Entscheidungsdatum
05.04.2018Norm
BAO §288 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin Mag. Lindner über die Beschwerde des A und der B, beide vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***, vom 13. März 2018, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 31. Jänner 2018, ohne Zahl, mit welchem über einen Vorlageantrag gegen eine Berufungsvorentscheidung der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde ***, ***, betreffend die Vorschreibung einer „Ergänzungsabgabe zur Kanalabgabenordnungsabgabe“, dahingehend entschieden wurde, dass der Berufung teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung des gegen die Berufungsvorentscheidung der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** eingebrachten Vorlageantrages diese Berufungsvorentscheidung ersatzlos behoben wird.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 279 iVm 288 Abs. 1 BAO
Art. 133 Abs. 4 B-VG
Entscheidungsgründe:
1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:
Herr A und Frau B (in der Folge: Beschwerdeführer) sind je zur Hälfte Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in ***, *** (Grundstück Nr. ***, KG ***).
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2015 wurde den Beschwerdeführern die baubehördliche Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Gebäudes und die Errichtung eines Badehauses auf dieser Liegenschaft erteilt.
Zu diesem Bauvorhaben zeigten schließlich die Beschwerdeführer unter Anschluss einer Bauführerbescheinigung mit Schreiben vom 17. April 2017, eingelangt bei der Baubehörde am 25. April 2017, die Fertigstellung an.
Mit Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** vom 8. November 2017, Aktenzeichen ***, wurde den Beschwerdeführern für den Anschluss der Liegenschaft in ***, *** (Grundstück ***, KG ***), an den öffentlichen Schmutzwasserkanal eine Kanaleinmündungsabgabe im Betrag von € 1.872,26 (zuzüglich USt.) vorgeschrieben.
Der Abgabenberechnung zugrunde gelegt wurden eine Berechnungsfläche von 144,02 m² sowie ein Einheitssatz von € 13,00.
Mit Schreiben vom 30. November 2017 brachten die Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung ein. Die Berufungswerber hätten die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 22.06.2009 erworben, zu diesem Zeitpunkt sei diese Liegenschaft bereits an den öffentlichen Schmutzwasserkanal angeschlossen gewesen.
Mit als Berufungsvorentscheidung tituliertem Bescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde ***, ***, ohne Datum, wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, als eine „Ergänzungsabgabe zur Kanalabgabenordnungsabgabe“ für den Schmutzwasserkanal in der Höhe von € 689,00 (zuzüglich USt.) vorgeschrieben wurde. Der Abgabenberechnung zugrunde gelegt wurden eine Berechnungsfläche von 144,02 m² nach der Änderung sowie eine Berechnungsfläche von 91,04 m² vor der Änderung sowie ein Einheitssatz von € 13,00.
Dagegen wurde ein Vorlageantrag vom 15. Jänner 2018 eingebracht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 31. Jänner 2018, ohne Zahl, wurde der Berufung wieder teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid neuerlich dahingehend abgeändert, dass eine „Ergänzungsabgabe zur Kanalabgabenordnungsabgabe“ für den Schmutzwasserkanal in der Höhe von € 689,00 (zuzüglich USt.) vorgeschrieben wurde. Der Abgabenberechnung zugrunde gelegt wurden eine Berechnungsfläche von 144,02 m² nach der Änderung sowie eine Berechnungsfläche von 91,04 m² vor der Änderung sowie ein Einheitssatz von € 13,00.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft mit einem Objekt von 46,44 m² angeschlossen gewesen sei, die Grundstücksfläche 364 m² betrage. Die Berufungswerber hätten ein Objekt mit einer erbauten Fläche von 68,46 m² und 2 angeschlossenen Geschoßen errichtet, der Anteil der unbebauten Fläche betrage 15% von 275m² d.s. 41,33 m². Nachdem für das abgetragene Objekt für 46,44 m² und dem Anteil der unverbauten Fläche von 15% von 97,54 m², d.s. 44,60 m², also insgesamt für 91,04 m², bereits eine Kanaleinmündungsabgabe entrichtet worden sei, sei nur für die nach der Änderung vorgeschriebene zusätzliche Fläche eine Ergänzungsabgabe zu entrichten.
Dagegen richtet sich die nunmehrige Beschwerde vom 13. März 2018. Es werde bemängelt, dass der angefochtene Bescheid vom 31. Jänner 2018 über keine Aktenzahl verfüge, weder der Tag der Einbringung der Berufung noch der erstinstanzliche Bescheid bezeichnet würden, weshalb sich der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** als mangelhaft erweise.
Inhaltlich werde der Bescheid insoweit angefochten, als den Beschwerdeführern die Zahlung einer Ergänzungsabgabe aufgetragen wurde, welche jedoch bereits entrichtet worden sei. Die Zahlungsaufforderung sei daher unzulässiger Weise ausgesprochen worden. Es werde daher der Antrag auf Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Zahlung der Ergänzungsabgabe in Höhe von € 757,90 aufgehoben wird, in eventu auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides gestellt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Artikel 118. (1) Der Wirkungsbereich der Gemeinde ist ein eigener und ein vom Bund oder vom Land übertragener.
(2) Der eigene Wirkungsbereich umfasst neben den im Art. 116 Abs. 2 angeführten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die Gesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.
(3) Der Gemeinde sind zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich die behördlichen Aufgaben insbesondere in folgenden Angelegenheiten gewährleistet:
1.
Bestellung der Gemeindeorgane unbeschadet der Zuständigkeit überörtlicher Wahlbehörden; Regelung der inneren Einrichtungen zur Besorgung der Gemeindeaufgaben;
2.
Bestellung der Gemeindebediensteten und Ausübung der Diensthoheit unbeschadet der Zuständigkeit überörtlicher Disziplinar-, Qualifikations- und Prüfungskommissionen;
3.
örtliche Sicherheitspolizei (Art. 15 Abs. 2), örtliche Veranstaltungspolizei;
4.
Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde, örtliche Straßenpolizei;
5.
Flurschutzpolizei;
6.
örtliche Marktpolizei;
7.
örtliche Gesundheitspolizei, insbesondere auch auf dem Gebiet des Hilfs- und Rettungswesens sowie des Leichen- und Bestattungswesens;
8.
Sittlichkeitspolizei;
9.
örtliche Baupolizei; örtliche Feuerpolizei; örtliche Raumplanung;
10.
öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten;
11.
freiwillige Feilbietungen beweglicher Sachen.
(4) Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht ein zweistufiger Instanzenzug; dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches kommt dem Bund und dem Land ein Aufsichtsrecht über die Gemeinde (Art. 119a) zu.
….
Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
…
Artikel 133.
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2.2. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.
(2) Im Berufungsverfahren sind die §§ 278 und 279 Abs. 3 (Aufhebung unter Zurückverweisung, Bindung an Rechtsanschauung) nicht anzuwenden.
(3) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug (Abs. 1), so sind die §§ 262 bis 264 (Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag) weder im Berufungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren anzuwenden. § 300 gilt sinngemäß ab Einbringung der gegen die Entscheidung über die Berufung gerichteten Bescheidbeschwerde.
2.3. NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230:
§ 2 Kanaleinmündungsabgabe, Ergänzungsabgabe
(1) Für den möglichen Anschluß an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten.
(2) Eine Kanaleinmündungsabgabe ist auch für bereits an einen Kanal angeschlossene Liegenschaften, selbst wenn schon einmal eine Abgabe oder eine vergleichbare Leistung für den Kanalanschluß erbracht wurde, dann einzuheben, wenn
a)
ein Regenwasserkanal in einen Mischwasserkanal umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird;
b)
ein Schmutzwasserkanal in einen Mischwasserkanal umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird;
c)
ein Mischwasserkanal für Niederschlagswässer und gereinigte Schmutz- und Fäkalwässer in einen Mischwasserkanal für Niederschlags- und ungereinigte Schmutz- und Fäkalwässer umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird, oder
d)
eine vorhandene Kanalanlage so umgestaltet oder durch eine neue ersetzt wird, daß dadurch ein erhöhter Reinigungsgrad der Abwässer erzielt wird.
(3) Für Betreuungseinrichtungen im Sinne des § 16a Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung und Notstandsbauten im Sinne des § 23 Abs. 7 zweiter Satz NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, ist eine Kanaleinmündungsabgabe nicht einzuheben.
(4) Bei Umgestaltung einer Kanalanlage ist für Liegenschaften, die bereits an die bisherige Kanalanlage angeschlossen waren, eine Kanaleinmündungsabgabe höchstens in jenem Ausmaß vorzuschreiben, das dem Anteil der Kosten der Umgestaltung an den Gesamtkosten der umgestalteten Kanalanlage entspricht.
(5) Bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zugrunde gelegten Berechnungsgrundlagen (§ 3 Abs. 2) ist eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 6, eine höhere Abgabe ergibt. Bei Liegenschaften, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an das öffentliche Kanalgesetz angeschlossen waren, gelten der Bestand beim Inkrafttreten dieses Gesetzes als ursprünglicher Bestand und als Änderung der seinerzeit der Bemessung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage jede Änderung, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Verpflichtung zur Entrichtung einer Ergänzungsabgabe begründet, wenn die Einmündungsabgabe bereits nach den Vorschriften dieses Gesetzes bemessen worden wäre.
(6) Bei einer Bauführung auf Grundstücken, die durch Abteilung einer Liegenschaft entstehen, tritt die Verpflichtung zur Bezahlung der Kanaleinmündungsabgabe auch dann ein, wenn für die ungeteilte Liegenschaft eine Kanaleinmündungsabgabe bereits bezahlt worden ist.
(7) Außer der Kanaleinmündungsabgabe (Sonderabgabe) dürfen von der Gemeinde aus dem Titel des Anschlusses keine anderen Geld- oder Naturalleistungen verlangt werden.
§ 19 Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde
Die Gemeinde hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und des Vollstreckungsverfahrens im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.
2.4. NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 100-23
Instanzenzug
§ 60 (1) Der Instanzenzug in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches geht
1.
gegen Bescheide des Bürgermeisters (des Gemeindeamtes gemäß § 42 Abs. 3) an den Gemeindevorstand (Stadtrat),
2.
gegen erstinstanzliche Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) an den Gemeinderat
Gegen Berufungsbescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z 1 ist eine weitere Berufung unzulässig.
2.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen einen Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 31. Jänner 2018, ohne Zahl, mit welcher auf Grund des Vorlageantrages der Beschwerdeführer vom 15. Jänner 2018 gegen die Berufungsvorentscheidung der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde ***, ***, ohne Datum, über die Berufung vom 30. November 2017 abgesprochen wurde.
Die Angelegenheiten des NÖ Kanalgesetzes hat die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen (§ 19 NÖ Kanalgesetz 1977). Nach Art. 118 Abs. 4 zweiter Satz B-VG besteht in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ein zweistufiger Instanzenzug. Ausdrücklich ergibt sich aus dem ersten Satz des § 288 Abs. 3 BAO, dass die Erlassung von Berufungsvorentscheidungen diesfalls nicht vorgesehen ist.
Zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid war die Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** daher nicht zuständig und war somit spruchgemäß mit der Behebung der Berufungsvorentscheidung vorzugehen.
Es wird in der Folge der Stadtrat der Stadtgemeinde *** über die Berufung vom 30. November 2017 gegen den Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** vom 8. November 2017, ***, abzusprechen haben.
Dazu darf unpräjudiziell Folgendes angemerkt werden:
Mit dem angesprochenen erstinstanzlichen Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** wurde den Beschwerdeführern für den Anschluss der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft an den öffentlichen Schmutzwasserkanal eine Kanaleinmündungsabgabe vorgeschrieben. Gegenstand des Verfahrens („Sache“) ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (z.B. VwGH 29.7.2010, 2009/15/0152; 27.9.2012, 2010/16/0032; 25.4.2013, 2012/15/0161), somit im konkreten Fall ausgehend vom Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe. Indem sich im Abgabenverfahren erwies, dass im Gegenstand der Abgabentatbestand einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe erfüllt ist, erweist sich die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe als rechtswidrig. Die zweitinstanzliche Abgabenbehörde wird daher den Abgabenbescheid der Bürgermeisterin zu beheben zu haben, indem im Berufungsverfahren nicht eine Abgabe erstmals vorgeschrieben bzw. keine andere Abgabe als jene des angefochtenen Bescheides vorgeschrieben werden darf.
In weiterer Folge wird die Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** einen Abgabenbescheid betreffend die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe zu erlassen haben. Die im nunmehr in Beschwerde gezogenen Verfahren vorgeschriebene „Ergänzungsabgabe zur Kanalabgabenordnungsabgabe“ ist sowohl dem NÖ Kanalgesetz 1977 als auch der maßgeblichen Kanalabgabenordnung der Gemeinde *** vom 13. Dezember 2010 fremd.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von den Beschwerdeführern nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Kanalabgabenordnung; Kanaleinmündungsabgabe;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.305.001.2018Zuletzt aktualisiert am
11.06.2018