TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/28 I403 2195441-1

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Veröffentlicht am 28.05.2018
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Entscheidungsdatum

28.05.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I403 2195441-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen den Spruchpunkt VII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.04.2018, Zl. 1131818709/161388066 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsbürgerin, stellte am 09.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erklärte sie, dass sie Nigeria im Februar 2013 verlassen und sich dann in Libyen und Italien aufgehalten habe, ehe sie nach Österreich gereist sei. EURODAC Treffer ergaben, dass sie am 26.06.2015 und am 27.05.2015 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden war. Sie erklärte, dass ihr Vater und ihr Bruder gestorben seien und es niemanden geben würde, der sich um sie kümmern würde.

Das Verfahren wurde zugelassen und die Beschwerdeführerin am 20.02.2018 und am 21.03.2018 niederschriftlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Beisein einer Vertrauensperson einvernommen. Die Beschwerdeführerin führte aus, dass sie Nigeria wegen Krankheiten, wegen des Todes ihres Vaters und ihres Bruders, wegen der unzureichenden medizinischen Versorgung und wegen Problemen mit ihrer Stiefmutter verlassen habe. Mit ihrer Mutter stehe sie noch in Kontakt. Etwa im Alter von 14 Jahren habe sie Nigeria verlassen; in Libyen sei sie von einem Mann vergewaltigt worden. Italien habe sie verlassen, weil die Mädchen dort "verrückte Sachen" machen würden, sie würden sich prostituieren und "Madames" haben.

Mit Bescheid des BFA, RD Tirol, vom 09.04.2018, zugestellt am 12.04.2018, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 09.10.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihr gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde unter Spruchpunkt VII. gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Fluchtgründe der Beschwerdeführerin, insbesondere die behaupteten Probleme mit der Stiefmutter, seien nicht glaubhaft. In der rechtlichen Ausführung zu Spruchpunkt VII. wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nur "Ereignisse aus ihrem familiären Umfeld" und damit keine Verfolgungsgründe vorgebracht habe, weswegen nach § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei. Eine diesbezügliche Interessensabwägung ist dem Bescheid nicht zu entnehmen.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 11.05.2018 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH vorgelegt. Der Bescheid wurde dem gesamten Inhalt und Umfang nach wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin Opfer von Menschenhandel sei. Mit Beschwerdeergänzung vom 16.05.2018 wurde die Stellungnahme der Opferschutzeinrichtung "LEFÖ - Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels" übermittelt, mit welcher erklärt wurde, dass die Beschwerdeführerin als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden sei.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 23.05.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias und wurde von der Opferschutzeinrichtung LEFÖ als Opfer von Frauenhandel identifiziert.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Dass die Beschwerdeführerin von der Opferschutzeinrichtung LEFÖ als Opfer von Frauenhandel identifiziert wurde, ergibt sich aus einer entsprechenden Stellungnahme vom 16.05.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gegenständlich wird nur die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII., mit dem der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, behandelt.

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA - VG: Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im vorliegenden Fall liegen verschiedene Indizien vor, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um ein Opfer von Menschenhandel handeln könnte. Es erscheint daher durchaus möglich, dass eine Rückkehr nach Nigeria das Leben und die Unversehrtheit der Beschwerdeführerin gefährden könnte.

Eine inhaltliche Entscheidung kann daher erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden, bei welcher die Anwesenheit der Beschwerdeführerin unabdinglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I403.2195441.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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