TE Lvwg Beschluss 2018/4/11 VGW-102/076/16772/2017

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Veröffentlicht am 11.04.2018
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Entscheidungsdatum

11.04.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
34 Monopole
14/01 Verwaltungsorganisation
14/03 Abgabenverwaltungsorganisation

Norm

AVG §6 Abs1
VwGVG §17
GSpG §50 Abs2
GSpG §50 Abs4
BFGG §1
AVOG §9
AVOG §12

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über die Beschwerde gemäß § 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B VG der F. Kft, Ungarn, S., M., wegen der am 29.10.2017, in Wien, R.-gassse, durch Organe der Finanzpolizei, …, erfolgten Öffnung, Betreten und Durchsuchung von in ihrer Verfügungsmacht stehenden Räumlichkeiten, gegen das „Bundesministerium für Finanzen, Finanzpolizei ...“, als belangte Behörde, den

B E S C H L U S S

gefasst:

I. Die Beschwerde wird mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien zurückgewiesen und diese gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AVG zuständigkeitshalber an das Bundesfinanzgericht zur weiteren Veranlassung übermittelt.

II. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat gemäß §§ 35 Abs. 4 Z 3 und 53 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.g.F., in Verbindung mit § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung - VwG-AufwErsV, BGBl II Nr. 517/2013, dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde 57,40 Euro für Vorlageaufwand und 368,80 Euro für Schriftsatzaufwand, insgesamt 426,20 Euro an Aufwandersatz, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit dem am 11.12.2017 beim Verwaltungsgericht Wien eingebrachten Schriftsatz brachte die beschwerdeführende Gesellschaft eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG gegen die Vorgehensweise der Organe der Finanzpolizei, …, im Zusammenhang mit der am 29.10.2017 in Wien, R.-gassse, erfolgten Öffnung, Betreten und Durchsuchung von in ihrer Verfügungsmacht stehenden Räumlichkeiten ein und beantragte die zwangsweise Öffnung der Räumlichkeiten, das Betreten und Durchsuchen derselben für rechtswidrig zu erklären sowie den Rechtsträger der belangten Behörde den Kostenersatz aufzuerlegen.

2. Die belangte Behörde bestritt in ihrer Gegenschrift vom 08.02.2018 das Beschwerdevorbringen, legte den bezughabenden Verwaltungsakt vor und beantragte die kostenpflichtige Ab- in eventu Zurückweisung der Beschwerde.

3. Es steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Am 29.10.2017 wurde wegen dem Verdacht von illegalen Glücksspielgeräten eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) durch Organe der Finanzpolizei, ..., in Wien, R.-gassse, durchgeführt, bei der ebenso Organe der Sicherheitsbehörde teilnahmen. Die Einsatzleitung oblag den Organen der Finanzpolizei.

Um 12:32 Uhr wurde die Türe des in Wien, R.-gassse, situierten Geschäftslokals der beschwerdeführenden Gesellschaft nach Aufforderung der Finanzpolizei von der WEGA mit Spezialwerkzeug geöffnet. Gleichsam wurde eine weiter Koje respektive Räumlichkeit, die sich unmittelbar daneben befand, durch den Schlosser zwangsweise geöffnet.

Die in Rede stehenden Räumlichkeiten wurden von den Organen der Finanzpolizei jedenfalls zwangsweise geöffnet und betreten.

4. Zu diesen insoweit unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gelangte das Verwaltungsgericht Wien aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem Vorbringen beider Parteien.

II. Die im vorliegenden Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmungen lauten:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

2.1. § 1 des Bundesfinanzgerichtsgesetzes – BFGG lautet:

„Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes
§ 1.

(1) Dem Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Bundesfinanzgericht – BFG) obliegen Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 B-VG in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts sowie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden.

(2) Abgabenbehörden des Bundes sind ausschließlich:

1.

Bundesministerium für Finanzen,

2.

Finanzämter und

3.

Zollämter.

(3) Zu den sonstigen Angelegenheiten (Abs. 1) gehören

1.

Angelegenheiten der Beiträge an öffentliche Fonds oder an Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht Gebietskörperschaften sind, soweit diese Beiträge durch Abgabenbehörden des Bundes (Abs. 2) zu erheben sind,

2.

Entscheidungen über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG gegen Abgabenbehörden des Bundes, soweit nicht Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (Abs. 1) oder der Beiträge (Z 1) betroffen sind.“

2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50 des Glücksspielgesetzes – GSpG lauten:

„Behörden und Verfahren
§ 50.

(1) […].

(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.

(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1, dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt. Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind ermächtigt, diese Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen. Die Ausübung ist dem Betroffenen anzudrohen. Die Organe haben deren Ausübung zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde, sich zeigt, dass er auf diesem Wege nicht erreicht werden kann oder der angestrebte Erfolg außer Verhältnis zu dem für die Durchsetzung erforderlichen Eingriff steht. Eine Gefährdung des Lebens oder eine nachhaltige Gefährdung der Gesundheit ist jedenfalls unzulässig. […]“

2.3. Die relevanten Bestimmungen des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 – AVOG 2010) lauten:

„Sitz und Amtsbereich
§ 9.

(1) und (2) […].

(3) Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung besondere Organisationseinheiten mit bundesweitem und/oder regionalem Wirkungsbereich zur Besorgung der Geschäfte der Steuer- und Zollverwaltung einrichten, soweit dies organisatorisch zweckmäßig ist und einer einfachen und Kosten sparenden Vollziehung wie auch den Bedürfnissen einer bürgernahen Verwaltung dient. Diese Organisationseinheiten werden bei Erfüllung ihrer Aufgaben als Organe der Abgabenbehörden tätig. […]

Finanzpolizei
§ 12. (1) bis (4) […]

(5) Die zur Aufdeckung einer illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung und zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes notwendigen Kontroll- und Beweissicherungsmaßnahmen können von allen Finanzämtern vorgenommen werden. In diesen Fällen steht jenem Finanzamt, das die Kontroll- und Beweissicherungsmaßnahmen durchgeführt hat, die Parteistellung in den Verwaltungsstrafverfahren zu, wobei sich dieses Finanzamt zur Wahrnehmung der Parteistellung auch durch Organe anderer Abgabenbehörden vertreten lassen kann. […]

Sachliche Zuständigkeit

Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis
§ 13.

(1) Den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis obliegen für ihren Amtsbereich

1.

[…],

2.

[…],

3.

die Vollziehung der den Abgabenbehörden mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und dem Glücksspielgesetz zugewiesenen Aufgaben. […]“

2.4. Die relevanten Bestimmungen der Durchführungsverordnung des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010 – AVOG-DV lauten:

„Besondere Organisationseinheiten der Steuer- und ZollverwaltungFinanzpolizei
§ 10b.

(1) Die Finanzpolizei wird als besondere Organisationseinheit gemäß § 9 Abs. 3 AVOG 2010 mit Sitz in Wien und Dienststellen bei allen Finanzämtern gemäß § 4 Abs. 1 eingerichtet.

(2) Der Finanzpolizei obliegt im Rahmen ihrer Unterstützungstätigkeit für die Finanzämter als Abgabenbehörden wie diesen die Wahrnehmung

1.

[…],

2.

der den Abgabenbehörden in der Vollziehung

a)

[…],

b)

[…],

c)

des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 in der geltenden Fassung, […]“

3.1. Die Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelt § 35 VwGVG. Dieser lautet:

„Kosten

Kosten im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

§ 35.

(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1.

die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2.

die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3.

die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

3.2. § 1 der Verordnung über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens der Behörde in Vollziehung der Gesetze (VwG-Aufwandersatzverordnung - VwG-AufwErsV) lautet wie folgt:

„§ 1.

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird wie folgt festgesetzt:

      1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei   737,60 Euro

      2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei   922,00 Euro

      3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei …..  57,40 Euro

      4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei   368,80 Euro

      5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei   461,00 Euro

      6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)            553,20 Euro

      7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand)          276,60 Euro“

III. 1. Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG ist die Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.

Der Tag der beschwerdegegenständlichen Amtshandlung war am 29.10.2017, die nun vorliegende Beschwerde wurde am 11.12.2017 – somit am letzten Tag der Beschwerdefrist - beim Verwaltungsgericht Wien eingebracht und ist daher rechtzeitig.

2.1. Sie ist jedoch aus den nachstehenden Gründen mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien zurückzuweisen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH vom 22.11.2017, Zl Ro 2016/17/0003) ist für

Maßnahmenbeschwerden gegen Amtshandlungen von Abgabenbehörden […] gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 BFGG das Bundesfinanzgericht (BFG) zuständig. Nach den Materialien (RV 360 BlgNR 25. GP 24) soll damit sichergestellt werden, dass das BFG über Maßnahmenbeschwerden gegen Amtshandlungen von Abgabenbehörden in Angelegenheiten finanzpolizeilicher Befugnisse auch dann entscheidet, wenn die Angelegenheit keine Abgabe, sondern ordnungspolitische Maßnahmen betrifft.

§ 50 Abs. 3 GSpG sieht vor, dass zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt sind, wobei gemäß § 50 Abs. 2 GSpG zu den Organen der öffentlichen Aufsicht jedenfalls die Organe der Abgabenbehörde - mithin die Finanzpolizei - gehören. Die Befugnisse dieser Organe sind in § 50 Abs. 4 GSpG geregelt, wobei die Durchsetzung der Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in den letzten Sätzen des § 50 Abs. 4 GSpG erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2015 hinzugefügt wurde. Diese gesetzlichen Bestimmungen gehen daher davon aus, dass die Organe der Finanzpolizei als gemäß § 9 Abs. 3 AVOG 2010 iVm § 10b AVOG 2010 - DV eingerichtete Organisationseinheit in Erfüllung der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG gemäß § 50 Abs. 2 und 3 GSpG als Organe der Abgabenbehörde tätig werden und daher, soweit sie nicht selbst im Auftrag der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde gemäß § 50 Abs. 1 GSpG tätig werden, dieser zurechenbar sind.

Auch die in § 50 Abs. 4 GSpG genannten Befugnisse gehören zu den durch § 12 Abs. 2 AVOG 2010 erfassten Aufgaben der Aufsichts- und Kontrolltätigkeit der Finanzpolizei (VwGH vom 18.12.2013, 2013/17/0293).

Da im vorliegenden Fall eine Kontrolle der Finanzpolizei aus eigenem Antrieb und ohne Auftrag der Behörde gemäß § 50 Abs. 2 GSpG stattgefunden hat, ist die Ausübung der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt für ein Finanzamt als Abgabenbehörde erfolgt (vgl. zur Legitimation der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde in deren Namen ein Rechtsmittel gegen einen erstinstanzlichen Bescheid zu erheben VwGH 27.2.2015, Ra 2014/17/0035). Aus diesem Grund liegt eine Amtshandlung in einer sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheit gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 BFGG vor (ordnungspolitische Maßnahme), über die das Bundesfinanzgericht zu entscheiden hat (so auch die Materialien RV 360 BlgNR 25. GP 24). Soweit Organe der Abgabenbehörden dabei aus eigenem Vollzugsmaßnahmen setzen, werden sie damit in unmittelbarer Bundesvollziehung tätig.

Im vorliegenden Fall hat das Landesverwaltungsgericht - nach Erlassung des förmlichen Zurückweisungsbeschlusses - die Akten des Verfahrens an das zuständige Bundesfinanzgericht zu übermitteln, um diesem die Möglichkeit zu geben, über die Beschwerde zu entscheiden. Im Hinblick auf die Zurückweisung der Beschwerde "infolge Unzuständigkeit" erfolgte mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes lediglich ein Abspruch über seine Unzuständigkeit, nicht jedoch eine abschließende Erledigung des Beschwerdeverfahrens (vgl. auch VwGH 13.9.2016, Ra 2016/22/0054).“

2.2. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dessen Entscheidung ein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde lag, und des bereits insoweit festgestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalts im vorliegenden Beschwerdefall, wonach die Finanzpolizei, ..., am 29.10.2017 eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz auf Grund des Verdachts illegaler Glücksspielgeräte aus eigenem Antrieb durchführte, waren die Organe für das Finanzamt (Abgabenbehörde) tätig und war diese Kontrolle sowie die gesetzten - und nun in Beschwerde gezogenen - Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Abgabenbehörde zuzurechnen. Dies auch deshalb, weil die Einsatzleitung den Organen der Finanzpolizei oblag und die weiteren Organe der Sicherheitsbehörde, etwa der WEGA, dieser Amtshandlung nur beigezogen wurden.

Daher war die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen und ist die Beschwerde nach § 17 VwGVG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 AVG an das zuständige Bundesfinanzgericht zur weiteren Veranlassung zu übermitteln.

3. Die Kostenansprüche gründen sich auf § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandsersatzverordnung-VwG-AufwErsV, BGBl. II Nr. 517/2013 in der geltenden Fassung.

4. Die mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

5. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen waren klar aus dem Gesetz lösbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Zuständigkeit; Verwaltungsgericht; Bundesfinanzgericht; Finanzpolizei; Maßnahmenbeschwerde; Glücksspielgerät, Öffnung; Durchsuchung von Räumlichkeiten; Weiterleitung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.102.076.16772.2017

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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