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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §45 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/19/0182 Ra 2018/19/0185 Ra 2018/19/0184 Ra 2018/19/0183Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache 1. des R D,
2. der S B, 3. der H D, 4. der M D und 5. der H D, alle in N, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2017, W226 2147055- 1/12E, W226 2147045-1/11E, W226 2147047-1/10E, W226 2147054-1/9E und W226 2147052-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerber, Staatsangehörige der Russischen Föderation mit tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellten am 14. Jänner 2016 Anträge auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diese Anträge jeweils mit Bescheid vom 2. Jänner 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Es erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen und stellte unter einem fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber in die Russische Föderation zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerber als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dem Erfordernis der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG wird nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung Genüge getan (vgl. VwGH 1.3.2018, Ra 2018/19/0024-0025, mwN).
7 Die revisionswerbenden Parteien führen zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision zusammengefasst aus, das Bundesverwaltungsgericht habe nicht nachvollziehbar begründet, weshalb die von ihnen vorgebrachten Fluchtgründe unglaubwürdig wären. Im Übrigen habe sich "die belangte Behörde" nicht mit der "besonderen Integration" der revisionswerbenden Parteien auseinandergesetzt.
8 Soweit in der Revision die Beweiswürdigung angesprochen wird, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung derselben im Allgemeinen, soweit der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 1.3.2018, Ra 2017/19/0545- 0549, mwN). Der Revision gelingt es nicht aufzuzeigen, dass dies fallbezogen gegeben wäre.
9 Das Bundesverwaltungsgericht hat mit umfassender Begründung das Fluchtvorbringen der Revisionswerber - insbesondere zur behaupteten oppositionellen Gesinnung des Erstrevisionswerbers und der damit einhergehenden Verfolgung durch das tschetschenische Militär unter Präsident K. - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unglaubwürdig erachtet. Die Ausführungen in der Revision zeigen nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes einer Schlüssigkeitskontrolle in der in Rz 8 umschriebenen Kontrolldichte nicht standhalten würde.
10 Insoweit sich die Revisionswerber gegen die Rückkehrentscheidung richten, ist anzumerken, dass eine Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0279, mwN). Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass fallbezogen das angefochtene Erkenntnis an einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehlerhaftigkeit leiden würde oder eine unvertretbare Gewichtung der widerstreitenden Interessen erfolgt wäre.
11 Mit dem Aufzeigen von Aktenwidrigkeiten in Bezug auf die im Heimatstaat verbliebene Kernfamilie, dem zur Verfügung stehenden Haus und dem Umstand, dass die Dritt- bis Fünftrevisionswerberinnen innerhalb der Familie ausschließlich ihre Muttersprache sprächen, zeigt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. In Entsprechung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Revisionsverfahren ist für die Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174). Mit der bloßen Behauptung, das angefochtene Erkenntnis sei mit Aktenwidrigkeiten behaftet, vermögen die Revisionswerber daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
12 Die Revision war sohin gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Wien, am 3. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190181.L00Im RIS seit
13.06.2018Zuletzt aktualisiert am
14.06.2018