Entscheidungsdatum
14.05.2018Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §366 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Dollenz über die Beschwerde des Ing. AA, Z, Adresse 1 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.05.2017, ****, betreffend Übertretung nach der Gewerbeordnung aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Nachstehendes zur Last gelegt:
„Am 14.02.2017 wurde Herr Ing. AA in X, Adresse 2, um 10:00 Uhr im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei bei der Sanierung und beim teilweisen Umbau eines Einfamilienhauses betreten. Diese Arbeiten führte Herr Ing. AA aus ohne im Besitz der notwendigen Gewerbeberechtigung zu sein.
Aus diesem Grund haben Sie eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 begangen.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 wird gegen Sie eine Geldstrafe in Höhe von EUR 400,- verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen.
Ferner haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz EUR 40,00 zu bezahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher EUR 440,00.“
Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 23.06.2017 zugestellt.
Innerhalb offener Frist wurde nachangeführte Beschwerde erhoben:
„S.g. Frau Mag. BB!
Wie soeben tel. besprochen erhalten sie meine Beschwerde in Bezug auf die Straferkenntnis einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 1
Die in dem Schreiben angeführten Arbeiten wurden nie durch mich ausgeführt.
Es war nie meine Baustelle und ich hatte zu diesem Zeitpunkt auch keinen Auftrag einen Umbau und oder dgl. vorzunehmen.
Das Haus wurde durch meinen Freund vor vielen Jahren selbst in diese Zustand gebracht.
Die von mir und meinem Freund verrichteten Arbeiten bezogen sich ausschließlich auf das Ausbreiten von ca. 2 m3 Sand und das Auslegen von ca. 20 m2 Dämmplatten und Folie (dies bedarf keinerlei besonderer Kenntnisse).
Diese Tätigkeiten wurden in meiner Freizeit und teilweise mit meinem Freund gemeinsam ausgeführt.
Eine Bezahlung im Sinne einer Rechnung in Verbindung mit einem Auftrag u. o. dgl. gab es nicht, da der an mich bezahlte Betrag von 200 € ausschließlich für Benzinkosten, Jause und benötigtes Werkzeug war, ist dies auch kein Vergehen, sondern nur ein Unkostenbeitrag.
Daher verstehe ich die Straferkenntnis nicht, und verlange wie bereits mehrfach geschrieben die Einstellung und die Widergutmachung bei der PI X.
Ich bin kein Verbrecher sondern ein 47 jähriger Familienvater mit fleißigem und ordentlichem Werdegang, das sie an meinen Ausbildungen mit Meister sowie Diplomprüfungen erkennen können.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme, verbleibe ich
MfG
AA“
Infolge der erhobenen Beschwerde wurde am 26.04.2018 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Y mit der Zl **** sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers und des Herrn CC als Zeuge aufgenommen wurde.
Infolge des durchgeführten Beweisverfahrens steht nachstehender entscheidungswesentliche Sachverhalt fest:
Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass von der PI X eine Anzeige der Finanzpolizei Team DD an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt wurde, wonach der Beschwerdeführer am 14.02.2017 von der Finanzpolizei kontrolliert und dabei festgestellt werden konnte, dass er das Baumeistergewerbe unbefugt ausübe.
Dem Schreiben war eine Anzeige der Finanzpolizei beigelegt, in der die Rede davon ist, dass der Beschwerdeführer am 14.02.2017 in X, Adresse 2 betreten wurde. Dort befindet sich ein älteres Einfamilienhaus, das von AA komplett saniert und teilweise umgebaut werde. Für diese Tätigkeit sei AA nicht im Besitz einer gültigen Gewerbeberechtigung. Der Beschwerdeführer sei während der Amtshandlung äußerst ungehalten gewesen.
Dieser Anzeige ist eine Kopie eines Fotos, auf dem der Beschwerdeführer mit einer Schaufel und Sand ersichtlich ist, beigelegt
Der Anzeiger ist ein Auszug aus der Gewerbeberechtigung, wonach der Beschwerdeführer seit 01.11.2014 in Besitz des freien Gewerbes Bauwerksabdichter (Abdichter gegen Feuchtigkeit, Druckwasser und Zugluft, Schwarzdecker) ist, angeschlossen.
Ferner verfügt er über die Gewerbeberechtigung des Denkmals-, Fassaden- und Gebäudereinigung gemäß § 94 Z 13 GewO 1994.
In einem Kurzbrief der Landespolizeidirektion Tirol wurde mitgeteilt, dass die Baustelle am 14.02., 15.02. sowie 16.02. kontrolliert wurde. Zu keinem Zeitpunkt konnte der Beschwerdeführer angetroffen werden. Die Baustelle war augenscheinlich unverändert.
An den Beschwerdeführer wurde am 07.04.2017 eine Strafverfügung zugestellt, gegen die ein Einspruch erhoben wurde.
In dieser Strafverfügung verweist der Beschwerdeführer auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 04.04.2017, wonach der Bezirkshauptmannschaft Y als Gewerbebehörde nach § 33 Abs 1 gemäß § 19 GewO festgestellt wird, dass durch die beigebrachten Beweismittel festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer die für die „Ausübung des Gewerbes Baugewerbetreibender dass eingeschränkt auf Neu- und Umbauten sowie Erhaltungs- und Entstandsetzungsmaßnahmen baulichen Anlagen bis zu maximal einer Größe von 200 m²“ erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen nachgewiesen wurden und er somit die individuelle Befähigung für dieses Gewerbe besitzt.
Am 18.05.2017 wurde von Seiten der Finanzpolizei mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen wurde. Auf der Baustelle in X habe er betoniert und habe es keinen schriftlichen Auftrag gegeben. Als Beilage wird ein schriftliches Angebot für eine Baustelle in Y wo der Beschwerdeführer tätig gewesen sei, übermittelt. Daraus lasse sich entnehmen, was er anbietet und durchführt.
Bei dem Anbot handelt es sich um ein Anbot für Baumeisterarbeiten Wohnhaus E (ohne Datum), welches Herrn E per E-Mail am 09.07.2016 von einer FF übermittelt wurde.
Anlässlich der Verhandlung vom 26.04.2018 bestritt der Beschwerdeführer, die von ihm von der Bezirkshauptmannschaft Y vorgeworfene Übertretung begangen zu haben. Er gab an, dass es keine Kontrolle der Finanzpolizei gegeben habe sondern dass er sich mit dieser wegen Schwarzarbeiten in Verbindung gesetzt und ihnen gesagt habe, dass man ihn in X, Adresse 2 treffen könne, da er einem Freund, mit dem er aufgewachsen sei, gerade helfe. Es habe sich dabei um GG gehandelt. Für sein Tätig sein habe er nur Benzin und eine Jause bekommen. Er habe Sand geschaufelt. GG habe das Anwesen vor vielen Jahren geerbt und sei er mit dem Ausbau befasst worden. Es sei lange Zeit nichts gemacht worden. Er habe Sand hineingeschaufelt und einmal eine Dämmplatte hineingelegt. Diese Tätigkeit unterliege jedoch nicht der Gewerbeordnung.
Betreffend des Anbots Erwin E erklärte er, dass dies der Grund für das Gespräch mit der Finanzpolizei gewesen sei.
CC gab an, dass infolge einer Anzeige des Beschwerdeführers man versucht habe, ihn mehrmals zu erreichen. Dies sei letztlich gelungen und habe er gesagt, dass er auf einer Baustelle in X sei. Von der Finanzpoilzei ist die Baustelle aufgesucht und hat man den Beschwerdeführer mit einer Schaufel in der Hand bei einem Sandhaufen angetroffen. Betreffend seines Tätig seins habe er gesagt, dass es keinen schriftlichen Vertrag gebe. Betreffend der Anzeige sei der Beschwerdeführer immer ungehaltener geworden. Vom Wohnhaus E habe man damals in X nichts gewusst.
Im Zuge der Einvernahme sei von AA angegeben worden, dass es keinen schriftlichen Vertrag gebe und dass er Euro 300,00 erhalte. Was der Beschwerdeführer dort genau gemacht habe, sei von der Finanzpolizei nicht besichtigt worden. Man habe versucht, mit dem Eigentümer des Hauses Herrn GG Kontakt aufzunehmen, der dort gemeldet sei, was nicht gelungen sei. Das Haus sei leer gestanden. Es seien nicht einmal Fenster vorhanden gewesen.
Der Beschwerde waren drei Kopien von Fotos beigelegt worden, aus denen sich entnehmen lässt, dass an einer Baustelle Sand und Dämmplatten aufgebracht wurden.
Mehr lässt sich nicht entnehmen.
Der Beschwerdeführer ist im Besitz einer Gewerbeberechtigung eines Bauwerksabdichters (Abdichter gegen Feuchtigkeit, Druckwasser und Zugluft, Schwarzdecker).
Das durchgeführte Beweisverfahren hat nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer am 14.02.2017 gegen 10.00 Uhr in X, Adresse 2, Umbauarbeiten wie Sanierungs- und Betonierungsarbeiten durchgeführt hat, ohne im Besitz der erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.
Das einzige was nachweisbar ist, dass der Beschwerdeführer am 14.02. in X, Adresse 2 gegen 10.00 Uhr damit beschäftigt war, bei dem dortigen Objekt, Sand aufzubringen. Dass diese Tätigkeit von seiner Gewerbeberechtigung nicht umfasst ist, lässt sich nicht wiederlegen, zumal von ihm behauptet wird, dass es sich dabei um einen „Freundschaftsdienst“ gehandelt hat, was nicht dafür spricht, dass diese Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt wurde. Nach § 1 Abs 2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gültig für welche Zwecke diese bestimmt ist. Hinzu kommt noch, dass er im Besitz einer Gewerbeberechtigung eines Bauwerksabdichters ist.
Nach dem Grundsatz in dubio pro reo war der Beschwerde stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen ist, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Dollenz
(Richter)
Schlagworte
gewerbliche TatbegehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.14.1688.3Zuletzt aktualisiert am
13.06.2018