Entscheidungsdatum
24.05.2018Norm
AsylG 2005 §57Spruch
I409 1214463-2/18E
Gekürzte Ausfertigung des am 2.Mai 2018 verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. Jänner 2015, Zl. 392492303/140098316/BMI-BFA, zu Recht erkannt:
A)
Der angefochtene Bescheid wird behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die belangte Behörde führt unter dem Punkt "A) Verfahrensgang" im angefochtenen Bescheid Folgendes aus:
"Sie stellten am 17.04.1998 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge einer Niederschrift vor dem Bundesasylamt - Außenstelle XXXX - am 13.12.1999, wurde festgestellt, dass Ihre Angaben zu Ihrer Herkunft aus Senegal nicht glaubhaft sind. Sie konnten nur dürftige Angaben zu Ihrer Herkunft machen.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes - Außenstelle Graz - vom 13.12.1999 wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und Ihre Abschiebung nach Senegal für zulässig erklärt.
Gegen diesen Bescheid erhoben Sie fristgerecht Berufung und erkannte der Unabhängige Bundesasylsenat in seinem Erkenntnis vom 23.07.2001 zu Recht, dass die Beschwerde bezüglich Ihres Antrages auf internationalen Schutz abgewiesen wird und dass Ihre Abschiebung nach Senegal zulässig ist.
Gegen das Erkenntnis des Unabhängigen Bundesasylsenats erhoben Sie Beschwerde an den VwGH. Mit Beschluss des VwGH vom 25.03.2003 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Am 05.03.2007 stellten Sie bei der Magistratsabteilung 35 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen.
Mit Bescheid der BPD Wien, vom 06.08.2008 wurden Sie aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Einer dagegen eingebrachten Berufung wurde von der SID Wien keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Am 08.11.2013 wurde Ihnen von der Magistratsabteilung 35 ein Aufenthaltstitel "besonderer Schutz" gern. § 69a Abs. 1 Z 1 NAG mit der Nr. A26421117, gültig bis 08.11.2014 erteilt.
Von 24.08.2011 bis 24.08.2012 und von 25.10.2012 bis 25.10.2013 verfügten Sie über eine Karte für Geduldete gern. § 46a FPG.
Am 23.10.2014 brachten Sie gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" gern. § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
Mit Schreiben vom 04.12.2014 wurden Sie von der Behörde aufgefordert, noch benötigte Unterlagen nachzureichen.
Am 23.12.2014 langte bei der Behörde eine Stellungnahme ein, welcher Sie diverse Unterlagen beilegten. Am 29.12.2014 langten ebenfalls Unterlagen bei der Behörde ein.
Mit Schreiben vom 08.01.2015 wurden Sie aufgefordert, Ihre Identität der Behörde nachzuweisen.
Am 16.01.2015 langte bei der Behörde eine Stellungnahme ein, in welcher Sie vorbrachten, dass Ihnen von der Magistratsabteilung 35 ein Aufenthaltstitel "besonderer Schutz", gültig von 08.11.2013 bis 08.11.2014, erteilt wurde und dieser als Identitätsdokument gilt."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Jänner 2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23. Oktober 2014 "gemäß § 58 Absatz 11 Z 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. Februar 2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid
A) 1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer hat es unter Verletzung seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht unterlassen, der belangten Behörde ein gültiges Reisedokument vorzulegen.
A) 2. Beweiswürdigung
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.
Weiters wurde am 2. Mai 2018 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt und die Beschwerdesache im Beisein des Beschwerdeführers erörtert.
A) 3. Rechtliche Beurteilung
A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
1. § 57 Abs. 1 sowie § 58 Abs. 11 Z 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:
"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) ...
Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58. (1) ...
(10) ...
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. ...
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
...
(12) ...".
2. § 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005, BGBl. II Nr. 448/2005, in der Fassung BGBl. II Nr. 230/2017, lautet:
"Urkunden und Nachweise für Aufenthaltstitel
§ 8. (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:
1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2. ...
(2) ...".
A) 3.2. Zur Zurückweisung des Antrages:
1.1. Die belangte Behörde stützt die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005 auf § 58 Abs. 11 Z 2 leg.cit., weil der Beschwerdeführer seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen sei.
1.2. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 2. Mai 2018 räumte der Beschwerdeführer ein, dass er der belangten Behörde seinen Personalausweis nicht gegeben habe, weil er Angst gehabt habe, dass "sie mich abschieben".
Der Beschwerdeführer hat somit seine allgemeine Mitwirkungspflicht verletzt, sodass die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005 unter Berufung auf § 58 Abs. 11 Z 2 leg.cit. zurecht als unzulässig zurückgewiesen hat.
Allerdings hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob die antragszurückweisende Entscheidung gemäß § 10 Abs. 3 Asylgesetz 2005 iVm § 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 mit einer Rückkehrentscheidung hätte verbunden werden können. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privatund/oder Familienleben (§ 9 Abs. 2 BFA-VG 2014) voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2017, Ra 2017/22/0128). Dabei wird die belangte Behörde sein prozessuales Verhalten gegenüber der belangten Behörde, seine mangelnde berufliche und sprachliche Integration in Österreich sowie das Fehlen eines iSd Art. 8 EMRK geschützten Familienlebens zu berücksichtigen haben. Weiters wird die belangte Behörde - aufgrund der im Akt dokumentierten Zweifel an seiner Herkunft - ein linguistisches Gutachten zur Frage einzuholen haben, ob der Beschwerdeführer im Senegal sozialisiert wurde; sollte sich durch dieses Gutachten eine bewusste Täuschung der belangten Behörde bestätigen, würde dieser Umstand den öffentlichen Interessen an seiner Ausreise jedenfalls mehr Gewicht verleihen.
2. Vor diesem Hintergrund war der angefochtene Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen worden war, zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragsbegehren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, BehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I409.1214463.2.00Zuletzt aktualisiert am
08.06.2018