Entscheidungsdatum
30.05.2018Norm
AVG §19Spruch
W203 1302861-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2018, Zl. 41290605 - 180251881:
A)
Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren bezüglich der bescheidmäßig vorgeschriebenen Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Einholung eines Ersatzreisedokumentes in Form eines Interviewtermins am 02.05.2018 in der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan und stellte erstmals am 09.08.2005 und erneut am 08.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag vom 08.03.2016 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) mit Bescheid vom 16.01.2018 abgewiesen. Dabei wurde u.a. ausgesprochen, dass eine Abschiebung gemäß § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), idgF, zulässig sei. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26.04.2018 trug die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG auf, "zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes zum angegebenen Termin und Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken". Konkret habe er sich am 02.05.2018 in der Botschaft der islamischen Republik Afghanistan zur Wahrnehmung eines Interviewtermins einzufinden. Der Beschwerdeführer habe diesen Bescheid und in seinem Besitz befindliche relevante Dokumente mitzubringen. Im Falle einer Nichtbefolgung des Auftrags ohne wichtigen Grund werde eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde seitens der belangten Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er im Wesentlichen eine inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften monierte. Weiters wurde der Ersatz der Verfahrenskosten unter Berufung auf das "richtungsweisende Judikat W117 2013311-1/2E des Bundesverwaltungsgerichtes" begehrt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, somit liegt die Zuständigkeit eines Einzelrichters vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 i. d.F. BGBl. I
Nr. 122/2013 geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2013 (im Folgenden auch: "VwGVG") bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgaben-ordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl.
Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Da im vorliegenden Fall nicht in der Sache selbst zu entscheiden war, war durch das Bundesverwaltungsgericht ein Beschluss zu fassen.
2. Zu Spruchpunkt A)
2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" des Verfahrens vorzugehen.
Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe VwGH vom 28.11.2013, 2013/10/0084 samt zitierter Vorjudikatur).
2.2. Im gegenständlichen Fall ist das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung weggefallen. Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26.03.2007, Zl. 2006/10/0234 - betreffend die Erlaubnis zum Fernbleiben eines Schülers vom Unterricht und der damit verbundenen Tatsache, dass dieser Zeitraum bei der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bereits in der Vergangenheit lag - ausführte, käme der Entscheidung über die Beschwerde nur mehr theoretische Bedeutung zu, da der Zeitpunkt des bescheidmäßig vorgeschriebenen Erscheinens des Beschwerdeführers in der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan am 02.05.2018 bereits verstrichen ist und auch schon zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 23.05.2018 verstrichen war. Die Rechtsstellung des Beschwerdeführers könnte sich auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht nicht verbessern, da der vorgeschriebene "Interviewtermin" in der Botschaft weder nachträglich eingehalten noch durch das Bundesverwaltungsgericht neu festgesetzt werden kann. Eine nunmehrige Aufhebung des Bescheides würde somit nichts an dem Umstand ändern, dass der Beschwerdeführer sich am 02.05.2018 nicht am vorgeschriebenen Ort eingefunden hat.
Eine - allfällige und im Bescheid "angedrohte" - verhängte Haftstrafe wäre erneut - allenfalls durch Bescheid - gegenüber dem Beschwerdeführer zu verhängen, anzuordnen bzw. durchzuführen und diesem stünden gegen diese Entscheidung - falls eine solche erfolgen sollte - erneut Rechtsmittel zur Verfügung.
2.3. Die Beschwerde war daher in Analogie zu § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren betreffend die bescheidmäßige Vorschreibung des Erscheinens des Beschwerdeführers einzustellen.
2.4. Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid die aufschiebende Wirkung gemäß § § 13 Abs. 2 VwGVG aberkannt. Der Beschwerdeführer sei seiner bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und sein weiterer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet "widerspreche dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen".
Im gegenständlichen Verfahren ist die Beschwerde am 29.05.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt. Ein gesonderter Abspruch über die beantragte (Wieder-)Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte unterbleiben bzw. erübrigt sich aufgrund der am 30.05.2018 getroffenen Entscheidung in der Sache selbst.
2.5. Der Beschwerdeführer begehrte in der Beschwerde den "Ersatz seiner Verfahrenskosten". Dieses Begehren stützte der Beschwerdeführer darauf, dass ihm ein solcher Kostenersatz analog zum Maßnahmenbeschwerdeverfahren gebühre. Er werde durch den Ausschluss eines Kostenersatzes im Bescheidbeschwerdeverfahren gegenüber Beschwerdeführern im Maßnahmenbeschwerdeverfahren diskriminiert.
Hierzu ist festzuhalten, dass es sich bei der vorliegenden Beschwerde evident nicht um eine Beschwerde ein Maßnahmenverfahren betreffend handelt und somit § 35 VwGVG nicht zur Anwendung gelangen kann.
Auch aus der in der Beschwerde angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes lässt sich für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, zumal diese eine Schubhaftbeschwerde - und somit einen einem Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ähnlichen Fall - zum Gegenstand hatte und nicht einen dem vorliegenden Fall ähnlichen Sachverhalt.
Da es an einer gesetzlichen Grundlage für den begehrten Kostenersatz mangelt, war der Antrag auf Kostenersatz zurückzuweisen.
2.6. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm.
§ 24 VwGVG entfallen.
3. Zu Spruchpunkt B)
3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2. Die Revision ist hier nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung oder ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf das Vorliegen einer Rechtsfrage mich grundsätzlicher Bedeutung vor.
Schlagworte
Gegenstandslosigkeit, Ladungsbescheid, Mitwirkungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W203.1302861.2.00Zuletzt aktualisiert am
12.06.2018