TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/27 LVwG-2017/31/0486-5

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Veröffentlicht am 27.04.2018
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Entscheidungsdatum

27.04.2018

Index

L82007 Bauordnung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2011 §57 Abs1
VStG §7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Y, vertreten durch BB Rechtsanwälte, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 17.1.2017, Zl****, wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach der Tiroler Bauordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen zu Spruchpunkt 1. auf Euro 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und zu Spruchpunkt 2. auf Euro 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) herabgesetzt werden.

2.       Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG werden die Beiträge zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde mit Euro 100,-- zu Spruchpunkt 1. und Euro 30,-- zu Spruchpunkt 2., sohin insgesamt Euro 130,--, neu festgesetzt.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 17.1.2017, ZL ****, wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA Baugesellschaft m.b.H., die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der CC mit dem Sitz in Y, Adresse 1, ist, zu verantworten, dass, da wie 19.10.2016 festgestellt wurde.

1.   für da Bauvorhaben DD auf Gp. **** KG. X-Land eine unrichtige Bestätigung über die Kennzeichnung der äußeren Wandfluchten bzw. die Bauhöhen ausgestellt wurde, indem am 07.10.2016 durch die AA Baugesellschaft m.b.H. die ordnungsgemäße Ausführung bestätigt wurde, jedoch das Bauvorhaben bzw. die Bodenplatte und die Wandfluchten abweichend ausgeführt waren,

2.   Herrn DD vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert wurde, indem Sie als bauausführende Firma das mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde X vom 13.09.2016, Zahl ****, bewilligte Bauvorhaben für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes auf Gp. **** KG. X-Land ohne dass DD im Besitz einer Baubewilligung war, geändert ausgeführt haben, da eine Garage angebaut und das gesamte Gebäude um 0 cm höher situiert wurde – am 19.10.2016 waren sowohl die Bodenplatte als auch die massiven Außenwände des Gebäudes bereits errichtet -, obwohl Sie es als bauausführende Firma für möglich halten mussten, dass DD nicht im Besitz einer Baubewilligung für die Änderungen war und der Neu-, zu- und Umbau von Gebäuden einer Baubewilligung bedarf.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.   § 9 Abs. 1 VStG 1991 i.V.m. § 57 Abs. 1 lit g Tiroler Bauordnung 2011

2.   § 9 Abs. 1 i.V.m § 7 zweiter Tatbestand VStG 1991 i.V.m. § 57 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 21 Abs. 1 lit. a Tiroler Bauordnung 2011

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:

Geldstrafen von Euro

1)          2.000,00

2)          2.000,00

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafen

18 Stunden

18 Stunden

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1)  § 57 Abs. 1 lit. g Tiroler Bauordnung

2)  § 57 Abs. 1 lit a. Tiroler Bauordnung“

Weiters wurde jeweils ein anteiliger Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde festgesetzt.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte AA durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vor, dass die Behörde den Einwand des Beschuldigten, dass für den gegenständlichen Baustellenbereich der Bereichsleiter der Filiale Z, EE, gemäß § 9 VStG die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften übertragen wurde, nicht beachtet wurde. Dabei sei eine Übertragung nicht nur für die Agenden des Arbeitsinspektionsgesetzes sondern für sämtliche Bereiche des Verwaltungsstrafverfahrens erfolgt.

Mitte September 2016 habe der Bauherr feststellen müssen, dass die ursprüngliche Planung ungeeignet gewesen sei bzw eine Gefahr für ihn darstellen würde, da das ganze Wasser vom umliegenden Gelände in den neu zu errichtenden Stall geronnen wäre. Daraufhin wurde mit dem Planer vom Amt der Tiroler Landesregierung Kontakt aufgenommen, die Erstellung eines neuen Einreichplanes beauftragt und wurde der gesamte Aushub auf die neue Höhe angepasst.

Bereits in Kalenderwoche 39 (also im Zeitraum 26. bis 30.9.2016) wurde der Gemeinde ein neuer Einreichplan zur Verfügung gestellt. Die Abweichungen wurden schließlich mit neuem Baubescheid vom 19.10.2016 letztendlich genehmigt. Auch ein kleiner Zubau im Bereich des neuen Stalles wurde mit Bescheid vom 8.11.2016 genehmigt.

Somit entsprechen sämtliche von der AA Bau GmbH ausgeführten Baumeisterarbeiten dem letztgültigen Baubescheid.

Auch sei der wirtschaftliche Druck des Bauherrn zu berücksichtigen. Der Bauherr musste den Bau rasch fertig stellen, gerade deshalb drängte er ja die bauausführende Firma dazu, die Arbeiten so rasch als möglich zu beenden.

AA kann auch kein Verschulden vorgeworfen werden, weshalb der Tatvorwurf ins Leere geht.

Der Beschuldigte und die bauausführende Firma konnten davon ausgehen, dass der Baubescheid hinsichtlich der Abweichungen schon vorab mündlich erlassen worden sei.

Dass die Bestätigung der äußeren Wandfluchten bzw der Bauhöhe zu früh bzw missverständlich ausgestellt wurde, ist auf ein zu vernachlässigendes Versehen eines Mitarbeiters der AA Bau GmbH & Co KG zurückzuführen. Als handelsrechtlichem Geschäftsführer eines Betriebes mit 2300 Mitarbeitern ist es dem Beschuldigten nicht zumutbar, bei jedem Bauvorhaben auf die Ausführung zu schauen.

Es liege daher weder bedingter Vorsatz noch Fahrlässigkeit vor. Schlussendlich lagen Baubescheide vor, sodass der gegenständliche Tatvorwurf als vernachlässigbar anzusehen ist.

Abschließend wurde beantragt, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge eine mündliche Verhandlung anberaumen und den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben und feststellen, dass keine Übertretung nach der Tiroler Bauordnung 2011 vorliegt, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass an Stelle der Strafe eine Ermahnung ausgesprochen wird.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Strafakt der Bezirkshauptmannschaft Z, sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.4.2018, in deren Rahmen die Beschwerdeangelegenheit in Anwesenheit der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers erörtert wurde. Der Beschwerdeführer ist zur Verhandlung wegen beruflicher Unabkömmlichkeit nicht erschienen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 12.4.2018 wurden die Anträge in der Beschwerdeschrift seitens der Rechtsvertreterin dergestalt ausgedehnt, dass auch beantragt wurde, in eventu die verhängten Geldstrafen auf ein schuld- und tatangemessenes Ausmaß herabzusetzen.

II.      Sachverhalt:

Auf Sachverhaltsebene steht einerseits fest, dass AA zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA Baugesellschaft m.b.H. mit Sitz in Y, Adresse 1, gewesen ist und andererseits, dass seitens der AA Bau GmbH mit Schreiben vom 4.10.2016, eingelangt bei der Marktgemeinde Matrei in Osttirol am 7.10.2016, eine unrichtige „Bestätigung gemäß § 31 Abs 2 TBO“ über die Bodenplatte bzw. das Fundament und den Verlauf der äußeren Wandfluchten ausgestellt wurde, indem „mittels eingemessenem Schnurgerüst“ die zum Bescheid vom 13.9.2016, ****, konforme Ausführung bestätigt wurde, tatsächlich das Bauvorhaben jedoch hinsichtlich Bodenplatte und Wandfluchten abweichend ausgeführt war.

Fest steht weiters, dass Baumeister FF mit Schreiben vom 19.9.2016, eingelangt bei der Marktgemeinde X am 20.9.2016, als Bauverantwortlicher für den Neubau eines Wirtschaftsgebäudes im gegenständlichen Fall benannt wurde und dieser rechtskräftig mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 8.5.2017, LVwG-2017/38/0478-5, wegen Unterlassung, die zwischen 27.9.2016 und 19.10.2016 ausgeführten Abweichungen von der Baubewilligung, nämlich, dass eine Garage angebaut und das gesamte Gebäude um 50 cm höher situiert wurde, der Baubehörde unverzüglich mitzuteilen, zur Zahlung einer Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,-- verpflichtet wurde.

III.     Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Strafakt.

Der Umstand, dass AA zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der AA Baugesellschaft m.b.H gewesen ist, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Firmenbuchauszug vom 7.11.2016 und wurde dieser Umstand von der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2018 auch eingeräumt. Weiters blieb auch unbestritten, dass mit Schreiben vom 4.10.2016 eine falsche Bestätigung über die besseren Wandflucht bzw die Bauhöhen ausgestellt wurde.

Das angeführte Schreiben vom 4.10.2016 wurde der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers am 16.4.2018 mit dem Verhandlungsprotokoll mit dem Ersuchen um allfällige Stellungnahme bis 23.4.2018 übermittelt, zumal in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde, dass der Aussteller der Bestätigung vom 4.10.2016 nicht bekannt sei.

Mit Schreiben der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 23.4.2018 wurde schließlich mitgeteilt, dass „in dieser kurzen Frist“ keine Person ermittelt werden konnte, von dem die Bestätigung vom 7.10.2016 stamme.

Diese Verantwortung erscheint vor dem Hintergrund, dass auf der Bestätigung selbst der Sachbearbeiter der Bestätigung, GG, mit Telefon- und Handynummer ausdrücklich angeführt ist und der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.11.2016 zur Rechtfertigung über die vorgelegte Bestätigung vom 7.10.2016 aufgefordert wurde, nicht nachvollziehbar.

IV.      Rechtsgrundlagen:

Im Gegenstandsfall ist folgende Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2011, LGBl Nr 57/2011 idF LGBl Nr 94/2016 (TBO 2011), maßgeblich:

§ 57

Strafbestimmungen

(1) Wer

a) ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne eine entsprechende Baubewilligung oder abweichend von der Baubewilligung oder ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne eine entsprechende Bauanzeige, erheblich abweichend von der Bauanzeige, ungeachtet einer Untersagung nach § 23 Abs. 3 dritter Satz oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 30 Abs. 2 ausführt,

g) eine unrichtige Bestätigung über die Kennzeichnung der äußeren Wandfluchten oder über die Bauhöhen nach § 31 Abs. 2 bzw. 3 ausstellt

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 36.300,– Euro, zu bestrafen.“

V.       Rechtliche Beurteilung:

Wie bereits in den Sachverhaltsfeststellungen ausgeführt, wurde das Bauvorhaben des DD, das mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 13.9.2016, ****, baubehördlich genehmigt worden ist, abweichend von dieser Baubewilligung ausgeführt und wurde mit Schreiben der AA Baugesellschaft m.b.H, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, vom 4.10.2016 die Konformität zum angeführten Baubescheid vom 13.9.2016 unter Hinweis darauf, dass die Bodenplatte bzw das Fundament und der Verlauf der äußeren Wandfluchten mittels eingemessenem Schnurgerüst erhoben wurde, obwohl tatsächlich eine Garage angebaut und das gesamte Gebäude um 50 cm höher situiert wurde, ausgestellt.

Zunächst bringt der Beschwerdeführer vor, dass er nicht belangt werden könne, da EE als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG bestellt worden sei. Als Beweis wurde dem Landesverwaltungsgericht eine Bevollmächtigungsanzeige gemäß § 23 Abs 1 ArbIG vom 17.10.2013 vorgelegt. Diesem Einwand ist aber entgegenzuhalten wie folgt:

Mit Erlassung der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl Nr 15/1998, wurde erstmals die Bestimmung des Bauverantwortlichen eingeführt.

Diese Regelung löste die Bestimmung des alten § 37 der damals geltenden Tiroler Bauordnung ab, der die Bestellung eines Verantwortlichen nach den bundesrechtlichen Vorschriften vorsah, was sich aber in der Praxis wegen der mangelnden Überprüfbarkeit der Bauausführung nicht bewährte.

Deshalb wurde laut den erläuternden Bemerkungen zur Bestimmung des damaligen § 30 die Verantwortung für die ordnungsgemäße Ausführung eines Bauvorhabens im Normalfall nur mehr allein für den Bauherrn vorgesehen. Die Tätigkeit der Baubehörde sollte damit in Zukunft auf die rein baupolizeilichen Aspekte beschränkt werden.

Dem Bauherrn sollte aber die Bestellung eines Bauverantwortlichen aufgetragen werden können, wenn aufgrund besonderer baulicher Schwierigkeiten oder aufgrund von Mängeln bei der Bauausführung Grund zur Annahme bestand, dass allenfalls die Sicherheit auf der Baustelle oder die Konsensgemäße und bautechnisch einwandfreie Bauausführung nicht gewährleistet wäre.

Mit der Bestellung eines Bauverantwortlichen ist laut den erläuternden Bemerkungen dieser im Umfang seiner Bestellung an Stelle des Bauherrn der Baubehörde gegenüber für die ordnungsgemäße Bauausführung verantwortlich (Abs 3). Das Zustimmungserfordernis nach Abs 2 soll die Wirksamkeit der Bestellung sicherstellen. Es liegt auf der Hand, dass der Bauverantwortliche fachlich entsprechend qualifiziert sein muss.

Aus den erläuternden Bemerkungen lässt sich weiters ableiten, dass mit der Bestellung des Bauverantwortlichen dieser gegenüber der Behörde dafür verantwortlich gemacht wird, dass es zu einer bautechnisch einwandfreien Bauausführung kommt. Dies bedeutet in weiterer Folge aber auch, um dies gewährleisten zu können, die Baubehörde auch jederzeit wissen muss, wer Bauverantwortlicher sei.

Im gegenständlichen Fall wurde der Baubehörde als Bauverantwortlicher – wie oben bereits ausgeführt – Baumeister FF namhaft gemacht.

Mit der Bestellung des EE nach dem Arbeitsinspektionsgesetz zum Verantwortlichen erfolgte aber nur eine Übertragung der Verantwortung in Bezug auf das Arbeitsinspektionsgesetz. Hätte er auch tatsächlich die Überwachung im Sinn eines Bauverantwortlichen für die baurechtlichen Vorschriften inne gehabt, so hätte die Verpflichtung bestanden, dies auch gegenüber der Baubehörde mitzuteilen. Eine solche Mitteilung ist aber nicht erfolgt und wurde anlässlich des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens nicht einmal behauptet.

Da dies nicht geschehen ist, ist die vorgelegte Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG daher lediglich für Belange des Arbeitsinspektionsgesetzes von Belang.

Wenn in weiterer Folge vorgebracht wird, dass sich aus dem Rahmen der Bauausführung herausgestellt habe, dass das landwirtschaftliche Gebäude anders ausgeführt hätte werden müssen, und man unverzüglich Kontakt mit dem zuständigen Planer beim Amt der Tiroler Landesregierung aufgenommen und dieser zugesagt habe, dass die Umplanung den Vorschriften der Tiroler Bauordnung entspreche, und alles daran gesetzt werde, so schnell wie möglich einen Baubescheid zu erhalten, so ist dieser Argumentation entgegen zu halten, dass es dem Beschwerdeführer als Fachkraft im Bauwesen durchaus erkennbar sein musste, dass ohne gültigen Baubescheid nicht mit den entsprechenden Baumeisterarbeiten begonnen hätte werden dürfen.

Weiters darf, was als bauausführende Firma besonders gravierend zu beurteilen ist, die bescheidkonforme Ausführung der Bodenplatte, des Fundaments und der äußeren Wandfluchten dann nicht gemäß § 31 Abs 2 TBO bestätigt werden, wenn faktische Änderungen zum genehmigten Projekt vorgenommen wurden, die – wenngleich sie allenfalls bereits Gegenstand eines laufenden Bauverfahrens sind – jedenfalls noch nicht baubehördlich bewilligt wurden. Auch musste der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer großen Baufirma in Österreich wissen, dass es auch in Tirol keine mündlich erlassenen Baubescheide gibt, die Abweichungen in der Bauausführung bereits vor Erlassung eines „sanierenden“ Baubescheides ermöglichen.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines „Ungehorsamsdeliktes“ – als welches sich auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen darstellen – tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (vgl VwGH 24.5.1989, 89/02/0017).

Auch der Druck von Seiten des Bauherrn kann kein ausreichendes Argument sein, dass ein Gebäude abweichend von der Baugenehmigung errichtet wird und diesbezüglich unrichtige Bestätigungen ausgestellt werden. Auch das umgehende Bemühen der nachträglichen Sanierung vermag den Beschwerdeführer nicht vom Vorwurf des Wissens, dass eine baurechtliche Genehmigung für die vorgenommenen Abweichungen erforderlich ist, zu befreien.

Wenn schließlich noch ausgeführt wird, dass sich der Beschwerdeführer auf seine Mitarbeiter vor Ort hätte verlassen dürfen, so ist ihm entgegen zu halten, dass in Bezug auf übertragene Verantwortlichkeiten der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen gesicherten Judikatur stets darauf hinweist, dass nur das Vorhandensein eines strafbefreienden Regel- und Kontrollsystems den Verantwortlichen von seinem Verschulden zu entbinden vermag (vgl VwGH 19.09.1989, 89/08/0221).

Ein solches Regel- und Kontrollsystem wurde vom Beschwerdeführer weder behauptet noch in der mündlichen Verhandlung vom 12.4.2018 dargelegt.

Wenn von Seiten des Beschwerdeführers abschließend vorgebracht wird, dass der gegenständliche Tatvorwurf als vernachlässigbar anzusehen sei, da es schlussendlich zu einem sanierenden Baubescheid gekommen ist, so ist diesem Argument nichts abzugewinnen, zumal die baurechtlichen Vorschriften sicherstellen sollen, dass Baumaßnahmen mit den baurechtlichen Schutzinteressen vereinbar sind. Diesem staatlichen Interesse hat der Beschwerdeführer durch Ausstellung einer falschen Bestätigung und seiner Beihilfe zum abweichenden Bauen erkennbar zuwidergehandelt.

Der Beschwerdeführer als Fachmann in Bausachen war sich jedenfalls bewusst darüber, dass die unter der Ägide seiner Bauführung vorgenommenen Abweichungen zum Baubescheid einer baurechtlichen Genehmigung bedurft hätten und kann daher an einer vorsätzlichen Beihilfehandlung iSd § 7 VStG überhaupt kein Zweifel bestehen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass beim Tatbestand der unbefugten Bauführung als Täter derjenige in Betracht kommt, der die bauliche Maßnahme ausführt oder auch derjenige, in dessen Auftrag eine solche Ausführung erfolgt (VwGH 22.6.2004, 2003/06/0154).

„Täter ist der Bauwerber, also derjenige, über dessen Auftrag und für dessen Rechnung das Bauvorhaben ausgeführt wird. Mittäter kann aber auch der Bauführer sein, der ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausführt.“ (EB 1974/42).

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Bestrafung des Bauverantwortlichen FF mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 8.5.2017, LVwG-2017/38/0487-5, einer gesonderten Verfolgung des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ausführenden Baufirma nicht entgegensteht.

VI.      Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Zugrundelegung ausreichender wirtschaftlicher Verhältnisse durch die belangte Behörde im Straferkenntnis vom 17.1.2017 ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

Hinsichtlich Spruchpunkt 1. ist auszuführen, dass darin eine gravierende Übertretung der Tiroler Bauordnung zu sehen ist: Seitens der bauausführenden Firma AA Gesellschaft m.b.H. wurde in Kenntnis des genehmigten Bestandes und der abweichenden Bauausführung eine falsche Bestätigung gemäß § 31 Abs 2 TBO ausgestellt.

Hinsichtlich Spruchpunkt 2. ist zu attestieren, dass die Baufirma neben dem Bauherrn oder Bauverantwortlichen als Mittäter fungiert; vor diesem Hintergrund erscheint nicht nachvollziehbar, dass der „Haupttäter“ mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 8.5.2017, LVwG-2017/38/0487-5, zu einer Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,-- verpflichtet wird, der als „Erfüllungsgehilfe“ fungierenden Verantwortlichen der bauausführenden Firma jedoch eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.000,-- auferlegt bekommt.

Aus diesem Grund war die zu Spruchpunkt 2. verhängte Geldstrafe auf Euro 300,-- herabzusetzen.

Die Reduzierung der zu Spruchpunkt 1. verhängten Geldstrafe beruht darauf, dass der Beschwerdeführer bislang unbescholten ist und dass die Folgen der Übertretung wegen der zeitnahen Sanierung der abweichenden Bauausführung spätestens mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde X vom 8.11.2016, ****, was einen Zeitraum von gut einem Monat nach Ausstellung der Bestätigung gemäß § 31 Abs 2 TBO darstellt – als überschaubar zu qualifizieren sind.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VII.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hengl

(Richter)

Schlagworte

Verantwortlicher Beauftragter und Bauverantwortlicher

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.31.0486.5

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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