TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/22 LVwG-2018/35/0985-2

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Veröffentlicht am 22.05.2018
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Entscheidungsdatum

22.05.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §4 Abs1
VVG §4 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.3.2018, ****, betreffend einen Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensablauf:

1. Zum angefochtenen Bescheid vom 14.3.2018, ****:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 7.12.2009, ****, wurden Herrn AA gemäß § 17 Abs 1 lit b TNSchG 2005 und § 172 Abs 6 Forstgesetz 1975 näher bezeichnete Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgetragen.

Nachdem der nunmehrige Beschwerdeführer diese Maßnahmen nicht fristgerecht durchgeführt hatte, wurde diesem mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 11.12.2012, ****, die Ersatzvornahme angedroht.

Da laut weiteren von der belangten Behörde veranlassten Überprüfungen festgestellt wurde, dass die vorgeschriebenen Maßnahmen nicht durchgeführt wurden, holte die belangte Behörde von verschiedenen Unternehmen Angebote zur Durchführung einer Ersatzvornahme ein.

Mit dem in weiterer Folge erlassenen, nunmehr angefochtenen Bescheid, entschied die belangte Behörde sodann wie folgt:

„Sie haben die Ihnen mit Bescheid vom 07.12.2009, Zahl **** auferlegte Verpflichtung, dass bei der ehemaligen Schottergrube auf Gp. **1/2, KG X der Randbereich in Richtung Wiese mit Laubholz, der Randbereich in Richtung Wald mit Fichten und Laubholz gemischt mit folgenden Pflanzen und Pflanzenzahlen aufzuforsten ist

10 Bergahorn (150/200)

10 Rotbuche (50/80)

50 Fichte/Tanne (2/2)

nicht erfüllt.

Es wird Ihnen daher der Auftrag erteilt, als Vorauszahlung für die Kosten der Ihnen mit Schreiben vom 11.12.2012, Zahl **** angedrohten Ersatzvornahme innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides einen Betrag von 478,-- Euro mit dem beiliegenden Zahlschein zu überweisen oder bei uns einzuzahlen. Bitte bringen Sie in diesem Fall diesen Bescheid mit.

Rechtsgrundlage: § 4 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 -VVG“

Begründend führte die belangte Behörde hierzu im Wesentlichen wie folgt aus:

„Mehrfache Kontrollen durch den forstfachlichen Amtssachverständigen haben ergeben, dass zwar die Böschungen zum Wald hin abgeflacht wurden, die durchgeführte Bepflanzung, welche nur mit vor Ort gewonnen Pflanzen erfolgte, nicht ausreichend ist und viele der Pflanzen ausgefallen sind.

Auch trotz Androhung der Ersatzvornahme mit Schreiben vom 11.12.2012, Zahl ****, wurden die vorgeschriebenen Maßnahmen nicht durchgeführt.

Es wurden nunmehr Angebote zur Durchführung der Ersatzvornahme von verschiedenen Unternehmen eingeholt, wobei sich das Angebot des Bestbieters bei gerundet € 478,-- beläuft.“

Der genannte Bescheid wurde Herrn A laut der im Akt befindlichen Zustellurkunde am 21.3.2018 zugestellt.

2. Beschwerde:

Gegen den unter Z 1 genannten Bescheid erhob Herr AA Beschwerde, welche am 11.4.2018 bei der Bezirkshauptmannschaft Y einlangte.

Die vorliegende Beschwerde wurde damit begründet, dass zwischenzeitlich die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 7.12.2009, ****, aufgetragenen Wiederherstellungsmaßnahmen erfüllt worden wären. Ein Baggerunternehmen hätte die laut Z 1. und 2. vorgeschriebenen Arbeiten an der Böschung durchgeführt, und auch die Aufforstung im Randbereich sei wie in den Z 3. bis 5. vorgeschrieben erfolgt.

3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol:

Vom Landesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Angelegenheit eine Überprüfung durch einen forstfachlichen Sachverständigen dahingehend veranlasst, ob die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 7.12.2009, ****, aufgetragenen Wiederherstellungsmaßnahmen erfüllt worden sind.

Aus dem daraufhin erstatteten Schreiben vom 16.5.2018 geht hervor, dass die vorgeschriebenen Maßnahmen als erfüllt angesehen werden können.

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

Die Beschwerde wurde auch innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht und ist insofern rechtzeitig.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde zulässig.

2. Zur Sache:

Der im vorliegenden Fall maßgebliche § 4 VVG lautet wie folgt:

„Erzwingung anderer Leistungen und Unterlassungen

a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.“

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Prüfumfang des Landesverwaltungsgerichtes nach § 27 VwGVG darauf beschränkt ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen, wobei die Beschwerde nach § 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren zu enthalten hat.

Aufgrund des im vorliegenden Fall erstatteten Beschwerdevorbringens erweist sich die gegenständliche Beschwerde als berechtigt.

Wie sich aus dem Schreiben des forstfachlichen Amtssachverständigen vom 16.5.2018 zweifelsfrei ergibt, wurden zwischenzeitlich die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 7.12.2009, ****, aufgetragenen Wiederherstellungsmaßnahmen erfüllt.

Ein Vorgehen nach § 4 VVG und ein darauf gestützter Auftrag zur Vorauszahlung von Kosten einer Ersatzvornahme kommt aber nur in Frage, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Diese Voraussetzung ist mittlerweile nicht mehr gegeben und insofern dem angefochtenen Bescheid die rechtliche Grundlage entzogen.

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig und war dieser deshalb ersatzlos aufzuheben.

Die vorliegende Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes stützt sich auf § 28 Abs 5 VwGVG. Die Gründe für eine ersatzlose Behebung werden in dieser Bestimmung zwar nicht genannt; für das Landesverwaltungsgericht besteht aber kein Zweifel, dass ein Einschreiten der Vollstreckungsbehörde ohne hierfür notwendige rechtliche Grundlage einen Anwendungsfall des § 28 Abs 5 VwGVG bildet.

So wie etwa die Zurückziehung eines Antrages das Erlöschen der Entscheidungspflicht sowie bei antragsbedürftigen Bescheiden auch der Entscheidungskompetenz der Behörde bewirkt, sodass über den Antrag nicht mehr abgesprochen werden darf (vgl VwGH 01.09.2009, 2008/05/0241), bewirkt auch die vollständige Durchführung von Wiederherstellungsmaßnahmen, aufgrund denen ein Auftrag zur Vorauszahlung von Kosten erlassen wurde, dass im Beschwerdeverfahren die Rechtsgrundlage für das Erlassen des angefochtenen Bescheides verloren geht. Dieser Umstand bewirkt freilich nicht die Beseitigung des Bescheides der Behörde, es fehlt jedoch ab der Erfüllung der aufgetragenen Wiederherstellungsmaßnahmen eine für die Erlassung des Bescheides notwendige Voraussetzung.

Insofern hatte das Landesverwaltungsgericht aufgrund der sich aus der Erfüllung der Wiederherstellungsmaßnahmen ergebenden Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung eines Auftrages zur Vorauszahlung von Kosten für die Ersatzvornahme den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 5 VwGVG spruchgemäß ersatzlos zu beheben.

3. Zum Entfall einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht unter anderem dann entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Diese Voraussetzung für den Entfall einer Verhandlung war im vorliegenden Fall gegeben.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der vorliegenden Entscheidung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Sie liegt insbesondere nicht auch im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzlichen Argumenten gestützten Rechtsprechung. Die Entscheidung betrifft keine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder des formellen Rechts (vgl. etwa VwGH 26.9.1991, 91/09/0144 zum vormaligen § 33a VwGG).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Anordnung der Vorauszahlung der Kosten für eine Ersatzvornahme; Stattgabe und ersatzlose Behebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.35.0985.2

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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