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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
GewO 1994 §2 Abs13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., in der Revisionssache des G G in W, vertreten durch Dr. Florian Perschler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Februar 2018, Zl. RV/7300012/2017, betreffend Abgabenhinterziehung, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 9. März 2016 wurde der Revisionswerber der Finanzvergehen der Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Jahre 2007 und 2008 nach § 33 Abs. 1 FinStrG und der Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis Juni 2009 nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG schuldig erkannt. Der Spruchsenat verhängte über ihn eine Geldstrafe von 20.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall deren Uneinbringlichkeit von 50 Tagen) und erlegte dem Revisionswerber den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 500 EUR auf.
2 Der Revisionswerber habe als Mitgesellschafter der S World GesbR durch Nichtabgabe von Erklärungen der GesbR zur Umsatzsteuer für die Jahre 2007 und 2008 vorsätzlich Verkürzungen von Umsatzsteuer für diese beiden Jahre in jeweils näher angeführter Höhe zu bewirken versucht und unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von entsprechenden Voranmeldungen der GesbR eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis Juni 2009 in jeweils angeführter Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
3 Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 erhob der Revisionswerber dagegen Beschwerde, worin er u.a. vorbrachte, er sei niemals Mitgesellschafter im Unternehmen des WS gewesen und auch niemals für kaufmännische oder steuerliche Belange dieses Unternehmens zuständig gewesen. Er habe nur seine Markenrechte zur Verfügung gestellt und dafür eine Lizenzgebühr erhalten. Weiters sei er für außerordentliche Aufwendungen gegen Vorlage von Honorarnoten vergütet worden. WS sei gemäß seiner Gewerbeberechtigung als Einzelunternehmer tätig gewesen und zur Gänze allein für sein Unternehmen verantwortlich. Der Revisionswerber hätte für eine Eigenschaft als Gesellschafter im Unternehmen des WS eine eigene Gewerbeberechtigung benötigt, die ihm auf Grund einer zuvor erlittenen Insolvenz aber in den Jahren 2007 bis 2013 verwehrt gewesen sei.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise statt und setzte die verhängte Geldstrafe auf 14.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall deren Uneinbringlichkeit von 35 Tagen) herab. Darüber hinaus wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Nach Schilderung des Verfahrensganges stellte das Bundesfinanzgericht zur objektiven Tatseite (Tatbild) fest, WS und der Revisionswerber hätten sich zu einer GesbR zusammengeschlossen, wobei der Revisionswerber die Finanzierung vorgenommen und das Know-How eingebracht habe. WS habe für Marketing und Verkauf zuständig sein sollen und der Revisionswerber sei für technische Angelegenheiten und für die Vertretung gegenüber Behörden und Lieferanten zuständig gewesen. Die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht sei als "WS & Mitges."
aufgetreten und habe sich auch als "S World" bezeichnet.
6 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Der Revisionswerber erachtet sich ersichtlich im Recht verletzt, nicht bestraft zu werden.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, "ob eine Person, die für sich allein auf Grund insolvenzrechtlich ausgeschlossener Gewerbeberechtigung kein Unternehmer sein darf, im blossen Zusammenschluss mit einer zweiten Person durch Gründung einer GesbR plötzlich wieder alle Möglichkeiten der gewerblichen Betätigung offen stehen."
12 Gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Der Abgabenhinterziehung macht sich gemäß § 33 Abs. 2 lit. a leg. cit. weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
13 Gemäß § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (im Folgenden: UStG) ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
14 Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen. Gemäß § 21 Abs. 4 leg. cit. hat der Unternehmer für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.
15 Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind gemäß § 81 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.
16 Die vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vertretene Ansicht, da er mangels Gewerbeberechtigung infolge seiner Insolvenz selbständig kein Gewerbe mehr habe ausüben dürfen, habe er auch nicht Unternehmer oder Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein können, findet in der Rechtsprechung keine Deckung. Denn diese ist durchaus davon ausgegangen, dass nicht alle Gesellschafter einer GesbR die für die Ausübung der Tätigkeit erforderliche gewerberechtliche Berechtigung haben müssen (vgl. etwa OGH 20.3.1997, 2 Ob 2053/96t, betreffend die Gastgewerbekonzession nur eines Gesellschafters einer GesbR, und OGH 9.4.1992, 8 Ob 5/90, betreffend eine GesbR, bei welcher ein Gesellschafter die erforderliche Gewerbeberechtigung zur Verfügung gestellt hatte).
17 Abgesehen davon besitzt die Fähigkeit, Unternehmer im Sinn des § 2 UStG zu sein, jedes Gebilde, das als solches Leistungen im umsatzsteuerlichen Sinn erbringt. Die Unternehmerfähigkeit ist weder mit einem bestimmten zivilrechtlichen Status noch mit einer bestimmten Rechtsform verknüpft. Erforderlich ist allerdings ein Auftreten nach außen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 2 Tz 17, und die dort angeführte hg. Rechtsprechung).
18 Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass sich der Revisionswerber und WS zu einer Personenvereinigung zusammengeschlossen haben, und auf Grund einer ausführlichen Beweiswürdigung das erforderliche Auftreten nach außen angenommen.
19 Dass die Tätigkeit von dieser Personenvereinigung allenfalls unter Verletzung von Rechtsvorschriften ausgeübt worden wäre (vgl. etwa § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; wobei gemäß § 2 Abs. 13 der Gewerbeordnung für die in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallenden Tätigkeiten, die ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt werden, die die Ausübung dieser Tätigkeit regelnden Vorschriften der Gewerbeordnung sinngemäß gelten) würde die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG nicht hindern (vgl. Ruppe/Achatz, aaO, § 2 Tz 46, und die dort angeführte hg. Rechtsprechung).
20 Somit zeigt der Revisionswerber nicht auf, dass die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhinge.
21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 15. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160056.L00Im RIS seit
13.06.2018Zuletzt aktualisiert am
10.08.2018