TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/16 LVwG-2017/40/0862-7

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Veröffentlicht am 16.05.2018
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Entscheidungsdatum

16.05.2018

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVRAG 1993 §7i
VStG §45 Abs1 z1
VStG §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.03.2017, **** betreffend Übertretungen nach dem AVRAG nach öffentlicher mündlicher Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 08.03.2017, **** wurde dem Beschwerdeführer folgendes zur Last gelegt:

„Der Beschuldigte AA geb. am **.**.**** hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und gleichzeitig als verantwortlicher Beauftragter der Firma „CC" mit Sitz in X, Adresse 2 zu verantworten, dass nachstehende „überlassene“ Arbeitnehmer zum Kontrollzeitpunkt keine Unterlagen die zur Überprüfung der nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts (Lohnunterlagen) in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung bereitgehalten wurden.

Arbeitnehmer:

1. DD, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 09.08.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

2. EE, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 09.08.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

3. FF, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 19.09.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

4. GG, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

5. JJ, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

6. KK, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

7. LL, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

8. MM, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 19.09.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

9. NN, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

10. OO, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

11. PP, geb. am **.**.****, Beschäftigungszeitraum: 07.07.2016 bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.-11. § 7i Abs. 4 Zif.2 iVm § 7d Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz (AVRAG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1.   1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.   1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

1.    1.000,00

33 Stunden

 

§ 7i Abs. 4 AVRAG iVm § 20 VStG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

• € 1.100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€12.100,00“

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er den jeweiligen Arbeitnehmern die erforderlichen Unterlagen gemäß den Bestimmungen des AVRAG ausgefolgt und sie auch darüber belehrt habe, die Unterlagen bei einer Kontrolle auszufolgen. Seitens des Beschwerdeführers sei betriebsintern eine Kontrolle vorgesehen, dass der jeweilige Polier auf der Baustelle kontrolliere, ob die Arbeitnehmer die ihnen ausgefolgten Unterlagen zur Verfügung hätten und bei einer Kontrolle auch in der Lage seien, diese auszufolgen. Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung treffe die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den inländischen Beschäftiger. Der Überlasser habe dem Beschäftiger die Unterlagen nachweislich bereitzustellen. Die CC als Überlasser habe alle erforderlichen Unterlagen dem Beschäftiger vor Arbeitsaufnahme bereitgestellt und seien sämtliche erforderlichen Unterlagen auch zum Kontrollzeitpunkt in deutscher Sprache im Inland vorhanden gewesen. Eine sichere Aufbewahrung am Arbeits(einsatz)ort sei nicht gegeben gewesen. Die Übermittlung der angeforderten Unterlagen sei jedenfalls fristgerecht iSd § 7d AVRAG erfolgt. Der Beschwerdeführer habe die ihn nach den Bestimmungen des AVRAG treffenden Verpflichtungen erfüllt und die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der belangten Behörde sowie aufgrund der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, in welcher der Beschwerdeführer persönlich einvernommen wurde und weitere Unterlagen nachgereicht wurden.

III.     Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC mit Sitz in Adresse 2, X. JJ, geboren **.**.**** und PP, geboren **.**.**** sind Arbeitnehmer der CC. Die CC hat die beiden genannten Arbeitnehmer an die QQ, W überlassen. Eine Meldung einer Entsendung gemäß § 7b Abs 3 und 4 AVRAG wurde diesbezüglich erstattet. Nicht festgestellt werden konnte, dass die CC die Arbeitskräfte DD, geboren **.**.****, EE, geboren **.**.****, FF, geboren **.**.****, GG, geboren **.**.****, KK, geboren **.**.****, LL, geboren **.**.****, MM, geboren **.**.****, NN, geboren **.**.**** und OO, geboren **.**.****, beschäftigt hat. Diese sind Arbeitnehmer der RR.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund der im Akt der belangten Behörde sowie der vom Beschwerdeführer nachgereichten Unterlagen, insbesondere der Arbeitsverträge der CC und der RR.

IV.      Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetzes (AVRAG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten:

„Strafbestimmungen

§ 7i. (1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.

(2) Wer entgegen § 7f Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie den Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer/innen und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Kontrolle sonst erschwert oder behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.

(2a) Wer die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 7b Abs. 5 und 7d verweigert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist für jede/n Arbeitnehmer/in von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.

(3) Ebenso ist nach Abs. 2a zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 7g Abs. 2 die Einsichtnahme in die Unterlagen verweigert.

(4) Wer als

1.       Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2.       Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

3.       Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer als Arbeitgeber/in einen/e Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwaltungsübertretung vor. Auf Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beruhende Überzahlungen bei den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührenden Entgeltbestandteilen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für dem ASVG unterliegende Arbeitnehmer/innen liegt eine Verwaltungsübertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der/die Arbeitgeber/in die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.

(5a) Die Strafbarkeit nach Abs. 5 ist nicht gegeben, wenn der/die Arbeitgeber/in vor einer Erhebung der zuständigen Einrichtung nach den §§ 7f bis 7h die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt nachweislich leistet.

(6) Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde fest, dass

1.       der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt binnen einer von der Behörde festzusetzenden Frist nachweislich leistet, und

2.       die Unterschreitung des nach Abs. 5 Z 1 maßgeblichen Entgelts unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien gering ist oder

3.       das Verschulden des/der Arbeitgebers/in oder des/der zur Vertretung nach außen Berufenen (§ 9 Abs. 1 VStG) oder des/der verantwortlichen Beauftragten (§ 9 Abs. 2 oder 3 VStG) leichte Fahrlässigkeit nicht übersteigt,

hat sie von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Ebenso ist von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührende Entgelt vor der Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde nachweislich leistet und die übrigen Voraussetzungen nach dem ersten Satz vorliegen. In Verwaltungsstrafverfahren nach Abs. 5 ist § 45 Abs. 1 Z 4 und letzter Satz VStG nicht anzuwenden. Weist der/die Arbeitgeber/in der Bezirksverwaltungsbehörde nach, dass er/sie die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt geleistet hat, ist dies bei der Strafbemessung strafmildernd zu berücksichtigen.

(7) Die Frist für die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 VStG) beträgt drei Jahre ab der Fälligkeit des Entgelts. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, beginnt die Frist für die Verfolgungsverjährung im Sinne des ersten Satzes ab der Fälligkeit des Entgelts für den letzten Lohnzahlungszeitraum der Unterentlohnung. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs. 2 VStG) beträgt in diesen Fällen fünf Jahre. Hinsichtlich von Sonderzahlungen beginnen die Fristen nach den beiden ersten Sätzen ab dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres (Abs. 5 dritter Satz) zu laufen.

(7a) Für den Fall, dass der/die Arbeitgeber/in das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührende Entgelt für den betroffenen Zeitraum der Unterentlohnung nach Abs. 5 nachträglich leistet, beträgt die Dauer der Fristen nach § 31 Abs. 1 und 2 VStG ein Jahr (Verfolgungsverjährung) oder drei Jahre (Strafbarkeitsverjährung), soweit nicht aufgrund des Abs. 7 die Verjährung zu einem früheren Zeitpunkt eintritt; der Fristenlauf beginnt mit der Nachzahlung.

(8) Parteistellung in Verwaltungsstrafverfahren

1.       nach Abs. 1 erster Satz, Abs. 2 und 4 und nach § 7b Abs. 8 hat die Abgabenbehörde, in den Fällen des Abs. 5 in Verbindung mit § 7e das Kompetenzzentrum LSDB,

2.       nach Abs. 5 in Verbindung mit § 7g und in den Fällen des Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 3 hat der zuständige Träger der Krankenversicherung,

3.       nach Abs. 1, 2a, 4 und 5 und nach § 7b Abs. 8 in Verbindung mit § 7h hat die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse,

auch wenn die Anzeige nicht durch die in den Z 1 bis 3 genannten Einrichtungen erfolgt. Diese können gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde beim Verwaltungsgericht und gegen das Erkenntnis oder den Beschluss eines Verwaltungsgerichts Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben.

(9) Bei grenzüberschreitender Entsendung oder Arbeitskräfteüberlassung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatz)orten am Ort der Kontrolle.

(10) Für die Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis im Sinne dieses Bundesgesetzes vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend.

Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(2) Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen.“

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes lautet:

„Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.       Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.       die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.       die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.       die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

V.       Erwägungen:

Der belangten Behörde ist grundsätzlich beizupflichten, wenn sie bei der Gesamtbeurteilung des Sachverhalts iSd § 4 Abs 1 AÜG davon ausgeht, dass es sich gegenständlich zweifelsfrei um eine Arbeitskräfteüberlassung an die QQ handelt. Die Arbeiten wurden nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers (der CC) geleistet. Die Arbeitnehmer waren gegenüber dem Polier der QQ weisungsgebunden, es handelt sich um kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk, sondern waren Gegenstand des Auftrages Schalen, Betonieren und Maurerarbeiten. Welches konkret abgrenzbare Werk auf der Baustelle durch die CC hergestellt worden wäre, konnte auch der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme nicht konkret angeben.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens hat sich jedoch ergeben, dass lediglich zwei Arbeitnehmer der CC an die QQ überlassen wurden. Insgesamt wurden jedoch neun Arbeitnehmer von der RR beschäftigt und kann diese Beschäftigung bzw allfällige Überlassung an die QQ nicht dem Beschwerdeführer angelastet werden, zumal er auch nicht ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser RR ist. Insofern erweist sich daher der Tatvorwurf hinsichtlich der Übertretungspunkte 1., 2., 3., 4., 6., 7., 8., 9. und 10. als unrichtig, weshalb das Straferkenntnis in diesem Umfang zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war.

Hinsichtlich der beiden Arbeitnehmer JJ (Tatvorwurf Nr 5) und PP (Tatvorwurf Nr 11) ist festzuhalten, dass es sich diesbezüglich um Arbeitnehmer der CC handelt. Dem Beschwerdeführer wird jedoch vorgeworfen, dass diese überlassenen Arbeitnehmer „zum Kontrollzeitpunkt keine Unterlagen die zur Überprüfung der nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts- (Lohnunterlagen) in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung bereitgehalten wurden.“.

§ 7d Abs 1 AVRAG richtet sich an den jeweiligen Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmern, während § 7d Abs 2 die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den inländischen Beschäftiger trifft, wenn es sich um eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung handelt.

Dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist nunmehr einerseits zu entnehmen, dass es sich um eine Arbeitskräfteüberlassung handelt, andererseits soll jedoch der Arbeitgeber für die Bereithaltung der Lohnunterlagen in deutscher Sprache am Arbeits- (Einsatz) Ort verantwortlich sein. Diesbezüglich vermischt die belangte Behörde den Tatvorwurf des § 7i Abs 4 Ziff 1 mit dem Tatvorwurf gemäß Ziff 2 leg cit.

Auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.11.2016 wird dem Beschwerdeführer eine Arbeitskräfteüberlassung vorgeworfen und das Nichtbereithalten der Lohnunterlagen.

Die dem Beschwerdeführer angelastete Tat entspricht weder dem Tatvorwurf des § 7i Abs 4 Ziff 1 noch dem des § 7i Abs 4 Ziff 2, weshalb eine Verletzung des § 44a VStG vorliegt. Die als erwiesen angenommene Tat, die der Spruch eines Straferkenntnisses nach § 44a Z 1 VStG enthalten muss, ist mit allen ihren rechtserheblichen Merkmalen anzuführen, zu konkretisieren und zu individualisieren. Nach § 44a VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass erstens die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zweitens die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Der Beschuldigte hat ein subjektives Recht, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (vgl VwGH 08.08.2008, 2008/09/0042). Die Umschreibung dieser Tat hat – bereits im Spruch und nicht erst in der Bescheidbegründung – so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist.

Die als erwiesen angenommene Tat ist in sich widersprüchlich und unvollständig und mit der herangezogenen Norm des § 7i Abs 4 Ziff 2 AVRAG nicht vollständig in Einklang zu bringen. Entweder handelt es sich um eine Übertretung des § 7i Abs 4 Ziff 1 AVRAG als Arbeitgeber, der selbst verpflichtet ist, die Lohnunterlagen an Ort und Stelle bereitzuhalten oder um eine Übertretung nach §7i Abs 4 Ziff 2 AVRAG wofür der Beschwerdeführer als Arbeitgeber verpflichtet gewesen wäre, dem inländischen Arbeitgeber – der im Spruch des angeführten Straferkenntnisses ebenfalls nicht genannt ist – nachweislich bereitzustellen.

Da sohin der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG nicht entspricht, war spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

Arbeitgebereigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.40.0862.7

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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