz entsprochen hat, und in diesem Fall eine Bestrafung wegen Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG - auch gegenüber einem Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG - rechtswidrig wäre (vgl. VwGH 2.7.1991, 91/11/0073). Aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof auch erkannt, dass die Rechtsordnung - in einem allfälligen Strafverfahren - ausreichende Möglichkeiten zur Abwehr der Folgen der Nichtbeachtung der Auskunftspflicht, insbesondere in Ansehung von rechtswidrigen oder rechtsunwirksamen Aufforderungen, bietet (vgl. auch dazu den zit. Beschluss 91/11/0073, mit Hinweis auf VwGH 24.6.1988, 88/11/0137).

17       Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der nach § 91 Abs. 2 GewO 1994 an den Gewerbetreibenden ergehenden Aufforderung zur Entfernung einer natürlichen Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht (widrigenfalls die Gewerbeberechtigung zu entziehen ist). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in diesem Fall ausgesprochen, dass diese Aufforderung - die der Gewerbeentziehung voranzugehen hat und insofern eine Voraussetzung für die Gewerbeentziehung darstellt - mangels eines rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Inhalts kein Bescheid ist. Dem Rechtsschutzbedürfnis dessen, dem bei nicht fristgerechter Befolgung der Aufforderung die Gewerbeberechtigung entzogen wird, ist jedoch Rechnung getragen, wenn er die Rechtmäßigkeit der Aufforderung, also auch die dafür bestimmenden Gründe, im sodann folgenden Entziehungsverfahren geltend machen sowie den (allenfalls) ergangenen Entziehungsbescheid (auch) aus diesen Gründen im Rechtsmittelweg bekämpfen kann (vgl. etwa VwGH 11.2015, Ra 2015/04/0063, mwN).

18       Ebenso wenig ist die Aufforderung zur Einstellung illegaler Glücksspiele (widrigenfalls die Betriebsschließung zu erfolgen hat) im Sinne des § 56a Abs. 1 GSpG in Bescheidform auszusprechen (VwGH 30.3.2016, Ra 2016/09/0023).

19       Diese Rechtsprechungslinie ist auf § 41 Abs. 2 BWG (aF) [bzw. nunmehr § 41 Abs. 2 BWG iVm § 16 Abs. 2 Fm-GWG] übertragbar.

20       Der danach vorgesehenen Aufforderung zur Auskunftserteilung kommt demnach zunächst keine Bescheidqualität zu.

21       Mangels rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Inhalts (vgl. das zit. Erkenntnis Ra 2015/04/0063) ist das in Rede stehende Auskunftsverlangen darüber hinaus auch nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG zu qualifizieren.

Gegen die Annahme einer „Maßnahme“ spricht im Übrigen - argumentum e contrario - auch die Verankerung einer expliziten Beschwerdemöglichkeit (an den UVS bzw. das Bundesverwaltungsgericht) im letzten Satz des § 41 Abs. 3 BWG (aF) gegen die in dieser Bestimmung geregelte „Anordnung“ der Behörde [vgl. nunmehr die Beschwerdemöglichkeit „an das zuständige Verwaltungsgericht“ nach § 17 Abs. 4 Fm-GwG]. Aus dieser Regelung hat der Verwaltungsgerichtshof abgeleitet, dass die in Frage stehenden „Anordnungen“ Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstellen (vgl. VwGH 11.6.2002, 99/01/0437; 30.8.2005, 2004/01/0451, zur vormals eingeräumten Beschwerdemöglichkeit an den UVS gemäß § 67c AVG). Eine derartige - dem Kunden oder sonst von der Transaktion Betroffenen eingeräumte - Beschwerdemöglichkeit sah § 41 Abs. 2 BWG (aF) für Kredit- und Finanzinstitute aber gerade nicht vor.

22       Das Auskunftsverlangen nach § 41 Abs. 2 BWG (aF) stellt daher weder einen Bescheid noch eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Es stand dagegen weder die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG noch gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG offen. [Das gleiche gilt nunmehr für § 41 Abs. 2 BWG iVm § 16 Abs. 2 Fm-GwG].

23       Das gegenständliche Auskunftsverlangen ist vielmehr als schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln zu qualifizieren, das im Wege einer sog. Verhaltensbeschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG nur unter der Voraussetzung bekämpfbar war, dass die Beschwerdemöglichkeit an ein Verwaltungsgericht durch eine einfachgesetzliche Regelung eingeräumt war.

24       Im Revisionsfall wäre zunächst zu erwägen, ob eine Verhaltensbeschwerde nach § 88 Abs. 2 SPG offenstand. Eine solche bezieht sich auf Verwaltungsakte im Bereich der Sicherheitsverwaltung und kommt damit nur innerhalb der Sicherheitsverwaltung in Frage (vgl. VwGH 17.3.2017, Ra 2017/01/0059, mwN).

25       Zwar besteht nach dem Gesetz (§ 4 Abs. 2 iVm 3 BKA-G) grundsätzlich die Möglichkeit, dass das Bundeskriminalamt für den Innenminister auch Aufgaben der Sicherheitspolizei - und sohin der Sicherheitsverwaltung - wahrnimmt (vgl. auch die Gesetzesmaterialien, RV 806 BlgNR, 21. GP, zu § 4 BKA-G, wonach „Abs. 2 ... für bestimmte kriminal- und sicherheitspolizeiliche Tätigkeiten im nationalen Bereich vor[sieht], dass diese kraft Gesetzes vom Bundeskriminalamt wahrzunehmen sind“). Im vorliegenden Fall ist aber weder dem Vorbringen in der Verhaltensbeschwerde - das sich einerseits nicht auf § 88 Abs. 2 SPG stützt und andererseits das gegenständliche Auskunftsverlangen explizit in einen unmittelbaren Zusammenhang mit gegen die Revisionswerberin stattfindenden strafrechtlichen Ermittlungen stellt - noch den von den Verwaltungsgerichten getroffenen Feststellungen etwas zu entnehmen, was dem Auskunftsverlangen eine sicherheitspolizeiliche Komponente verleihen könnte (vgl. zu alldem VwGH 19.4.2016, Ra 2015/01/0232, mwN). Es ist daher nicht erkennbar, dass der besagten Aufforderung eine sicherheitspolizeiliche Komponente innewohnte und dass mit dem Auskunftsverlangen zumindest auch Aufgaben der Sicherheitsverwaltung besorgt wurden. Das gegenständliche Auskunftsverlangen erfolgte vielmehr offenkundig im Dienste der Strafjustiz („Kriminalpolizei“ - hier im Zusammenhang mit der strafgerichtlichen Verfolgung von Geldwäscherei und/oder Terrorismusfinanzierung) und zählt somit nicht zur Sicherheitspolizei bzw. Sicherheitsverwaltung (vgl. das zit. Erkenntnis Ra 2017/01/0059, mwN).

26       Die Verhaltensbeschwerde der Revisionswerberin findet demnach in § 88 Abs. 2 SPG keine Grundlage. Darüber hinaus existierte indes keine sonstige - nach Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG erforderliche - einfachgesetzliche Bestimmung, die eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über eine Verhaltensbeschwerde im Grunde des § 41 Abs. 2 BWG (aF) vorgesehen hätte. Die Zurückweisung von Verhaltensbeschwerden mangels gesetzlicher Grundlage erfolgt aber zu Recht (vgl. auch dazu das zit. Erkenntnis Ra 2017/01/0059, mwN).

27       Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass das gemäß § 41 Abs. 2 BWG (aF) gestellte Auskunftsverlangen mit keiner der von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerden bekämpfbar war.

28       Dem Rechtsschutzbedürfnis der Revisionswerberin als Adressatin des Auskunftsverlangens nach § 41 Abs. 2 BWG (aF) wurde - im Sinne der oben dargestellten hg. Judikatur - vielmehr dadurch Rechnung getragen, dass keine Verpflichtung zur Erteilung der verlangten Auskunft bestand, wenn die betreffende Aufforderung nicht dem Gesetz entsprochen hat, und in diesem Fall eine Bestrafung wegen Übertretung des § 98 Abs. 5a Z 3 bzw. § 99 Abs. 2 BWG (aF) - gegenüber einem Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG - rechtswidrig wäre (zur Parteistellung des vom Auskunftsbegehren betroffenen Kredit- oder Finanzinstituts im Strafverfahren vgl. im Übrigen die mit VwGH (verstärkter Senat) 21.11.2000, 99/09/0002, begonnene und seither ständige hg. Rechtsprechung).

Ebenso bestand die Möglichkeit, die Unzulässigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des Auskunftsverlangens in einem allenfalls nach § 70 Abs. 4 Z 1 bis 3 BWG von der FMA durchgeführten Verfahren geltend zu machen bzw. den jeweils enderledigenden Sanktionsbescheid im Rechtsmittelweg zu bekämpfen.

29       Die Zurückweisungen der gegenständlichen Bescheid-, Maßnahmen- und Verhaltensbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht und das Verwaltungsgericht Wien erfolgten damit - im Ergebnis - zu Recht.

30       Eine Verletzung der Revisionswerberin im geltend gemachten „Recht auf Entscheidung in der Sache selbst“ kommt in den vorliegenden Revisionsfällen mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes von vornherein nicht in Betracht.

31       Die Revisionen waren daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

32       Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 30. April 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016010013.J00

Im RIS seit

01.07.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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