TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/29 W212 2184938-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.05.2018

Norm

AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs4
AsylG 2005 §35 Abs5
AsylG 2005 §75 Abs24
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8
FPG §11
FPG §11a
FPG §26
IPRG §6

Spruch

W212 2184938-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 28.12.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/2438/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 25.09.2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 23.11.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (im Folgenden: "ÖB Damaskus") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Begründend führte sie aus, ihr Ehemann XXXX, geb.XXXX, StA. Syrien, habe im Bundesgebiet am XXXX Asyl erhalten.

I.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 27.07.2017 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Familieneigenschaft im Herkunftsstaat nicht bestanden habe. Die Bezugsperson habe bei der Erstbefragung angegeben, nicht verheiratet zu sein. Die Heirat sei erst zu einem Zeitpunkt eingetragen worden, als sich die Bezugsperson bereits in Österreich befunden habe. Letztere habe angegeben, ihre Tante zur Registrierung der Ehe bevollmächtigt zu haben. Die Dokumente über die Eheschließung seien erst im Nachhinein ausgestellt worden.

I.3. Mit Schreiben vom 28.07.2017, übernommen am selben Tag, wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegende Stellungnahme des BFA vom 27.07.2017 verwiesen wurde. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

I.4. In einer fristgerecht eingelangten Äußerung vom 11.08.2017 machte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Rechtsvertreters geltend, dass die Bezugsperson im Zuge ihrer Einvernahme Dokumente zur Eheschließung vorgelegt und ihre Angaben in der Erstbefragung korrigiert habe. Die Ehe sei bereits am 12.03.2014 geschlossen worden, wie aus den Dokumenten hervorgehe. In Syrien sei die Eheschließung ein zivilrechtlicher Vertrag, wobei Formfreiheit bestehe und dieser Akt auch nicht schriftlich festgehalten werden müsse. Die Anwesenheit von Zeugen reiche aus. Die Registrierung der Ehe sei "aus Ordnungsinteresse" eingeführt worden und keine Voraussetzung für die Gültigkeit. Da für die Registrierung die Einwilligung der Militärbehörde vorliegen müsse, sei diese nicht zumutbar gewesen. In Abwesenheit des Ehegatten sei es jedoch erlaubt, eine Feststellung der Ehe zu beantragen, etwa wenn bestimmte Urkunden nicht vorgelegt werden könnten. Im Rahmen der gerichtlichen Anhörung müssten die Ehepartner dann, falls anwesend, die Eheschließung bestätigen. Dafür sei die Tante der Bezugsperson bevollmächtigt worden. Inwiefern das von der Behörde angeführte Ausstellungsdatum Indiz für eine nicht rechtswirksam geschlossene Ehe sei, sei zu konkretisieren, um dazu Stellung nehmen zu können.

I.5. In einer ergänzenden Stellungnahme des BFA vom 12.09.2017 wurde festgehalten, dass für eine Eheschließung am 12.03.2014 keine Beweise vorliegen würden. Da die Registrierung nach Asylantragstellung der Bezugsperson in Österreich stattgefunden habe, sei die Ehe nicht rechtgültig. Laut Art. 38 des syrischen Zivilrechts müsse jede Eheschließung behördlich registriert werden, traditionelle Eheschließungen würden nicht anerkannt. Die Bezugsperson habe in der Erstbefragung angegeben, nicht verheiratet zu sein, und die Beschwerdeführerin nicht als Familienangehörige genannt.

I.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.09.2017 verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die Mitteilung des BFA vom 27.07.2017 verwiesen wurde.

I.7. Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 16.10.2017, in welcher im Wesentlichen das Vorbringen in der Stellungnahme vom 11.08.2017 wiederholt wurde. Das Datum der Eheschließung 12.03.2014 gehe eindeutig aus den vorgelegten Urkunden hervor.

I.8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.12.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Unabhängig von der Bindungswirkung teile die Botschaft die Ansicht des BFA, dass die Beschwerdeführerin nicht Familienangehörige iSd AsylG sei. An dieser Beurteilung vermöge auch die Änderung der Rechtslage mit 01.11.2017 nichts zu ändern, wonach die Ehe nunmehr vor der Einreise (nicht mehr im Herkunftsstaat) bestanden haben müsse. Nach wie vor habe nämlich zu gelten, dass eine solche Ehe keinen Rechtsbeistand habe, da vor der Einreise kein Familienleben im Sinne einer Wirtschafts- Lebens- oder Geschlechtsgemeinschaft stattgefunden habe. Diesbezüglich werde auch auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts W168 2137471-1 vom 04.04.2017 verwiesen.

I.9. Am 02.01.2018 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

I.10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, am 02.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine am XXXX geborene syrische Staatsangehörige, stellte am 23.11.2016 bei der ÖB Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.

Die Bezugsperson stellte am 12.01.2015 in Österreich einen Asylantrag und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf.

Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die Beschwerdeführerin legte im Verfahren ausschließlich offizielle Urkunden vor, die nach dem 07.04.2015 und somit nach Asylantragstellung der Bezugsperson in Österreich ausgestellt wurden.

Nach Antragstellung wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei, da die Familieneigenschaft im Herkunftsstaat nicht bestanden habe. Es liege eine Stellvertreterehe vor.

Der Beweis des Vorliegens einer Ehe bzw. eines rechtlich relevanten Verwandtschaftsverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson vor dessen Ausreise konnte im gegenständlichen Verfahren nicht erbracht werden.

2. Beweiswürdigung:

Die Beschwerdeführerin legte im Zuge ihrer Antragstellung eine deutsche Übersetzung einer mit 07.04.2015 datierten "Bestätigung einer Eheschließung durch das Scharia-Gericht zu Al-Qamishli" vor. Darin wird angeführt, dass die Eheleute (der Ehemann vertreten durch eine bevollmächtigte Person) am 07.04.2015 vor Gericht erschienen seien und angegeben hätten, am 12.03.2014 die Ehe geschlossen zu haben. Die eheliche Lebensgemeinschaft bestehe weiterhin. Aufgrund dieser Angaben und "nach Einsichtnahme in die vorgelegten Dokumente" sei die Echtheit der Eheschließung beider Partner bestätigt worden. Welche Dokumente vor Gericht vorgelegt wurden, geht aus der Urkunde nicht hervor. Urkunden, die vor dem 07.04.2015 datieren, wurden im Verfahren nicht vorgelegt. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass dieses Dokument allein auf Basis der Angaben der Beschwerdeführerin und der Vertreterin der Bezugsperson ausgestellt wurde. Ein Nachweis über die behauptete traditionelle Eheschließung am 12.03.2014 liegt daher nicht vor. Die übrigen Personenstandsdokumente (Heiratsurkunde, Auszüge aus dem Zivilregister, Geburtsurkunde) wurden am 06.11.2016 ausgestellt. Auch bei der "Bestätigung der Eheschließung" handelt es sich um eine "beglaubigte Kopie", ein Ausstellungsdatum fehlt.

Wie schon vom BFA korrekt angeführt, sind die vorgelegten Urkunden daher nicht geeignet, eine Eheschließung am 12.03.2014 in Anwesenheit beider Partner nachzuweisen.

Zur vom syrischen Innenministerium am 06.11.2016 ausgestellten Heiratsurkunde ist festzuhalten, dass die Felder "Behörde, die die Heirat genehmigt hat" (üblicherweise ein Scharia-Gericht) "Nummer der Urkunde" sowie "Datum der Urkunde" nicht ausgefüllt wurden. Auf Basis der "Bestätigung einer Eheschließung" vom 07.04.2015 hätte vielmehr "Scharia-Gericht zu Al-Qamishli", "Nr. 1031" und "07.04.2015" eingetragen werden müssen. Es bestehen daher Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Urkunde.

Aus Art. 40 Abs. 1 des syrischen Personenstandsgesetzes geht hervor, dass vor Gericht folgende Dokumente vorgelegt werden müssen:

a) eine vom Gemeindeobmann oder von den Gemeindeältesten ausgestellte Bescheinigung mit den Namen der Brautleute sowie ihrem Alter, ihrem Wohnsitz und dem Namen des Ehevormunds, ferner eine Erklärung, dass der Eheschließung kein gesetzliches Hindernis entgegensteht;

b) eine beglaubigte Abschrift der Geburtsurkunde jedes Verlobten;

c) das Attest eines von den Verlobten frei gewählten Arztes, der erklärt, dass sie keine ansteckenden Krankheiten haben und dass auch sonst keine gesundheitlichen Bedenken gegen die Eheschließung bestehen;

d) eine Heiratserlaubnis für Militärangehörige und solche Personen, die sich im wehrpflichtigen Alter befinden;

e) eine Zustimmung der Sicherheitsbehörden, wenn einer der Eheschließenden Ausländer ist.

Eine außerhalb des Gerichts geschlossene Ehe wird nur anerkannt, wenn die in Abs. 1 angeführten Bedingungen erfüllt sind. Wie in der Stellungnahme vom 11.08.2017 ausgeführt, lag keine Heiratserlaubnis der Militärbehörde vor. Gemäß Art. 40 Abs. 2 wird eine Ehe nur im Falle der Geburt eines Kindes oder bei Vorliegen einer Schwangerschaft ohne Einhaltung der oben genannten Bedingungen anerkannt. Eine derartige Ausnahme wurde allerdings nicht vorgebracht. Es ist daher anzunehmen, dass die Ehe vom Gericht nach Vorlage ge- oder verfälschter Unterlagen oder in gesetzwidriger Art und Weise trotz Nichtvorliegen der og. Voraussetzungen bestätigt wurde. Die vorgelegte "Bestätigung" ist daher nicht geeignet, das Bestehen einer rechtsgültig anerkannten Ehe in Syrien zu belegen.

Die Bezugsperson gab in ihrer Erstbefragung am 12.01.2015 an, nicht verheiratet zu sein (im Befragungsformular wurde "Ich habe bisher keine Ehe geschlossen (ledig)" angekreuzt). Als Familienangehörige gab die Bezugsperson nur Eltern und Geschwister, nicht aber eine Ehefrau an. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Bezugsperson eine Ehefrau, mit der sie laut Angaben der Beschwerdeführerin auch mehrere Monate zusammengelebt haben soll, nicht einmal erwähnte. In ihrer Einvernahme am 09.11.2015 gab die Bezugsperson hingegen an, am 12.03.2014 im Irak traditionell geheiratet zu haben. Sie hätten dann vier oder fünf Monate im Irak zusammengelebt. Sie sei schon im Februar 2013 von Syrien in den Irak ausgereist und seither nicht mehr nach Syrien zurückgekehrt. Dass die Eheschließung und das anschließende Zusammenleben tatsächlich im Ausland stattgefunden haben soll, wurde von der Beschwerdeführerin im Verfahren nicht erwähnt. Bemerkenswert ist auch, dass die Bezugsperson angab, dass keine Hochzeitsfeier stattgefunden habe und sie auch keine Fotos von sich und der Beschwerdeführerin besitze. Diese widersprüchlichen Angaben sind ein weiterer Hinweis darauf, dass die behauptete traditionelle Eheschließung in Wahrheit nicht stattgefunden hat.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass alle vorgelegten öffentlichen Urkunden nach der Flucht der Bezugsperson aus Syrien ausgestellt wurden und daher unabhängig von deren Wahrheitsgehalt nicht geeignet sind, eine Eheschließung in Anwesenheit der Bezugsperson nachzuweisen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die Ehe am 12.03.2014 traditionell geschlossen worden sei, wurden jedenfalls nicht durch die Vorlage diesbezüglich unbedenklicher Urkunden oder sonstiger glaubwürdiger Bescheinigungsmittel untermauert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."

3.2. § 11, § 11a und § 26Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

3.5. Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz internationales Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978 (IPRG), ist das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staates, dem die Person angehört. § 9 Abs. 3 IPRG regelt, dass das Personalstatut einer Person, die Flüchtling im Sinn der für Österreich geltenden internationalen Übereinkommen ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, das Recht des Staates ist, in dem sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; eine Verweisung dieses Rechtes auf das Recht des Heimatstaates (§ 5 IPRG) ist unbeachtlich. Gemäß § 12 IPRG sind die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer Person nach deren Personalstatut zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 2 IPRG ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Gemäß Art. 1 syrisches Personalstatutgesetz, Gesetz Nr. 59 vom 17.09.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975 (sPSG), ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, die zu heiraten ihm gesetzlich erlaubt ist, zum Zwecke der Gründung einer Lebensgemeinschaft und der Zeugung von Nachkommen. Gemäß Art. 8 Abs. 1 sPSG ist beim Abschluss des Ehevertrages die Stellvertretung zulässig (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ordner XVIII, Syrien-Tunesien, S. 11f). Die Eheschließung zwischen Muslimen kann von jedem bekannten Imam oder einem Scharia-Gelehrten durchgeführt werden. Damit ein Eintrag der Eheschließung ins Familienbuch erfolgen kann, muss eine Registrierung bzw. Anmeldung oder staatliche Anerkennung der Eheschließung erfolgen. Eheschließungen, die von einer religiösen Stelle vollzogen wurden, müssen bei den Behörden für zivilrechtliche Angelegenheiten registriert werden, um staatlich anerkannt zu sein. Wurde die Hochzeit vor einem Scharia-Gericht durchführt, besteht die Möglichkeit, das vom Scharia-Gericht erhaltene Zertifikat an die Behörde zu schicken und die Ehe auf diese Weise zu registrieren. Erst durch die Registrierung durch die Behörde wird die Ehe staatlich anerkannt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 15.12.2014 zur Frage der Wirkung einer Eheschließung in Syrien).

3.6. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe dazu BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.

Der im gegenständlichen Verfahren anwendbare § 35 Abs. 5 AsylG 2005 bestimmt, dass der Ehegatte als Familienangehöriger eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Sinne des Abs. 1 leg cit zu betrachten ist, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat. Der Nachweis, dass die Ehe zwischen einem Antragsteller und seiner Bezugsperson bereits vor der Flucht bestanden hat, ist daher zwingend geboten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ausgehend von den zum Nachweis der Eheschließung vorgelegten Urkunden das Vorliegen der Eigenschaft als Familienangehörige der Beschwerdeführerin zu Recht verneint. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sei sie mit ihrem Mann noch vor seiner Flucht die Ehe eingegangen und hätte sie mit diesem bis zu dessen Ausreise ein Eheleben geführt. Die Hochzeit habe am 12.03.2014 stattgefunden, der angebliche Ehegatte habe den Herkunftsstaat wenige Monate später verlassen. Wie oben ausgeführt ergibt sich allerdings aus der Einvernahme der Bezugsperson, dass die Eheschließung im Irak stattgefunden haben soll.

Die Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, wonach für die behauptete Eheschließung am 12.03.2014 keine tauglichen Beweismittel von Seiten der Beschwerdeführerin vorgelegt worden wären und daher nicht vom Bestehen einer im Sinne des § 35 AsylG relevanten Ehe ausgegangen werden könne, ist zutreffend. Wie oben ausgeführt, sind die vorgelegten Urkunden nicht geeignet, eine Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nachzuweisen.

Unabhängig davon ist aus den vorgelegten Urkunden ersichtlich, dass bei der nachträglichen Registrierung der Ehe, die drei Monate nach Beantragung von Asyl im Bundesgebiet durch die Bezugsperson erfolgte, eine der beiden Parteien nicht persönlich vor Ort anwesend war und für diese Partei eine Vertretung organisiert wurde, wonach de facto davon ausgegangen werden kann, dass es niemals eine Trauung zwischen einem Mann und einer Frau, sondern nur zwischen einer Frau und einem Stellvertreter gegeben hat. Eine Ehe zwischen Stellvertretern widerspricht dem ordre public (§ 6 IPR-Gesetz).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, fehlende Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung.

Es ist daher im gegenständlichen Verfahren - unabhängig vom Wahrheitsgehalt der vorgelegten Urkunden, der, wie oben ausgeführt, zweifelhaft ist - davon auszugehen, dass die sich aus den Dokumenten ergebende, in Abwesenheit der Bezugsperson in Syrien geschlossene bzw. registrierte Ehe alleine darauf aufbauend in Österreich keinen Rechtsbestand hat. Vor der Flucht der Bezugsperson nach Österreich bzw. vor Registrierung der Heirat hat diese Ehe noch nicht bestanden und liegt damit alleine aufgrund dieser durch Stellvertretung erfolgten Eheschließung auch keine rechtlich relevante Ehe vor der Flucht der Bezugsperson vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung Ra 2016/20/0068-12 vom 19.09.2017 ausgesprochen, dass eine "Ferntrauung" den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung im Sinn des § 6 IPRG entgegensteht.

Auch aus der Entscheidung des EGMR vom 08.12.2009 (Case of Munoz Diaz vs. Spain, No. 49.151/07) geht hervor, dass keine Verpflichtung besteht, Eheschließungen auf Grundlage fremder Rechtsordnungen anzuerkennen, die den Grundwerten der nationalen Rechtsordnung widersprechen.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status der Asyl- oder der subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Familienangehörigen von Asylberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 46 NAG ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus" erteilt werden,).

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 23.11.2016 und damit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht, weshalb § 35 AsylG 2005 in der aktuellen Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 anzuwenden ist. Da die Antragstellung innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson erfolgte, waren die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht zu erfüllen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Asylgewährung, Bindungswirkung, Ehe, Familienangehöriger,
Familienleben, Familienzusammenführung, Nachweismangel, öffentliche
Interessen, Prognose, Prüfungsumfang, Wahrscheinlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2184938.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten