Entscheidungsdatum
30.05.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W153 2195442-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2018, Zl. 1182309708-180182472, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Afghanistan, stellte am 20.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der vorliegenden EURODAC-Informationen zufolge suchte er bereits zuvor am 14.12.2017 in Ungarn um Asyl an.
Im Verlauf seiner Erstbefragung vom 21.02.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, am XXXX geboren worden und demnach minderjährig sei. Das Vorhandensein von Familienangehörigen in Österreich oder in einem anderen EU-Land bzw. das Vorliegen von gesundheitlichen Problemen schloss der Beschwerdeführer aus. Sodann gab er zu seinem Reiseweg an, nach Verlassen seiner Heimat vor ungefähr einem Jahr über den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen zu sein. Im Zuge der Reise habe er in Ungarn um Asyl angesucht, jedoch habe es ihm dort nicht gefallen. Man habe sich in Ungarn auch nicht um ihn gekümmert. Er habe weder die Schule besuchen können noch habe er Kleidung bekommen. Da man dem Beschwerdeführer erzählt habe, dass er in Österreich die Schule besuchen könne, habe er hierher reisen wollen. Er wünsche sich auch eine finanzielle Unterstützung.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 06.03.2018, unter Zugrundelegung der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers, ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn.
Mit Schreiben vom 14.03.2018 teilte Ungarn mit, dass dem Beschwerdeführer in Ungarn am 05.02.2018 subsidiärer Schutz gewährt worden sei (vgl. AS 113).
Am 16.03.2018 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Rechtsberaters als seinem gesetzlichen Vertreter einer Einvernahme durch das BFA unterzogen. Über Vorhalt, dass er vom 26.02.2018 bis zum 13.03.2018 untergetaucht sei und der Behörde keinen neuen Wohnsitz angegeben habe, gab er an, dass er bei seiner Schwester gewesen sei. Er habe gedacht, dass er mit seiner Verfahrenskarte überall hinreisen könne. Seine Schwester, deren Geburtsdatum und genaue Adresse er nicht wisse, habe noch kein Asyl in Österreich bekommen. Der Beschwerdeführer habe auch noch zwei Tanten (mit deren Kindern) hier, die Asyl bekommen hätten. Er wisse nur, dass sie in Wien leben würden. Er telefoniere ein bis zwei Mal in der Woche mit diesen. Er habe seine Verwandten aus Angst vor einer Abschiebung nach Afghanistan bislang nicht erwähnt. Weder zu seiner Schwester noch zu seinen Tanten bestehe eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit. Über Nachfrage gab der Beschwerdeführer weiter an, das von ihm angegebene Geburtsdatum nicht belegen zu können. Er habe zwar eine Tazkira, jedoch sei dort nicht dieses Datum angeführt. Sein Geburtsdatum wisse er von seinem Vater. Seine Eltern würden sich in Afghanistan befinden und er habe ca. 1-2 Mal im Monat Kontakt zu ihnen. Er habe auch noch weitere Verwandte in Afghanistan, zu welchen jedoch kein Kontakt bestehe.
Aus einem Aktenvermerk des BFA vom 16.03.2018 geht hervor, dass Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers aufgekommen seien. Am 14.03.2018 wurde ein Befund von Röntgen am Ring angefertigt, woraus sich hinsichtlich der Bestimmung des Knochenalters der linken Hand des Beschwerdeführers das Ergebnis "Schmeling 4, GP 31" ableiten lässt.
Am 30.03.2018 wurde der Beschwerdeführer einer weiteren Einvernahme unterzogen und bestätigte zunächst, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren machen können. In Österreich würden seine Schwester und zwei Tanten leben. Er sehe sie manchmal und telefoniere oft mit seiner Schwester sowie manchmal auch mit seinen Tanten, aber es bestehe keine Abhängigkeit zu den genannten Personen. Seine Tanten seien anerkannte Flüchtlinge, seine Schwester noch nicht. Sie sei verheiratet und habe ein Kind. Über Vorhalt der geplanten Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Ungarn gab dieser an, dass das Leben in Ungarn schwer sei. Man werde dort in einem geschlossenen Lager eingesperrt und nicht behandelt. Als ein Freund von ihm krank gewesen sei, sei zwar ein Arzt gekommen, jedoch habe er diesem eine Spritze gegeben ohne zu fragen, was ihm fehlen würde.
Mit Bescheid des BFA vom 16.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass er sich nach Ungarn zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Feststellungen zur Lage in Ungarn wurden Folgendermaßen zusammengefasst:
Schutzberechtigte
Im März 2016 wurde ein Paket von Änderungen zum ungarischen Asylgesetz präsentiert, dessen Ziel es war, Verschärfungen bei der Versorgung von AW und Schutzberechtigten durchzusetzen. Zentraler Punkt ist dabei der Aspekt, dass Schutzberechtigte zwar ein Recht auf dieselben sozialen Leistungen haben sollen, wie ungarische Staatsbürger, jedoch darüber hinaus nicht bessergestellt werden sollen. Demgemäß sollen weder Asylwerber noch Inhaber eines Schutzstatus ein Recht auf jedwede Art von Barzuschüssen haben. Die Änderungen traten am 1.4.2016 in Kraft und sind ab 1.6.2016 umzusetzen. Relevante Punkte der sogenannten "Integration Care" sind die Abschaffung des Integrationsvertrages (d.h. keine Mehrzahlungen für Integration, Spracherwerb etc.) und Einführung automatischer Kontrolle des Schutzstatus (subsidiärer wie auch internationaler Schutz (Fortbestehen der Asylgründe und Überprüfung von Integrationsfortschritten) alle 3 Jahre. Bedürftige Schutzberechtigte dürfen 30 Tage nach Statuszuerkennung im Aufnahmezentrum bleiben (bisher 60 Tage). Nicht sozialversicherte Schutzberechtigte sollen hinkünftig für 6 Monate das Recht auf medizinische Versorgung haben (bisher 12 Monate). Wohnkostenzuschuss und Ausbildungszuschuss für Schutzberechtigte werden gestrichen, ebenso Streichung der finanziellen Unterstützung für Geduldete. Die ungarische Regierung sieht dies lediglich als Anpassung an Regelungen, wie sie in Westeuropa bereits gelten. In Ungarn gibt es diverse NGOs, Sozialzentren etc., die kostenlos Leistungen anbieten (z.B. Sprachkurse), aber es besteht auf solche Unterstützung kein Rechtsanspruch (VB 11.3.2016; VB 4.4.2016; vgl. FRA 6.2016; HHC 15.6.2016).
Geduldete können in der Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat untergebracht werden (AIDA 11.2015).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Hungary,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hu_update.iv__0.pdf, Zugriff 30.6.2016
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FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (6.2016):
Monthly data collection on the current migration situation in the EU. June 2016 monthly report,
http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 30.6.2016
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HHC - Hungarian Helsinki Committee (15.6.2016): Hungary: Recent legal amendments further destroy access to protection, April-June 2016,
http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-legal-amendments-Apr-June-2016.pdf, Zugriff 30.6.2016
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VB des BM.I in Ungarn (11.3.2016): Auskunft des BAH, per E-Mail
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VB des BM.I in Ungarn (4.4.2016): Auskunft des VB, per E-Mail
Die Behörde führte begründend aus, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers keine stichhaltigen Gründe für die Annahmge glaubhaft gemacht worden seien, dass dieser tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Ungarn Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Wie sich aus den Feststellungen zu Ungarn ergebe, sei dort eine ausreichende Versorgung für Schutzberechtigte gewährleistet. Nachdem bei allen Fremden, die in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz (Asyl oder subsidiären Schutz) genießen und in Österreich einen Asylantrag stellen würden, § 4a AsylG anwendbar sei, treffe dies auch auf den Beschwerdeführer zu. Dieser habe in Ungarn den Status eines subsidiär Schutzberechtigten, was sich aus der Mitteilung Ungarns vom 14.03.2018 ergebe. Da er die Erteilungsvoraussetzungen gem. § 57 AsylG nicht erfülle, sei ihm keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zu erteilen. In Österreich würden sich die Schwester und zwei Tanten des Beschwerdeführers befinden, jedoch würde weder ein gemeinsamer Haushalt mit ihnen noch würden gegenseitige Abhängigkeiten zueinander bestehen. Die Beziehung zu den angeführten Verwandten gehe über ein übliches verwandtschaftliches Maß nicht hinaus. Im vorliegenden Fall seien auch keine Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung in Österreich ersichtlich. Die Außerlandesbringung stelle daher keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens des Beschwerdeführers dar. Da dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde und gem. § 10 Abs. 1 AsylG sowie gem. § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei diese Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden.
Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen gerügt, dass der Beschwerdeführer in Ungarn mehrere Monate in einem geschlossenen Lager angehalten worden sei. Er und andere Personen seien vom Lagerpersonal respektlos und demütigend behandelt worden. Die Verpflegung im ungarischen Lager sei sehr schlecht und nicht ausreichend gewesen. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer keine adäquate notwendige medizinische Versorgung erhalten. Wegen eines Hautausschlags auf seiner Hand habe er in Ungarn den Lagerarzt aufgesucht, welcher jedoch eine Behandlung verweigert und den Beschwerdeführer mit der Aufforderung, sich selbst einen Verband auf der Hand anzulegen, weggeschickt habe. Im vorliegenden Fall werde auch übersehen, dass der minderjährige Beschwerdeführer unterstützende verwandtschaftliche Beziehungen in Österreich habe. Seine Schwester lebe derzeit gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrem Kind in Österreich und befinde sich im zugelassenen Verfahren. Außerdem habe er noch zwei Tanten in Wien, welche beide einen Asylstatus in Österreich hätten. Inbesondere durch die Nähe zu seiner Schwester fühle sich der Beschwerdeführer emotional unterstützt. Die beiden würden mehrmals wöchentlich miteinander telefonieren; ein Besuch der Schwester sei aufgrund der bestehenden Gebietsbeschränkung für den Beschwerdeführer im Zulassungsverfahren leider nicht möglich. Auch mit seinen Tanten telefoniere der Beschwerdeführer regelmäßig. Obwohl es sich beim Beschwerdeführer um eine minderjährige Person handle, habe es die belangte Behörde unterlassen, eine Kindeswohlprüfung durchzuführen und im Sinne der Entscheidung des EGMR vom 04.11.2014 im Fall Tarakhel gegen die Schweiz eine individuelle Zusicherung über die angemessene und kindgerechte Versorgung des Beschwerdeführers in Ungarn einzuholen. Eine Außerlandesbringung stehe dem Kindeswohl entgegen und sei nach dem vorliegenden Ermittlungsstand unzulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der minerjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Afghanistan, reiste über Ungarn in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein, wo er am 14.12.2017 einen Asylantrag stellte. Am 20.02.2018 brachte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein. Im Zuge des Konsultationsverfahrens mit Ungarn gab Ungarn mit Schreiben vom 14.03.2018 bekannt, dass dem Beschwerdeführer dort am 05.02.2018 subsidiärer Schutz zuerkannt wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Situation von Schutzberechtigten im Mitgliedstaat Ungarn an.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen.
In Österreich sind seine Schwester sowie zwei Tanten von ihm aufhältig, jedoch hat der Beschwerdeführer keinerlei (finanzielles oder sonstiges) Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung zu diesen dargetan.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
Die Asylantragstellung in Ungarn ergibt sich aus der diesbezüglichen EURODAC-Treffermeldung iZm den mit Ungarn geführten Konsultationen, welche aktenkundig sind. Die Feststellung des Bestehens des Status eines subsidiär Schutzberechtigten stützt sich auf das diesbezügliche Schreiben der ungarischen Dublin-Behörde vom 14.03.2018.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. In diesen Feststellungen ist auch ausgeführt, dass Schutzberechtigte ein Recht auf dieselben sozialen Leistungen haben, wie ungarische Staatsbürger, jedoch diesen gegenüber nicht bessergestellt würden. Zudem wurde angeführt, dass in Ungarn NGOs, Sozialzentren, etc kostenlose Leistungen wie etwa Sprachkurse anbieten, auch wenn auf diese kein Rechtsanspruch besteht.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die Feststellungen des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich basieren auf der vorliegenden Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten: "§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
...
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
...
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
..."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.
Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072, 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).
Zur Frage der Unzulässigkeit des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz ist davon auszugehen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat.
Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Aus dem festgestellten Sachverhalt - insbesondere aus dem Antwortschreiben der ungarischen Dublinbehörde vom 14.03.2018 - ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in Ungarn bereits subsidiären Schutz erhalten hat. Aus diesem Grund kommt zweifelsfrei § 4a AsylG zur Anwendung.
Der Beschwerdeführer befindet sich nunmehr seit Februar 2018 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Im vorliegenden Verfahren ist es nicht zur Anwendung von § 8 Abs. 3a AsylG 2005 gekommen und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).
Im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Überstellung nach Ungarn Gefahr liefe, in seinen von Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. Seine Kritik an der Unterbringungs- und Versorgungslage in Ungarn ist letztlich nicht geeignet, um eine Rückkehr dorthin als unzulässig erscheinen zu lassen. Dr Beschwerdeführer hat zwar auf eine schlechte Behandlung und eine schlechte allgemeine sowie medizinische Versorgung in der ihm während seines offenen Verfahrens auf internationalen Schutz zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft hingewiesen, jedoch relativieren sich die geäußerten Kritikpunkte insofern, als der Beschwerdeführer als subsidiär Schutzberechtigter in Ungarn im Falle einer Rückkehr nicht neuerlich in einer geschlossenen Aufnahmeeinrichtung untergebracht würde.
Nach den Länderberichten zu Ungarn kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Ungarn konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem behebenden Erkenntnis vom 08.09.2015, Ra 2015/18/0113 davon ausgegangen, dass sich die Lage in Ungarn zumindest seit Oktober 2014 schon deshalb deutlich verändert habe, weil in jüngerer Zeit ein massiver Zustrom von Asylwerbern stattgefunden habe, der in hohem Maße auch Ungarn betroffen habe. Deshalb sei ein konkretes Vorbringen, mit dem Asylwerber eine angemessene Unterbringung und Versorgung ihrer Grundbedürfnisse in Ungarn vor dem Hintergrund dieser notorischen Entwicklungen in Frage gestellt haben, einer weitergehenden Prüfung der Lage zu unterziehen. Der vom Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 08.09.2015 als notorische Lageänderung umschriebene massive Zustrom von Asylwerbern insbesondere über Ungarn findet jedoch gegenwärtig nicht mehr statt.
Wie im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, gewährleistet Ungarn grundsätzlich ausreichend Schutz für anerkannte Flüchtlinge sowie subsidiär Schutzberechtigte. An dieser Stelle ist noch zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge bzw. Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften.
Das in der Beschwerde monierte Vorbringen, man solle im Sinne der Entscheidung des EGMR vom 04.11.2014 im Fall Tarakhel gegen die Schweiz eine individuelle Zusicherung über die angemessene und kindgerechte Versorgung des Beschwerdeführers in Ungarn einzuholen, wird festgestellt, dass es sich in diesem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall um eine mehrköpfige Familie einschließlich sechs minderjähriger Kinder handelte, wobei es sicherzustellen galt, dass die gesamte Familie in Italien gemeinsam und dem Alter der Kinder entsprechend untergebracht werden. Das gegenständliche Verfahren betrifft jedoch keine Familie mit Kindern, sondern einen jungen arbeitsfähigen Mann. Eine Einzelfallzusicherung Ungarns im Sinne der Tarakhel-Entscheidung des EGMR war demnach gegenständlich nicht erforderlich.
Im Fall des Beschwerdeführers ist nicht zu erkennen, dass er bei seiner Rückkehr nach Ungarn Gefahr liefe, in seinen von Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden. Dass in diesem Land möglicherweise geringere Integrationsmöglichkeiten bestehen, als in anderen europäischen Ländern, verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfände. Es ist auch auf das Hilfsangebot von NGOs zu verweisen.
Jedenfalls hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Ungarn und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend zu machen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Zusammenhang mit der Abschiebung von kranken Personen können von einer Ausweisung betroffene Ausländer grundsätzlich kein Bleiberecht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates beanspruchen, um weiterhin in den Genuss von dessen medizinischer, sozialer oder sonstiger Unterstützung oder Dienstleistungen zu kommen. Die Tatsache, dass die Lebensverhältnisse einer Person einschließlich ihrer Lebenserwartung im Fall ihrer Abschiebung deutlich reduziert würden, reicht allein nicht aus, um zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu führen. Die Entscheidung, einen an einer schweren psychischen oder physischen Krankheit leidenden Ausländer in ein Land rückzuführen, in dem die Einrichtungen für die Behandlung dieser Krankheit schlechter als im Vertragsstaat sind, kann ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen, aber nur in einem ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die gegen die Rückführung sprechenden humanitären Gründe zwingend sind ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"). Diese "anderen ganz außergewöhnlichen Fälle" hat der EGMR in seiner Rechtsprechung im Fall Paposhvili (EGMR, Große Kammer, 13.12.2016, 41738/10, Rn. 183-192) nunmehr präzisiert.
Der Beschwerdeführer hat weder in der Erstbefragung noch in den weiteren Befragungen gesundheitliche Probleme geltend gemacht. Auch aus dem weiteren Akteninhalt ergeben sich keine Hinweise auf aktuelle, akute medizinische Notfälle oder auf die Notwendigkeit einer stationären Spitalsbehandlung des Beschwerdeführers. Es gibt keine Zweifel an seiner Transportfähigkeit.
In der Beschwerde wird lediglich erwähnt, dass der Beschwerdeführer in Ungarn einen Hautausschlag auf der Hand gehabt habe, den er dort selbst habe behandeln müssen, da er keine notwendige medizinische Versorgung erhalten habe.
Die Kritik des Beschwerdeführers an der medizinischen Versorgung in Ungarn wurde jedoch lediglich unbelegt in den Raum gestellt. In Ungarn ist eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet und können daher allenfalls erforderliche Behandlungen auch in diesem Mitgliedstaat der Union erfolgen.
Nach der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK wäre es schließlich auch unerheblich, wenn etwa die Behandlung im Zielstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver wäre.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Überstellung im Fall von bekannten Erkrankungen des Drittstaatsangehörigen durch geeignete Maßnahmen dem Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere wird kranken Personen eine entsprechende Menge der verordneten Medikamente mitgegeben. Anlässlich einer Überstellung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde erwogen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Im gegenständlichen Fall sind die Schwester und zwei Tanten des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig. Eine etwaige (wechselseitige) ausgeprägte Abhängigkeit des Beschwerdeführers zu diesen namhaft gemachten Personen konnte jedoch nicht erkannt werden. So hat der Beschwerdeführer weder einen gemeinsamen Wohnsitz mit diesen noch irgendwelche gegenseitige Abhängigkeiten (sei es in gesundheitlicher, materieller, finanzieller oder sonstiger Hinsicht) behauptet. Der Schwester und den beiden Tanten des Beschwerdeführers bleibt es jedenfalls unbenommen, den Beschwerdeführer auch bei einer Rückkehr nach Ungarn finanziell zu unterstützen. Eine finanzielle Unterstützung wurde jedoch bis dato - wie bereits erwähnt - nicht dargetan. Mangels Vorliegens einer besonderen Beziehungsintensität bzw. einer intensiven Abhängigkeit, stellt die Anordnung zur Außerlandesbringung keinen unzulässigen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).
Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Insgesamt gesehen kann es dem Beschwerdeführer somit jedenfalls zugemutet werden, den Wunsch nach Einwanderung und Familienzusammenführung im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.
Der Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester (und ihrer Familie) sowie seinen beiden Tanten kann nach wie vor telefonisch oder über das Internet sowie - in eingeschränkter Form - auch durch persönliche Besuche aufrechterhalten werden, nachdem der Beschwerdeführer in Ungarn und - laut seinen Angaben - seine Tanten in Österreich internationalen Schutz erlangt haben.
Der durch die Anordnung der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.
Die gegenständliche aufenthaltsbeendende Maßnahme stützt sich unbestrittenermaßen auf eine gesetzliche Bestimmung und sie verfolgt Ziele, die mit der EMRK in Einklang stehen, nämlich insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes.
Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund. Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2018 nach Österreich und verfügte hier zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel, sondern stützten den Aufenthalt vielmehr von Anfang an nur auf einen unzulässigen Antrag auf internationalen Schutz.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wenn aber ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, also entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, dann kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise des Beschwerdeführers innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.
Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012).
Im vorliegenden Fall ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer.
Bezüglich des in der Beschwerde vorgebrachten Kindeswohls kann im vorliegenden Fall kein Überstellungshindernis gesehen werden. Gemäß Art. 24 Abs. 2 GRC ergibt sich, dass bei allen Kinder betreffende Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss. Eine Einschränkung dieser Rechte ist nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des in Art. 52 Abs 1 GRC geregelten Gesetzesvorbehaltes zulässig. Dem Bundesverwaltungsgericht liegen jedoch keine Berichte vor, dass Ungarn gegen die einschlägigen Bestimmungen der GRC verstößt. Solche Verstöße wurden in der Beschwerde substantiell auch nicht behauptet.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall bei Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer bereits in Ungarn subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist und er sohin in Ungarn Schutz vor Verfolgung gefunden hat, den nunmehr in Österreich gestellten weiteren Antrag auf internationalen Schutz zu Recht gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass er sich nach Ungarn zurückzubegeben hat.
Gemäß § 21 Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
In seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, erachtete der Verwaltungsgerichtshof für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende Kriterien als maßgeblich: "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."
Da der Sachverhalt im gegenständlichen Fall aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Es ergab sich kein Hinweis auf die Notwendigkeit den maßgeblichen Sachverhalt, wie in der Beschwerde beantragt, mit dem Beschwerdeführer zu erörtern.
Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Verfolgungssicherheit im Zielstaat, welche sich aus den umfassenden und aktuellen Länderberichten ergibt, weiters im Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie in der Bewertung der Intensität seiner privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.
Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Außerlandesbringung, medizinische Versorgung, Mitgliedstaat,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W153.2195442.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.06.2018