TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/4 VGW-141/010/11820/2017

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Veröffentlicht am 04.09.2017
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Entscheidungsdatum

04.09.2017

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien

Norm

B-VG Art 15a
WSHG §44 Abs1
WSHG §44 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Gindl über die Beschwerde des Landes Burgenland, vertreten durch Amt der Burgenländischen Landesregierung, Abteilung 6 - Soziales und Gesundheit, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Stabsstelle Sozialrechtlicher Support, vom 14.07.2017, Zahl: MA 40-SRS-440-414/17, wegen Kostenersatz des Landes Wien, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 40 (belangte Behörde) vom 14.07.2017, MA 4 – SRS - 440.414/17 wurde ausgesprochen, dass eine Verpflichtung des Landes Wien zum Ersatz der Kosten des Landes Burgenland, die durch Gewährung von Hilfe durch Übernahme der Kosten für die Unterbringung von Frau M. X., geb. am …, im Pflegeheim S., seit 01.04.2017 entstanden sind, gemäß § 44 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 WSHG, Art. 1, Art. 2, Art. 3 der Vereinbarung über Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe nicht besteht. Begründend wurde nach Wiedergabe der hier maßgeblichen Bestimmungen des WSHG ausgeführt, dass mit Bescheid der BH Eisenstadt Umgebung vom 10.04.2017, EU-SH-..., die Übernahme der Kosten für die Unterbringung der Frau X. in der Einrichtung S. ab 01.04.2017 gewährt worden sei. Frau X. sei vom 10.10.1973 bis 27.03.2017 mit Hauptwohnsitz in Wien und vom 10.12.1941 bis 27.03.2017 mit Nebenwohnsitz im Burgenland gemeldet gewesen und sei seit 27.03.2017 mit Hauptwohnsitz im Burgenland gemeldet. Laut den Ausführungen des Gatten von Frau X. stehe fest, dass sich diese im Zeitraum vor dem 01.04.2017 abwechselnd in Wien und Burgenland aufgehalten habe. Allein aus dem Umstand, dass Frau X. Miete und Energiekosten für ihre Wohnung in Wien bezahlt hat, könne nicht abgeleitet werden, dass sie sich während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe fünf Monate tatsächlich in Wien aufgehalten hat. Frau X. habe sich vom 06.12.2016 bis 09.12.2016 stationär im Krankenhaus in E. befunden. Dies zeige, dass sie nicht nur an den Wochenenden im Burgenland aufhältig gewesen ist. Insgesamt habe sich nicht ergeben, dass sich Frau X. während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens fünf Monate lang in Wien tatsächlich aufgehalten hat, da sie abwechselnd in Wien und Burgenland gewesen sei. Es sei daher die Kostenersatzpflicht mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 44 Abs. 3 WSHG zu verneinen gewesen.

Das Land Burgenland, vertreten durch das Amt der Burgenländischen Landesregierung, erhob dagegen mit Schriftsatz vom 09.08.2017 fristgerecht Beschwerde und beantragte, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2017 wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.07.2017 wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die erstinstanzliche Behörde zurückzuverweisen. Nach einer Sachverhaltsdarstellung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde zutreffend festgestellt habe, dass Frau X. im Zeitraum vom 10.10.1973 bis 27.03.2017 mit Hauptwohnsitz in Wien und vom 10.12.1942 bis 27.03.2017 mit Nebenwohnsitz im Burgenland gemeldet gewesen sei. Nicht gefolgt werden könne der Schlussfolgerung, dass (alleine) aufgrund der Aussage des Ehegatten darauf geschlossen werden könne, dass die Betroffene ihren gewöhnlichen Aufenthalt gleichermaßen in Wien und Burgenland gehabt habe. Bei dem Nebenwohnsitz im Burgenland handle es sich um eine Feriensiedlung und könne nach der allgemeinen Lebenserfahrung gesagt werden, dass der Aufenthalt in einer Feriensiedlung für gewöhnlich – im Gegensatz zum Aufenthalt am Hauptwohnsitz – nur vorübergehend ist. Diesbezüglich werde auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.03.1992, GZ: 87/14/0096 verwiesen, wonach das Tatbestandsmerkmal „gewöhnlicher Aufenthalt“ körperliche Anwesenheit verlange. Die Umstände müssen ferner dafür sprechen, dass Anwesenheiten nicht nur vorübergehend sein sollen. Wenn die belangte Behörde vermeint, dass der Umstand des Krankenaufenthaltes von Frau X. im Dezember 2016, beginnend mit einem Wochentag, einen gewöhnlichen Aufenthalt mit Hauptwohnsitz in Wien ausschließe, sei entgegenzuhalten, dass der zwar der polizeilichen Meldung alleine darüber, ob eine Person an einem bestimmten Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, nur geringe Aussagekraft zukomme, der Umstand der Anmeldung und Abmeldung bei einer Änderung des tatsächlichen Aufenthaltes aber ein gewichtiges Indiz dafür sei, dass (zumindest) ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet werden soll (VwGH 16.06.1992, 92/11/0031). Aus dem Gegenstandsakt ergebe sich, dass Frau X. bis zu ihrem Aufenthalt im Pflegeheim S. ab dem 28.02.2017 in Wien mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei. Erst danach sei die Abmeldung für Wien und die Anmeldung des Hauptwohnsitzes im Burgenland per 27.03.2017 erfolgt. Aufgrund der Tatsache, dass die Hilfesuchende seit 28.02.2017 in E. untergebracht ist, liege deren Lebensmittelpunkt nunmehr seit diesem Zeitpunkt im Burgenland. Diese habe bis zu ihrer Unterbringung laufend Miet- und Energiekosten für ihre Wohnung in Wien bezahlt, was ein weiteres Indiz dafür sei, dass sich der tatsächliche Lebensmittelpunkt der Frau X. bis zu deren Unterbringung in Wien befunden habe. Insgesamt könne daher die Anspruchsvoraussetzung des zumindest fünfmonatigen Aufenthaltes während der letzten sechs Monate vor Hilfegewährung gemäß Art. 3 Abs. 1 der Ländervereinbarung-Sozialhilfe bejaht werden. Daraus folge, dass das Land Wien als Träger der Sozialhilfe im vorliegenden Fall zum Kostenersatz verpflichtet sei.

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 23.08.2017 die Beschwerde mit dem Bezug habenden Akt vor.

Hierzu hat das Gericht erwogen:

Das Gericht legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Frau M. X. war vom 10.10.1973 bis 27.03.2017 mit Hauptwohnsitz in Wien, vom 10.12.1941 bis 27.03.2017 mit Nebenwohnsitz im Burgenland und seit 27.03.2017 laufend mit Hauptwohnsitz im Burgenland gemeldet. Frau X. wurde am 28.02.2017 in der S. aufgenommen und befindet sich seit diesem Zeitpunkt in dieser S.. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 10.04.2017, Zahl: EU-SH/...wurde Frau X. ab dem 01.04.2017 die Übernahme der Kosten für die Unterbringung in der Einrichtung S. für die gesamte notwendige Aufenthaltsdauer gemäß §§ 2 Abs. 1, 4, 11 Abs. 1, 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1, 44 Abs. 4, 45 Abs. 1 Bgld. Sozialhilfegesetz 2000 genehmigt. Die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung ersuchte mit Schreiben vom 05.04.2017, eingelangt beim Fonds Soziales Wien am 10.04.2017, um Genehmigung des Ersatzes der aufzuwendenden Sozialhilfekosten für Frau X.

Dieser Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Akteninhalt in Verbindung mit dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift. Der Sachverhalt konnte sohin als erwiesen angesehen werden.

Hierzu folgt in rechtlicher Hinsicht:

Der Ländervereinbarung gemäß Art. 15a B-VG betreffend Kostenersatz in

Angelegenheiten der Sozialhilfe ist sowohl Wien als auch Burgenland beigetreten (für das Land Burgenland tritt die Vereinbarung infolge Kündigung mit Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft). Diese Ländervereinbarung bindet aber nur die vertragschließenden Länder selbst. Sollen daraus auch Normunterworfene (hier: Sozialhilfeträger) berechtigt oder verpflichtet werden, bedarf es einer Transformation in die Rechtsordnung des Landes, von dem ein Ersatz begehrt wird. Für die Beurteilung des gegenständlichen Falles sind somit alleine die einschlägigen Bestimmungen des Wiener Landesrechtes, gegenständlich des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG), maßgebend (vgl. VwGH vom 27.03.2012, 2010/10/2012 u.a.).

§ 44 WSHG regelt Folgendes:

(1) Das Land Wien hat den Trägern der Sozialhilfe anderer Länder die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen.

(2) Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfesuchenden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Sozialhilfe oder

b)

nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung BGBl. Nr. 54/1945, erwachsen.

(3) Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, ist das Land Wien zum Kostenersatz verpflichtet, wenn sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens fünf Monate lang in Wien aufgehalten hat und wenn das Land Wien nach den Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zu Grunde liegen, zu tragen hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Bei der Berechnung der Fristen haben außer Betracht zu bleiben:

a)

ein Aufenthalt im Ausland bis zur Dauer von zwei Jahren;

b)

der Aufenthalt in einer Anstalt oder in einem Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient;

c)

die Zeit der Unterbringung eines Minderjährigen unter 16 Jahren in fremder Pflege;

d)

die Zeit während welcher Sozialhilfe, öffentliche Jugenwohlfahrtspflege oder Behindertenhilfe gewährt wird, sofern eine derartige Maßnahme einen den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines Trägers überschreitenden Aufenthaltswechsel bedingt hat;

e)

bei Frauen ein Zeitraum von 302 Tagen vor der Entbindung.

2.

Wenn sich auf diese Weise für einen aus dem Ausland kommenden Hilfesuchenden ein zum Kostenersatz verpflichteter Träger nicht ermitteln läßt, so obliegt die Verpflichtung zum Kostenersatz dem Land Wien, wenn der Hilfesuchende in Wien geboren ist. Wurde der Hilfesuchende im Ausland geboren, so ist der Geburtsort des Vaters, bei unehelichen Kindern und bei Hilfesuchenden, deren Vater im Ausland geboren wurde, der Geburtsort der Mutter maßgebend.

3.

Wird einem unehelichen Kind bei der Geburt oder innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt Hilfe geleistet, so ist das Land Wien zum Kostenersatz verpflichtet, wenn es die Kosten einer Hilfe für die Mutter im Zeitpunkt der Entbindung zu ersetzen hat bzw. zu ersetzen hätte.

(4) Die Verpflichtung zum Kostenersatz dauert, solange der Hilfesuchende Anspruch auf Hilfe hat oder Hilfe empfängt, ohne Rücksicht auf einen nach dem Einsatz der Hilfe erfolgten Aufenthaltswechsel. Die Verpflichtung zum Kostenersatz endet, wenn mindestens drei Monate keine Hilfeleistung erbracht wurde.

(5) Das Land Wien als zum Kostenersatz verpflichteter Träger hat, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist, alle einem Träger im Sinne des Abs. 2 erwachsenden Kosten zu ersetzen. Nicht zu ersetzen sind:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

die Kosten für Leistungen, die im Rahmen der Privatrechtsverwaltung gewährt werden, sofern es sich nicht um Kosten im Sinne des Abs. 2 lit. b handelt;

b)

die Kosten für Aufwendungen im Einzelfall, die insgesamt die Höhe des Richtsatzes für Alleinunterstützte nicht übersteigen;

c)

die Kosten für Leistungen, die in diesem Gesetz in der Art nicht vorgesehen sind;

d)

allgemeine Verwaltungskosten;

e)

die Kosten, die sechs Monate vor der Anzeige nach Abs. 6 entstanden sind;

f)

die Kosten, die nicht innerhalb dreier Jahre ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Hilfeleistung erbracht wurde, anerkannt oder nach Abs. 7 geltend gemacht wurden;

g)

die Kosten, die der Träger, dem Kosten im Sinne des Abs. 2 erwachsen, vom Hilfesuchenden oder einem Dritten ersetzt erhält.

(6) Das Land Wien, dem im Sinne des Abs. 2 Kosten erwachsen, hat dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger die Hilfeleistung unverzüglich, längstens aber innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Hilfeleistung anzuzeigen und diesem hiebei alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitzuteilen. Desgleichen ist jede Änderung dieser Umstände längstens innerhalb von sechs Monaten mitzuteilen.

(7) Über die Verpflichtung des Landes Wien zum Kostenersatz hat im Streitfalle die Landesregierung im Verwaltungsweg zu entscheiden

Der Beschwerde des Landes Burgenland kommt schon aus folgendem Grunde keine Berechtigung zu:

Mit der Wortfolge „während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe“ in § 44 Abs. 3 WSHG ist ein Zeitraum umschrieben, der sechs Monate vor dem ersten Tag, für den die Leistung zuerkannt wird - gegenständlich vor dem 01. April 2017 – liegt (vgl. VwGH vom 31.03.2011, Zahl: 2010/10/0186 u.a.).

Auf Grund der eigenen Feststellungen der Beschwerdeführerin und sohin unstrittig hält sich Frau X. seit 28.02.2017 – somit bereits vor dem 01. März 2017 - nicht mehr in Wien, sondern im Burgenland (S.) auf. Somit hat sich Frau X. in den letzten sechs Monaten vor der mit 01. April 2017 beginnenden Gewährung der Hilfe nicht mindestens fünf Monate in Wien aufgehalten (vgl. VwGH vom 26.09.2011, 2010/10/0200).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher abzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision nicht zulässig, da keine

Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung; Transformation; Träger der Sozialhilfe; Kostenersatz; Ländervereinbarung; Gliedstaatsvertrag; Hilfesuchender

Anmerkung

VwGH v. 4.8.2018, Ra 2017/10/0186

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.010.11820.2017

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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