Entscheidungsdatum
28.05.2018Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I414 2195917-1/5Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX (alias XXXX, alias XXXX), StA. ALGERIEN (alias LIBYEN, alias LIBANON), vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48/3.Stock, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 20.04.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste illegal am 06.07.2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.
An der am nächsten Tag (07.07.2016) stattgefundenen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen wörtlich an: "Ich muss in meiner Heimat Libyen zum Militärdienst einrücken. Ich bin Halbwaise und habe nicht bei meiner Mutter leben dürfen. Ich bin bei meinem Onkel aufgewachsen."
Aufgrund eines EURODAC- Treffers der Kategorie 1 wurde mit Ungarn ein Konsultationsverfahren eingeleitet, weil der Beschwerdeführer am 30.06.2016 in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Zuvor stellte der Beschwerdeführer am 08.03.2016 in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Verfahrensanordnung vom 19.04.2017 wurde die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt.
Über den Beschwerdeführer wurde am 08.04.2018 die Untersuchungshaft verhängt.
Am 20.04.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) niederschriftlich einvernommen. Im Wesentlichen gab der Beschwerdeführer an, dass er bei der Ersteinvernahme gelogen habe, zu seiner Identität gab er an, dass er Samir ALI heiße, am 03.03.2000 geboren sei und algerischer Staatsbürger sei. Er habe nie angegeben aus den Libanon zu sein, er habe bei der Erstbefragung angegeben, er sei aus Libyen, obwohl er Algerier sei. Befragt nach seinem Fluchtgrund brachte er vor, dass er Algerien Ende 2011 verlassen habe, in Algerien würde er nichts besitzen, und habe keine Familie. In seiner Heimat herrsche Krieg und er wolle in Sicherheit leben.
Mit Bescheid vom 20.04.2018, Zl. XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 06.07.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen ihn wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Ferner wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).
Mit Verfahrensanordnung vom 20.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
Mit fristgerecht eingebrachtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde habe es unterlassen entsprechende Ermittlungen zum Gesundheitszustand zu ermitteln, der Beschwerdeführer sei drogensüchtig und leide an Asthma. Wäre die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen, wäre sie zum Schluss gekommen, dass der Beschwerde auf Drogenentzug sei und daher nur sehr eingeschränkt einvernehmungsfähig sei, was sich aus seinen offenkundigen wirren Angaben während der Einvernahme ergeben würde.
Die Beweiswürdigung sei mangelhaft, da nicht auf die Verfassung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Einvernahme eingegangen worden sei, es sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Beweise die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer algerischer Staatsbürger sei. Eine existenzbedrohende Notlage des Beschwerdeführers sei auch in Algerien wahrscheinlich, zumal er mit keiner Unterstützung rechnen könne und daher sei ihm jegliche Lebensgrundlage entzogen.
Mit Schriftsatz vom 18.05.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 23.05.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt sowie eine Stellungnahme zur Bescheidbeschwerde vor.
In der Stellungnahme wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei der niederschriftlichen Einvernahme einen klaren Eindruck gemacht habe, zudem habe der Beschwerdeführer während der Einvernahme nicht erwähnt, dass er der Einvernahme nicht folgen könne. Der Beschwerdeführer habe wirtschaftliche Gründe vorgebracht. Hinsichtlich seiner algerischen Staatsangehörigkeit wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bei der Antragstellung auf internationalen Schutz in Ungarn angab, Algerier zu sein, auch bei einer Einvernahme als Beschuldigter am 06.07.2016, Zl. XXXX (AS 19) gab er an, in Algier geboren zu sein und Staatsangehöriger von Algerien zu sein. Ebenfalls in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde habe er angegeben, dass er bezüglich seiner Identität bei der Erstbefragung gelogen habe und, dass er Algerier sei. Abschließend führte die belangte aus, dass sich der Beschwerdeführer ständig widersprochen habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBL. I 2013/33 i.d.F. BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenverordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/184, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörden in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Aufgrund der Tatsache, dass vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung zu treffen ist, ist davon auszugehen, dass hier mit einer Prognose aufgrund der Aktenlage vorzugehen ist. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.
Im vorliegenden Fall liegen dem Bundesverwaltungsgericht neue Beweismittel vor, zudem kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Zur Klärung des Sachverhaltes ist die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht notwendig.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.
Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG im Rahmen dieser Entscheidung entfallen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2195917.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.06.2018