Entscheidungsdatum
30.04.2018Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §3 Abs1 Z5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, XY, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, XY, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt XY vom 05.12.2017, Zahl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 60,- zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt XY vom 05.12.2017, Zl ****, wurde AA spruchgemäß folgendes zur Last gelegt:
„Sie haben obwohl Sie mit Schreiben vom 24.10.2016 zu Zl. **** (RSb-Brief, zugestellt am 28.10.2016 an Ihre Gattin), dazu aufgefordert worden sind, die Sammlung von biologisch verwertbaren Bioabfällen im Gemeindegebiet von XY zu unterlassen, als Transporteur und damit als Abfallbesitzer im Sinne des § 2 Abs. 6 Z. 1 lit. b AWG zuletzt
1. am 20.07.2017 gemischte Küchen- und Speiseabfälle des CC in XY, Adresse 3,
2. am 20.07.2017 gemischte Küchen- und Speiseabfälle des DD in XY, Adresse 4,
3. am 20.07.2017 gemischte Küchen- und Speiseabfälle des EE in XY, Adresse 5,
4. am 20.07.2017 gemischte Küchen- und Speiseabfälle des FF in XY, Adresse 6,
5. am 20.07.2017 gemischte Küchen- und Speiseabfälle des GG in XY, Adresse 7,
6. am 20.07.2017 gemischte Küchen- und Speiseabfälle der JJ in XY, Adresse 8,
abgeholt und die vorstehend unter 1. bis 6. angeführten gemischten Küchen- und Speiseabfälle zum Abwasserverband Z (Körperschaft öffentlichen Rechts nach Wasserrechtsgesetz 1959) Adresse 9, Y transportiert. Dies obwohl sie als Abfallbesitzer dafür zu sorgen haben, dass biologisch verwertbare Abfälle entweder in die hierzu bestimmten Biomüllbehälter eingebracht oder am eigenen Grundstück fachgerecht kompostiert werden.
Vom soeben gegen Sie erhobenen Vorwurf ausdrücklich nicht erfasst sind die in § 3 Abs. 1 Z. 5 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) genannten Materialien.“
Dadurch habe er jeweils eine Übertretung nach § 11 Abs 2 lit c iVm § 20 Abs 2 lit b TAWG iVm § 5 Abs 3 der XYer Müllabfuhrordnung begangen und sei jeweils mit € 50,- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Stunden, Verfahrenskostenbeitrag € 10,-) zu bestrafen.
Gegen dieses Straferkenntnis hat AA mit Schreiben vom 08.01.2018 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass gemäß der EU-VO 1069/2009 alle Küchen- und Speiseabfälle, ausgenommen jene von international eingesetzten Verkehrsmitteln, nach dem Tiermaterialienrecht als Material der Kategorie 3 gelten würden. Er verfüge über eine aufrechte Bewilligung zum Transport von Speise- und Küchenabfällen der Kategorie 3. Er habe sich gegenüber den jeweiligen Gastgewerbebetrieben bereit erklärt, lediglich Speise- und Küchenabfälle der Kategorie 3 abzuholen und diese zum Abwasserverband Z zur Entsorgung zu transportieren. Er sei nicht verpflichtet gewesen, die ihm überlassenen Abfälle zu kontrollieren. Er sei davon ausgegangen, ausschließlich Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 zu transportieren, wofür eine Genehmigung vorgelegen sei und der Ausnahmetatbestand des § 24a Abs 2 Z 2 AWG 2002 greife. Die Behörde habe nicht nachweisen können, dass er andere Abfälle als Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 transportiert habe. Außerdem dürfe der Landesgesetzgeber nicht in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers in Bezug auf die Sammlung von Abfällen, wie dies im § 24a AWG 2002 zum Ausdruck komme, eingreifen.
Am 27.02.2018 und 12.04.2018 hat das Landesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und aufgrund des Beweisantrages des Beschwerdeführers den Akt Zl **** der Stadt XY eingeholt.
II. Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 29.07.2004 hat der Beschwerdeführer beim Stadtmagistrat XY (zu Handen des Amtstierarztes) beantragt, die Sammlung und Entsorgung von Speise- und Küchenabfällen der Kategorie 3 gemäß § 3 Tiermaterialiengesetz zu bewilligen. Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt XY vom 23.02.2005, Zl ****, wurde der Betrieb des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs 1 Tiermaterialiengesetz als Zwischenbehandlungsbetrieb iSd der Verordnung (EG) Nr 1774/2002 zugelassen. Seither übernimmt der Beschwerdeführer von diversen XYer Gastronomiebetrieben Küchen- und Speiseabfälle in geschlossenen Behältern und liefert diese zu Biogasanlagen. Bei den durchgeführten Überprüfungen durch die Veterinärbehörde wurde er nicht auf eine abfallrechtliche Unzulässigkeit seiner Tätigkeit hingewiesen.
Mit Schreiben vom 24.10.2016, Zl ****, dem Beschwerdeführer am 28.10.2016 persönlich zugestellt, hat die Magistratsabteilung III der Stadt XY dem Beschwerdeführer folgendes mitgeteilt:
„Sehr geehrter Herr A!
Wir haben Kenntnis davon erlangt, dass Sie auf dem Gemeindegebiet von XY biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen (Biomüll) sammeln.
Nach der XYer Müllabfuhrordnung 2015 §5 dürfen biologisch verwertbare Siedlungsabfälle ausschließlich in den von der öffentlichen Müllabfuhr bereitgestellten Behältern gesammelt werden.
Wir fordern sie daher auf, biologisch verwertbare Siedlungsabfälle nicht mehr im Stadtgebiet XY zu sammeln.
Andernfalls müssten wir den Akt der Strafbehörde weiterleiten.“
Mit Ladungsbescheid der Bürgermeisterin der Stadt XY vom 03.05.2017, Zl ****, dem Beschwerdeführer am 05.05.2017 persönlich durch RSa-Brief zugestellt, wurde der Beschwerdeführer mit folgendem Vorwurf konfrontiert:
„Sehr geehrter Herr A!
Wir haben folgende Angelegenheit zu bearbeiten:
Verdacht von Übertretungen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) sowie nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz (TAWG);
Beschuldigter: Herr AA
Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie ohne entsprechende Genehmigung, nämlich die Erlaubnis des Landeshauptmannes (gemäß § 24a Abs. 1 AWG), biologisch verwertbaren Siedlungsabfall im Stadtgebiet von XY gesammelt und anschließen entsorgt haben.“
Am 07.06.2017 hat der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, Einsicht in den behördlichen Strafakt Zl **** genommen, aus dem die Rechtsansicht der Abfallrechtsbehörde, wonach ein Verstoß gegen die abfallrechtlichen Vorschriften vorliege, eindeutig hervorgeht.
Am 20.07.2017 hat der Beschwerdeführer persönlich Küchen- und Speiseabfälle von den XYer Gastronomiebetrieben CC, DD, EE, FF, GG und JJ übernommen und zur Biogasanlage des Abwasserverbandes Z transportiert. Diesen Transporten lagen Vereinbarungen mit den Gastronomiebetrieben zugrunde, wonach der Beschwerdeführer Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 übernimmt. Der Beschwerdeführer hat den Inhalt der von den Gastronomiebetrieben übergebenen Abfallbehälter nicht kontrolliert. Er ist jedoch davon ausgegangen, dass es sich vereinbarungsgemäß um Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 handelt. Darunter hat der Beschwerdeführer das verstanden, was typischerweise beim Essen und in der Küche als Abfall anfällt. Letztlich lässt sich aber nicht mehr feststellen, wie die am 20.07.2017 vom Beschwerdeführer übernommenen Küchen- und Speiseabfälle konkret zusammengesetzt waren; insbesondere ob es sich – wie vom Beschwerdeführer vorgebracht – ausschließlich um tierische Fraktionen (Fleisch, Knochen etc) oder – was nach allgemeiner Lebenserfahrung eher zu erwarten wäre – auch um pflanzliche Fraktionen (Gemüse, Brot etc) gehandelt hat.
Der Beschwerdeführer hat die am 20.07.2017 übernommenen Küchen- und Speiseabfälle nicht in den gemäß § 5 Abs 3 der XYer Müllabfuhrordnung vorgesehenen Müllbehältern gesammelt und auch nicht der öffentlichen Müllabfuhr übergeben. Er hat die Abfälle auch nicht auf den Grundstücken der Erzeuger fachgerecht kompostiert oder – soweit dies nach anderen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig gewesen wäre – an Tiere verfüttert.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafakt Zl **** der belangten Behörde und aus dem Veterinärakt Zl ****.
Die inkriminierte Übernahme von Küchen- und Speiseabfällen am 20.07.2017 und deren Übergabe an die Biogasanlage wurde vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht eingeräumt. Die konkrete Zusammensetzung der am 20.07.2017 abgeholten Küchen- und Speiseabfälle – insbesondere der Anteil tierischer Fraktionen – wurde von der belangten Behörde nicht ermittelt und vom Beschwerdeführer nicht kontrolliert; diesbezügliche Feststellungen sind nicht mehr möglich.
Soweit der Beschwerdeführer bestreitet, von der Stadt XY über die abfallrechtliche Unzulässigkeit seiner Tätigkeit aufgeklärt worden zu sein, steht dem das eindeutige Schreiben des Stadtmagistrats vom 24.10.2016, Zl ****, und der Ladungsbescheid der belangten Behörde vom 03.05.2017, Zl ****, entgegen. Beide Schriftstücke wurden dem Beschwerdeführer persönlich übergeben; die vom Beschwerdeführer unterschriebenen Rückscheine (RSa und RSb) liegen im Akt. Spätestens durch die Akteneinsicht vom 07.06.2017 – und somit noch vor dem vorgeworfenen Tatzeitpunkt am 20.07.2017 – musste ihm die Rechtsansicht der zuständigen Behörde, wonach ein Verstoß gegen die abfallrechtlichen Bestimmungen vorliegt, bekannt sein.
IV. Rechtslage:
Die relevanten Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten auszugsweise wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2.
(…)
(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
(…)
2. „Siedlungsabfälle“ Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind; bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Art. 7 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle, ABl. Nr. L 312 vom 22. 11. 2008 S 3 berichtigt durch ABl. Nr. L 127 vom 26. 5. 2009 S 24, zu berücksichtigen. Gemischte Siedlungsabfälle im Sinne des Europäischen Abfallverzeichnisses gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaften nicht wesentlich verändert hat.
(…)
(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
1. ist „Abfallbesitzer“
a) der Abfallerzeuger oder
b) jede Person, welche die Abfälle innehat;
(…)
Ausnahmen vom Geltungsbereich
§ 3.
(1) Keine Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
(…)
5. a) Körper von Tieren, die nicht durch Schlachtung zu Tode gekommen sind, einschließlich Körper von Tieren, die zur Tilgung von Tierseuchen getötet wurden und im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte), ABl. Nr. L 300 vom 14.11.2009 S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, ABl. Nr. L 276 vom 20.10.2010 S. 33, zu beseitigen sind, und
b) sonstige tierische Nebenprodukte einschließlich verarbeitete Erzeugnisse, die unter die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 fallen, mit Ausnahme derjenigen, die für spezifische Abfallbehandlungsanlagen wie die Verbrennung in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage, oder die Behandlung in einer Biogas- oder Kompostieranlage bestimmt sind,
(...)
Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen
§ 24a
(1) Wer Abfälle sammelt oder behandelt bedarf einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. Der Antrag kann, sofern dieser Teilbereich in einem Register gemäß § 22 Abs. 1 eingerichtet ist, über dieses Register erfolgen.
(2) Der Erlaubnispflicht unterliegen nicht:
(…)
2. Transporteure, soweit sie Abfälle im Auftrag des Abfallbesitzers nur befördern;
(…)“
Die relevanten Bestimmungen des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG) lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
(…)
(5) Biologisch verwertbare Abfälle sind Garten- und Parkabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten, aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe und aus dem Handel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungs-, Genuss- und Futtermittelverarbeitungsbetrieben, aus der Land- und Forstwirtschaft und aus der Straßenerhaltung.
(…)
§ 10
Allgemeine Pflichten
Unbeschadet der bundesrechtlichen Vorschriften müssen alle Abfälle nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen gesammelt und bereitgestellt, abgeführt oder übergeben werden.
§ 11
Sammlung und Abfuhr von Siedlungsabfällen
(…)
(2) Die Abfallbesitzer haben dafür zu sorgen, dass
(…)
c) die biologisch verwertbaren Abfälle in die hierzu bestimmten Biomüllbehälter eingebracht werden, soweit sie nicht auf dem Grundstück des Erzeugers fachgerecht kompostiert oder, soweit dies nach anderen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig ist, an Tiere verfüttert werden, und
(…)
§ 15
Müllabfuhrordnung
(1) Die Gemeinde hat unter Bedachtnahme auf die Grundsätze nach § 4 und auf das Abfallwirtschaftskonzept durch Verordnung eine Müllabfuhrordnung zu erlassen.
(2) Die Müllabfuhrordnung hat jedenfalls zu enthalten:
(…)
f) die Festlegung des Systems der Abholung der biologisch verwertbaren Abfälle, sofern nicht aufgrund einer Verordnung nach § 14 Abs. 4 eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Abholung biologisch verwertbarer Abfälle besteht, sowie des Systems der Sammlung saisonal anfallender Gartenabfälle und
(…)
§ 20
Strafbestimmungen
(…)
(2) Wer
b) als Abfallbesitzer den Verpflichtungen nach § 11 Abs. 2 und 3 und § 13 Abs. 3 nicht nachkommt,
(…)
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 3.600,– Euro zu bestrafen.
(…)“
Die relevanten Bestimmungen der Müllabfuhrordnung der Stadt XY 2015 lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 1
Geltungsbereich
(…)
(2) Die gesamten im Bereich der Stadtgemeinde XY anfallenden Siedlungsabfälle unterliegen der Entsorgungspflicht durch die öffentliche Müllabfuhr gemäß den nachstehenden Bestimmungen.
(3) Nicht der Entsorgungspflicht durch die öffentliche Müllabfuhr unterliegen
(…)
c) biologisch verwertbare Siedlungsabfälle, die auf einem Grundstück des Inhabers der Abfälle fachgerecht kompostiert werden.
(…)
§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Siedlungsabfälle sind Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2017. Das sind Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind.
(…)
(5) Biologisch verwertbare Siedlungsabfälle sind z.B. Garten- und Parkabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten, aus dem Gaststätten-, Restaurant- und Cateringgewerbe und aus dem Handel.
(…)
§ 5
Sammlung von biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen
(1) Biologisch verwertbare Siedlungsabfälle sind:
a) organische Abfälle aus Privatgärten wie Grünschnitt, Baum- und Strauchschnitt, Laub, Blumen-, Obst- und Gemüseabfälle, etc.
b) organische Abfälle aus Haushalten wie Reste aus der Speisenzubereitung, Kaffee- und Teesud samt Filterpapieren, Schnittblumen und Topfpflanzen, Mist und Streu von Kleintieren, etc.
c) organische Abfälle aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe sowie aus dem Handel
d) unbeschichtetes Papier, welches mit Nahrungsmitteln in Berührung steht (z.B. Servietten) und zur Sammlung und Verwertung von biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen geeignet ist.
(2) Nicht biologisch verwertbare Siedlungsabfälle sind:
Textilien, Staubsaugerbeutel, Asche, Windeln, Hygieneartikel, künstliche Katzenstreu, Schlachtabfälle, Kadaver etc.
(3) Biologisch verwertbare Siedlungsabfälle sind, mit Ausnahme von Baum- und Strauchschnitt,
a) in Müllbehältern gemäß § 10 Abs. 6 zu sammeln und der öffentlichen Müllabfuhr zu übergeben oder
b) am eigenen Grundstück fachgerecht zu kompostieren („Eigenkompostierung“).
(…)“
Die relevanten Bestimmungen des Tiermaterialiengesetzes (TMG) lauten auszugsweise wie folgt:
„Anwendungsbereich
§ 1.
(…)
(2) Die Bestimmungen des (…) Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, (…) bleiben unberührt.
(…)
Registrierung und Zulassung von Betrieben und Unternehmern
§ 3.
(1) Für die Registrierung oder Zulassung von Betrieben und Anlagen (im Folgenden: Betriebe) sowie Unternehmern nach Artikel 23 oder Artikel 24 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 ist die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel der Betrieb liegt oder der Unternehmer seinen Sitz hat, zuständig.
(…)“
Die relevanten Bestimmungen der EG-Verordnung Nr 1069/2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte lauten auszugsweise wie folgt:
„Artikel 2
Anwendungsbereich
(…)
(2) Diese Verordnung gilt nicht für folgende tierische Nebenprodukte:
(…)
g) Küchen- und Speiseabfälle, es sei denn,
i) sie stammen von international eingesetzten Verkehrsmitteln;
ii) sie sind zur Fütterung bestimmt;
iii) sie sind zur Drucksterilisation oder zur Verarbeitung mittels Methoden gemäß Artikel 15 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b oder zur Umwandlung in Biogas oder zur Kompostierung bestimmt;
(…)
Artikel 8
Material der Kategorie 1
Material der Kategorie 1 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
(…)
f) Küchenabfälle von international eingesetzten Verkehrsmitteln;
(…)
Artikel 10
Material der Kategorie 3
Material der Kategorie 3 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
(…)
p) andere Küchen- und Speiseabfälle als die in Artikel 8 Buchstabe f genannten.
(…)“
V. Erwägungen:
Einleitend wird darauf hingewiesen, dass das Landesverwaltungsgericht gemäß Art 135 Abs 4 iVm 89 Abs 1 B-VG gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen auf ihre Gültigkeit nicht zu überprüfen hat. Soweit der Beschwerdeführer daher die Verfassungswidrigkeit des TAWG behauptet, ist darauf vom Landesverwaltungsgericht nicht weiter einzugehen und steht es dem Beschwerdeführer frei, entsprechende Normprüfungsanträge beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Im Hinblick auf diese Möglichkeit des Beschwerdeführers, den VfGH gemäß Art 144 B-VG selbst zu befassen, bedeutet dies auch keine Beschneidung des Beschwerdeführers in seinen Rechten (vgl VwGH 27.02.2015, 2015/06/0009).
Der Vollständigkeit halber wird jedoch darauf hingewiesen, dass der VfGH in seinen Entscheidungen vom 11.06.2002, B 139/01-13, und 25.09.2006, B 3550/05-10, gegen die Regelungen des TAWG 1990 über einen Andienungszwang keine Bedenken gehabt hat. In der erstgenannten Entscheidung hat der VfGH ausgeführt, dass die Festsetzung verpflichtender Versorgungsbereiche zwecks Vermeidung überflüssiger Abfallentsorgungswege und zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Ausnutzung der für die einzelnen Entsorgungsbereiche eingerichteten Deponien im öffentlichen Interesse gelegen, diesem adäquat und sachlich gerechtfertigt ist (vgl auch VwGH 15.10.2009, 2006/07/0147).
Festgehalten wird daher, dass das Landesverwaltungsgericht die vom Beschwerdeführer formulierten Bedenken betreffend die Gesetzmäßigkeit der XYer Müllabfuhrordnung und die Verfassungsmäßigkeit des TAWG nicht teilt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass durch die XYer Müllabfuhrordnung und das TAWG in die Kompetenzen des Bundes eingegriffen würde, bestehen doch diesbezüglich keinerlei Regelungen im Abfallrecht des Bundes. Insbesondere stehen die Andienungspflichten des TAWG – anders als der Beschwerdeführer vermeint – auch nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen für Abfallsammler und –behandler gemäß § 24a AWG 2002. Das Land ist somit zu Folge des Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG zur Regelung der gegenständlichen Angelegenheiten zuständig und konnte zu Recht in § 15 TAWG eine Zuständigkeit der Gemeinde zur Erlassung der besagten Verordnung vorsehen. Das Landesverwaltungsgericht sieht sich daher nicht dazu veranlasst, die dem Verfahren zu Grunde liegenden abfallrechtlichen Vorschriften dem VfGH zur Prüfung vorzulegen.
Ausschlaggebend für den vorliegenden Fall ist daher die Frage der Zuordnung der Abfälle, insbesondere ob die vom Beschwerdeführer übernommenen Küchen- und Speiseabfälle aus XYer Gastronomiebetrieben von der Andienungspflicht des TAWG erfasst werden oder nicht.
Dazu ist zunächst auf das zentrale Beschwerdevorbringen einzugehen, wonach der Beschwerdeführer ausschließlich Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 iSd EG-Verordnung Nr 1069/2009 übernommen habe und die inkriminierten Handlungen von der Betriebszulassung gemäß § 3 Abs 1 TMG vom 23.02.2005, Zl ****, gedeckt seien, weshalb kein Verstoß gegen die abfallrechtlichen Bestimmungen vorliege. Dazu ist klarzustellen, dass das TMG unter anderem der Durchführung der europäischen Verordnung über tierische Nebenprodukte (EG-Verordnung Nr 1069/2009) dient, während mit dem AWG 2002 und dem TAWG insbesondere die europäische Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) umgesetzt wird. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers verdrängen die veterinärrechtlichen Bestimmungen des TMG nicht die abfallrechtlichen Vorschriften. So hält auch § 1 Abs 2 TMG ausdrücklich fest, dass die Bestimmungen des AWG 2002 von den Bestimmungen des TMG unberührt bleiben. Wenn der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung argumentiert hat, dass bei dieser Rechtsauffassung die Betriebszulassung nach dem TMG nicht hätte erteilt werden dürfen, übersieht er, dass für die veterinärrechtliche Zulässigkeit nach dem TMG die Bestimmungen des TAWG und der XYer Müllabfuhrordnung irrelevant sind.
Jedoch bestimmt § 3 Abs 1 Z 5 AWG 2002 für den Anwendungsbereich des TAWG, dass
a) Körper von Tieren, die nicht durch Schlachtung zu Tode gekommen sind, einschließlich Körper von Tieren, die zur Tilgung von Tierseuchen getötet wurden und im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte), ABl. Nr. L 300 vom 14.11.2009 S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, ABl. Nr. L 276 vom 20.10.2010 S. 33, zu beseitigen sind, und
b) sonstige tierische Nebenprodukte einschließlich verarbeitete Erzeugnisse, die unter die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 fallen, mit Ausnahme derjenigen, die für spezifische Abfallbehandlungsanlagen wie die Verbrennung in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage, oder die Behandlung in einer Biogas- oder Kompostieranlage bestimmt sind,
keine Abfälle im Sinne des AWG 2002 sind und somit auch keine Abfälle nach dem TAWG darstellen.
Es ist jedoch notorisch, dass es sich beim fleischlichen Anteil von Küchen- und Speiseabfällen um Körper von Tieren handelt, die durch Schlachtung zu Tode gekommen sind und die auch nicht zur Tilgung von Tierseuchen getötet wurden. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs 1 Z 5 lit a AWG 2002 liegt somit bei Küchen- und Speiseabfällen nicht vor. Zumal die vom Beschwerdeführer übernommenen Küchen- und Speiseabfälle zur Behandlung in einer Biogasanlage bestimmt waren, fallen sie auch nicht unter die Ausnahme der lit b leg cit, sodass die vom Beschwerdeführer übernommenen und bei einer Biogasanlage abgegebenen tierischen Küchen- und Speiseabfälle unter den Anwendungsbereich des AWG 2002 und des TAWG fallen. Unabhängig davon, ob es sich bei den vom Beschwerdeführer übernommenen Küchen- und Speiseabfällen ausschließlich um tierische Fraktionen oder (auch) um pflanzliche Fraktionen gehandelt hat, sind somit die abfallrechtlichen Vorschriften anzuwenden.
Aber auch unabhängig von einer näheren Zuordnung der vom Beschwerdeführer übernommenen tierischen Küchen- und Speiseabfälle wird festgehalten, dass tierische Nebenprodukte einschließlich verarbeitete Erzeugnisse, die von § 3 Abs 1 Z 5 AWG 2002 erfasst werden, nicht als Abfälle gelten. Zumal dem Beschwerdeführer aber lediglich vorgeworfen wird, der Andienungspflicht unterliegende Abfälle entgegen der XYer Müllabfuhrordnung nicht der öffentlichen Müllabfuhr übergeben zu haben, werden vom Strafvorwurf von vorn herein jene Materialien nicht erfasst, die keine Abfälle im Sinne des AWG 2002 darstellen. Falls in den gegenständlichen Gastronomiebetrieben tatsächlich auch Fleisch angefallen sein sollte, das von Tieren stammt, die nicht durch Schlachtung zu Tode gekommen sind oder das von Tieren stammt, die zur Tilgung von Tierseuchen getötet wurden, so wird die Entsorgung dieser Rückstände nicht vom hier zu beurteilenden Strafvorwurf erfasst.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers greift vorliegend auch nicht der Ausnahmetatbestand des § 24a Abs 2 Z 2 AWG 2002. Nach dieser Bestimmung unterliegen Transporteure, soweit sie Abfälle im Auftrag des Abfallbesitzers nur befördern, nicht der Erlaubnispflicht für die Sammlung und Behandlung von Abfällen gemäß § 24a Abs 1 AWG 2002. Dem Beschwerdeführer wurde aber nicht das Fehlen dieser berufsrechtlichen Erlaubnis, sondern ein Verstoß gegen die Andienungspflichten des TAWG zur Last gelegt.
Die Gemeinde hat gemäß § 15 Abs 1 TAWG unter Bedachtnahme auf die Grundsätze nach § 4 TAWG und auf das Abfallwirtschaftskonzept durch Verordnung eine Müllabfuhrordnung zu erlassen. Die Müllabfuhrordnung hat gemäß Abs 2 lit f leg cit unter anderem die Festlegung des Systems der Abholung der biologisch verwertbaren Abfälle, sofern nicht aufgrund einer Verordnung nach § 14 Abs 4 TAWG eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Abholung biologisch verwertbarer Abfälle besteht, sowie des Systems der Sammlung saisonal anfallender Gartenabfälle zu enthalten.
Der Gemeinderat der Stadt XY hat mit Beschluss vom 18.06.2015 auf Grundlage des TAWG eine Müllabfuhrordnung erlassen. In § 5 dieser Verordnung wird ein System der Sammlung von biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen festgelegt. Als „biologisch verwertbare Siedlungsabfälle“ werden unter anderem in Abs 1 lit c leg cit „organische Abfälle aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe“ erwähnt. Gemäß § 5 Abs 3 leg cit sind biologisch verwertbare Siedlungsabfälle, mit Ausnahme von Baum- und Strauchschnitt, in Müllbehältern gemäß § 10 Abs 6 leg cit zu sammeln und der öffentlichen Müllabfuhr zu übergeben oder am eigenen Grundstück fachgerecht zu kompostieren („Eigenkompostierung“).
Abfallbesitzer – als solcher ist der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs 6 Z 1 lit b AWG 2002 anzusehen (VwGH 17.02.2011, 2007/07/0043) – haben nach § 11 Abs 2 lit c TAWG dafür zu sorgen, dass biologisch verwertbare Abfälle in die hierzu bestimmten Biomüllbehälter eingebracht werden, soweit sie nicht auf dem Grundstück des Erzeugers fachgerecht kompostiert oder, soweit dies nach anderen bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zulässig ist, an Tiere verfüttert werden. Gemäß § 2 Abs 5 TAWG zählen zu den biologisch verwertbaren Abfällen ausdrücklich Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten und aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe.
Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es sich bei den von ihm übernommenen Küchen- und Speiseabfällen um das gehandelt hat, was typischerweise beim Essen übrig bleibt und in der Küche anfällt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich diese Küchen- und Speiseabfälle von vergleichbaren Nahrungsabfällen anderer Gastgewerbebetriebe unterscheiden. Aber auch wenn die gegenständlichen Gastgewerbebetriebe – entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung – ihre Küchen- und Speiseabfälle in tierische und pflanzliche Fraktionen getrennt hätten und dem Beschwerdeführer ausschließlich tierische Fraktionen – also Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 iSd EG-Verordnung Nr 1069/2009 – übergeben hätten, hindert dies eine Einstufung der fraglichen Abfälle als biologisch verwertbare Siedlungsabfälle iSd § 5 der XYer Müllabfuhrordnung nicht.
Da derartige Küchen- und Speiseabfälle schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch regelmäßig in privaten Haushalten anfallen, bestehen auch keine Zweifel, dass es sich bei den im vorliegenden Verfahren relevanten Abfällen um Siedlungsabfälle iSd § 2 Abs 4 Z 2 AWG 2002 handelt. Alleine der Umstand, dass sie bei einem Gewerbebetrieb quantitativ betrachtet in einem höheren Ausmaß anfallen können, ändert an dieser Einstufung nichts. So hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in seiner Entscheidung vom 25.06.2009, 2007/07/0014, folgendes festgehalten: „Aus der Definition der Siedlungsabfälle im § 2 Abs 4 Z 2 AWG 2002 ergibt sich zunächst, dass auch Abfälle, die nicht aus privaten Haushalten, sondern etwa aus Gewerbebetrieben stammen, Siedlungsabfälle sein können. Der Gesetzgeber stellt ausschließlich auf die Zusammensetzung der Abfälle ab. Ob diese Abfälle in Haushaltsmengen anfallen oder nicht, ist für die Zuordnung zur Kategorie der Siedlungsabfälle irrelevant. In weiterer Folge verweist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis auf das Europäische Abfallverzeichnis, Kapitel 20. Dort werden unter der Überschrift Siedlungsabfälle (Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle aus Einrichtungen), einschließlich getrennt gesammelter Fraktionen unter dem Code 20 01 08 biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle und unter dem Code 20 03 01 gemischte Siedlungsabfälle genannt. Anschließend daran hält der Verwaltungsgerichtshof fest: „Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, 2005/07/0135, ausgesprochen hat, ist dann, wenn ein zu beurteilender Abfall aus Stoffen besteht, die einem oder mehreren Abfallcodes des Kapitels (Gruppe) 20 (z.B. 20 01 01, 20 01 08 und 20 01 39) des Europäischen Abfallverzeichnisses zuzuordnen sind, dieser Abfall als Siedlungsabfall anzusehen.“
Unabhängig von der Frage, ob der Beschwerdeführer ausschließlich tierische Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 iSd EG-Verordnung Nr 1069/2009 oder – wie er in seiner Einvernahme vor dem Landesverwaltungsgericht eingeräumt hat – solche Küchen- und Speiseabfälle übernommen hat, die typischerweise beim Essen und in der Küche anfallen – also neben tierischen auch pflanzliche Fraktionen – handelt es sich um biologisch verwertbare Siedlungsabfälle.
Da der Beschwerdeführer diese Abfälle von den Vorbesitzern übernommen hat und somit die Innehabung auf ihn überging, bestehen auch keine Zweifel, dass er als Abfallbesitzer iSd § 2 Abs 6 Z 1 lit b AWG 2002 verpflichtet war, die abfallrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich dieser Abfälle einzuhalten (vgl VwGH 22.03.2012, 2008/07/0204). Wer als Abfallbesitzer den Verpflichtungen nach § 11 Abs 2 TAWG nicht nachkommt, begeht gemäß § 20 Abs 2 lit b TAWG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu € 3.600,- zu bestrafen. Zumal der Beschwerdeführer die biologisch verwertbaren Küchen- und Speiseabfälle aus XYer Gastronomiebetrieben entgegen § 11 Abs 2 lit c TAWG nicht in den gemäß § 5 Abs 3 der XYer Müllabfuhrordnung vorgesehenen Müllbehältern gesammelt und der öffentlichen Müllabfuhr übergeben hat und die Abfälle auch nicht auf dem Grundstück des Erzeugers fachgerecht kompostiert oder zulässigerweise an Tiere verfüttert hat, steht die Übertretung des § 20 Abs 2 lit b iVm § 11 Abs 2 lit c TAWG iVm § 5 Abs 3 der XYer Müllabfuhrordnung in objektiver Hinsicht fest.
Sofern der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, dass § 1 der XYer Müllabfuhrordnung keine Verpflichtung des Abfallbesitzers vorsehe, Siedlungsabfälle durch die Stadtgemeinde XY entsorgen zu lassen, wird klargestellt, dass dem Beschwerdeführer kein Verstoß gegen § 1, sondern ein Verstoß gegen § 5 Abs 3 leg cit vorgeworfen wird.
Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung auch eingewandt, dass es zahlreiche weitere Betriebe gebe, die ihre Bioabfälle in der Biogasanlage des Abwasserverbandes Z entsorgen würden. Dem ist zu entgegnen, dass dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt wird, Küchen- und Speiseabfälle in der Biogasanlage in Y abgegeben zu haben, sondern, XYer Küchen- und Speiseabfälle nicht in den gemäß der XYer Müllabfuhrordnung vorgesehenen Müllbehältern gesammelt und der öffentlichen Müllabfuhr übergegeben zu haben.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" – als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt – tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich ins Treffen geführt, dass ihm die Unrechtmäßigkeit seines Handelns nicht bewusst gewesen sei, dass die inkriminierte Tätigkeit von der Behörde geduldet bzw sogar bewilligt worden sei und, dass ihn die Behörde nicht über die Rechtswidrigkeit seines Handelns aufgeklärt habe. Zur Glaubhaftmachung dieses Vorbringens hat der Beschwerdeführer seine Betriebszulassung nach dem TMG, Rechtsauskünfte der Landesveterinärdirektion zur Zulässigkeit nach dem TMG sowie Kontrollberichte der Veterinärbehörde nach dem TMG ins Treffen geführt. Von einer entschuldbaren Rechtsunkenntnis kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn sich der Beschwerdeführer unter Mitteilung des vollständigen Sachverhalts an die zuständige Abfallrechtsbehörde gewandt hätte und er von dieser eine falsche Rechtsauskunft erhalten hätte (vgl VwGH 22.12.2011, 2009/07/0211). Von der Abfallrechtsbehörde hat der Beschwerdeführer aber nicht die Rechtsauskunft erhalten, dass sein Handeln abfallrechtlich zulässig sei.
Ganz im Gegenteil hat das Stadtmagistrat den Beschwerdeführer mittels des am 28.10.2016 persönlich zugestellten Schreibens vom 24.10.2016 ausdrücklich aufgefordert, die von ihm durchgeführte Sammlung von biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen (Biomüll) im Stadtgebiet von XY zu unterlassen, da gemäß § 5 der XYer Müllabfuhrordnung biologisch verwertbare Siedlungsabfälle in den von der öffentlichen Müllabfuhr bereitgestellten Behältern zu sammeln sind. Und mit Ladungsbeschluss der Bürgermeisterin der Stadt XY vom 03.05.2017, dem Beschwerdeführer am 05.05.2017 persönlich zugestellt, wurden ihm aufgrund der Sammlung biologisch verwertbarer Siedlungsabfälle im Stadtgebiet von XY Übertretungen nach dem AWG und TAWG zur Last gelegt. Am 07.06.2017 hat der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, Einsicht in den Strafakt der Behörde genommen, aus dem die Rechtsansicht der zuständigen Behörde, wonach ein Verstoß gegen § 5 der XYer Müllabfuhrordnung vorliegt, eindeutig hervorgeht.
Es kann also keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer am 20.07.2017 – also im vorgeworfenen Tatzeitpunkt – einem unverschuldeten Verbotsirrtum unterlegen wäre. Dem Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass die zuständige Abfallrechtsbehörde in der gegenständlichen Entsorgung von Küchen- und Speiseabfällen einen Verstoß gegen § 5 der XYer Müllabfuhrordnung erblickt. Daher gehen auch seine Vorbringen ins Leere, wonach ihn die Veterinärbehörde nicht über die abfallrechtliche Problematik aufgeklärt habe, wonach in den Verfahren nach dem TMG die abfallrechtliche Zulässigkeit nicht thematisiert worden sei und wonach er in einem Telefonat mit der Stadt XY vor ca fünf Jahren nicht auf die Strafbarkeit seines Verhaltens hingewiesen worden sei. Spätestens seit den persönlich zugestellten Schreiben vom 24.10.2016 und 03.05.2017 sowie der Akteneinsicht vom 07.06.2017 musste ihm die Rechtsmeinung der zuständigen Behörde bekannt gewesen sein.
Abgesehen davon wäre der Beschwerdeführer, der die Abfälle gewerbsmäßig gesammelt hat, verpflichtet gewesen, sich über jene Rechtsvorschriften in Kenntnis zu setzen, die bei der Ausübung seiner Tätigkeit zu beachten sind (VwGH 13.11.1997, 97/07/0062). Selbst wenn man mit dem Beschwerdeführer die Meinung verträte, die Rechtslage sei kompliziert, so wäre es, um allenfalls mangelndes Verschulden annehmen zu können, gerade dieser Umstand, der den Beschwerdeführer hätte veranlassen müssen, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft (VwGH 15.07.2003, 2002/05/0107). Im Übrigen sind die übertretenen Bestimmungen nicht so kompliziert, dass sie von einem Laien nicht verstanden werden könnten: § 2 der XYer Müllabfuhrordnung zählt ausdrücklich Nahrungs- und Küchenabfälle aus dem Gaststätten-, Restaurant- und Cateringgewerbe zu den biologisch verwertbaren Siedlungsabfällen. Gemäß § 5 leg cit sind biologisch verwertbare Siedlungsabfälle der öffentlichen Müllabfuhr zu übergeben.
Der Beschwerdeführer hat auch vorgebracht, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, den Inhalt der von den Gastronomiebetrieben übernommen Behälter zu kontrollieren, da vertraglich vereinbart worden sei, dass er nur Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 übernimmt. Dieser Einwand geht jedoch ins Leere, da die Frage, ob es sich um Küchen- und Speiseabfälle der Kategorie 3 iSd EG-Verordnung Nr 1069/2009 handelt, für die abfallrechtliche Zuordnung nach dem TAWG und der XYer Müllabfuhrordnung nicht relevant ist. Abgesehen davon hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass er abgeholt hat, was typischerweise beim Essen und in der Küche als Abfall anfällt.
Die Übertretung steht daher auch in subjektiver Hinsicht fest, wobei beim Ausmaß des Verschuldens aufgrund der ausdrücklichen behördlichen Hinweise vom 24.10.2016 und 03.05.2017 von Vorsatz auszugehen ist.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde hat die bisherige Unbescholtenheit mildernd berücksichtigt und ist von einer fahrlässigen Begehungsweise ausgegangen. § 20 Abs 2 TAWG sieht für Übertretungen, wie sie dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werden, Geldstrafen von bis zu € 3.600,- vor. Die belangte Behörde hat für die einzelnen Taten jeweils eine Geldstrafe in Höhe von € 50,- verhängt und damit den zur Verfügung stehenden Strafrahmen zu lediglich ca 1,4 % ausgeschöpft. Angesichts der Bemessung der Strafen in diesem untersten Bereich des Möglichen erweist sich die Festsetzung der Strafe auch bei unterdurchschnittlichen Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung der im Akt dokumentierten ausdrücklichen Verweigerung der gesetzmäßigen Andienung, sohin aus spezialpräventiven Gründen, als schuld- und tatangemessen.
Auf Grund der Abweisung der Beschwerde waren zu Folge des § 52 VwGVG Kosten für das Beschwerdeverfahren vorzuschreiben.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Andienungszwang; Küchen- und Speiseabfälle; Siedlungsabfall; Biomüll; tierische SpeiseresteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.44.0169.7Zuletzt aktualisiert am
12.06.2018