Entscheidungsdatum
29.03.2018Norm
WRG 1959 §21bText
IM NAMEN DER REPUBLIK
I.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 22.01.2018, ***, betreffend Abänderung von Auflagen eines Bewilligungsbescheides nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) zu Recht:
1. Der Beschwerde von A wird gemäß § 28 Absatz 1 und Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insoferne stattgegeben, als die Auflagenpunkte 30 neu, 32 neu und 33 neu des angefochtenen Bescheides vom 22.01.2018 ersatzlos aufgehoben werden.
2. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
II.
Es werden weiters über die Beschwerden von A und B gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 22.01.2018, ***, folgende Beschlüsse gefasst:
1. Es wird aufgrund der Beschwerde von A der Bescheid vom 22.01.2018 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im Übrigen (hinsichtlich Auflagenpunkt 31 neu und Auflagenpunkt 34 neu) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zurückverwiesen.
2. Die Beschwerde von B wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
3. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen diese Beschlüsse nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Wassergenossenschaft C, vertreten durch Obmann E, erhielt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 04.09.2012 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserversorgungsanlage *** auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***. Genehmigt wurde unter Vorschreibung von Auflagen befristet bis 30.09.2027.
Aufgrund mehrerer erhobener Berufungen erließ der Landeshauptmann von NÖ den Berufungsbescheid vom 05.07.2013, ***, mit dem einige Berufungen zurückgewiesen, einige abgewiesen, gegenüber drei Parteien wegen Berufungszurückziehung das Verfahren eingestellt, ein Antrag mangels Parteistellung abgewiesen und schließlich in Stattgebung zweier Berufungen der Bewilligungsbescheid vom 04.09.2012 hinsichtlich der „Notversorgung D“ abgeändert wurde. Der Berufungsbescheid vom 05.07.2013 umfasst die
- Herstellung eines Bohrbrunnens DN 125 mit einer Tiefe von 50 m unter GOK samt ca. 130 m Verbindungsleitung zum Hochbehälter, beide auf demselben Gst., und
- einer Drucksteigerungsanlage im Hochbehälter mit Hausanschluss DN 1“ zur Liegenschaft auf Gst. ***, KG *** (D), wobei eine bauliche Trennung zwischen Brunnen D und der Wasserversorgungsanlage der Wassergenossenschaft C besteht und diese nur zur Notversorgung bei Bedarf miteinander verbunden werden.
Das Wasserbenutzungsrecht wurde befristet bis 30.09.2027.
Die für das gegenständliche Beschwerdeverfahren relevanten Auflagen dieses Bescheides (Geohydrologie) lauten wie folgt:
„30. Aufgrund des generell knappen Wasserdargebots in der Flyschzone und zur Verifizierung der Ergebnisse der mehrwöchigen Pumpversuche ist eine Beweissicherung der Brunnen A und B (Gst. Nr. ***) und F (***) durchzuführen.
31. Die unter 56. angeführten Brunnen und der Genossenschaftsbrunnen sind mit Datenloggern auszustatten, die die Wasserspiegel in 15-Minuten-Intervallen automatisch messen und aufzeichnen.
32. Die Beweissicherung hat auf jeden Fall über den Zeitraum von einem Jahr ab Inbetriebnahme des Brunnens zu erfolgen, wobei mehrmonatige Trockenperioden auf jeden Fall erfasst werden müssen.
33. Zumindest im Abstand von zwei Monaten sind Kontrollmessungen im Beisein der Brunnenbesitzer durchzuführen und diese von den Brunnenbesitzern gegenzeichnen zu lassen.
34. Nach einem Jahr sind die Messergebnisse der Datenlogger und die gegengezeichneten Kontrollmessungen sowie die wöchentlichen Zählerstandsmessungen auf Papier und in elektrischer Form als csv-Datei (jeweils eine Zeitreihe für die Grundwasserspiegel und die Zählerstandsmessung mit den Spalten Datum, Uhrzeit, Messwert; der Messwert ist der Grundwasserabstich oder die Zählerstandsablesung) der Behörde zur Beurteilung zu übergeben. Die Behörde entscheidet unter Berücksichtigung der erfassten klimatischen Verhältnisse über die Fortführung bzw. Beendigung der Beweissicherung.“
Am 21.11.2016 führte die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten eine mündliche Verhandlung zur Überprüfung der Umsetzung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides (Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 05.07.2013, erlassen anstelle des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 04.09.2012, ***) durch. In dieser Verhandlung gab die Amtssachverständige für Geohydrologie ein Gutachten ab, in dem ausgeführt wurde, dass die vorgeschriebene Beweissicherung, nämlich kontinuierliche Aufzeichnungen der Grundwasserstände im Entnahmebrunnen sowie den zwei nächstgelegenen Hauswasserbrunnen sowie Kontrollmessungen, nicht durchgeführt worden seien. Sie hielt die Beweissicherung wie im ursprünglichen Bewilligungsbescheid daher für erforderlich. (Die geohydrologische Auflagen betreffend die Beweissicherung sind im Bescheid vom 04.09.2012 bezeichnet mit 56 bis 60 und sind inhaltsgleich mit den Auflagen 30 bis 34 des Berufungsbescheides vom 05.07.2013, welcher an die Stelle des erstgenannten Bescheides getreten ist.)
Am 05.01.2017 stellte die Wassergenossenschaft C, vertreten durch den Obmann E, ein Ansuchen auf Änderung der Auflagenpunkte 2 und 5 der Niederschrift vom 21.11.2016 (diese entsprechen inhaltlich den Auflagen 31 und 34 des Berufungsbescheides vom 05.07.2013). Begründend führte die Wassergenossenschaft aus, dass nur 1.263 m³ statt maximal 7.358 m³ pro Jahr entnommen worden seien und daher die Einnahmen deutlich unter den Kosten für die Datenloggeruntersuchungen mit € 5.500,-- liegen würden.
Im weiteren Schreiben der Wassergenossenschaft an die Behörde vom 29.09.2017 führte diese aus, seit März 2017 regelmäßige Messungen im Einvernehmen mit den Grundeigentümern bei den vorgeschriebenen Beobachtungsbrunnen mittels Lichtlot durchgeführt zu haben. Die Veränderungen bei der Wassertiefe würden mit den Regen- und Trockenperioden zusammenhängen, es werde um Genehmigung ersucht, die Wasserversorgungsanlage ohne Datenlogger betreiben zu dürfen. Die Messergebnisse für einen bestimmten Zeitraum für den Brunnen 1 (G) und Brunnen 2 (H) und vier private Hausbrunnen (F, I, J und A) waren dem Schreiben angeschlossen.
Zu diesen vorgelegten Messergebnissen erstattete die geohydrologische Amtssachverständige das Gutachten vom 05.12.2017. Im Befund hielt sie unter anderem fest, dass die Grundwasserspiegel mittels wöchentlicher Abstichmessungen gemessen worden seien und anhand wöchentlicher Messungen nur Aussagen über die generellen Grundwasserverhältnisse gemacht werden könnten. Kurzfristige Schwankungen durch Entnahmen in den Hausbrunnen selbst oder durch die Entnahme am Genossenschaftsbrunnen würden nicht erfasst werden.
Das Gutachten hat folgenden Wortlaut:
„Der Beobachtungszeitraum der vorgelegten Messungen umfasst den Sommer 2017.
Von Mai bis zum Einsetzen der Niederschläge ab 9. Juli herrschten sehr trockene und heiße Bedingungen vor (Niederschläge deutlich unter bzw. Lufttemperaturen deutlich über dem langjährigen Mittel). Der August verlief ebenfalls deutlich trockener und heißer als im langjährigen Mittel.
Während der ersten Trockenperiode bis Mitte Juli wurde am Genossenschaftsbrunnen über zwei Wochen annähernd der maximale Entnahmekonsens ausgeschöpft, in der zweiten Trockenperiode im August wurde hingegen im Mittel nur rund ein Drittel des Maximalkonsenses gefördert. Am Ende der beiden Trockenperioden traten jeweils niedrige Grundwasserstände auf. Obwohl während der ersten Trockenperiode der Maximalkonsens beinahe vollständig ausgeschöpft wurde, wurde das Minimum im nächstgelegenen Brunnen K im September gemessen bzw. waren die Minima im zweitnächst gelegenen Brunnen F im Juli und September auf einem ähnlichen Niveau. Eine Beeinflussung der Grundwasserstände durch die Entnahme ist nicht erkennbar.
Im etwas weiter entfernt gelegenen Brunnen I trat das Minimum während der Entnahme des Maximalkonsenses im Juli auf. Ein Zusammenhang mit der Entnahme erscheint unwahrscheinlich, da an den näher gelegenen Brunnen kein Einfluss erkennbar ist. Ob dieses Minimum mit Entnahmen am eigenen Brunnen zusammenhängt kann anhand der vorgelegten Messungen nicht beurteilt werden.
Der Pumpversuch im Juli 2012 zeigte, dass ausschließlich der nächstgelegenen Hausbrunnen (D) beeinflusst war. Es ist denkbar, dass eine Beeinflussung der anderen Brunnen durch den Pumpversuch (zu kurze Dauer, klimatische Bedingungen nicht repräsentativ, ...) nicht erfasst wurde und zu einem anderen Zeitpunkt dennoch auftreten könnte. Die festgestellte Absenkung von 75 cm am nächstgelegenen Brunnen D kann aus folgenden Überlegungen als absolute Obergrenze für mögliche Beeinflussung der anderen Brunnen angesehen werden: 1) die Absenkung wurde durch eine Entnahmemenge von 13 I/min verursacht, die mittlere Entnahmemenge des täglichen Maximalkonsenses ist um 30% geringer und beträgt 9 I/min. 2) mögliche Absenkungen an den übrigen Hausbrunnen sind aufgrund der größeren Entfernung deutlich geringer als am Brunnen D zu erwarten und sind im Bereich von wenigen Zentimetern bzw. innerhalb der Messungenauigkeit zu erwarten.
Die Maxima der Grundwasserstände traten stets einige Tage nach größeren Niederschlägen auf. Das Grundwasservorkommen zeigt somit einen eindeutigen Zusammenhang mit Niederschlagsereignissen und der daraus resultierenden Grundwasserneubildung.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass anhand der vorgelegten Messergebnisse kein Einfluss des Genossenschaftsbrunnen auf die generellen Grundwasserverhältnisse im Bereich der Siedlung *** feststellbar ist. Als eindeutiger Einflussfaktor auf die Grundwasserstände konnte ausschließlich der Niederschlag identifiziert werden.
Die Messergebnisse bzw. auch die Auswertungen der Pumpversuche zeigen, dass in den beobachteten Zeiträumen in allen Hausbrunnen mehr als 10 m Grundwassermächtigkeit vorhanden war. Der Beobachtungszeitraum erfasst auch eine mehrwöchige Trockenperiode in der über 2 Wochen der Maximalkonsens annähernd ausgeschöpft wurde. Die Absenkungen verursacht durch eigene Entnahmen betragen in den Hausbrunnen maximal 2 m. Aus fachlicher Sicht erscheint die Nutzbarkeit der Brunnen somit auch während längerer Trockenperioden bei Ausschöpfung des Maximalkonsenses und unter Berücksichtigung der eigenen Entnahmen gegeben.
Ob eine mögliche Beeinflussung eine Einschränkung der Rechte bedeutet, ist als rechtliche Frage von der Behörde zu beurteilen. Als Obergrenze für eine mögliche Beeinträchtigung ist die nachgewiesene Absenkung von 0,75 m am Brunnen D zu betrachten. Wie die Ergebnisse des Pumpversuches allerdings zeigen, ist eine Beein?ussung in dieser Größenordnung aus fachlicher Sicht nahezu auszuschließen. Eine mögliche Beeinflussung wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit deutlich geringer als die beobachteten 75 cm im Hausbrunnen D und im Bereich von wenigen Zentimetern liegen.
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aufgrund der Messmethode (wöchentliche Abstichsmessungen bzw. Wasserzählerablesungen) nur Aussagen zu den generellen Grundwasserverhältnissen getroffen werden können. Kurzfristige Beeinflussungen bzw. auch eine eindeutige Identifikation und Zuordnung der unterschiedlichen Einflussfaktoren (Entnahme Genossenschaftsbrunnen.
Entnahmen in den Hausbrunnen, etc.) ist nur mittels zeitlich hoch aufgelösten Messungen wie im ursprünglich vorgeschlagenen Beweissicherungsprogramm möglich.
Jedenfalls wird vorgeschlagen die Beweissicherung in Folgendem unbedingt erforderlichem Mindestausmaß durchzuführen:
1. Aufgrund des generell knappen Wasserdargebots in der Flyschzone und zur Beobachtung von möglichen langfristigen Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse wird eine Beweissicherung der Brunnen K (GSt. Nr. ***), F (***), J (GSt. Nr. ***) und I (GSt. Nr. ***) vorgeschlagen.
2. Die Grundwasserspiegel der unter 1. angeführten Brunnen sind anhand von wöchentlichen Abstichmessungen im Beisein der Brunnenbesitzer zu messen und aufzuzeichnen. Diese sind von den Brunnenbesitzern gegenzeichnen zu lassen.
3. Der Wasserzähler am Genossenschaftsbrunnen ist wöchentlich abzulesen und aufzuzeichnen.
Die Beweissicherung hat auf jeden Fall lückenlos über den Zeitraum von einem Jahr ab Inbetriebnahme des Brunnens zu erfolgen, wobei mehrmonatige Trockenperioden sowie mehrwöchige Entnahmespitzen auf jeden Fall erfasst werden müssen.
5. Nach einem Jahr sind die gegengezeichneten Messergebnisse sowie die Zählerstandsmessungen auf Papier und in elektronischer Form als csv-Datei (jeweils eine Zeitreihe für die Grundwasserspiegel und die Zählerstandsmessung mit den Spalten Datum, Uhrzeit, Messwert; der Messwert ist der Grundwasserabstich oder die Zählerstandsablesung) der Behörde zur Beurteilung zu übergeben. Die Behörde entscheidet unter Berücksichtigung der erfassten klimatischen Verhältnisse bzw. der tatsächlich erfolgten Entnahmen über die Fortführung bzw. Beendigung der Beweissicherung.“
Daraufhin erließ die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten den angefochtenen Bescheid vom 22.01.2018, welcher auf § 21b WRG 1959 als Rechtsgrundlage gestützt wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid werden die Auflagenpunkte 30 bis 34 des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 05.07.2013 abgeändert, und haben diese folgenden Wortlaut:
„Auflagenpunkt 30 neu.
Aufgrund des generell knappen Wasserdargebots in der Flyschzone und zur Beobachtung von möglichen langfristigen Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse ist eine Beweissicherung der Brunnen K (GSt. Nr. ***), F (***), J (GSt. Nr. ***) und I (GSt. Nr. ***) durchzuführen.
Auflagenpunkt 31 neu.
Die Grundwasserspiegel der unter 30 neu. angeführten Brunnen sind anhand von wöchentlichen Abstichmessungen im Beisein der Brunnenbesitzer zu messen und aufzuzeichnen. Diese sind von den Brunnenbesitzern gegenzeichnen zu lassen.
Auflagenpunkt 32 neu.
Der Wasserzähler am Genossenschaftsbrunnen ist wöchentlich abzulesen und aufzuzeichnen.
Auflagenpunkt 33 neu.
Die Beweissicherung hat auf jeden Fall lückenlos über den Zeitraum von einem Jahr ab Inbetriebnahme des Brunnens zu erfolgen, wobei mehrmonatige Trockenperioden sowie mehrwöchige Entnahmespitzen auf jeden Fall erfasst werden müssen.
Auflagenpunkt 34 neu.
Nach einem Jahr sind die gegengezeichneten Messergebnisse sowie die Zählerstandsmessungen auf Papier und in elektronischer Form als csv-Datei (jeweils eine Zeitreihe für die Grundwasserspiegel und die Zählerstandsmessung mit den Spalten Datum, Uhrzeit, Messwert; der Messwert ist der Grundwasserabstich oder die Zählerstandsablesung) der Behörde zur Beurteilung zu übergeben. Die Behörde entscheidet unter Berücksichtigung der erfassten klimatischen Verhältnisse bzw. der tatsächlich erfolgten Entnahmen über die Fortführung bzw. Beendigung der Beweissicherung.
Als Frist für die Vorlage der Messergebnisse wird der 31.12.2018 festgesetzt.“
Die Behörde begründete die Abänderung der Auflagen nach dieser Gesetzesstelle damit, dass die Bewilligungsinhaberin eine Auflagenabänderung beantragt und Ergebnisse von Pumpversuchen mit Abstichsmessungen vorgelegt hätte, die von der Amtssachverständigen für Grundwasserhydrologie begutachtet worden seien. Nach dem Gutachten vom 05.12.2017 würden die vorgelegten Messungen alle Parameter des Wasserzählers in ca. wöchentlichen Abständen über einen Zeitraum von ca. 3 Monaten im Sommer 2017 umfassen. Die Amtssachverständige hätte im Gutachten festgestellt, dass anhand der vorgelegten Messergebnisse kein Einfluss des Genossenschaftsbrunnens auf die generellen Grundwasserverhältnisse im Bereich der Siedlung *** feststellbar sei. Zusammengefasst ergäbe sich aus dem Gutachten eine im Wesentlichen mittlere Entnahme von 4 bis 5 m³ pro Tag und dass die Nutzbarkeit der Brunnen auch während längerer Trockenperioden bei Ausschöpfung des Maximalkonsenses und unter Berücksichtigung der eigenen Entnahmen gegeben sei. Es sei der nunmehr im Vergleich zum Berufungsbescheid vom 05.07.2013 (7,2 m³ pro Tag) festgestellte mittlere Tagesbedarf deutlich niedriger und könne die Gefahr eines maßgeblichen Sinkens der Pegel durch Entnahme und einer Nutzungseinschränkung der Brunnen als reduziert angesehen werden. Es liege daher im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides ein Wegfall der Voraussetzungen für die vorgeschriebenen Auflagen 30 bis 34 vor. Mit den nunmehr geänderten Auflagen könne aufgrund des geänderten tatsächlichen Entnahmebedarfs das Auslangen gefunden werden.
Dagegen erhoben A und B fristgerecht Beschwerde und brachten vor, dass A Alleineigentümerin am Grundstück ***, KG ***, sei. Weiters führten sie aus, den Bescheid am 26.01.2018 mit normaler Post zugestellt bekommen zu haben. Eingangs wurde der Sachverhalt dargelegt und auf den für die Hausbrunnenbesitzer aufgrund der neuen Auflagen entstehenden ungebührlichen Aufwand hingewiesen. Dann führten die Beschwerdeführer aus, dass die „Auflage 34 neu“ nicht erfüllbar sei, da der Zeitraum von einem Jahr ab Betriebnahme aufgrund der Inbetriebnahme des gegenständlichen Brunnens am 29.10.2015 bereits verstrichen sei. Dann folgen Ausführungen zur widersprüchlichen Antragstellung und zur Untätigkeit der Behörde als Aufsichtsorgan. Die Beschwerdeführer hätten auch die Messergebnisse zu keiner Zeit zur Kenntnis erhalten. Weiters würde im Gutachten vom 05.12.2017 auf die Entnahmemengen aus Brunnen 2, welcher nahe der Landesstraße *** auf Grundstück ***, KG ***, situiert wäre, und als Brunnen 2 *** bezeichnet wäre, eingegangen werden. Es hätten jedoch die Messwerte von Brunnen 1, welcher auf Grundstück ***, KG *** liege, herangezogen werden müssen. Weiters seien keine Datenloggeraufzeichnungen im Genossenschaftsbrunnen erfolgt. (Dann folgen Ausführungen zum Gutachten vom 05.12.2017, mit welchen dieses hinsichtlich Richtigkeit angezweifelt wird.) Weiters brachten die Beschwerdeführer vor, die ***gründe würden sich in einer Entfernung von ca. 600 m und 80 m tiefer in Tallage nahe der Landesstraße *** befinden, die betroffenen Hausbrunnen, wie auch der Brunnen der Beschwerdeführer, lägen alle in der Grabenbauersiedlung. Schließlich würden in den von der Wassergenossenschaft vorgelegten Messergebnissen die an den Wasserstand der Hausbrunnen direkt vergleichbaren Wasserstandsmessungen am Genossenschaftsbrunnen fehlen.
Folgender Sachverhalt wird anhand der vorliegenden und klaren Aktenlage als erwiesen festgestellt:
Die Gemeinde *** hat eine Änderung der Auflagen des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von NÖ vom 05.07.2013 betreffend die geohydrologischen Auflagen 31 und 34 hinsichtlich Datenlogger beantragt. Weiters hat die Gemeinde Messergebnisse der Brunnen 1 und 2 sowie der Brunnen F, J, A und I der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten zur fachlichen Beurteilung hinsichtlich der begehrten Änderung vorgelegt. Die geohydrologische Amtssachverständige hat ein Gutachten dazu erstattet, welches sich auf die generellen Grundwasserverhältnisse bezieht.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Zu I.:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Dem vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingeholten Grundbuchsauszug vom 09.03.2018 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin A Alleineigentümerin des Grundstückes ***, KG ***, ist.
Die Legitimation der Beschwerdeführerin A ist gegeben, da der auf ihrem Grundstück befindliche Brunnen durch die Auflagen 30 neu, 32 neu und 33 neu berührt wird. (Eine Berührung durch die Auflagenpunkte 31 neu und 34 neu ist ebenfalls gegeben, wird aber unter Punkt II. behandelt.)
B ist hingegen nicht Eigentümer dieses Grundstückes, seine Parteistellung ist daher zu verneinen und die Beschwerde zurückzuweisen
(; dies erfolgt unter Spruchpunkt II.).
Der Beschwerde von A kommt aber hinsichtlich der Auflagenpunkte 30 neu, 32 neu und 33 neu Berechtigung zu.
Der Antrag auf Abänderung vom 05.01.2017 war eindeutig auf die Auflagen 31 und 34 des Berufungsbescheides vom 05.07.2013, welche in der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 21.11.2016 mit „2.“ und „5.“ wiedergegeben sind, gerichtet. In diesen beiden Auflagen geht es um die Verwendung von Datenloggern. Auch dem Schreiben der Wassergenossenschaft vom 29.09.2017, mit dem Messergebnisse der Brunnenmessungen der Behörde vorgelegt wurden, ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Betrieb der bewilligten Anlage ohne Verwendung von Datenloggern begehrt wird.
§ 21b WRG 1959 lautet:
„Die nach diesem Bundesgesetz vorgeschriebenen Auflagen sind auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.“
Eine Abänderung der Auflagen 30, 32 und 33 des Berufungsbescheides vom 05.07.2013 ist daher durch § 21b WRG als Rechtsgrundlage nicht gedeckt.
Da für eine Abänderung der genannten drei Auflagen kein Antrag vorliegt, war der angefochtene Bescheid dahingehend aufzuheben.
Zu II.:
§ 28 Abs. 3 VwGVG lautet:
„Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“
§ 21b WRG 1959 lautet:
„Die nach diesem Bundesgesetz vorgeschriebenen Auflagen sind auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.“
Der Grund für die Vorschreibung der Auflagen 30 bis 34 im Berufungsbescheid vom 05.07.2013, welche bereits inhaltsgleich im Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 04.09.2012, ***, als Auflagen 56 bis 60 vorgeschrieben wurden, war, aussagekräftige Untersuchungsergebnisse hinsichtlich einer Beeinträchtigung fremder Brunnen zu erhalten. Dazu erachtete damals der geohydrologische Amtssachverständige die Durchführung von Messungen im Rahmen der Beweissicherung als nach dem Stand der Technik mit Datenloggern als erforderlich.
Im Gutachten vom 05.12.2017, auf welches der angefochtene Bescheid gestützt wird, finden sich fachliche Ausführungen jedoch nur zu den generellen Grundwasserverhältnissen. Die Amtssachverständige hält ausdrücklich fest, dass kurzzeitige Schwankungen durch Entnahmen in den Hausbrunnen selbst und durch Entnahme aus dem Genossenschaftsbrunnen aufgrund der vorgelegten Messergebnisse nicht erfasst werden. Im Gutachten selbst wird von ihr dann zusammenfassend festgehalten, dass anhand der vorgelegten Messergebnisse kein Einfluss des Genossenschaftsbrunnens auf die generellen Grundwasserverhältnisse feststellbar sei. Es erfolgt auch der ausdrückliche Hinweis, dass aufgrund der bei den vorgelegten Messergebnissen verwendeten Messmethode nur Aussagen zu den generellen Grundwasserverhältnissen getroffen werden konnten und zu kurzfristigen Beeinflussungen nur mittels zeitlich hochaufgelösten Messungen wie im ursprünglich vorgeschlagenen Beweissicherungsprogramm Aussagen möglich seien.
Aus rechtlicher Sicht ist das Erfordernis des Wegfalles der Voraussetzungen für die vorgeschriebenen Auflagen 31 und 34 des Berufungsbescheides vom 05.07.2013 nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich nicht gegeben. (Die Auflagen 30, 32 und 33 wurden oben unter I. behandelt, für eine Abänderung dieser liegt kein Antrag vor, da eine entsprechende Aussage dazu in den Schreiben vom 5.01.2017 und 29.09.2017 fehlt.) Das von der Behörde eingeholte Gutachten bezieht sich eben nur auf die generellen Grundwasserverhältnisse.
Das Gutachten vom 05.12.2017 erscheint daher nur bedingt aussagekräftig. Eine Beeinträchtigung fremder Rechte in Form der nächstgelegenen Hausbrunnen wird durch die Amtssachverständige nicht ausgeschlossen.
Es erscheint daher die Durchführung von Messungen, mit denen Aussagen über kurzzeitige Schwankungen durch Wasserentnahmen in den Brunnen gemacht werden können, erforderlich. Insoferne ist der Sachverhalt aber in einem wesentlichen Punkt mangelhaft geblieben. Es sind Messergebnisse in der beschriebenen Art notwendig, um fachlich überprüfen lassen zu können, ob eine Beeinträchtigung fremder Rechte gegeben sein kann. Aufgabe des Landesverwaltungsgerichtes ist nicht, wesentliche fehlende Ermittlungsergebnisse anstelle der Behörde herbeizuführen.
Der vorliegende Sachverhalt ist für eine Anwendung des § 21b WRG somit nicht ausreichend.
Insgesamt fehlen daher sachverhaltsbezogen auf Verwaltungsebene nähere Grundlagen für die Erstattung eines geohydrologischen Gutachtens, die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts könnte durch das Verwaltungsgericht nicht rascher durchgeführt werden.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich durfte daher mit Behebung und Zurückverweisung der Angelegenheit – betreffend die Auflagen „31. neu“ und „34. neu“ - an die Behörde vorgehen (vgl. VwGH vom 29.01.2015, Ra 2015/07/0001).
Angemerkt wird, dass sich die Amtssachverständige im Gutachten vom 05.12.2017 auf die Siedlung *** bezieht, der gegenständliche Genossenschaftsbrunnen jedoch als Brunnen „G“, welcher auf Grundstück Nr. ***, KG *** liegt, bezeichnet wird. Auch liegen die Brunnen K (A), F, J und I nicht in der genannten Siedlung, sondern in der ***. Damit weist das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf eine mögliche Verwechslung hin.
Zu I. und II.:
Von der belangten Behörde wurde auf die Durchführung einer Verhandlung verzichtet, dem Beschwerdevorbringen wurde Rechnung getragen. Betreffend die Zurückweisung der Beschwerde von B ist auf § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG zu verweisen, wonach eine Verhandlung entfallen kann.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Auflagen; Verfahrensrecht; Ermittlungspflicht; Zurückverweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.216.001.2018Zuletzt aktualisiert am
07.06.2018