Entscheidungsdatum
22.05.2018Index
62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
AÜG §17Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.05.2017, ****, betreffend elf Übertretungen nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1., 2., 3., 4., 6., 7., 8., 9. und 10. Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 5. und 11. insoweit Folge gegeben, als gemäß § 45 Abs 1 Z 4 iVm dem letzten Satz Verwaltungsstrafgesetz (VStG) von einer Bestrafung abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer Nachstehendes zur Last gelegt:
„Tatzeit: 23.09.2016, 08:10 Uhr
Tatort: X., Baustelle W
Der Beschuldigte hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma „CC“ mit Sitz in V, Adresse 2 und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass die genannte Firma in Ihrer Eigenschaft als Überlasser, bei der Ausübung der bewilligungsfreien Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland (U) nach Österreich (siehe Tatort) verabsäumte, die unten angeführten Arbeitskräfte spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden. Beschäftiger der unten angeführten Arbeitskräfte war die Firma DD, T.
1. EE, geb. am **.**.****, StaA. S, Beschäftigungszeitraum: 09.08.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
2. FF, geb. am **.**.****, StaA. S, Beschäftigungszeitraum: 09.08.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
3. GG, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 19.09.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
4. JJ, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
5. KK, geb. am **.**.****, StaA. R, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
6. LL, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
7. MM, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09,2016 (Tag der Kontrolle)
8. NN, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 19.09.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
9. OO, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
10. PP, geb. am **.**.****, StaA. U, Beschäftigungszeitraum: 05.07.2016
(Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2017 (Tag der Kontrolle)
11. QQ, geb. am **.**.****, StaA. R, Beschäftigungszeitraum: 07.07.2016 (Arbeitsaufnahme) bis zumindest 23.09.2016 (Tag der Kontrolle)
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
1.-11. § 17 Abs 2 iVm § 22 Abs 1 Z 2 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) BGBl Nr 196/1988 idF BGBl I Nr 44/2016
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über ihn folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro
falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von
Ersatzfreiheitsstrafe von
Gemäß
1. 500,00
1. 36 Stunden
1. bis 11.:
§ 22 Abs 1 Z 2 AÜG, BGBl Nr 196/1988
2. 500,00
2. 36 Stunden
3. 500,00
3. 36 Stunden
4. 500,00
4. 36 Stunden
5. 500,00
5. 36 Stunden
6. 500,00
6. 36 Stunden
7. 500,00
7. 36 Stunden
8. 500,00
8. 36 Stunden
9. 500,00
9. 36 Stunden
10. 500,00
10. 36 Stunden
11. 500,00
11. 36 Stunden
Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
? € 550,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (mindestens jedoch € 10,00);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 6.050,00“
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass die Firma CC eigene Mitarbeiter nach Österreich entsandt habe, um als Subunternehmer das Gewerk laut Werkvertrag vom 20.06.2016 zu erstellen. An die zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen sei für alle im angefochtenen Straferkenntnis genannten Arbeitskräfte die Meldung einer Entsendung nach Österreich gemäß § 7 Abs 3 und 4 AVRAG erstattet worden. Selbst wenn man entgegen dem Standpunkt des Beschwerdeführers unterstellen würde, dass eine Meldepflicht nach dem Bestimmungen des § 17 Abs 2 AÜG der zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung des Bundesministeriums für Finanzen bestanden hätte, sei die Firma CC dieser Verpflichtung ohnehin nachgekommen, da die Meldung nach § 7 Abs 3 AVRAG alle Daten enthalte, welche entsprechend der Meldepflicht gemäß § 17 Abs 3 AÜG vor Aufhebung dieser Gesetzesbestimmung durch BGBl I Nr 44/2016 vorgesehen seien. Ob bei der Meldung das Formular ZKO 3 oder das Formular ZKO 4 verwendet werde sei für eine verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung ohne Belang. Das Finanzamt Z gehe in seiner Strafanzeige vom 15.11.2016 selbst von der zutreffenden Annahme aus, dass die Arbeitskräfte bei der Qschen Firma RR als Arbeitnehmer beschäftigt seien. Dem angefochtenen Straferkenntnis könne nicht entnommen werden, aufgrund welcher Erwägungen der belangten Behörde die Firma CC eine Meldepflicht betreffend Arbeitnehmer einer Qschen Firma treffen würde. Der Beschwerdeführer sei nicht Geschäftsführer der RR, sodass ihn keinesfalls eine Verantwortung für eine allenfalls nicht erfolgte Meldung nach den Bestimmungen des § 17 Abs 2 AÜG treffen könne. Eine Verantwortung des Beschwerdeführers könnte sich sohin nur auf die im angefochtenen Straferkenntnis genannten Arbeitskräfte KK und QQ beziehen. Zumal bei Zugrundelegung des angefochtenen Straferkenntnis festgestellten Sachverhalts jedenfalls eine gesetzlich geforderte Meldung erfolgt sei und allenfalls eine Verwechslung hinsichtlich der ZKO 3-Meldung und der ZKO 4-Meldung gegeben sei, würden Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben würden, da beim Beschwerdeführer ein Tatbestands- und Rechtsirrtum vorliege. In Ansehung einer allenfalls vorliegenden Verwechslung sei die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität einer allfälligen Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschwerdeführers derart gering, dass die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen habe.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in die seitens des Beschwerdeführers weiters vorgelegten Unterlagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers selbst.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC mit Sitz in Adresse 2, V. KK, geboren **.**.**** und QQ, geboren **.**.**** sind Arbeitnehmer der CC. Die CC hat die beiden genannten Arbeitnehmer an die DD überlassen. Eine Meldung einer Entsendung gemäß § 7b Abs 3 und 4 AVRAG wurde diesbezüglich erstattet. Nicht festgestellt werden konnte, dass die CC die Arbeitskräfte EE, geboren **.**.****, FF, geboren **.**.****, GG, geboren **.**.****, JJ, geboren **.**.****, LL, geboren **.**.****, MM, geboren **.**.****, NN, geboren **.**.****, OO, geboren **.**.**** und PP, geboren **.**.****, beschäftigt hat. Diese sind Arbeitnehmer der RR.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aufgrund der im Akt der belangten Behörde sowie der vom Beschwerdeführer nachgereichten Unterlagen, insbesondere der Arbeitsverträge der CC und der RR.
III. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes BGBl Nr 196/1988 idF BGBl I Nr 44/2016 lauten auszugsweise:
„§ 3
Begriffsbestimmungen
(1) Überlassung von Arbeitskräften ist die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.
(…)“
„§ 4
Beurteilungsmaßstab
(1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber
1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder
2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder
3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder
4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.“
„§ 17
Meldepflichten
(1) Der Überlasser, der gemäß § 135 Abs. 2 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO) kein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 72 GewO ausübt, hat die Überlassung von Arbeitskräften spätestens bis zum Ablauf des auf die erstmalige Überlassung folgenden Monates der zuständigen Gewerbebehörde zu melden.
(Anm.: Abs. 2 bis 7 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 44/2016)“
„§ 22
Strafbestimmungen
(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen
1. mit Geldstrafe von 1 000 € bis zu 5 000 €, im Wiederholungsfall von 2 000 € bis zu 10 000 €, wer
a) als Überlasser oder Beschäftiger gesetzwidrige Vereinbarungen trifft (§§ 8 und 11 Abs. 2) und deren Einhaltung verlangt,
b) Arbeitskräfte in von Streik oder Aussperrung betroffene Betriebe überlässt (§ 9),
c) als Überlasser oder Beschäftiger an einer unzulässigen grenzüberschreitenden Überlassung (§ 16) beteiligt ist,
d) trotz Untersagung der Überlassungstätigkeit (§ 18) Arbeitskräfte überlässt;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 44/2016)
3. mit Geldstrafe bis zu 1 000 €, im Wiederholungsfall von 500 € bis zu 2 000 €, wer
a) eine Arbeitskraft ohne Ausstellung eines Dienstzettels, der den Vorschriften des § 11 entspricht, überlässt,
b) die Mitteilungspflichten (§ 12 Abs. 1 bis 5 und § 12a) nicht einhält, wenn dadurch die Gefahr eines Schadens für die Arbeitskraft besteht,
c) die gemäß § 13 zu führenden Aufzeichnungen oder die zu übermittelnden statistischen Daten nicht oder mangelhaft vorlegt,
d) die Erstattung der Meldung gemäß § 17 Abs. 1 unterlässt;
4. mit Geldstrafe bis zu 1 000 €, im Wiederholungsfall von 500 € bis zu 2 000 €, wer als Überlasser oder Beschäftiger den zur Überwachung berufenen Behörden und Trägern der Sozialversicherung auf deren Aufforderung
a) die für die Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes erforderlichen Auskünfte nicht erteilt (§ 20 Abs. 2 Z 1),
b) die für diese Überprüfung benötigten Unterlagen nicht zur Einsicht vorlegt (§ 20 Abs. 2 Z 2),
c) die Anfertigung von Abschriften, Auszügen oder Ablichtungen dieser Unterlagen verwehrt (§ 20 Abs. 2 Z 3),
d) den Zutritt zum Betrieb oder die Einsicht in die die Arbeitskräfteüberlassung betreffenden Unterlagen verwehrt (§ 20 Abs. 3).“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 lauten:
„§ 9
Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.
(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.
(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.“
„§ 45
(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“
IV. Erwägungen:
Der belangten Behörde ist grundsätzlich beizupflichten, wenn sie bei der Gesamtbeurteilung des Sachverhalts iSd § 4 Abs 1 AÜG davon ausgeht, dass es sich gegenständlich zweifelsfrei um eine Arbeitskräfteüberlassung an die DD handelt. Die Arbeiten wurden nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers (der CC) geleistet. Die Arbeitnehmer waren gegenüber dem Polier der DD weisungsgebunden, es handelt sich um kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk, sondern waren Gegenstand des Auftrages Schalen, Betonieren und Maurerarbeiten. Welches konkret abgrenzbare Werk auf der Baustelle durch die CC hergestellt worden wäre, konnte auch der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme nicht konkret angeben.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens hat sich jedoch ergeben, dass lediglich zwei Arbeitnehmer der CC an die DD überlassen wurden. Insgesamt wurden jedoch neun Arbeitnehmer von der RR beschäftigt und kann diese Beschäftigung bzw allfällige Überlassung an die DD nicht dem Beschwerdeführer angelastet werden, zumal er auch nicht ein zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser RR ist. Insofern erweist sich daher der Tatvorwurf hinsichtlich der Übertretungspunkte 1., 2., 3., 4., 6., 7., 8., 9. und 10. als unrichtig, weshalb das Straferkenntnis in diesem Umfang zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war.
Hinsichtlich der beiden Arbeitnehmer der CC nämlich KK und QQ ist – wie aus den Feststellungen ersichtlich – davon auszugehen, dass es sich diesbezüglich tatsächlich um eine Arbeitskräfteüberlassung an die DD handelt. Diesbezüglich wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen es unterlassen zu haben, die angeführten Arbeitskräfte spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich der zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden.
Unstrittig ist diesbezüglich, dass die CC zumindest bezüglich der beiden in Rede stehenden Arbeitnehmer KK und QQ eine Meldung gemäß § 7b Abs 3 und 4 AVRAG an die zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung erstattet hat. Vergleicht man nun die erforderliche Meldung gemäß § 17 Abs 3 AÜG mit § 7 Abs 4 AVRAG so fällt auf, dass diese im Wesentlichen deckungsgleich sind, wenngleich für die entsprechenden Meldungen zwei verschiedene Formulare seitens der zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung diesbezüglich zur Verfügung gestellt werden.
Der Beschwerdeführer hat die ihm angelasteten Taten hinsichtlich der Spruchpunkte 5. und 11. in objektiver Hinsicht verwirklicht. In subjektiver Hinsicht ist jedoch festzuhalten, dass eine Meldung mit sämtlichen erforderlichen Daten dennoch erfolgt ist, auch wenn diesbezüglich der Beschwerdeführer einem Rechtsirrtum unterlegen ist und anstelle einer erforderlichen ZKO 4-Meldung eine ZKO 3-Meldung erstattet hat. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts ist grundsätzlich als hoch einzustufen, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschwerdeführers erweisen sich jedoch als äußerst gering. In Würdigung der Gesamtumstände sieht sich daher das Landesverwaltungsgericht veranlasst, dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen und von einer Bestrafung abzusehen.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Piccolroaz
(Richter)
Schlagworte
ArbeitgebereigenschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.40.1486.7Zuletzt aktualisiert am
12.06.2018