TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/25 I419 2101445-2

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Veröffentlicht am 25.05.2018
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Entscheidungsdatum

25.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I419 2101445-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch RA Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 11.04.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass Spruchpunkt III wie folgt zu lauten hat:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit verließ den Herkunftsstaat im November 2009 Richtung Türkei und reiste anschließend nach Griechenland weiter, wo er 2010 einen Asylantrag stellte und vier Jahre verbrachte. Anschließend gelangte er nach Mazedonien und Serbien, reiste am 22.07.2013 illegal aus Ungarn ein, stellte am Morgen darauf den ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und hält sich seither hier auf. Als Begründung gab er an, sein Vater habe ihn nach dem zehnten Schuljahr nicht mehr weiter in die Schule gehen lassen. Den Antrag hat das BAA am 31.07.2013 ab- und den Beschwerdeführer nach Nigeria ausgewiesen.

2. Im dazu geführten Beschwerdeverfahren brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm in seinem Heimatstaat die Mittellosigkeit drohe. Seine Familie könne ihm die notwendige Unterstützung nicht zukommen lassen. Außerdem sei er von seinen Angehörigen verstoßen worden, da er homosexuelle Neigungen habe und seine homosexuelle Beziehung aufgeflogen sei. Aus Angst und Scham habe er sich bis dahin diesbezüglich nicht öffnen können. Sollten die neuen Asylgründe jedoch unter das Neuerungsverbot fallen, so verweise er darauf, dass er im Falle einer Rückkehr eine Infektion mit Ebola zu befürchten habe.

3. Die Beschwerde hat dieses Gericht am 17.09.2014 als unbegründet abgewiesen und die Angelegenheit zur Prüfung einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen.

Begründend führte das Erkenntnis aus, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge seine Heimat nur aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe. Er sei darauf hingewiesen worden, dass die Angaben vertraulich behandelt und nicht an die Behörden des Heimatlandes weitergeleitet werden. Es sei ihm ausreichend Zeit und Gelegenheit eingeräumt worden, seine Fluchtgründe umfassend und detailliert darzulegen sowie allfällige weitere Beweismittel vorzulegen. Zudem sei er auf die Mitwirkungspflichten hingewiesen und auch über die Folgen des Neuerungsverbots nach negativer Entscheidung durch das BAA hingewiesen worden. Er habe bei den Einvernahmen ausdrücklich angegeben, dass er ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen in Österreich sei, und zwar um hier in die Schule zu gehen und eine bessere Ausbildung zu erhalten.

Er habe keine weiteren Fluchtgründe vorgebracht. Die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Fluchtgründe, dass er nämlich per Haftbefehl wegen eines Tötungsdelikts gesucht werde, seien nicht konsistent und nicht glaubwürdig. Zudem solle sich dieses Ereignis bereits zwei Jahre vor seiner Flucht ereignet haben. Im Parteiengehör sei dieser Fluchtgrund überhaupt nicht mehr erwähnt, sondern nur noch behauptet worden, dass er von seiner Familie wegen seiner Homosexualität verstoßen worden sei.

Das Gericht hielt dazu fest, dass diese Fluchtgründe bereits im Verfahren vor dem BAA hätten vorgebracht werden müssen. Sie seien vom Neuerungsverbot umfasst, weshalb das Vorbringen vom Gericht nicht zu berücksichtigen sei.

In Bezug auf die behauptete Gefahr einer Ebola-Infektion führte das Gericht aus, es könne keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von EMRK-Bestimmungen für Rückkehrer schlechthin ausgegangen werden. Die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzes würden sohin nicht vorliegen. Aspekte, die eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen lassen würden, seien nicht feststellbar.

4. Am 17.01.2015 erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung. Die Abschiebung nach Nigeria sei zulässig, die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft.

5. In der Beschwerde dagegen verwies der Beschwerdeführer auf seine Homosexualität, sowie darauf, dass er diese bereits im vorherigen Beschwerdeverfahren angegeben habe. Da er nicht mehr die soziale Hilfe der Familie in Anspruch nehmen könne, sei eine Rückkehrentscheidung unzulässig.

Am 29.03.2016 hat dieses Gericht auch diese Beschwerde abgewiesen. Das Vorbringen der Homosexualität falle wie bereits im vorangegangenen Beschwerdeverfahren unter das Neuerungsverbot.

6. Schließlich stellte der Beschwerdeführer am 13.10.2016 einen weiteren Folgeantrag und gab an, er werde weiterhin wegen seiner Homosexualität, von der er seit 2005 wisse, von der Polizei gesucht und so verfolgt.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz betreffend die Status des Asyl- (Spruchpunkt I) und des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" (Spruchpunkt III), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV) und erklärte, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V) und keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI).

7. Die Beschwerde dagegen kritisiert, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der behaupteten Homosexualität des Beschwerdeführers bislang unterblieben sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der volljährige Beschwerdeführer ist gesund, ledig und arbeitsfähig. Er hat keine Familienangehörigen oder Verwandten und auch sonst über keine engeren sozialen Bindungen in Österreich. Seine Identität steht mangels entsprechender Dokumente nicht fest. Er ist Christ und spricht Igbo und Englisch. Im Herkunftsstaat leben seine Mutter und seine Schwester im Alter von etwa 68 und etwa Mitte 20. 2013 lebte dort auch noch sein Vater, von dem er damals angab, dass er 98 sei.

Er ist im Inland nicht selbsterhaltungsfähig. Seinen Lebensunterhalt bestreitet der Beschwerdeführer aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung und in der Haft. Zudem versuchte er, durch den Verkauf von Suchtmitteln weitere Einkünfte zu erzielen. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Ein über die Zugehörigkeit zur Kirche, der auch sein Mitbewohner angehört, und die sich durch die alltäglichen Verrichtungen in der Haft hinausgehendes Privatleben des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Er ist in Österreich außer in der Kirche in keiner Organisation Mitglied.

Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist hier nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen und spricht ein wenig Deutsch. Es konnte nicht festgestellt werden und wurde auch nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer qualifizierte Deutschkurse besucht oder an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat.

Er wurde vom LGXXXX jeweils wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften in verschiedenen Varianten des Tatbestands wie folgt strafgerichtlich verurteilt:

am 05.11.2013 zu sieben Monaten Freiheitsstrafe, sechs davon bedingt nachgesehen auf drei Jahre, wobei gewerbsmäßige Begehung und als Datum der letzten Tat der 11.10.2013 festgestellt wurden,

am 27.05.2016 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, wobei die Probezeit der ersten Nachsicht auf fünf Jahre verlängert sowie gewerbsmäßige Begehung und als Datum der letzten Tat der 24.04.2015 festgestellt wurden, sowie

am 11.04.2018 zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, wobei die bedingte Nachsicht widerrufen und als Datum der letzten Tat der 08.03.2018 festgestellt wurden.

Aufgrund dessen war er wie folgt in Haft: Von 11.10.2013 bis 11.11.2013, von 24.04.2015 bis 24.02.2016 und seit 09.03.2018, also insgesamt bereits mehr als ein Jahr. Vor seiner jüngsten Inhaftierung war er zwei Jahre hindurch nur mit einer Obdachlosenadresse gemeldet, einen Wohnsitz außerhalb von Haftanstalten hatte er zuletzt am 06.05.2015, also vor mehr als drei Jahren.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auf aktuellem Stand 07.08.2017 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Grundversorgung/Wirtschaft

Mit einem Wachstum von 6,31 Prozent gehörte Nigeria Anfang 2014 noch zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt und hatte Südafrika als größte Volkswirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent überholt (GIZ 7.2017c). Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, und konnte in den letzten Jahren auch dank verschiedener Reformen ein hohes einstelliges Wirtschaftswachstum verzeichnen. Wegen sinkender Öleinnahmen (Ölpreisverfall und Reduzierung der Ölfördermenge durch Anschläge auf Ölförderanlagen und Pipelines im Nigerdelta) befindet sich Nigeria zwischenzeitlich in einer Rezession, die sich 2017 voraussichtlich nur langsam erholen wird. Wachstum betrug 2015 noch 2,7 Prozent, für 2016 Negativwachstum von etwa -1,5 Prozent (AA 4.2017c). Ab 2004 nutzte Nigeria den Ölgewinn, um seine Schulden zu bezahlen. Im Rahmen der wirtschaftlichen Reformen der Regierung Obasanjo konnte das Land 2005 mit dem Pariser Club, also den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass um 18 Mrd. US-Dollar von insgesamt 30 Mrd. US-Dollar aushandeln. Im Gegenzug zahlte die nigerianische Regierung 12 Mrd. US-Dollar zurück. Damit ist Nigeria das erste afrikanische Land, das gegenüber dem Pariser Club schuldenfrei geworden ist (GIZ 7.2017c).

Nigeria ist der zehntgrößte Erdölproduzent der Welt und der größte Erdölproduzent Afrikas. Über 70 Prozent der Staatseinnahmen und 90 Prozent der Exporterlöse stammen aus der Erdöl- und Erdgasförderung. Neben den Erdöl- und Erdgasvorkommen verfügt Nigeria über umfangreiche natürliche Ressourcen (z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine und Phosphat), die gesamtwirtschaftlich gesehen jedoch von geringer Bedeutung sind (GIZ 7.2017c).

Neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Der Reichtum Nigerias ist das Öl, doch über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. In ländlichen Gegenden beträgt der Anteil über 90 Prozent (AA 4.2017c). Der Sektor erwirtschaftete 2016 etwa 26 Prozent des BIP (GIZ 6.2016c). Nigeria ist Afrikas größter Yam- und Augenbohnenproduzent und der weltweit größte Produzent von Maniok (Kassava) (AA 4.2017c).

Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt von kleinen Anbauflächen - in der Regel in Subsistenzwirtschaft - mit Größen von einem bis fünf Hektar (AA 4.2017c). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit zehn Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde - durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016).

Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) macht ca. 20 Prozent des BIP im Jahr 2016 aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Haupthindernis für die industrielle Entfaltung ist die unzureichende Infrastrukturversorgung (Energie und Transport). Von den landesweit insgesamt 200.000 Straßenkilometer sind ca. 50 Prozent instandsetzungsbedürftig. Die Eisenbahnlinie Lagos-Kano (ca. 1.300 km) wurde 2013 mit chinesischer Hilfe modernisiert (GIZ 7.2017c).

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2016). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2016; vgl. AA 21.11.2016).

Über 20 Millionen junge Menschen sind arbeitslos. Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, diesbezüglich Programme umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2016). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 7.2017b).

Verschiedene Studien haben ergeben, dass mehr als 80 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung Nigerias arbeitslos sind und dass 60 Prozent der Arbeitslosen Abgänger der Haupt- oder Mittelschule ohne Berufsausbildung sind (IOM 8.2014). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter des öffentlichen und privaten Sektors zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Local Economic Empowerment and Development Strategy (LEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.

Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).

1.2.2 Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zurückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere

außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

1.3 Zum Fluchtvorbringen

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seinem nunmehrigen Folgeverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Es wird insbesondere festgestellt, dass in Nigeria keine Ebola-Epidemie besteht, welche den Beschwerdeführer einem Ansteckungsrisiko mit dieser Krankheit aussetzen würde.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt der Verwaltungsakten und jener des Gerichts samt den Erkenntnissen aus den Vorverfahren. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Gewerberegister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers

Soweit Feststellungen zur Identität, den Lebensumständen und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben im Akt und den in den angeführten Erkenntnissen dieses Gerichts und im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Eine wesentliche Änderung des Privat- und Familienlebens in Österreich wurde nicht behauptet. Die Feststellung betreffend die strafgerichtlichen Verurteilungen beruht auf dem Strafregister, jene zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf den Feststellungen im vorangegangenen Gerichtsverfahren und im Bescheid (S. 13), die er in der nun eingebrachten Beschwerde unbestritten lassen hat, wobei aus Gesundheit und Alter auf die Arbeitsfähigkeit geschlossen werden kann.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden noch nie identitätsbezeugende Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

2.3 Zu den Fluchtgründen

Der Beschwerdeführer argumentiert, dass seine Fluchtgründe nicht inhaltlich behandelt wurden, die darin bestünden, dass er von einem Freund erfahren habe, in Nigeria wegen seiner homosexuellen Neigung gesucht zu werden.

Inhaltlich handelt es sich dabei um dasselbe Vorbringen das bereits im oben angeführten Beschwerdeverfahren dieses Gerichts erstattet worden war, nämlich das einer behaupteten Bedrohung aufgrund der sexuellen Neigung.

Im vorliegenden Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer damit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

2.4 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Das bereits im Erstverfahren erstattete Fluchtvorbringen und die dort geltend gemachten Gründe sind bereits abschließend beurteilt und in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Erledigung berücksichtigt worden. Insofern geht es im aktuellen Folgeverfahren um die Prüfung der darüber hinaus geltend gemachten neuen Tatsachen und im Beschwerdeverfahren um den Inhalt des nun bekämpften Bescheids.

Da die belangte Behörde den Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hat, ist Beschwerdegegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieses Antrages, nicht aber der Antrag selbst.

3.1 Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I und II):

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Letzteres betrifft die amtswegige oder aufsichtsbehördliche Bescheidänderung oder -aufhebung. Die §§ 69 und 71 AVG bezeichnen die Rechtsinstitute der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die beide hier nicht anwendbar sind.

Die Anordnung, dass Anbringen unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG nicht inhaltlich behandelt, sondern zurückgewiesen werden, soll die wiederholte Befassung der Behörde mit einer bereits entschiedenen Sache vermeiden, wobei es auf die unveränderte Sach- und Rechtslage ankommt.

Wie dieses Gericht bereits in den Vorerkenntnissen geklärt hat, war das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die angebliche Homosexualität vom Neuerungsverbot umfasst und demnach nicht weiter zu berücksichtigen (S. 27 in W153 1437325-1/11E und S. 49 in I408 2101445-1/8E). Das Gericht hat sich somit bereits mit dem Vorbringen auseinandergesetzt und entschieden, dass dieses soweit es das genannte Thema beinhaltet, unbeachtlich ist. Die Beschwerde zeigt nicht auf, was daran rechtswidrig sein sollte, und auch eine Revision unterblieb.

Damit stand einer neuerlichen Behandlung durch das BFA mangels einer - auch nur behaupteten - maßgeblichen Sachverhaltsänderung die bereits entschiedene Sache entgegen. Da es demnach den Folgeantrag des Beschwerdeführers zutreffend gemäß § 68 Abs. 1 AVG betreffend den Asyl- und den subsidiären Schutzstatus zurückgewiesen hat, war die Beschwerde bezogen auf die Spruchpunkte I und II nach § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):

3.2.1 Im Spruchpunkts III des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war nach der Begründung (S. 52, AS 246) das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.2.2 Da der Folgeantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war, ist im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandes-bringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat unstrittig kein Familienleben im Bundesgebiet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter den gegebenen Umständen kann vom Vorhandensein eines Privatlebens über den Umgang mit Mithäftlingen und Justizpersonal und den allfälligen Gottesdienstbesuch hinaus kaum ausgegangen werden, zumal der Beschwerdeführer kein sonstiges Privatleben vorbringt und abgesehen von der Kirche nicht Mitglied einer Organisation oder eines Vereins ist.

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist, dass der Aufenthalt des - volljährigen und arbeitsfähigen - Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise vier Jahre und zehn Monate gedauert hat, allerdings seit bereits mehr als zwei Jahren entgegen einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und Ausreiseverpflichtung, wobei er sich spätestens seit der ersten Entscheidung dieses Gerichts vom 17.09.2014 seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

Von einer "Aufenthaltsverfestigung" kann daher keine Rede sein. Nach Ansicht des Gerichtes ergibt auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen. Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, gleichkommen, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unzulässigen Asylantrag erzwungen hat und dann vor und nach der Strafhaft entgegen der Ausreiseverpflichtung fortsetzte. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

Im Fall des Beschwerdeführers kommt neben dem mangelnden Vorweis von Integrationsschritten in Österreich hinzu, dass er bereits 2,5 Monate nach seiner Einreise und auch anschließend noch durch die begangenen Straftaten ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der rechtlich in Österreich geschützten Werte zeigt.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.2.3 Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Selbst die Beschwerde belässt es beim Vorbringen, ein Aufenthalt im Heimatland erscheine unerträglich.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens dort verbracht, nämlich über 21 von knapp 30 Jahren, und zehn Jahre die Schule besucht. Er spricht Igbo und Englisch und hat seine Mutter und eine erwachsene Schwester im Heimatland.

Er hat, auch wenn er angab, noch nie gearbeitet zu haben, wegen seines Alters und seiner Gesundheit die Möglichkeit, am Arbeitsmarkt fündig zu werden. Er wird in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er kann dabei bisherige Familien- und Sozialkontakte Nutzen und als Mitglied auch eine Hilfestellung durch die Kirche dort erwarten.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich - auch ohne Straftaten - wirtschaftlich besser leben kann als in Nigeria, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht festgestellt worden.

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung abgesehen - auch betreffend die Spruchpunkte III bis V abzuweisen.

3.3 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI):

Das BFA hat den Folgeantrag zu Recht wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG nicht besteht, was hier nach dem Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides der Fall ist.

Daher war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu übereinstimmenden Fluchtvorbringen und Neuerungen in der Beschwerde oder im Folgeantrag und zu den Voraussetzungen der Zurückweisung nach § 68 Abs. 1 AVG.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch das BFA vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht rund sechs Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Folgeantrag, Glaubwürdigkeit, Homosexualität, Interessenabwägung,
öffentliches Interesse, Prozesshindernis der entschiedenen Sache,
Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung,
Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2101445.2.00

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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