Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M***** P*****, und 2. S***** S*****, Vereinigtes Königreich, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** Z*****, vertreten durch die Münzker & Riehs Rechtsanwälte OG, Wien, wegen Übergabe eines Bestandobjekts nach § 567 ZPO, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Jänner 2018, GZ 38 R 316/17b-14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 1. September 2017, GZ 45 C 425/16h-10, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die beklagte Mieterin vermag keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
1. Gemäß § 29 Abs 1 Z 3 lit a und b MRG wird der Mietvertrag durch Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer aufgelöst, allerdings nur, wenn bei Wohnungen die ursprünglich (schriftlich) vereinbarte Vertragsdauer oder die Verlängerung der Vertragsdauer (§ 29 Abs 4 MRG) jeweils mindestens drei Jahre beträgt. Nach § 29 Abs 4 MRG können Mietverträge, die nach § 29 Abs 1 Z 3 MRG befristet sind, schriftlich beliebig oft um jede – bei Wohnungen jedoch drei Jahre jeweils nicht unterschreitende – Vertragsdauer erneuert werden. Unter anderem dann, wenn die Mindestdauer im ersten Vertrag oder in der Verlängerung unterschritten wird, ist die Befristung nicht durchsetzbar und es liegt ein unbefristeter Mietvertrag vor (§ 29 Abs 3 lit a MRG).
2. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Befristung durchsetzbar, wenn im (schriftlichen) Vertrag von vornherein durch Datum oder Fristablauf ein Endtermin bestimmt ist (RIS-Justiz RS0090569 [T1]). Es genügt jede Formulierung, die der Absicht des Gesetzgebers entspricht, nämlich dass sich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann. Dies ist der Fall, wenn entweder der Endtermin datumsmäßig angegeben oder wenn er – wie im vorliegenden Fall – durch die Angabe des Anfangszeitpunkts und der Mietdauer eindeutig festgelegt ist (RIS-Justiz RS0070201). Der unbedingte Endtermin muss aus der Urkunde selbst hervorgehen (RIS-Justiz RS0070201 [T3]; 2 Ob 196/11d = RS0112243 [T3]).
Ganz allgemein ist die Frage, ob eine durchsetzbare Befristung erfolgt, durch Vertragsauslegung zu ermitteln (RIS-Justiz RS0090569 [T8]). Ungeachtet des Wortlauts der förmlichen Erklärung und ihres normativen Verständnisses ist auch eine formbedürftige Willenserklärung entsprechend dem tatsächlich übereinstimmenden Verständnis der Beteiligten gültig (RIS-Justiz RS0017280). Dieser Grundsatz wird auch bei der Beurteilung mietrechtlicher Befristungsvereinbarungen angewandt (RIS-Justiz RS0017280 [T3]). Selbst eine Falschbezeichnung in der Urkunde schadet nicht, wenn die Parteien ein übereinstimmendes Verständnis vom Ende der Frist hatten (10 Ob 43/17x mwN = immolex 2018/4, 19 [Gottardis], dazu Kothbauer, Zur Mindestdauer für befristete Wohnungsmietverträge, immolex 2018, 32).
3. Das Auslegungsergebnis des Berufungs-gerichts, dass der 15. 9. 2016 der Endtermin des auf vier Jahre befristet verlängerten (schriftlichen) Bestandvertrags sein sollte, entspricht – nach den Feststellungen – auch dem Verständnis der Beklagten. Dieser war klar und bewusst, dass das (befristet verlängerte) Mietverhältnis Mitte September 2016 endet. Wenn sie dieses Verständnis in der außerordentlichen Revision in Abrede stellt, geht sie nicht von den getroffenen Feststellungen aus.
Nach (übereinstimmender) Ansicht der Vermieter und der Beklagten sollte die vierjährige Befristungsvereinbarung ab dem 15. 9. 2012 gelten. Bereits davor benützte die Beklagte die Wohnung aufgrund eines am 10. 10. 2008 auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossenen (schriftlichen) Mietvertrags. Schon das Erstgericht ging jedenfalls vertretbar davon aus, dass die nachfolgend geschlossene Vereinbarung eine wirksame Verlängerung des befristeten Mietvertrags im Sinn des § 29 Abs 4 MRG sei.
Die Überlegung der Beklagten, „alleine dadurch, dass die Verlängerung des Bestandverhältnisses ca ein Jahr und drei Monate vor Ablauf der fünfjährigen Befristung erfolgte, [ist] diese 'offene' Bestandzeit vom Ausmaß der Befristung von vier Jahren abzuziehen [...], sodass die Dauer der Verlängerung das im § 29 MRG vorgesehene Mindestausmaß von drei Jahren unterschreitet und nur eine Verlängerung von zwei Jahren und neun Monaten vorliegt“, ist rechtlich nicht nachvollziehbar.
4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Textnummer
E121598European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00055.18X.0430.000Im RIS seit
08.06.2018Zuletzt aktualisiert am
22.01.2019