TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/1 I401 2177039-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.06.2018
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Entscheidungsdatum

01.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I401 2177039-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Neusiedle Straße 24 - 26, Top 6, 7000 Eisenstadt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 14.11.2017, Zahl: 114574901-170331772, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunktes III. zu lauten hat:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 15.03.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung durch Organe der Landespolizeidirektion Niederösterreich an, in Griechenland, in der Schweiz, in Dänemark, wo er eine "Dublin-Verfahren" gehabt habe, und in Norwegen um Asyl angesucht zu haben. Von Norwegen sei er in seine Heimat abgeschoben worden.

Befragt zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass seine Eltern im Jahr 2000 bei einem Brand, welchen sein Onkel gelegt habe, getötet worden seien. Sein Onkel habe seine Eltern getötet, weil diese Christen gewesen seien und nicht zum Islam hätten konvertieren wollen. Außerdem sei er von einem großen Mann sexuell missbraucht worden. Homosexualität sei in Nigeria aber verboten und er habe sein Land verlassen müssen.

2. Am 16.10.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde einvernommen. Er legte dar, dass er in Griechenland im Jahr 2006 und in Norwegen im Jahr 2012 und 2015 einen Asylantrag gestellt habe.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Vorbringen, dass er der einzige noch Lebende der Familie sei, sein Onkel als nächster Verwandter alles erben würde und dieser ihn daher habe umbringen wollen.

Zu seinem weiteren Fluchtgrund gab er abweichend an, die sexuellen Handlungen mit dem Mann seien nicht unter Zwang erfolgt, sondern dieser habe ihm dafür Geld angeboten. Als er in der Wohnung dieses Mannes gewesen sei, hätten Leute an die Tür geklopft, woraufhin er aus dem Fenster gesprungen und in den Busch geflüchtet sei. Er sei dann nach Norwegen geflüchtet. Er habe in sein Land zurückkehren müssen, wo er eine Krankheit bekommen habe. Der Grund für die Antragstellung um Asyl in Norwegen im Jahr 2012 seien die Probleme mit dem Onkel gewesen, den zweiten Antrag im Jahr 2015 habe er wegen der Homosexualität gestellt. Die Frage, ob er homosexuell sei, verneinte der Beschwerdeführer, ergänzte aber, er sei in einer Situation gewesen, wo er es habe machen müssen. In der Zeit (nach seiner Rückkehr nach Nigeria) von Oktober 2016 bis (zu seiner neuerlichen Ausreise im) Februar 2017 habe er diesen Mann nicht mehr getroffen.

3. Mit dem Bescheid vom 14.11.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria als unbegründet ab (Spruchpunkt I. und II.). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.) und eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht (Spruchpunkt VI.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Außerdem wurde festgestellt, dass er das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 01.08.2017 verloren hat (Spruchpunkt IX.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist geschieden, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Hausa an. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist nicht homosexuell. Er steht derzeit wegen eines Hämorrhoidalleidens in ärztlicher Behandlung und nimmt das Medikament Daflon ein. Darüber hinaus leidet er an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten und ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein. Er hält sich seit (zumindest) 15.03.2017 in Österreich auf.

In Nigeria lebt die Exfrau sowie der Onkel des Beschwerdeführers. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Er besuchte sechs Jahre lang die Grundschule und war als Landwirt und als Verkäufer für Landmaschinenersatzteile tätig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.07.2017 (in Rechtskraft erwachsen am 01.08.2017) wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 2a SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Er ging in Österreich keiner der Sozialversicherungspflicht unterliegenden Beschäftigung nach, er verkaufte gelegentlich Zeitungen bei einem Supermarkt und bezog Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Er stellte in mehreren Ländern Anträge auf internationalen Schutz, so in Norwegen im Jahr 2012 sowie am 04.07.2015, welcher am 22.09.2015 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen wurde. Am 05.10.2016 erfolgte seine Abschiebung von Norwegen nach Nigeria.

Gegen den Beschwerdeführer ist ein von Norwegen erlassenes und im gesamten Schengener Gebiet gültiges Einreise- und Aufenthaltsverbot aufrecht.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 14.11.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

Zum konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers ist darüber hinaus Folgendes festzuhalten:

"18.4. Homosexuelle

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 21.11.2016). Obwohl alle nigerianischen Bürger mit der Schwierigkeit konfrontiert sind, dass Förderung und Schutz ihrer Rechte gewährleistet werden sowie der Zugang zu grundlegenden Sozialdienstleistungen, haben Mitglieder der homosexuellen Gemeinschaft mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen (TIERS 1.2017). Dabei treten Erpressung und Gewalt schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nichtstaatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). TIERS berichtet, dass die Opfer Menschenrechtsverletzungen nicht bei der Polizei melden aus Angst vor Repressalien, Mangel an Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden, und weil die Polizei häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle sind (TIERS 1.2017).

In Nigeria ist nach der Unterzeichnung durch den Präsidenten am 7.1.2014 bundesweit der über mehrere Jahre diskutierte "Same Sex Marriage Prohibition Act" (SSMPA) in Kraft getreten (HRW 29.1.2015; vgl. CNN 16.1.2014; TT 14.1.2014). Seither ist das Eingehen homosexueller Verbindungen oder das Mitwirken daran mit bis zu 14 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Die Organisation oder Unterstützung von Homosexuellen-Clubs, Vereinigungen oder Kundgebungen sowie öffentliches zur Schau stellen gleichgeschlechtlicher Liebesbeziehungen werden mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht (AA 5.7.2017 vgl. HRW 20.10.2016). Laut Telegraph seien schon "Gruppen" von zwei Homosexuellen verboten (TT 14.1.2014). Human Rights Watch erklärt, dass jegliches öffentliches homosexuelles Verhalten zwischen Paaren kriminalisiert worden sei ("who directly or indirectly make public show of same-sex amorous relationship"). Auch Personen, die Zeugen, Unterstützter oder Beihelfer einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder Ehe sind, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden (HRW 15.1.2014; vgl. HRW 20.10.2016). Die Rechtsänderung hat aber bisher nicht zu einer spürbar verschärften Strafverfolgung geführt: Bisher ist es nach Kenntnis der deutschen Botschaft noch nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen nach dem neuen Gesetz gekommen (AA 21.11.2016). Auch Human Rights Watch hat keine Beweise dafür gefunden, dass Personen im Rahmen des SSMPA strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden (HRW 20.10.2016). Laut einem Bericht von Human Rights Watch hat das Gesetz zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen in Nigeria geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt und per Selbstjustiz verfolgt (GIZ 7.2017b).

Seit der Unabhängigkeit Nigerias gab es nur wenige Fälle von Verurteilungen Homosexueller nach dem Strafgesetzbuch, die Zahl ist einstellig (HL1 16.11.2015). Mit der zunehmenden Öffentlichkeit im Zuge der Diskussion um den SSMPA hat sich zwar die Zahl der Verhaftungen gesteigert. Es kam aber zu keinen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. HRW 20.10.2016). Überhaupt gibt es keine systematische Verfolgung Homosexueller (DS4 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Es gibt keine Haftbefehle nur aufgrund von Homosexualität - weder nach dem Strafgesetzbuch, noch nach der Scharia oder dem SSMPA (LLM 16.11.2015).

Aus dem Zeitraum 12.2014 - 11.2015 wurden 48 Vorfälle berichtet, in welche die Polizei involviert war, 27 davon waren willkürliche Verhaftungen. Insgesamt wurden im genannten Zeitraum 172 Übergriffe bzw. (Menschen-)Rechtsverletzungen an Homosexuellen gemeldet. Allerdings wird davon ausgegangen, dass viele Fälle nicht erfasst wurden (TIERS 3.2016). Für das Jahr 2016 wurden von TIERS 152 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBT-Personen gemeldet. Die meisten Übergriffe fanden in den Bundesstaaten Rivers und Lagos statt. 35 davon waren willkürliche Verhaftungen, 27 rechtswidrige Inhaftierungen, 51 Fälle von Erpressung, 33 Fälle von Körperverletzung, 21 Fälle von Diffamierung, zwölf Morddrohungen, zwei Fälle von Folter (TIERS 1.2017).

Laut TIERS gab es im Jahr 2016 auch Positives zu vermelden, so z.B. hat das NHRC öffentlich Stellung gegen Gewalt gegen Homosexuelle genommen. Auch hat sich der ehemalige Präsident, der das Gesetz unterzeichnete, von der Geisteshaltung hinter der Entstehung des Gesetzes distanziert (TIERS 1.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Im Jänner 2016 hat der Generalinspektor der Polizei Polizisten davor gewarnt, illegal auf Mobiltelefone der Bürger ohne Gerichtsbeschluss zuzugreifen. Dennoch verletzte die Polizei Privatsphäre von Homosexuellen und verwendete ihre persönlichen Daten, um sie rechtswidrig zu verhaften, damit sie dann für Geld und andere Wertsachen im Gegenzug zu ihrer Freiheit erpresst werden können (TIERS 1.2017).

Im April 2017 hat die nigerianische Polizei erklärt, dass sie in der im Norden des Landes gelegenen Stadt Zaria 53 junge Männer verhaftet hat, weil sie an einer homosexuellen Hochzeit teilgenommen hatten. Die Festgenommenen wurden laut Polizei einem Richter vorgeführt (NBC 20.4.2017). Die Männer werden wegen Verschwörung, illegaler Versammlung und Zugehörigkeit einer illegalen Gesellschaft angeklagt. Diese Straftaten verstoßen gegen den Criminal Procedure Code (PT 7.6.2017). Alle hatten sich nicht schuldig bekannt und konnten bei Zahlung einer Kaution wieder freigelassen werden (NBC 20.4.2017). Am 29.7.2017 wurden über 40 Personen festgenommen, da sie verdächtigt wurden bei einer privaten Feier in einem Hotel in Lagos homosexuelle Handlungen durchgeführt zu haben. Der erste Gerichtstermin war noch ausstehend (Reuters 31.7.2017).

Hinsichtlich des SSMPA gab es keinen Anklagen oder Verurteilungen (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; VA1 16.11.2015; DS1 20.11.2015; DS4 20.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

UK Home Office gibt an, dass es seit der Einführung des SSMPA einige Berichte über die Verhaftung von LGBT-Personen gab. Es gab auch einige Berichte über Gewalt und Schläge gegenüber den Verhafteten. Allerdings gibt es nur wenige Berichte über Verfolgung oder Verurteilung von LGBT-Personen. Es gibt nur begrenzte Anzeichen dafür, dass die Regierung gezielt gegen LGBT-Organisationen vorgehen würde; allerdings scheint es indirekte Auswirkungen auf diese Gruppen zu geben. So gibt es etwa Berichte über eine Reduzierung der Angebote bezüglich HIV/AIDS-Behandlung (UKHO 3.2015).

Die vom Home Office zitierte Homosexuellen-NGO Erasing 76 Crimes schätzt, dass sich im August 2014 23 Personen aufgrund von Homosexualität in Haft befanden. 15 weitere würden auf freiem Fuß auf ihren Prozess warten. Die NGO gibt auch an, dass es unmöglich sei, eine vollständige Liste von Personen zu erstellen, die sich aufgrund von Verstößen gegen Anti-Homosexuellen-Gesetzen in Nigeria in Haft befinden würden. Nigerianische Medien berichten oft nur von Verhaftungen, manchmal auch von der Eröffnung von Prozessen, nie aber von Urteilen bezüglich LGBT-Personen. Die gleiche NGO schätzt im Oktober 2014, dass seit der Einführung des Same Sex Marriage (Prohibition) Act in ca. vier Bundesstaaten ca. 38 Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verhaftet worden sind. Alleine im Bundesstaat Bauchi seien es zwölf (UKHO 3.2015). Das Gesetz ist vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass man dem wachsenden Druck aus dem westlichen Ausland für die Gleichberechtigung Homosexueller die Stirn bieten möchte, da in Nigeria noch nie zwei Männer oder zwei Frauen versucht haben zu heiraten. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktion kam es zu vermehrten Vorfällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖBA 9.2016).

Laut bereits bestehenden Gesetzen wird "Geschlechtsverkehr, der gegen die Ordnung der Natur geht" mit einer Haft von 14 Jahren bestraft. In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, werden homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tode durch Steinigung bestraft. Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde. Auch unter der Scharia kam es also nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen-NGOs den Betroffenen auch bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für Homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; MSMA vgl. 17.11.2015).

Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015).

Homosexuellen Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt. Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und sogar Zufluchtsmöglichkeiten an (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015).

19. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Allerdings schränken Sicherheitsbeamte die Bewegungsfreiheit durch Ausgangssperren ein. Dies betrifft v.a. die Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa aufgrund der Operationen gegen Boko Haram. Auch in anderen Bundesstaaten gab es Ausgangssperren als Reaktion auf Vorfälle, wie zum Beispiel ethnisch-religiöse Gewalt. Es gibt auch weiterhin sogenannte "Stopp- und Durchsuchungsoperationen" in Städten und Hauptverkehrsstraßen, wobei Checkpoints eingerichtet werden. Der neue Generalinspektor der Polizei erneute den Auftrag seines Vorgängers, dass alle Checkpoints aufgelösten werden sollten. Dennoch blieben viele von Militär und Polizei betriebene Checkpoints vorhanden (USDOS 3.3.2017).

Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen (USDOS 3.3.2017). Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Natürlich müssen die jeweiligen persönlichen Umstände beachtet werden (UK-HO 10.8.2016). Es ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine fortgesetzte Durchmischung der Wohnbevölkerung auch der "Kern"-Staaten der drei Hauptethnien (Hausa, Yoruba, Igbo) durch Wanderungsbewegungen sowie aufgrund inter-ethnischer Heirat stattgefunden hat. So ist insbesondere eine starke Nord-Südwanderung, mit den sichtbaren Zeichen von vielen neuen Moscheen, feststellbar, wodurch Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind. Es bestehen daher innerstaatliche Fluchtalternativen (ÖBA 9.2016).

Grundsätzlich besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann allerdings mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, in dem keine Mitglieder ihrer Familie bzw. erweiterten Verwandtschaft oder der Dorfgemeinschaft leben: Angesichts der anhaltend schwierigen Wirtschaftslage und der Bedeutung großfamiliärer Bindungen in der nigerianischen Gesellschaft ist es für viele Menschen praktisch unmöglich, an Orten ohne ein solches soziale Netz erfolgreich Fuß zu fassen. Für alleinstehende Frauen besteht zudem die Gefahr, bei einem Umzug in die Großstadt von der eigenen Großfamilie keine wirtschaftliche Unterstützung mehr zu erhalten (AA 21.11.2016).

Bundesstaats- und Lokalregierungen diskriminieren regelmäßig ethnische Gruppen, die in ihrem Gebiet nicht einheimisch sind. Dies nötigt gelegentlich Personen dazu, in jene Regionen zurückzukehren, aus denen ihre ethnische Gruppe abstammt (USDOS 3.3.2017).

19.1. Meldewesen

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016). Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016).

Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen (ÖBA 9.2016).

20. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

IOM erstellte in Zusammenarbeit mit der Regierung eine Displacement Tracking Matrix (DTM), damit nationale und staatliche Akteure ein umfassendes System für die Erfassung und Verbreitung von Daten über die Binnenvertriebenen herstellen können (IOM 1.5.2015; vgl. IDMC 31.12.2015). Die DTM-Teams bestehen aus Mitarbeitern von IOM und dem nigerianischen Roten Kreuz, Vertretern der National Emergency Management Agency (NEMA) und State Emergency Management Agency (SEMA). Es wird von U.S Foreign Disaster Assistance, ECHO, SIDA und NEMA finanziert (IOM 6.2017).

Die letzte DTM-Evaluierung fand in Adamawa, Bauchi, Borno, Gombe, Taraba und Yobe im Zeitraum 15.5.2017 bis 25.6.2017 statt. Mit Stand 25.6.2017 war die geschätzte Zahl der IDPs in Adamawa, Bauchi, Borno, Gombe, Taraba und Yobe 1.825.321. In Borno hielten sich die meisten IDPs auf, nämlich 1.439.940, gefolgt von Adamawa, wo sich

140.875 IDPs aufhielten. In Yobe wurden 107.201 IDPs gezählt. Im Vergleich zur vorherigen DTM-Evaluierung ist die Zahl der IDPs um 3 Prozent gesunken. Der Grund dafür ist, dass viele der IDPs zu ihren Herkunftsorten zurückkehren. Die DTM-Ergebnisse zeigen, dass 56 Prozent der IDPs Kinder sind. 54 Prozent der IDPs sind Frauen und Mädchen (IOM 6.2017). In Borno gibt es insgesamt 32 IDP-Lager, 16 davon sind Maiduguri während die restlichen sich in einigen der LGAs befanden (PT 1.11.2016).

Mit Stand Juni 2017 sind 1.257.911 Menschen nach Adamawa (666.077), Borno (504.016) und Yobe (87.818) zurückgekehrt (IOM 6.2017).

Im Jahr 2016 hatten das IKRK genug Nahrungsmittel für drei Monate an

1.215.660 IDPs im Nordosten Nigerias und Middle Belt ausgeteilt.

402.350 IDPs im Nordosten Nigerias und Middle Belt hatten die notwendigsten Haushaltsgegenständen erhalten. 354.000 IDPs, Rückkehrer und Bewohner des Nordosten Nigerias, Middle Belts und Niger Deltas hatten durch die Unterstützung des IKRK Zugang zu Wasser erhalten (ICRC 24.3.2017).

Aufstände sind die Hauptgründe für Vertreibungen, gefolgt von kommunalen Auseinandersetzungen. IOM schätzt, dass etwa 24 Prozent der IDPs in Lagern und 76 Prozent bei Aufnahmefamilien leben (USDOS 3.3.2017).

Im November 2016 wurde berichtet, dass sich 239.834 nigerianische Flüchtlinge aus den Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe in Kamerun, Tschad und Niger befanden (P 28.11.2016). Mit Stand 30.6.2017 befanden sich noch 205.815 nigerianische Flüchtlinge in den Nachbarländern (UNHCR 30.6.2017). UNHCR berichtete im März 2017, dass in den ersten Monaten des Jahres 2017 2.600 nigerianische Flüchtlinge aus Kamerun nach Nigeria zwangsrückgeführt wurden (UNHCR 21.3.2017).

Die Regierung kooperierte mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen, um Flüchtlinge und Asylwerber zu unterstützen. Nahrung war weiterhin eines der größten unmittelbaren Bedürfnisse der IDPs. Die UN berichtete im Dezember, dass 5.1 Millionen Menschen in den der nordöstlichen Bundesstaaten, einschließlich der meisten IDPs, dringende Nahrungsmittelhilfe brauchten. Laut NGOs verhungerten im May 2016 120 IDPs innerhalb von 10 Tagen. Nachdem die Regierung die Schwere der Krise im Nordosten erkannt hatte, wurde im September eine interministerielle Arbeitsgruppe ernannt, um die Reaktionen der relevanten Ministerien, Abteilungen und Agenturen zu beurteilen und zu überarbeiten (US-DOS 3.3.2017).

23. Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitorings der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016)."

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes ihm entgegentehendes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Erwägungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (vgl. die Niederschrift vom 16.10.2017, AS 53, AS 61) sowie

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Dass der Beschwerdeführer vor seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet in mehreren anderen (Mitglied-) Staaten, beispielsweise zwei Mal in Norwegen, einen Asylantrag gestellt und sich auch dort illegal aufgehalten hatte, und gegen ihn ein von Norwegen erlassenes Einreise- und Aufenthaltsverbot im gesamten Schengener Gebiet besteht, fußt auf seinen nachvollziehbaren Angaben bei der Erstbefragung (AS 7) und bei der niederschriftlichen Einvernahme vom 16.10.2017 (AS 59) sowie auf einem Auszug im Schengener Informationssystem vom 30.05.2018, wobei sich zur nationalen ID-Nummer "NO/... (Norwegen)" gemäß Artikel 24 SIS II Beschluss die Vormerkung mit dem "Ausschreibungsgrund": "Einreise-/ Aufenthaltsverbot im Schengener Gebiet (Art. 24 der EU-VO 1987/2006)" findet. Er setzte sich wider besseren Wissens über die geltenden Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen - und sogar gegen das gegen ihn in Norwegen erlassene und im gesamten Schengen-Raum gültige Einreise- und Aufenthaltsverbot - hinweg und reiste, gleichsam nach seinem Belieben, illegal in einen anderen (Mitglied-) Staat (der EU) ein.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 30.05.2018.

Die Feststellungen, dass er im Bezug von Leistungen der Grundversorgung stand bzw. steht, ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 30.05.2018 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Nigeria weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen im Administrativverfahren vor der belangten Behörde sowie vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen dieselben Fluchtgründe vor, welche ihn auch im Jahr 2012 (Tötung der Eltern und des Bruders durch seinen Onkel) sowie am 04.07.2015 (aus Gründen der Homosexualität) in Norwegen veranlasst hatten, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

Seinen gegenständlichen Asylantrag begründete der Beschwerdeführe im Rahmen seiner Erstbefragung damit, dass seine Eltern bei einem Brand, welchen sein Onkel im Jahr 2000 gelegt habe, gestorben seien. Sein Onkel, der Moslem sei, hätte seine Eltern getötet, weil diese Christen gewesen seien und nicht zum Islam hätten konvertieren wollen. Der Onkel habe an das Erbe des Beschwerdeführers kommen und ihn daher töten wollen. Außerdem sei er von einem großen Mann sexuell missbraucht worden. Homosexualität sei in Nigeria verboten.

Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verfolgung durch seinen Onkel, ist nicht glaubhaft. Diesbezüglich führte die belangte Behörde zu Recht aus, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb sich der Beschwerdeführer weder an ein näheres Datum des Brandes (er sei im Jahr 2000 gelegt worden), noch an Einzelheiten des Vorfalles erinnern habe können. Es ist auch nicht schlüssig, dass der Onkel, welcher die gesamte Familie des Beschwerdeführers habe töten wollen, lediglich das Wohnhaus der Eltern und nicht auch das ca. 200 Meter entfernt gelegene Geschäftslokal, in welchem der Beschwerdeführer üblicherweise genächtigt haben soll, in Brand gesetzt habe. Es lässt sich auch nicht erklären, weshalb der Onkel vier Jahre zugewartet haben soll, bis er den Bruder des Beschwerdeführers im Jahr 2004 in J. erschossen habe, und es dem Onkel nicht gelang, auch den Beschwerdeführer, der - nach seinen Angaben - zum ersten Mal im Jahr 2006 aus Nigeria ausreiste, wegen "erbrechtlicher Streitigkeiten" zu töten.

Was sein Fluchtvorbringen, er sei wegen seiner Homosexualität in Nigeria verfolgt worden, betrifft, verstrickte sich der Beschwerdeführer in Widersprüche, blieb es vage, erschöpfte sich in Mutmaßungen und wies Ungereimtheiten auf. In Abweichung zu seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung, wonach er von einem großen Mann sexuell missbraucht worden sei (AS 9), führte er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 16.10.2017 aus, dass der Mann klein und dick (AS 71) gewesen sei, er mit ihm ins Gespräch gekommen sei und es keinen Missbrauch gegeben habe (AS 67), sondern dieser Mann ihn gefragt habe, ob der Beschwerdeführer ihn lieben könne, wofür der Mann ihm auch Geld angeboten habe. Seine Schilderungen über die homosexuelle Beziehung blieben unbestimmt und unkonkret ("Ich lehnte es [gemeint: die Homosexualität] ab, es ist gegen meine Religion. Ich hatte keinen anderen Ausweg, deswegen hat er mich mit zu sich nachhause genommen. Wie fuhren mit dem Auto dorthin. ... ."). Einem Mann, der eine gleichgeschlechtliche Beziehung (aus Zwang oder "freien Stücken" hatte), werden solche - so es eine solche gegeben hat - einprägsamen Ereignisse sowie nähere Details dauerhaft in Erinnerung bleiben, zumal er angab, nicht homosexuell zu sein.

In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer bloße, allgemein gehaltene Mutmaßungen an, wonach er zu wissen glaube, dass die Leute gewusst hätten, was er (der Mann) mache, und die Leute ihm (dem Mann) gefolgt wären, sowie die Leute, als sie in der Wohnung (des Mannes) gewesen seien, geklopft hätten, was den Beschwerdeführer veranlasst habe, aus dem Fenster zu springen. Der Beschwerdeführer konnte keine näheren Angaben zu seinen Verfolgern und zu allenfalls erfolgten Übergriffen auf seine Person machen, es blieb völlig unsubstantiiert ("Die Regierung ist gegen die Homosexualität. In Nigeria werde ich von der Regierung und den individuellen Menschen gesucht."; AS 67). Ein Großteil seines Fluchtvorbringens beruhte auf Vermutungen.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren brachte der Beschwerdeführer einen neuen asylrelevanten Grund einer Verfolgung, welche ihn nach seiner Abschiebung von Norwegen bzw. Rückkehr nach Nigeria im Oktober 2016 veranlasst hatte, im Februar 2017 wieder auszureisen, nicht vor.

Wie die belangte Behörde in den Feststellungen, vor allem aber in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides bereits zutreffend ausführte, blieb sein Vorbringen oberflächlich, war wenig plausibel sowie von vagen und allgemeinen Behauptungen getragen. Es ist daher nachvollziehbar, dass die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers als widersprüchlich und daher als nicht glaubhaft wertete.

Auch hinsichtlich der attestierten Krankheit des Beschwerdeführers, wonach er an Hämorrhoiden leidet, ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie es als unglaubwürdig erachtete, dass die gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers, welche ihre Ursache in dem im Jahr 2015 stattgefunden sexuellen Kontakt hätten, erst nach seiner im Oktober 2016 erfolgten Abschiebung nach Nigeria aufgetreten seien. Es kann auch nicht nachvollzogen werden, weshalb der Beschwerdeführer, obwohl er sich seit 15.03.2017 in Österreich aufhält, erst im August 2017 eine ärztliche Behandlung in Anspruch nahm, wenn er - wie er vorbringt - seit seiner Rückkehr nach Nigeria an einer Krankheit bzw. Hämorrhoiden leidet.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers weist in seiner Gesamtheit keine überzeugende und glaubwürdige Relevanz für eine tatsächlich erfolgte Bedrohung und Verfolgung in der Vergangenheit auf, zumal es an entsprechenden detailreich geschilderten Ereignissen mangelt, was bei einem wahrheitsgemäßen Vorbringen anzunehmen ist. Zudem würde es an einem zeitlichen Nahebezug der im Jahr 2000 und 2004 erfolgten Tötung der Eltern und des Bruders und der im Jahr 2015 stattgefundenen homosexuellen Beziehung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der gegenständlichen Antragstellung auf internationalen Schutz mit 15.03.2017 mangeln.

Zudem erschöpft sich das Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers auf die allgemein gültige Behauptung, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner sexuellen Orientierung von der ihn umgebenden Gesellschaft im Herkunftsland als andersartig betrachtet werde. Daher liege im konkreten Fall der Konventionsgrund der sozialen Gruppe vor. Der Beschwerdeführer sei während seines Asylverfahrens stets daran interessiert und bemüht gewesen, am Verfahren mitzuwirken und an der Entscheidungs- bzw. Wahrheitsfindung mitzuwirken. Er habe in freier Erzählung und auf Nachfrage detaillierte Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Schilderungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Fluchtgründe vage, oberflächlich und wenig plausibel geblieben als auch mit zahlreichen Widersprüchen versehen und sie von allgemeinen Behauptungen und Vermutungen getragen sind. Aus diesen Gründen ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft wertete.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

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AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

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BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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