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L22003 Landesbedienstete Niederösterreich;Norm
BDG 1979 §20 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die außerordentliche Revision des Mag. CZ in E, vertreten durch Mag. Carmen Thornton, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Tuchlauben 7a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 7. November 2014, GZ. LVwG-AB-14-4008, betreffend Rückersatz von Ausbildungskosten gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 NÖ LBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber erklärte mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 zum 31. Dezember 2013 den Austritt aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Seit 1. Jänner 2014 ist er beim Verwaltungsgericht Wien als Richter tätig.
2 Mit Dienstrechtsmandat der NÖ Landesregierung vom 6. Dezember 2013 wurde der Revisionswerber gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 des NÖ Landes-Bedienstetengesetzes (NÖ LBG) verpflichtet, dem Land Niederösterreich die sich aus den während der Ausbildung fortgezahlten Bezügen in der Höhe von EUR 2.723,04 sowie den Seminarkosten in der Höhe von EUR 720,-- zusammensetzenden Aus- und Weiterbildungskosten von insgesamt EUR 3.443,04 in aliquoter Höhe von EUR 975,93 zu ersetzen.
3 In der dagegen erhobenen Vorstellung führte der Revisionswerber im Wesentlichen aus, die Beträge, aus denen sich die angebliche Gesamtforderung von EUR 975,73 ergeben solle, seien nicht nachvollziehbar und schienen vollkommen willkürlich erstellt worden zu sein. Weiters wendete er sich gegen die vorgenommene Aliquotierung und brachte vor, dass sich bei Reduktion der Ausbildungskosten um ein Sechzigstel pro vergangenem Monat seit Ende der Ausbildung ein rückforderbarer Betrag von EUR 478,97 ergäbe. Doch auch dieser sei nicht rückersatzfähig. Weiters vertrat er den Standpunkt, dass ein Ersatz der Kosten des Prüfungsurlaubes und der Grundausbildung nicht rechtmäßig sei. Im Weiteren wurde ein Verstoß gegen mehrere verfassungsmäßig gewährleistete Rechte geltend gemacht.
4 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. Juni 2014 wurde diese Vorstellung des Revisionswerbers abgewiesen.
5 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vertrat der Revisionswerber weiterhin dieselben Rechtsauffassungen wie in der zuvor erhobenen Vorstellung.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung dahin ab, dass es den Revisionswerber unter gleichzeitiger Aufhebung des Dienstrechtsmandates gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 NÖ LBG verpflichtete, dem Land Niederösterreich unverzüglich ab Zustellung dieses Erkenntnisses Aus- und Weiterbildungskosten in der Höhe von EUR 5.939,03 zu ersetzen. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
7 Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen:
"Der Beschwerdeführer befand sich vom 2. Juni 2008 bis zum 31. Dezember 2013 in einem Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich, auf das das NÖ Landes-Bedienstetengesetz, LGBl. 2100 (NÖ LBG) anzuwenden war. Er wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2010 in ein provisorisch pragmatisches Dienstverhältnis übernommen und erklärte mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 seinen Austritt aus diesem provisorisch pragmatischen Dienstverhältnis mit Wirkung vom 31. Dezember 2013.
Seit Jänner 2014 ist der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Wien als Richter tätig. Die beim Land Niederösterreich abgelegte Dienstprüfung wurde von der Stadt Wien als Ernennungsvoraussetzung anerkannt. Der Beschwerdeführer bezieht seither ein Bruttoeinkommen von EUR 5.300,- und hat keine Sorgepflichten.
Unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens des Vertreters der belangten Behörde wurde festgestellt, dass zu folgenden Anlässen dem Beschwerdeführer Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge sowie unter Bezahlung von pauschalen Seminarkosten gewährt wurde:
7.-8.1.2009
Bau, Raumordnungs- und Straßenrecht
9.- 10.2.2009
Gewerberecht und Mineralrohstoffgesetz
2.4.2009
Verkehrsrecht
21.-22.4.2009
Forst-, Jagd-, Fischerei- und Grundverkehrsrecht
29.- 30.6.2009
Fremdenpolizei und Sicherheitswesen
29.9.2009
EU-Recht
4.-8.3. u. 10.-22.3.2010
Prüfungsurlaub
24.3.2010
Dienstprüfung
17.-18.6.2010
FKA Development Center
15.-16.9.2010
Meine Person und der Kontakt zu anderen
27.-29.9.2010
FKA ‚Persönlichkeit und Führen'
19.-21.10.2010
FKA Action Learning 1
17.-19.11.2010
FKA ‚Konflikte und Kommunikation gestalten'
12.-13.1.2011
FKA Action Learning 2
15.- 17.3.2011
FKA ‚Gruppen- und Teamarbeit gestalten'
4.-5.4.2011
FKA Action Learning 3
12.-13.5.2011
FKA ‚Eine Organisationseinheit führen'
17.5.2011
Neuerungen im NÖ Baurecht
23.-24.5.2011
FKA Action Learning 4
22.6.2011
FKA Abschlusstag
Der Beschwerdeführer war besoldungsrechtlich zu Beginn seiner Seminare in der NÖ Gehaltsklasse 11, Stufe 6, eingereiht, ab dem Konsum seiner Prüfungsurlaube in Stufe 7 und ab der Ausbildung vom 15. September 2010 in der NÖ Gehaltsklasse 13, Stufe 7.
Sämtliche Ausbildungseinheiten wurden von der Abteilung Landesamtsdirektion/Verwaltungs- und Bildungsmanagement des Amtes der NÖ Landesregierung organisiert, die auch für den Sachaufwand aufkam. In diesem Sachaufwand sind unter anderem die Kosten der Lehrbehelfe sowie allfällige Miet-, Übernachtungs-, Verpflegungskosten und Honorare für allfällige externe Vortragende enthalten. Zur Vereinfachung der internen und externen Abrechnung werden die einzelnen Ausbildungsveranstaltungen seitens der genannten Abteilung nach Aufwandsklassen kategorisiert und wird der Sachaufwand pauschal je Teilnehmer kostendeckend festgesetzt. Die jeweilige Pauschale wird gegenüber Landesbediensteten und externen Teilnehmern in gleicher Höhe veranschlagt. Die Pauschale beträgt bei der Führungskräfteausbildung (FKA) in Summe EUR 4.800,-
, beim Seminar "Meine Person und der Kontakt zu anderen" in Summe EUR 300,- und bei allen übrigen Seminaren EUR 60,- pro Tag.
Seitens der Abteilung Landesamtsdirektion/Verwaltungs- und Bildungsmanagement des Amtes der NÖ Landesregierung werden die Kandidaten zur Dienstprüfung dazu angehalten, die einschlägigen Vorbereitungsveranstaltungen möglichst vollständig zu besuchen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Teilnahme des Beschwerdeführers an einer oder mehrerer der aufgezählten Fortbildungsveranstaltungen mit Weisung verfügt worden wäre.
Dem Land NÖ entstanden durch diese Sonderurlaube unter Nichtberücksichtigung der Dienstgeberbeiträge folgende Kosten, denen keine Arbeitsleistung des Beschwerdeführers an der Dienststelle gegenüber stand:
Bezüge:
EUR 6.019,86
Anteilige Seminarkosten:
EUR 5.880,-
Die Aliquotierung dieser Gesamtsumme erfolgte im angefochtenen Bescheid nach Kalenderjahressummen um jährlich jeweils 20%."
8 Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht u. a. aus, die Feststellungen zur bestrittenen Höhe der anteiligen Seminarkosten beruhten auf der glaubwürdigen und schlüssigen Aussage des Vertreters der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung, der zwar deren Berechnung nicht selbst vornehme, jedoch nachvollziehbar habe darlegen können, dass die veranschlagten Pauschalen einerseits erheblich zur Verwaltungsvereinfachung im Rechnungswesen beitrügen und andererseits aufwandsabhängig kategorisiert seien. Vor diesem Hintergrund erschienen die zur Verrechnung gelangten Pauschalen als durchschnittlich kostendeckend durchaus plausibel.
9 Nach Darstellung der anzuwendenden Rechtslage begründete das Landesverwaltungsgericht ausführlich, weshalb eine Verfassungswidrigkeit des § 94 NÖ LBG nicht vorliege. Weiters führte es aus, der Revisionswerber könne sich nicht erfolgreich auf die Unverwertbarkeit der Ausbildungen "auf dem freien Markt" berufen , weil er einerseits von einem öffentlichen Dienstgeber zu einem anderen öffentlichen Dienstgeber gewechselt habe und es daher lediglich um die - allenfalls entscheidungswesentliche - Verwertbarkeit innerhalb des öffentlichen Dienstes unterschiedlicher Gebietskörperschaften gehen könne und andererseits er die - auf Grundlage der unter Lohnfortzahlung vom Land absolvierten Grundausbildung - erfolgreich abgelegte Dienstprüfung insofern habe verwerten können und müssen, als er nur durch diese Dienstprüfung die für seine Ernennung zum Verwaltungsrichter gesetzlich zwingend vorausgesetzte Vorbildung (siehe § 3 Abs. 3 Z 4 lit. a des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien, LGBl. Nr. 83/2012) bei seinem neuen Dienstgeber nachzuweisen vermocht habe.
10 Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof zur vergleichbaren Rechtslage des § 20 Abs. 4 BDG 1979 ausgesprochen, der Umstand, dass der Revisionswerber die Ausbildung, deren Kosten zu ersetzen seien, im neuen Arbeitsverhältnis gar nicht habe nutzen können, den Ersatz der Ausbildungskosten nicht auszuschließen vermöge (Hinweis auf VwGH 30.3.2011, 2007/12/0066). Der Oberste Gerichtshof habe zur vergleichbaren Rechtslage des § 30 Vertragsbedienstetengesetzes 1948 (VBG) ausgesprochen, dass außer Betracht bleibe, ob die Ausbildung bei anderen (privaten) Arbeitgebern verwendet werden könne (Hinweis auf OGH 8.3. 2001, 8 ObA 210/00s). Daraus ergebe sich direkt, dass der Revisionswerber die Dienstprüfung tatsächlich verwertet habe. Dass die Vorbereitungskurse zur Dienstprüfung oder der gewährte Prüfungsurlaub zu deren erfolgreicher Absolvierung nichts beigetragen hätten, habe der Revisionswerber nicht behauptet. Dass die Führungskräfteausbildung bei seinem neuen Dienstgeber wiederum nicht "verwertbar" sei, ändere gemäß der zitierten Rechtsprechung nichts an der Verpflichtung zum aliquoten Ersatz der Kosten.
11 Alle verfahrensrelevanten Rückforderungsgegenstände stellten als auf Antrag gewährte Sonderurlaube jeweils gesetzliche Rückforderungstatbestände im Sinne des § 94 NÖ LBG dar. Ein Härtefall im Sinne des Abs. 3 Z 2 leg.cit. liege im Hinblick auf das beträchtliche Bruttoeinkommen des Revisionswerbers eindeutig nicht vor.
12 Eine Aliquotierung in Jahresschritten sei vom Obersten Gerichtshof als zulässig anerkannt worden (Hinweis auf OGH 28.6.2011, 9 ObA 74/11i). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Dienstgeber mangels gesetzlicher Regelung über eine Aliquotierung eine solche im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dennoch vorzunehmen (Hinweis auf VwGH 30.3.2011, 2007/12/0066). Die konkret vorgenommene rechnerische Methode der Aliquotierung in Form einer jährlichen Reduktion der Kalenderjahressummen für die im jeweiligen Kalenderjahr abgeschlossenen Ausbildungen mit deren jeweils letztem Teil um jeweils ein Fünftel erscheine im Lichte der zitierten Rechtsprechung jedenfalls sachgerecht.
13 Den Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision begründete das Landesverwaltungsgericht mit dem Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG.
14 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juni 2015, E 159/2015-14, ablehnte und sie unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
15 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
16 Die belangte Behörde beantragte in der erstatteten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
17 § 94 NÖ Landes-Bedienstetengesetz, LGBl. 2100 in der hier anwendbaren Stammfassung LGBl. 2100-0, (NÖ LBG) lautete:
"§ 94
Aus- und Weiterbildungskosten
(1) Im Fall des Endens des Dienstverhältnisses haben
1. Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis durch einverständliche Lösung, Kündigung oder vorzeitige Auflösung
2. beamtete Bedienstete, deren Dienstverhältnis durch Austritt, Entlassung oder gemäß § 83 Abs. 1 Z. 5
endet, dem Land NÖ die bis zum Beendigungszeitpunkt aufgewendeten Aus- und Weiterbildungskosten zu ersetzen, wenn diese den Betrag von EUR 2.500,- übersteigen.
(2) Bedienstete, die die Aus- und Weiterbildung ohne triftigen Grund abbrechen, haben die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Aus- und Weiterbildungskosten zu ersetzen. Dies gilt auch für Bedienstete, die die erfolglose Beendigung der Aus- und Weiterbildung zu vertreten haben.
(3) Der Ersatz der Aus- und Weiterbildungskosten entfällt bei Bediensteten,
1. deren Dienstverhältnis mehr als fünf Jahre nach der Beendigung der Aus- und Weiterbildung oder des letzen Aus- und Weiterbildungsmoduls geendet hat; Ausbildungsteile, die in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen, enden mit ihrem letzten Teil,
2. bei denen die Rückerstattung ausnahmsweise eine unbillige Härte darstellt, wobei das Land den Rückersatz teilweise oder zur Gänze nachsehen kann,
3. deren privatrechtliches Dienstverhältnis
a) vom Land NÖ aus den im § 88 Abs. 2 Z. 2, 5 und 9 angeführten Gründen beendet wurde,
b) durch begründeten vorzeitigen Austritt beendet wurde,
4. die innerhalb von sechs Jahren nach der Geburt
a)
eines eigenen Kindes,
b)
eines allein oder gemeinsam mit dem Ehegatten an Kindes Statt angenommenen Kindes oder
c) eines in unentgeltliche Pflege übernommenen Kindes, das im Zeitpunkt des Ausscheidens noch lebt,
freiwillig aus dem Dienstverhältnis ausscheiden.
(4) Die zu ersetzenden Aus- und Weiterbildungskosten setzen sich zusammen aus:
1. dem Bruttobezug einschließlich Sonderzahlungen, ohne Dienstgeberbeiträge in jenem Ausmaß, in dem die Aus- und Weiterbildung durch Freistellung von der Dienstleistung unter Fortzahlung der Bezüge ermöglicht wurde,
2.
den Kurs-, Schulungs- und Seminarkosten,
3.
dem Fahrtkostenersatz,
4.
den Lehrmittelkosten,
5.
den Reisegebühren,
6.
sonstigen Aus- und Weiterbildungskosten, die vom Land NÖ ersetzt, zur Verfügung gestellt oder aufgewendet wurden.
(5) Bei der Berechnung der Frist nach Abs. 3 Z. 1 sind Zeiten eines Karenz- oder Sonderurlaubs unter Entfall der Bezüge, mit Ausnahme eines Karenzurlaubs nach dem Mutterschutzgesetz, BGBl. Nr. 1979/221, dem NÖ Mutterschutz-Landesgesetz, LGBl. 2039, oder dem NÖ Vater-Karenzurlaubsgesetz 2000, LGBl. 2050, nicht zu berücksichtigen.
(6) Der Anspruch auf Ersatz der Aus- und Weiterbildungskosten verjährt nach drei Jahren ab der Auflösung des Dienstverhältnisses."
18 Im Motivenbericht wurde zu dieser Bestimmung ausgeführt:
"Die Verpflichtung zur Rückerstattung der vom Land NÖ als Dienstgeber getragenen Aus- und Weiterbildungskosten, die oftmals zu einer höheren Qualifikation des Bediensteten führen, soll verhindern, dass das Land NÖ die Aus- und Weiterbildungen der Bediensteten finanziert und diese dann nach Absolvierung der Ausbildung das Dienstverhältnis auflösen, um das erworbene Wissen einem anderen Dienstgeber anzubieten.
Um sicherzustellen, dass Investitionen in eine höhere Qualifikation der Bediensteten auch wieder dem Land NÖ - zumindest für eine bestimmte Zeit (5 Jahre) - zu Gute kommen, wird eine Rückerstattungsverpflichtung der gesamten Aus- und Weiterbildungskosten vorgesehen, wenn das Dienstverhältnis durch den Bediensteten oder aus diesem zurechenbaren Gründen aufgelöst wird.
..."
19 Mit der am 30. Dezember 2014 ausgegebenen Novelle
LGBl. 2100-17 wurde § 94 Abs. 1 NÖ LBG dahin geändert, dass er
lautet:
"§ 94
Aus- und Weiterbildungskosten
(1) Im Fall des Endens des Dienstverhältnisses haben
1. Vertragsbedienstete, deren Dienstverhältnis durch einverständliche Lösung, Kündigung oder vorzeitige Auflösung
2. beamtete Bedienstete, deren Dienstverhältnis durch Austritt, Entlassung oder gemäß § 83 Abs. 1 Z 5 und 6
endet, dem Land NÖ die bis zum Beendigungszeitpunkt aufgewendeten Aus- und Weiterbildungskosten zu ersetzen, wenn diese den Betrag von EUR 2.500,- übersteigen. Der Ersatz der Aus- und Weiterbildungskosten reduziert sich pro vollendetem Kalendermonat des Dienstverhältnisses nach dem jeweiligen Monat der Beendigung der Ausbildung um ein Sechzigstel. Besteht die Ausbildung aus mehreren in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehenden Teilen, reduzieren sich die Aus- und Weiterbildungskosten mit Enden des letzten Teiles."
20 Im Motivenbericht zu dieser Novelle wurde u.a. Folgendes ausgeführt:
"Angelehnt an diese Bestimmungen des Bundes (vgl. § 20 BDG 1979 und § 30 VBG) soll in den vergleichbaren Landesbestimmungen dieser Rechtsprechung durch eine explizite klarstellende Anordnung einer Aliquotierung des Aus- und Weiterbildungskostenrückersatzes entsprechend der im Dienstverhältnis zurückgelegten Zeit (Berechnung nach Monaten) Rechnung getragen werden. Mit dem Abstellen auf Kalendermonate soll der Verwaltungsökonomie dahingehend Rechnung getragen werden, als sich die zu ersetzenden Aus- und Weiterbildungskosten jeweils um ein Sechzigstel pro vollendeten Monat ab dem den Abschluss der jeweiligen Aus- und Weiterbildung folgendem Monatsersten reduzieren."
21 Zur Zulässigkeit der Revision wurde ua vorgebracht, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage vor, in welchen Zeitabständen die Aliquotierung der Aus- und Weiterbildungskosten (offenbar gemeint nach der Stammfassung des § 94 Abs. 1 NÖ LBG) zu erfolgen habe. Schon damit wird die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt.
22 Sie ist auch berechtigt.
23 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. März 2011, 2007/12/0066 = VwSlg 18097A/2011, zu § 20 Abs. 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) bereits ausgesprochen, dass die Kosten einer Ausbildung unabhängig davon zu ersetzen sind, ob der Beamte verpflichtet war, diese Ausbildung zu durchlaufen oder er dazu hätte verpflichtet werden können. Wenn in der Revision darauf hingewiesen wird, dass gemäß der bundesgesetzlichen Bestimmung des § 20 Abs. 4 und Abs. 4a BDG 1979 und landesgesetzlichen Vorschriften (§ 187a Abs. 3 des Gesetzes über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark, § 75a Abs. 1 letzter Satz Tiroler Landesbedienstetengesetz, § 21 Abs. 4 und Abs. 4a Burgenländisches Landesbeamten-Dienstrechtsgesetz, § 14 Abs. 5 Z 4 Oberösterreichisches Landesbeamtengesetz und § 4e Abs. 4 Salzburger Landes-Beamtengesetz) jeweils der Ersatz der Kosten der Grundausbildung ausgeschlossen sei, so spricht der Umstand, dass in § 94 NÖ LBG angeordnet wird, dass die bis zum Beendigungszeitpunkt aufgewendeten Aus- und Weiterbildungskosten - ohne eine Einschränkung - zu ersetzen sind, dafür, dass nach der zuletzt genannten Bestimmung auch die Kosten der Grundausbildung zu ersetzen sind.
24 Mangels Einschränkung der ersatzfähigen Weiter- und Ausbildungskosten in § 94 Abs. 1 NÖ LBG ist - entgegen dem Revisionsvorbringen - nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht entscheidungswesentlich, ob der Beamte verpflichtet war, die Ausbildung zu durchlaufen, ob er dazu hätte verpflichtet werden können, oder ob die Ausbildung ausschließlich auf Wunsch und im Interesse des Dienstgebers absolviert wurde.
25 Was den dem Revisionswerber vor Ablegung der Dienstprüfung gewährten Prüfungsurlaub anbelangt, ist festzuhalten, dass gemäß § 94 Abs. 4 Z 1 NÖ LBG zu den Aus- und Weiterbildungskosten auch der Bruttobezug einschließlich Sonderzahlungen, ohne Dienstgeberbeiträge, in jenem Ausmaß gehört, in dem die Aus- und Weiterbildung durch Freistellung von der Dienstleistung unter Fortzahlung der Bezüge ermöglicht wurde. Der Revisionswerber war unstrittig in der Zeit des Prüfungsurlaubes vom Dienst freigestellt und erhielt sein Gehalt. Im Prüfungsurlaub war es ihm möglich, sich das für die Ablegung der Dienstprüfung erforderliche Wissen im Selbststudium anzueignen, sodass ihm die Weiterbildung im Sinne von § 94 Abs. 4 Z 1 NÖ LBG ermöglicht wurde. Der Prüfungsurlaub zählt daher zu den Aus- und Weiterbildungskosten im Sinne des § 94 Abs. 4 NÖ LBG.
26 Die Revision erweist sich daher betreffend diese Rechtsfragen als nicht erfolgreich.
27 Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des § 94 Abs. 1 NÖ LBG sind dem Land Niederösterreich nur die bis zum Beendigungszeitpunkt "aufgewendeten" Aus- und Weiterbildungskosten zu ersetzen. Entgegen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes sind daher gemäß § 94 Abs. 1 NÖ LBG nicht zur Verwaltungsvereinfachung im Rechnungswesen aufwandsabhängig kategorisierte Aus- und Weiterbildungskosten zu ersetzen. Es hätten daher im angefochtenen Erkenntnis, worauf die Revision zutreffend hinweist, die konkret für den Revisionswerber vom Land Niederösterreich aufgewendeten Aus- und Weiterbildungskosten festgestellt werden müssen. Hatte das Land Niederösterreich etwa Vortragenden (Beamten des Landes oder externen Vortragenden) Beträge für deren Leistungen zu entrichten oder Aufwendungen zu ersetzen, so wären zum Beispiel diese aliquot nach der Anzahl der Teilnehmer gemäß § 94 Abs. 1 NÖ LBG zu ersetzen.
28 Der Revisionswerber bringt weiters vor, die von ihm absolvierte Führungskräfteausbildung sei vollkommen wertlos gewesen, es seien lediglich Binsenwahrheiten vorgetragen worden. Dazu ist auszuführen, dass die Kosten einer Veranstaltung lediglich dann nicht ersatzfähig wären, wenn das Vorgetragene als derart inhaltsleer einzustufen wäre, dass von einer Aus- oder Weiterbildung nicht gesprochen werden könnte. Es wären daher im Revisionsfall Feststellungen zum Inhalt der Führungskräfteausbildung zu treffen gewesen.
29 Zutreffend wurde im angefochtenen Erkenntnis und auch von den Parteien vor dem Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die zu ersetzenden Aus- und Weiterbildungskosten auch nach § 94 Abs. 1 NÖ LBG idF vor der Novelle LGBl. Nr. 2100-17 zu aliquotieren sind (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 2011 zu einer ähnlichen Bundesrechtslage). Zutreffend wird in der Zulassungsbegründung der Revision auch ausgeführt, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vorliegt, auf welche Zeitabschnitte (Jahre oder Monate) dabei abzustellen ist.
30 Das Landesverwaltungsgericht stützte die von ihm als sachgerecht angesehene jährliche Aliquotierung auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 28. Juni 2011, 9ObA 74/11i. Diese Entscheidung ist aber für den Revisionsfall nicht aussagekräftig, weil der Oberste Gerichtshof sich dort mit der Frage der Sittenwidrigkeit einer vertraglichen Vereinbarung über den Ersatz von Ausbildungskosten auseinander zu setzen hatte. Diese Frage stellt sich jedoch im Revisionsfall nicht, in dem die Ersatzfähigkeit der Aus- und Weiterbildungskosten gemäß § 94 Abs. 1 NÖ LBG zu beurteilen ist. Dasselbe gilt im Übrigen ganz überwiegend auch für die umfangreiche, in der Revision zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofes.
31 Soweit ersichtlich wurde nach § 20 Abs. 4 BDG 1979 idF vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 140/2011 von den Verwaltungsbehörden jeweils ein monatlicher Ausbildungskostenersatz vorgenommen (vgl. z.B. das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom 30. März 2011). Dafür spricht nicht zuletzt, dass im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis die Auszahlung des Gehalts (auch des gemäß § 94 Abs. 4 Z 1 NÖ LBG ersatzfähigen Gehalts) monatlich erfolgt. Mit der - im Revisionsfall wegen späteren Inkrafttretens nicht anwendbaren - Novelle 2100-17 hat der Niederösterreichische Landesgesetzgeber in § 94 Abs. 1 NÖ LBG ausdrücklich vorgesehen, dass der Ersatz der Aus- und Weiterbildungskosten sich pro vollendetem Kalendermonat des Dienstverhältnisses nach dem jeweiligen Monat der Beendigung der Ausbildung um ein Sechzigstel reduziert. In dem oben wiedergegebenen Motivenbericht zu dieser Novelle wurde ausdrücklich ausgeführt, dass es sich dabei um eine klarstellende Anordnung handelt, mit der der Verwaltungsökonomie Rechnung getragen werden soll. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet bei umfassender Betrachtung eine monatliche Aliquotierung als sachgerecht.
32 Indem das Landesverwaltungsgericht die Rechtslage mehrfach verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis wiederholt mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
33 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 9. Mai 2018
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Besondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015120031.L00Im RIS seit
12.06.2018Zuletzt aktualisiert am
19.11.2018