TE Lvwg Beschluss 2017/10/23 VGW-141/010/13141/2017

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Veröffentlicht am 23.10.2017
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Entscheidungsdatum

23.10.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WMG §7 Abs2
WMG §11 Abs1
VwGVG §28 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Gindl über die Beschwerde der Frau B. Bu. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Region ..., Sozialzentrum …, vom 14.08.2017, Zahl: MA 40 - SH/2017/1899963-001, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 (belangte Behörde) wurde der Antrag vom 2.6.2017 auf Zuerkennung einer Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs gemäß den §§ 4, 7, 8, 9, 10 und 12 iVm § 1, 2, 3 und 4 WMG-VO abgewiesen. Begründend wurde nach Wiedergabe von Bestimmungen der §§ 4, 7, 8, 9, 10, 12 und 14 WMG im Wesentlichen ausgeführt, dass Herr C. alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H. GmbH sei und diese seit 28.3.2017 selbstständig vertrete. Für die Firma I. KG sei Herr C. bis 22.3.2013 als Prokurist tätig gewesen und scheine nach Ausscheiden aus dieser Funktion nach wie vor als Kommanditist auf. Die Adresse Wien, S.-straße sei sowohl Geschäftsanschrift der I. KG als auch der Firma H. GmbH. und werde die Miete für diese Räumlichkeiten und diverse weitere Zahlungen (monatliche Überweisungen an A1-Telekom Austria AG, Bestellung von Büromaterial,…) monatlich von Herrn C.s Konto bezahlt. Sowohl die H. GmbH als auch die I. GmbH fallen unter den Geschäftszweig Unternehmens- und Finanzberatung und seien auf C.s Kontoauszüge diverse Gutschriften ersichtlich, bei denen davon auszugehen sei, dass sie im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbereich Unternehmens- und Finanzberatung stehen. Weiters werden regelmäßige Bareinlagen auf dieses Konto getätigt, zu deren Herkunft keine näheren Äußerungen gemacht worden seien. Auch auf dem Konto von Frau Bu. seien regelmäßige Eingänge ersichtlich und scheine auch eine Einzahlung von 300,00 Euro zu Gunsten eines Anlagekontos auf, obwohl Frau Bu. laut ihren Angaben am Antragsformular über keinerlei Vermögen verfüge. Frau Bu. sei im Zeitraum 27.5.2016 bis 10.5.2017 nicht zur Arbeitssuche beim AMS-Service vorgemerkt gewesen, Herr C. sei zuletzt bis 31.8.2014 arbeitssuchend vorgemerkt gewesen. Herr C. und Frau Bu. haben zusammen mit ihren gemeinsamen Kindern ihren Hauptwohnsitz in Wien, G.-gasse. Es sei zwar eine Unterhaltsvereinbarung für die gemeinsamen Kinder vorgelegt worden, auf den Kontoauszügen seien allerdings keine entsprechenden Einträge ersichtlich. Aufgrund der Wohnungsgröße (86,72m2) und der familiären Verhältnisse sei weiterhin von einer Lebens- oder zumindest Wirtschaftsgemeinschaft auszugehen. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass durch eine unselbstständige Erwerbstätigkeit der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft gesichert ist und habe die Mindestsicherung nicht den Zweck, unzureichende und schwankende Beträge im Rahmen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit auszugleichen. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Frau Bu. erhob dagegen mit Schreiben vom 11.9.2017 fristgerecht Beschwerde und beantragte die Aufhebung des Bescheides vom 14.8.2017 und Gewährung der Mindestsicherung ab Mai 2017. Begründend führte die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass die H. GmbH weder eine Gewerbeberechtigung besitze, noch eine Steuernummer habe und die GmbH nicht aktiv sei. Bei der Firma I. KG sei die Position als Kommanditist nicht aktiv und sei der Anteil des Herrn C. 1% und beziehe dieser von der I. keine Einkünfte. Bei der … KG seien keine wirtschaftlichen Tätigkeiten vorhanden und sei das Gewerbe seit 2013 ruhend gemeldet. Die Überweisungen vom Konto des Herrn C. seien Privatsache und unterliegen dem Datenschutz. Die Bareinlagen auf ihrem Konto seien keine Einkünfte, diese seien Unterstützungsgelder von Familienmitgliedern für die Abdeckung ihrer Ausgaben. Die Räumlichkeiten „lauten auf Hr. C. er wurde Amtswegige Meldeunterkunft als Nebenwohnsitz bei der Adresse Wien, G.-gasse gemeldet“, obwohl er bei ihr nicht gewohnt habe. Ihre Eltern und Brüder helfen ihr bei der Bezahlung der Miete und werde diese dann von Herrn C. überwiesen. Die Wohnungsgröße sei kein Thema, diese sei ihr damals von Wiener Wohnen zuerkannt worden und habe sie in der Zwischenzeit um eine kleinere Wohnung angesucht.

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 14.9.2017 die Beschwerde mit dem bezughabenden Akt vor.

Hierzu hat das Gericht erwogen:

Die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Beschwerdeführerin, Herrn C. und ihren drei gemeinsamen minderjährigen Kindern bezogen - zuletzt zuerkannt mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 30.5.2017, MA 40 – SH/2017/... - Mindestsicherungsleistungen vom 16.3.2017 bis 30.6.2017. Die Bedarfsgemeinschaft stellte am 2. Juni 2017 einen Folgeantrag auf Zuerkennung von Mindestsicherungsleistungen. Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass davon auszugehen sei, dass Herr C. einer selbstständigen Tätigkeit nachgehe und daraus Einkünfte beziehe, dass auf dem Konto der Beschwerdeführerin regelmäßige Eingänge ersichtlich seien und diese offenbar auch über Vermögen verfüge, da auf dem Kontoauszug eine Einzahlung über 300,00 Euro zugunsten eines Anlagenkontos ersichtlich sei. Es sei daher davon auszugehen, dass durch die selbstständige Erwerbstätigkeit der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft gesichert ist. Dem stehen die Angaben der Beschwerdeführerin entgegen, dass Herrn C. keinerlei Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit beziehe und es sich bei den Einzahlungen auf ihrem Konto um Unterstützungszahlungen von Familienangehörigen handle und Herr C. tatsächlich nicht bei ihr gewohnt habe.

Ausgehend von der (unrichtigen) Rechtsansicht, dass im Fall des Vorliegens einer selbstständigen Erwerbstätigkeit davon auszugehen ist, dass der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft dadurch gesichert ist, hat es die belangte Behörde unterlasen Ermittlungen dazu anzustellen, ob der Beschwerdeführer überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, die Einkünfte abwirft, obwohl der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 21.1.2015, 2013/10/0235, festgestellt hat, dass zur Klärung der „Hilfsbedürftigkeit“ konkrete Feststellungen über die Höhe eines allenfalls aus selbstständiger Tätigkeit erzielten Einkommens zu treffen sind. Diesem Erkenntnis lag eine Entscheidung der belangten Behörde zugrunde, sodass davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde in Kenntnis dieser Entscheidung ist. Des Weiteren sind Ermittlungen dahingehend anzustellen, woher die Eingänge auf dem Konto der Beschwerdeführerin bzw. des Herrn C. stammen, zumal, wenn es sich bei den Eingänge auf dem Konto der Beschwerdeführerin tatsächlich um freiwillige Unterstützungen von Familienangehörigen handelt, dies unter dem Gesichtspunkt des § 11 Abs. 1 Z 3 WMG zu prüfen wäre. Auch sind Ermittlungen darüber anzustellen, ob die Beschwerdeführerin – wie von der belangten Behörde vermutet – tatsächlich über ein Vermögen in Form eines Anlegekontos verfügt. Schlussendlich wäre auch noch zu klären, ob zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn C. eine Lebensgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 2 Z 2 WMG besteht oder Herr C. - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - an der Wohnadresse der Beschwerdeführerin nur gemeldet ist, sich dort tatsächlich aber nicht aufhält; Indiz dafür ist, dass die Beschwerdeführerin um eine kleinere Wohnung angesucht hat. Wenn Herr C. tatsächlich nicht mit der Beschwerdeführerin zusammen wohnt, wäre auch zu klären, ob er seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern nachkommt.

Da sohin im gegenständlichen Fall umfassende Sachverhaltsermittlungen vorzunehmen sind und die Feststellung des diesbezüglich relevanten Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht weder im Interesse der Rasche gelegen, noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, war der Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Mindestsicherung; Bedarfsgemeinschaft; Erwerbstätigkeit, selbständige; Hilfsbedürftigkeit; Ermittlungen, fehlende; Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.010.13141.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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