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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. Roland Kometer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Templstraße 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. Juli 1999, Zl. Senat-ME-98-052, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.365,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 9. Jänner 1998 um 10.20 Uhr mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug auf der A-1 bei Strkm 91,000 in Richtung Wien fahrend die auf der Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit um 76 km/h überschritten. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 begangen, sodass gegen ihn eine Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 240 Stunden) zu verhängen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer im angeführten Bereich der Autobahn mit offensichtlich weit überhöhter Geschwindigkeit ein Zivilstreifenfahrzeug überholt habe, mit welchem in der Folge die Nachfahrt aufgenommen worden sei. Ab km 93,00 bis km 89,00 sei das Dienstfahrzeug in einem gleich bleibenden Abstand von drei Sekunden gefolgt, wobei am geeichten Geschwindigkeitsmesser "ProVida" über eine Strecke von 700 m eine Geschwindigkeit von 190,17 km/h, bei km 91,00 der Spitzenwert von 206 km/h angezeigt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich bei seiner Anhaltung damit gerechtfertigt, "mit Gedanken ganz wo anders gewesen" zu sein. Entgegen dem einem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates zu Grunde gelegenen Sachverhalt seien im Beschwerdefall im nachfolgenden Dienstfahrzeug zwei Beamte anwesend gewesen, von denen der Beifahrer die mittels geeichtem Zusatztacho und digital auf einem Display angezeigte Geschwindigkeit habe beobachten und gleichzeitig ein Videogerät habe bedienen können. An der Richtigkeit des Ausmaßes der in der Anzeige angeführten Geschwindigkeitsüberschreitung bestehe insbesondere auch im Hinblick auf das Geständnis des Beschwerdeführers kein Zweifel. Der Abzug eines Toleranzwertes sei bei der angewendeten Messmethode nicht vorgesehen.
Soweit der Beschwerdeführer zunächst rügt, der angefochtenen Bescheid entspreche nicht den Anforderungen des § 44a VStG, weil die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung lediglich auf einen Punkt und nicht auf eine Strecke bezogen worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass im Spruch des durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Straferkenntnisses vom 8. April 1998 als Ort der Verwaltungsübertretung "A1-Westautobahn, im Gemeindegebiet von Pöchlarn, bei Strkm 91,000 in Fahrtrichtung Wien" angeführt ist. Es ist zwar richtig, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung begrifflich niemals (ausschließlich) an einem bestimmten Punkt begangen werden kann, doch bedeutet es - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. September 1989, Zl. 89/18/0068, ausgesprochen hat - keinen den Beschwerdeführer belastenden Verstoß gegen die Bestimmung des § 44a lit. a (jetzt Z 1)VStG, wenn die belangte Behörde aus der gesamten Strecke, auf der der Beschwerdeführer eine Geschwindigkeitsüberschreitung beging, lediglich eine kurze Strecke als Tatort der Bestrafung zugrundelegte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1990, Zl. 89/03/0272). Die Angabe "bei Strkm 91,000" in der Tatortumschreibung ist nicht auf einen Punkt, sondern auf eine in diesem Straßenkilometerbereich gelegene Strecke zu beziehen. Eine derartige Tatortumschreibung entspricht dem Gebot des § 44a Z 1 VStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/03/0089, mit weiteren Nachweisen)
Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei deswegen in sich widersprüchlich und nicht ausreichend bestimmt, weil einerseits im erstinstanzlichen Straferkenntnis von der Berücksichtigung einer Messtoleranz (ohne dass diese ziffernmäßig bestimmt sei) gesprochen werde, andererseits aber im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, dass bei der durchgeführten Messmethode eine Messtoleranz nicht zu berücksichtigen sei. Es sei aber bei jeder Messung durch ein technisches Hilfsmittel zumindest die "allgemeine Messtoleranz in der Höhe von 10% und eine Nachfahrtoleranz von 15% zu berücksichtigen". Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei dem Vorbringen hinsichtlich der geforderten Höhe von Messtoleranzen um bloße, nicht weiter substantiierte Behauptungen handelt, denen nachzugehen der Verwaltungsgerichtshof nicht gehalten ist. Die lediglich in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Feststellung der belangten Behörde, dass bei der angewendeten Messmethode der Abzug eines Toleranzwertes nicht vorgesehen sei, ist im Zusammenhang mit der bereits in der Berufung des Beschwerdeführers enthaltenen Forderung nach (weiteren) Toleranzabzügen zu sehen. Dass die Höhe der von der Behörde erster Instanz in Abzug gebrachten Messtoleranz nicht ziffernmäßig angegeben wurde, vermag angesichts der mit einem für die Messung der Geschwindigkeit durch Nachfahren geeichten Gerät festgestellten, ganz erheblichen Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit einen relevanten Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers nicht zu begründen. Im Übrigen sei vermerkt, dass das "Ausmaß" der Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit - so die ständige hg. Rechtsprechung - kein Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 bildet.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, auf Grund der Bauartgeschwindigkeit seines Kraftfahrzeuges sei die gemessene Geschwindigkeit nicht erreichbar, ist zunächst festzuhalten, dass gemäß § 2 Z 37a Kraftfahrgesetz 1967 unter Bauartgeschwindigkeit die Geschwindigkeit zu verstehen ist, hinsichtlich der auf Grund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, dass sie auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille nicht überschritten werden kann. Da der Beschwerdeführer weder geltend gemacht hat, es habe zum Tatzeitpunkt tatsächlich Windstille geherrscht noch dargetan hat, es habe sich bei dem Bereich der Autobahn, in dem er die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung begangen hat, um einen geraden waagrechten Fahrbahnabschnitt gehandelt, kann aus dem bloßen Hinweis auf die Bauartgeschwindigkeit seines Fahrzeuges schon deshalb nichts für den Beschwerdeführer gewonnen werden.
Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) besteht kein Einwand, dass die belangte Behörde die in der Begründung ihres Bescheides wiedergegebenen, in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Zeugenaussagen der Meldungsleger ihren Feststellungen zugrundegelegt hat. Dies konnte sie umso mehr deswegen tun, weil der Beschwerdeführer, als er bei seiner Anhaltung mit der Geschwindigkeitsübertretung konfrontiert wurde, unwidersprochen zugegeben hat, während des Zeitraumes, in dem ihm die Gendarmerieorgane nachfuhren, "mit Gedanken ganz woanders" gewesen zu sein; auch anlässlich seiner Einvernahme im Februar 1998 führte er aus: "Ich gebe die Übertretung zu, da ich leider zu diesem Zeitpunkt nicht auf den Tacho geachtet habe".
Soweit der Beschwerdeführer einen Verfahrensmangel darin erblickt, dass er im erstinstanzlichen Verfahren unzureichend einvernommen worden sei und es daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen wäre, ihm Parteiengehör zu gewähren, ist ihm entgegenzuhalten, dass ihm - abgesehen von seiner Beschuldigteneinvernahme - im Rahmen des gesamten Verwaltungsverfahrens die Möglichkeit offen gestanden wäre, seinen Standpunkt den Behörden jederzeit entsprechend darzulegen. Dass ihm aber etwa für die Geltendmachung seines Standpunktes maßgebliche Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht zur Kenntnis gebracht worden wären, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Der Verfahrensrüge fehlt es daher an der erforderlichen Relevanz.
Die sich sohin zur Gänze als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Februar 2000
Schlagworte
Überschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999020276.X00Im RIS seit
12.06.2001