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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §295 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der WA in U, vertreten durch Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Mozartstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 4. Juni 1996, Zl. 400/1-GA5-DKo/96, betreffend Bescheidaufhebung gemäß § 299 Abs. 1 lit. b BAO, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist im Zusammenhalt mit dem hg. Erkenntnis vom 6. April 1995, 93/15/0088, folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Auf Grund einer beim Wohnsitzfinanzamt der Beschwerdeführerin eingelangten amtlichen Mitteilung über die Feststellung des gemeinen Wertes der Anteile der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten an der A. Transport Gesellschaft m.b.H. in Höhe von S 1.031,-- pro S 100,-- des Nennkapitals änderte das Finanzamt mit dem auf § 295 BAO gestützten, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid vom 5. November 1992 den früher erlassenen Bescheid über die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989 ab.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Noch vor Erledigung dieser Berufung erhielt das Finanzamt eine weitere amtliche Mitteilung, derzufolge der gemeine Wert der Anteile an der A. Transport Gesellschaft m.b.H. zum genannten Stichtag mit Berufungsvorentscheidung auf S 725,-- pro S 100,-- des Nennkapitals festgestellt wurde.
Mit Bescheid vom 11. Februar 1993 änderte das Finanzamt unter abermaliger Bezugnahme auf § 295 BAO die Vermögensteuerfestsetzung ab dem 1. Jänner 1989 neuerlich ab. Gleichzeitig wies es die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 5. November 1992 erhobene Berufung mittels Berufungsvorentscheidung ab.
Die Beschwerdeführerin führte sodann im Sinne des § 274 BAO aus, die gegen den Bescheid vom 5. November 1992 erhobene Berufung sei auch als gegen den Änderungsbescheid vom 11. Februar 1993 eingebracht anzusehen; sie beantragte die Entscheidung hierüber durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit Bescheid vom 25. März 1993 gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge.
Mit dem genannten Erkenntnis vom 6. April 1995, 93/15/0088, wurde dieser Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, die in § 191 Abs. 3 lit. c BAO und in § 75 Abs. 3 BewG, in der Fassung vor der Aufhebung durch BGBl. Nr. 818/1993, angeordnete Wirkung von Bescheiden, mit denen u.a. der gemeine Wert von inländischen Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung festgestellt wird, setze für Anteilsinhaber, denen gegenüber dieser Bescheid nicht ergangen ist, eine Zustellung des Feststellungsbescheides an die Anteilsinhaber voraus. Die in Betracht kommenden Feststellungsbescheide seien weder an die Beschwerdeführerin gerichtet noch auch ihr zugestellt worden. Diese Bescheide entfalteten ihr gegenüber daher keine Wirkung und auch nicht für den davon abzuleitenden Vermögensteuerbescheid. Da die belangte Behörde zu Unrecht die Abänderungsbefugnis gemäß § 295 Abs. 1 BAO bejahte, habe sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Im fortgesetzten Verfahren ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin um Zustimmung zur Erlassung einer zweiten Berufungsvorentscheidung. Die Beschwerdeführerin kam diesem Ersuchen nach.
Das Finanzamt erließ nach Rückmittlung des Aktes durch die belangte Behörde mit 11. Oktober 1995 eine zweite Berufungsvorentscheidung. Damit wurde der Berufung stattgegeben und die Vermögensteuer ab 1. Jänner 1989 mit 1 % des steuerpflichtigen Vermögens, das sind S 12.410,-- festgesetzt.
Das Finanzamt erließ in der Folge den mit 30. Oktober 1995 datierten, auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid über die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989, womit es die Vermögensteuer mit 1 % des steuerpflichtigen Vermögens, das sind S 43.390,-- an Stelle der bisher vorgeschriebenen S 12.410,-- festsetzte. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 6. November 1995 Berufung. Das Verfahren über diese Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. September 1996 ausgesetzt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die zweite Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 11. Oktober 1995 betreffend Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989 gemäß § 299 Abs. 1 lit. b BAO in Ausübung des Aufsichtsrechtes auf. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, das Finanzamt habe in der zweiten Berufungsvorentscheidung vom 11. Oktober 1995 betreffend die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989 neben dem Grund- und Betriebsvermögen auch sonstiges Vermögen, und zwar den gemeinen Wert der Anteile an der A. Transport Gesellschaft m.b.H. zum 1. Jänner 1989 in Höhe von S 500.000,-- festgesetzt. Für die Bewertung der Anteile mit dem Nominale gäbe es aber im Akt dieser Kapitalgesellschaft keinen entsprechenden Feststellungsbescheid. Bei der Ermessensübung sei das Interesse des Steuergläubigers dem des Abgabepflichtigen gegenübergestellt worden. Hiebei überwiege das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgabe (Zweckmäßigkeitsgründe) gegenüber dem Interesse des Abgabepflichtigen (Interesse an der Rechtskraft), wobei auch davon auszugehen sei, dass die Abgabenbehörden darauf zu achten hätten, dass alle Abgabepflichtigen gleichmäßig erfasst würden.
Die Beschwerdeführerin beantragte in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerde die kostenpflichtige Aufhebung dieses Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die Beschwerdeführerin weist in ihren Ausführungen u.a. darauf hin, dass die zweite Berufungsvorentscheidung vom 11. Oktober 1995 des Finanzamtes durch die spätere Erlassung des auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheides über die Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989 vom 30. Oktober 1995 ersetzt worden sei. Der Aufhebungsbescheid der belangten Behörde richte sich sohin gegen die nicht mehr dem Rechtsbestand zugehörige zweite Berufungsvorentscheidung, es liege "gegenständlich ein Nicht-Bescheid" vor.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Dies führt aber zu einer Zurückweisung der Beschwerde mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit.
Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, welcher von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, oder wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist. Mit der Erlassung des geänderten Bescheides tritt der bisherige Bescheid zur Gänze außer Kraft und scheidet aus dem Rechtsbestand aus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1999, 97/15/0217).
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die zweite Berufungsvorentscheidung vom 11. Oktober 1995 durch den auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Änderungsbescheid vom 30. Oktober 1995 aus dem Rechtsbestand ausgeschieden war. Die mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 4. Juni 1996 verfügte Aufhebung der in diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft getretenen zweiten Berufungsvorentscheidung vom 11. Oktober 1995 ging daher ins Leere. Durch diesen (Aufhebungs-)Bescheid konnte die Beschwerdeführerin in ihren Rechten von vornherein keinesfalls verletzt werden. Die dagegen erhobene Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die zweite Berufungsvorentscheidung vom 11. Oktober 1995 trat durch den auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid vom 30. Oktober 1995 jedenfalls außer Kraft, ohne dass zu prüfen wäre, ob dieser Änderungsbescheid zu Recht erging. Dies wird in dem noch anhängigen Berufungsverfahren zu klären sein. Selbst eine allfällige Aufhebung des Änderungsbescheides im Berufungswege würde an der rechtlichen Wirkungslosigkeit des angefochtenen Bescheides nichts ändern; sie würde vielmehr das Wiederaufleben der zweiten Berufungsvorentscheidung vom 11. Oktober 1995 bewirken.
Die Beschwerde war somit in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Februar 2000
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996150131.X00Im RIS seit
02.07.2001