TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/2 LVwG-2018/25/0599-3

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Veröffentlicht am 02.05.2018
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Entscheidungsdatum

02.05.2018

Norm

GewO 1994 §359b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von 1. AA und 2. BA, beide wohnhaft Adresse 1, Z, beide vertreten durch Rechtsanwalt CC, Adresse 2, Y, vom 06.03.2018, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 06.02.2018, Zl ****, betreffend gewerbebehördliche Genehmigung einer Betriebsanlagenänderung im vereinfachten Verfahren,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Bescheid stellt die Bezirkshauptmannschaft X in Spruchpunkt I. gemäß § 359b Abs 1 Z 2 und 5 GewO 1994 die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage sowie deren Änderung fest und erteilt hinsichtlich des Gastgewerbebetriebes am Standort Z, Adresse 1, Gst Nr **1/13, KG Z, hinsichtlich der neu hinzugenommenen Terrassenbereiche mit Musikbeschallung sowie dem davon abgetrennten Lagerraum zum Schutz der gem § 74 Abs 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen eine Vielzahl von Aufträgen aus dem Bereich Emissionstechnik, Brandschutz sowie Arbeitnehmerschutz.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde der Nachbarn AA und BA, welche durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringen, dass die Änderung der Betriebsanlage für sie eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität erwarten lasse, und zwar durch eine massive Störung der Nachtruhe, was negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit nicht ausschließen lasse. Das schalltechnische Gutachten sei unvollständig, da der Amtssachverständige nicht die ortsüblichen Verhältnisse nach Einstellen des Liftbetriebes und in weiterer Folge bei Nacht erhoben hätte. Auch seien keine Feststellungen zur Ausgestaltung der Lärmschutzwand getroffen worden und habe der Sachverständige nicht angegeben, wie die Lärmschutzwand gestaltet sein soll, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Ohne dieses könne die Sinnhaftigkeit der Lärmschutzwand generell keiner Prüfung unterzogen werden. Unrichtig sei die Feststellung des Sachverständigen, dass die Liegenschaft mit der Betriebsanlage direkt neben einer Liftanlage situiert sei. Tatsächlich verlaufe zwischen Betriebsanlage und Liftanlage die Schipiste, weshalb davon auszugehen sei, dass die Messungen des Sachverständigen nicht korrekt sind. Auch mit laufendem Liftbetrieb sei die Adresse 1 ohne gegenständliche Betriebsanlage eine äußerst ruhige Wohngegend. Es sei davon auszugehen, dass der Gutachter Lärm, der von der Liftanlage herrührt, in seine Berechnungen miteinbezogen hat. Unrichtig sei die Aussage des Sachverständigen, dass durch gegenständliche Betriebsanlagenänderung keine Änderungen hinsichtlich der Zu- und Abfahrten der Lieferanten sowie Gäste erkennbar wären. Allein schon aufgrund des Umstandes, dass die Verabreichungsplätze auf der Terrasse auf 300 ansteigen, ergebe sich eine erhöhte Frequenz. Es sei denkunmöglich, dass bei ca 410 Verabreichungsplätzen die Türen stets geschlossen bleiben, weshalb die Sachverständigenaussage widersprüchlich sei, dass es zu keiner das ortsübliche Maß überschreitenden Lärmbelästigung komme. Es sei unklar, wie der Sachverständige bei gegenständlicher Betriebsanlage ohne Lärmschutzwand auf 58,7 dB kommt. Es sei davon auszugehen, dass aufgrund der faktischen Ausrichtung eines winterlichen Ballermann-Betriebes unter den Gästen aufgrund des zu erwartenden hohen Alkoholgenusses kein üblicher Gesprächston vorliegen wird und ein Mitgrölen der Gäste zu erwarten sei. Diesbezüglich sei das Sachverständigengutachten ergänzungsbedürftig. Ungeklärt sei, welches Verständnis die Behörde dem Begriff der Livemusik zugrunde lege. Es werde ein DJ-Pult errichtet und gleichzeitig der Verzicht auf Livemusik verlangt. Dies sei widersprüchlich. Hinsichtlich der Betriebszeiten definiere der Sachverständige nicht den Begriff der Wintersaison. Damit sei eine abschließende Beurteilung, ob die Betriebsanlage auf die Beschwerdeführer eine schädigende Auswirkung hat, nicht möglich. Es werde deshalb die Einholung eines ergänzenden schalltechnischen Gutachtens zum Beweis dafür beantragt, dass durch das vorliegende Projekt das ortsübliche Maß an Lärm jedenfalls überschritten wird und in weiterer Folge eine wesentliche Belästigung und Beeinträchtigung der Beschwerdeführer vorliege. Die Frage der Zufahrt sei nicht abschließend geklärt worden, da sich der Zufahrtsweg nicht im Eigentum der DD GmbH befindet. Durch das vermehrte Zufahren von Lieferanten und Gästen werde sich der Lärmpegel erhöhen. Nicht geklärt sei auch, wo die PKW der 300 Gäste parken sollen. Es sei zu befürchten, dass die Sackgasse durch Gäste verparkt wird. Die Erstbehörde habe keine Feststellungen zu den Veränderungen gegenüber dem bisherigen Zustand getroffen. Die Beurteilung des brandschutztechnischen Amtssachverständigen sei mangelhaft, weil sich diese nur auf das Erdgeschoss beziehe. Die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Bewilligungsverfahrens lägen nicht vor. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Feststellung, wie groß sich die Betriebsfläche bzw die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten gestalten. Es fehlten auch Angaben zu den Kilowattbereichen der betriebenen Geräte. Damit sei die Richtigkeit der Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht überprüfbar. Es sei davon auszugehen, dass das Flächenausmaß von 800 m² überschritten werde. Die aktuelle Version des § 359b GewO sei mit 18.07.2017 in Kraft getreten; da gegenständliches Verfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war, könne diese Bestimmung für dieses Verfahren nicht angewendet werden. Durch den gegenständlichen Terrassenbetrieb komme es zu Lärm, der den Charakter als Wohngebiet wesentlich beeinträchtige. Auch werde eine überlaute Beschallung im Lokal erwartet. Der Betriebsanlage zuzuordnen seien auch die Vorgänge vor dem Lokal, die in Anbetracht der Betriebszeiten bis weit nach Mitternacht reichten. Gegenständliche Betriebsanlage grenze unmittelbar an allgemeines Wohngebiet, weshalb deren Emissionen mit dem gesetzlichen Immissionsschutz nicht vereinbar wären. Aus all diesen Gründen dürfe die gegenständliche Änderung nicht gewerberechtlich bewilligt werden. Es werde deshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Bescheidaufhebung dahingehend beantragt, dass die gewerbebehördliche Bewilligung nicht erteilt wird, in eventu Bescheidaufhebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Bescheiderlassung an die belangte Behörde.

Im Hinblick auf die Beschwerderüge forderte das Verwaltungsgericht die Konsenswerberin dazu auf, eine vom Projektanten erstellte und aufgeschlüsselte genaue Angabe über das Ausmaß der Gesamtfläche der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und Betriebsflächen und die Summe der elektrischen Anschlussleistungen der zur Verfügung gelangten Maschinen und Geräte vorzulegen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.03.2018 trat die Konsenswerberin den Beschwerdeargumenten entgegen und legte das Schreiben des Planungsbüros EE vom 29.03.2018 vor. Dort werden die Fragen des Landesverwaltungsgerichts Tirol wie folgt beantwortet:

Kellergeschoss:                                                       Fläche ca 231 m²

Erdgeschoss:                                                           Fläche ca 271 m²

Terrasse:                                                               Fläche ca 205 m² inkl Stuhllager

2x PKW Parkflächen

und Anlieferung (lt. Angaben Herr FF)                            Fläche ca 53 m²

Dies ergibt eine Gesamtfläche von                                 Fläche von 760 m²

Gesamt kW der elektromotorisch betriebenen Geräte 43 kW

Zu diesem Schriftsatz äußerten sich die Rechtsmittelwerber in ihrer Stellungnahme vom 23.04.2018 dahingehend, dass bei der Gesamtfläche von ca 760 m² die Fläche im Obergeschoss nicht hinzugezählt sei. Es wäre davon auszugehen, dass auch die dortige Fläche im Rahmen der Betriebsanlage genutzt werde. Damit würde das Flächenausmaß von 800 m² überschritten, womit die Voraussetzungen für eine Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht mehr gegeben wären. Bei der Angabe der Quadratmeterzahl der Park- und Anlieferungsflächen werde auf die Angaben von Herrn FF zurückgegriffen, womit keine objektivierbaren Angaben vorlägen. Es sei davon auszugehen, dass die Rangierfläche allein das angegebene Ausmaß erreiche und so die Flächen für Parkplätze hinzuzuzählen wären, was eine größere als die im Schreiben vom 29.03.2018 angegebene Fläche ergeben würde. Zudem seien die nach § 1 Z 1 der Verordnung BGBl Nr 850/1994 idgF geforderten Kriterien nicht erfüllt. Durch das Verfahren sei auch keine Spezialgenehmigung im Sinn des § 356e GewO betroffen. Nach wie vor ungeklärt bleibe, welche Maschinen, Geräte und Ausstattungen in der Anlage verwendet werden, womit das Vorliegen der Voraussetzungen des § 359b Abs 1 Z 1 GewO nicht überprüft werden könne. Ebenso lägen die Voraussetzungen des § 359b Abs 1 Z 5 GewO nicht vor.

II.      Sachverhalt:

Die letzte betriebsanlagenrechtliche Änderungsgenehmigung für gegenständliche Anlage in Z, Adresse 1, erfolgte mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 17.01.2006, ****.

Mit Anbringen vom 02.11.2015 reichte die DD GmbH bei der Gewerbebehörde den Antrag um betriebsanlagenrechtliche Bewilligung der Änderungen der Betriebsanlage in der Adresse 1 entsprechend den beiliegenden Projektunterlagen ein. Dabei wurde bereits darauf verwiesen, dass der elektrische Anschlusswert aller im Betrieb befindlichen Maschinen unter 300 kW liegt und die betrieblich genutzte Fläche inklusive der Außenfläche unter 800 m² liegt. Gegenstand dieses Bewilligungsverfahrens ist die im bekämpften Bescheid erfolgte technische Beschreibung in Verbindung mit den darauf bezogenen und von der Behörde abgestempelten Projektunterlagen.

Aus der technischen Beschreibung ergibt sich, dass die Räumlichkeiten vom ersten Obergeschoss als Büroräume zur Verwaltung ausschließlich vom Betreiber genutzt werden.

Das Ausmaß der Gesamtfläche der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und Betriebsflächen beträgt ca 760 m², jedenfalls aber weniger als 800 m², die Summe der elektrischen Anschlussleistung der zur Verfügung gelangenden Maschinen und Geräte beträgt 43 kW.

III.     Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen stützen sich auf den Akteninhalt.

Bezüglich des von den Beschwerdeführern bestrittenen Flächenausmaßes ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren um ein sogenanntes Projektverfahren handelt, das heißt, Gegenstand der Prüfung und Beurteilung ist das bei der Behörde eingereichte Projekt. In der baulichen Beschreibung ist dort ausgeführt, dass die Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss des Gebäudes als Büroräume zur Verwaltung ausschließlich vom Betreiber genutzt werden, was bedeutet, dass diese nicht der Betriebsanlage zur Verfügung stehen und keine Betriebsflächen sind, da die Verwaltung eines Betriebes in keinem räumlichen Zusammenhang mit der Betriebsanlage steht und auch von einem ganz anderen Ort aus geführt werden könnte.

Selbst wenn – wie von den Beschwerdeführern gemutmaßt – die Rangierfläche allein 53 m² in Anspruch nehmen würde, könnten zwei PKW-Stellplätze für sich keine 40 m² betragen, was aber nötig wäre, um die 800 m²-Grenze zu erreichen. Den Beschwerdeführern ist es ansonsten nicht gelungen, in nachvollziehbarer Weise aufzuzeigen, dass bzw in welcher Hinsicht die vom Projektanten aufgeschlüsselten Flächenangaben unrichtig wären. Es war deshalb festzustellen, dass das Ausmaß der Gesamtfläche der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und Betriebsflächen weniger als 800 m² beträgt. Die Summe der elektrischen Anschlussleistung der zur Verfügung gelangenden Maschinen und Geräte mit 43 kW wurde seitens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Grenze von 300 kW nicht weiter in Abrede gestellt.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall ist folgende Bestimmung der Gewerbeordnung 1994 anzuwenden:

§ 359b

„(1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn

1.       jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

2.       das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

         3.       die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

         4.       das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

         5.       bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.

(2) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.

(3) Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn und, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen.

(4) Der Bescheid gemäß Abs. 3 gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat binnen zwei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und dessen Beilagen (§ 353) zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben spätestens zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde gegen den Bescheid zu entscheiden. IPPC-Anlagen und Betriebe im Sinne des § 84b Z 1 sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(5) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erfüllt.“

V.       Erwägungen:

Gem § 382 Abs 89 GewO 1994 tritt § 359b mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Das war der 18.07.2017. Für noch nicht abgeschlossene Betriebsanlagenverfahren ist lediglich § 356b Abs 1 nicht anzuwenden. § 359b ist von dieser Ausnahme nicht betroffen und somit in der Fassung BGBl I Nr 96/2017 anzuwenden.

Die belangte Behörde wendet das vereinfachte Genehmigungsverfahren im Gegenstandsfall auf Grundlage des § 359b Abs 1 Z 2 und 5 an.

Nach § 359b Abs 2 GewO kommt den Nachbarn Parteistellung nur hinsichtlich der Frage zu, ob die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens vorliegen oder nicht. Darüber hinaus gehend steht ihnen keine Parteistellung zu.

Im vereinfachten Verfahren nach § 359b GewO kommt den Nachbarn lediglich das Recht auf Anhörung zu. Darüber hinaus aber kommt den Nachbarn kein Recht zu, somit auch nicht das Recht, geltend zu machen, Gefährdungen im Sinn des § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994 würden nicht vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinn des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 blieben nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt (VwGH 14.04.1999, 99/04/0091). Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gem § 359b Abs 1 GewO 1994 kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich in der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu (VwGH 06.04.2005, 2003/04/0009). § 359b Abs 2 räumt den Nachbarn ausdrücklich Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für das vereinfachte Genehmigungsverfahren gegeben sind, ein.

§ 359b Abs 1 GewO beschreibt die fünf Voraussetzungen, bei deren Vorliegen das vereinfachte Verfahren durchzuführen ist. Dadurch, dass zwischen den fünf Ziffern jeweils das Wort „oder“ steht, ist es ausreichend für das vereinfachte Verfahren, wenn eine dieser fünf Voraussetzungen erfüllt wird. Im gegenständlichen Fall stützt die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die Ziffern 2 und 5 des Abs 1. Ziffer 5 spricht hinsichtlich einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlagenänderung auch ausdrücklich davon, dass einer der in Ziffern 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt sein muss. Da dies gegenständlichen Falls für die Ziffer 2 zutrifft, war das Vorliegen der anderen Voraussetzungen nicht erforderlich und demnach nicht mehr zu überprüfen.

Nach § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Im gegenständlichen Fall trifft dies zu, insbesondere auch deswegen, weil die in der Beschwerde beantragten Beweisaufnahmen aufgrund des Vorliegens der Voraussetzung des § 359b Abs 1 Z 2 GewO nicht durchzuführen sind.

Da entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens vorliegen, war deren Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Vereinfachtes Verfahren; 800 m² - Grenze nicht überschritten

Anmerkung

Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 02.05.2018, Z LVwG-2018/25/0599-3, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 08.08.2018, Z Ra 2018/04/0131 bis 0132-3, zurück.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.25.0599.3

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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