TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/24 W217 2171920-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.05.2018
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Entscheidungsdatum

24.05.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W217 2171920-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.09.2017, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX (in der Folge: BF) verfügt seit 24.05.2002 über einen Behindertenpass mit einem zuletzt eingetragenen Grad der Behinderung von 80%.

Mit Antrag vom 10.03.2017 stellte der BF beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem vom BF unterfertigten Antragsformular für den - auf den BF zutreffenden - Fall, dass er nicht über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme dieser Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt.

2. Die belangte Behörde holte zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. Dieses Sachverständigengutachten vom 11.08.2017, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 13.06.2017, ergab für den BF einen Gesamtgrad der Behinderung von 80 von 100 und führte zur Thematik der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus, dass beim BF keine der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein-und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen würden. Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere des Gefäßleidens mit erfolgten Mehrfacheingriffen, sowie des arteriellen Hochdrucks ohne wesentliche kardiorespiratorische Leistungseinschränkung sowie mit erhaltener Kraft aller Extremitäten, seien weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich sei.

3. Mit Bescheid vom 07.09.2017, OB: XXXX , wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten verwiesen.

4. Der BF erhob mit Schreiben vom 15.09.2017 Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.09.2017. Begründend wurde ausgeführt, dass es ihm nicht zumutbar sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, da er nur eine Wegstrecke von ca. 200 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurücklegen könne. Dies sei auch bei einer Untersuchung in der Gefäßambulanz der XXXX festgestellt worden. Eine Krücke stelle auch kein nennenswertes Hilfsmittel dar. Das Ein- und Aussteigen bei öffentlichen Verkehrsmitteln sei dem BF auch nicht möglich. Bei einem derartigen Versuch habe er einen schweren Bandscheibenvorfall erlitten, der nur mit Injektionen, Infusionen und schlussendlich nur mit einer Infiltration halbwegs in den Griff zu bekommen gewesen sei. Die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel sei somit nicht gegeben. Ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 80 von 100 sei dem BF ohne weiteres gewährt worden.

5. Am 28.09.2017 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieses holte in der Folge ein Gutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie ein.

Dem Sachverständigen wurde in diesem Zusammenhang ein umfassender Fragenkatalog zum Gesundheitszustand des BF übermittelt. In diesem Gutachten vom 07.03.2018 wird Folgendes festgehalten:

"(...)

ANAMNESE:

seit dem letzten SVGA keine Operationen oder Unfälle;

stationärer Aufenthalt XXXX -KH I.med.Abt. und Urologie wegen Blut im Harn;

vor 14d Sturz auf linkes Knie mit Bluterguss, unfallchirurgische Begutachtung und Röntgen wurden nicht durchgeführt;

DERZEITIGE BESCHWERDEN:

ich habe Schmerzen in der linken Hüfte, aber eine Prothese kommt wegen eines Geschwürs am linken Innenknöchel nicht in Frage, dieses wird durch Wundmanager behandelt;

Gefühlsstörungen: Bamstigkeit bde Fußsohlen

Lähmungen: keine

Gehleistung: 200-300m

Stufensteigen: Halbstock, ca. 8 Stufen

VAS (visuelle Analogskala): 5

BEHANDLUNGEN / MEDIKAMENTE / HILFSMITTEL:

B: Verband li Innenknöchel

M: Amlodipin 10mg; Blopress 8mg; Simvastatin 40mg; Marcoumar nach Tabelle; Thrombo ASS 100mg; Seractil 400mg;

HM: 1 UASK re nach Bedarf

SOZIALANAMNESE:

Familie: geschieden

Beruf / Arbeit: Pension

Wohnung: 2. Stock mit Lift

ZUSAMMENFASSUNG RELEVANTER BEFUNDE (INKL DATUMSANGABE):

vom AS / BF zur Untersuchung mitgebrachte Befunde:

2017/09: XXXX , angiolog. Ambulanz: Dg: PAVK IV der li UE, Th:

Allgemeinmaßnahmen bei AVK, weitere betreuung gefäßchirurg. Amb.

XXXX -KH;

2017/12: XXXX .KH, Urologie: Dg: Makrohämaturie bei Übermarcoumarisierung, chron. Niereninsuff., Z.n. Tumornephrektomie li 2005, PAVK, art. Hypertonie, Hyperlipidämie, Sigmadivertikulose;

Th: flexible Cystoskopie, INR-Kontrollen;

2017/12: XXXX -KH, I. med. Abt.: Dg: Makrohämaturie bei Übermarcoumarisierung, chron. Niereninsuff., Z.n. Tumornephrektomie li 2005, PAVK, art. Hypertonie, Hyperlipidämie, Sigmadivertikulose, chron. Venöse Insuffizienz, Ulcus cruris venosum mixtum links, Z.n. PTA und Stent der A. fem. superfic. Re, St.p. aortoiliacale Endogr.fie bei infrarenalem Aortenaneurysma 2015, Lumboischialgie L5/S1, Z.n. CT-gezielter Infiltration L5/S1;

UNTERSUCHUNGSBEFUND:

Allgemeinzustand: gut Ernährungszustand: adipös

Größe: 181cm Gewicht: 115 kg Blutdruck: 140/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Hörvermögen: nicht beeinträchtigt;

Sehvermögen: beeinträchtigt; Lesebrille

Zehenballen- und Fersenstand: beidseits angedeutet durchführbar;

Einbeinstand: beidseits angedeutet durchführbar;

Finger-Boden-Abstand: Kniehöhe

A) CAPUT/COLLUM: unauffällig;

THORAX: unauffällig;

Atemexkursion: 4cm

ABDOMEN: kein Druckschmerz, klinisch unauffällig;

B) WIRBELSÄULE:

Im Lot;

Schulter- und Beckengeradstand;

Druckschmerz: nein; Klopfschmerz: nein; Stauchungsschmerz: nein;

Halswirbelsäule: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt, Kinn-Jugulum-Abstand 1,5cm, Myogelosen und Hartspan des Trapezius beidseits

Brustwirbelsäule: Ott 30/32cm, Rippenbuckel: nein

Lendenwirbelsäule: Schober 10/13cm, Seitneigung ein Drittel eingeschränkt, Lendenwulst nein; Insuffizienz der Rückenmuskulatur;

C) OBERE EXTREMITÄTEN:

Rechtshänder

Nacken- und Kreuzgriff beidseits nicht eingeschränkt; muskuläre Verhältnisse unauffällig;

Durchblutung unauffällig;

Faustschluss, Grob- und Spitzgriff beidseits unauffällig;

Schulter: rechts links normal

Ante-/Retroflexion 150 0 40 150 0 40 160 0 40

Außen-/Innenrotation 40 0 80 40 0 80 50 0 90

Abduktion/Adduktion 150 0 40 150 0 40 160 0 40

Ellbogen: rechts links normal

Extension/Flexion 0 0 140 0 0 140 10 0 150

Pronation/Supination 80 0 80 80 0 80 90 0 90

Handgelenk: rechts Links normal

Extension/Flexion 50 0 50 50 0 50 60 0 60

Radial-/Ulnarduktion 30 0 30 30 0 30 30 0 40

Fingergelenke: beidseits frei und schmerzfrei beweglich

NEUROLOGIE obere Extremitäten:

Kraftgrad: 5

Sehnenreflexe: beidseits untermittellebhaft;

Sensibilität: ungestört;

Tinnel-Hoffmann-Zeichen: beidseits negativ;

D) UNTERE EXTREMITÄTEN:

Varusstellung: 10 Grad

Hüftgelenke: rechts links normal

Druckschmerz nein nein nein

Extension/Flexion 0 0 120 0 5 100 15 0 130

Abduktion/Adduktion 30 0 30 0 30 30 35 0 30

Aussen-/Innenrotation 30 0 30 25 0 25 35 0 35

Oberschenkel:

rechts: unauffällig; links: inguinal 13cm lange, blande Narbe nach Gefäßop.; Umfang: seitengleich

Kniegelenke: rechts links normal

Druckschmerz nein Med. nein

Extension/Flexion 0 0 120 0 5 115 5 0 130

Erguss nein nein nein

Rötung nein nein nein

Hyperthermie nein Ja nein

Retropatell. Symptomatik nein ja nein

Zohlen-Zeichen negativ + pos negativ

Bandinstabilität nein nein nein

Kondylenabstand: 3 QF

Li Knie: Hämatomverfärbung supra-und infrapatellar nach Sturz vor 14 Tagen;

Unterschenkel:

Beidsets postthrombot. Syndrom mit prätibial verhärtetem Ödem;

Umfang: seitengleich

oberes Sprunggelenk: rechts links normal

Extension/Flexion 20 0 40 20 0 40 25 0 45

Bandstabilität nein nein nein

Unteres Sprunggelenk: rechts links normal

Eversion/Inversion 10 0 20 10 0 20 15 0 30

Erguss nein nein nein

Hyperthermie/Rötung nein nein nein

Malleolenabstand: 1 QF

Zehengelenke:

Beweglichkeit: kleine Gelenke beidseits endlagig eingeschränkt, schmerzfrei; Fußsohlenbeschwielung: normal

DURCHBLUTUNG: bds. Makro-und Mikrozirkulation stark herabgesetzt

NEUROLOGIE untere Extremitäten:

Lasegue: negativ; Bragard: negativ;

Kraftgrad: 4 bds.

Sehnenreflexe: seitengleich untermittellebhaft auslösbar;

Sensibilität: Hypästhesie bde US ohne segmentale Zuordnung;

BEINLÄNGE:

seitengleich;

GESAMTMOBILITÄT - GANGBILD:

Hilfsmittel: keines

Schuhwerk: feste HS

Anhalten: erforderlich beim Aufstehen / Stehen

An-und Auskleiden im Stehen: ohne Hilfe durchführbar

Transfer zur Untersuchungsliege/Wendebewegungen: selbständig

Hocke: beidseits angedeutet durchführbar

Gangbild: geht alleine, symmetrisch, etwas langsam, aber raumgreifend;

Schrittlänge: 1 SL

STATUS PSYCHICUS:

zeitlich und örtlich orientiert; kommunikativ; kooperativ

kein Hinweis auf relevante psychische Störung

ERGEBNIS DER DURCHGEFÜHRTEN FACHÄRZTLICH-ORTHOPÄDISCHEN BEGUTACHTUNG

UND BEANTWORTUNG DER FRAGEN:

ad 1) Liegen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung ‚Dem Inhaber/der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar' vor?

Bei dem Beschwerdeführer liegen aus fachärztlich-orthopädischer Sicht keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen im Bereich des Stütz-und Bewegungsapparates vor, die die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Aus orthopädischer Sicht ist eine ausreichende Gehstrecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar und zuzumuten. Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden seitens der linken Hüfte ist nicht gegeben, da durch eine konservative Therapie (Medikamente, Infiltrationen, Infusionen) und/oder einen Kuraufenthalt eine Beschwerdeerleichterung erreicht werden kann. Eine Besserung des Leidens kann durch Implantation einer Totalendoprothese unter antibiotischer Abschirmung herbeigeführt werden.

ad 2) Diagnoseliste:

-

Makrohämaturie bei Übermarcoumarisierung

-

chronische Niereninsuffizienz

-

Zustand nach Tumornephrektomie links 2005,

-

PAVK IV linke untere Extremität

-

arterielle Hypertonie

-

Hyperlipidämie

-

Sigmadivertikulose

-

chronisch venöse Insuffizienz

-

Ulcus cruris venosum mixtum links,

-

Zustand nach PTA und Stent der Arteria femoralis superficialis rechts

-

Status post aortoiliacale Endografie bei infrarenalem Aortenaneurysma 2015,

-

Lumboischialgie L5/S1 und Zustand nach CT-gezielter Infiltration L5/S1

Die angeführte Lumboischialgie wurde in der Anamnese nicht angegeben und ist bei der klinischen Untersuchung der Motorik und Sensibilität nicht verifizierbar, daher ergibt sich dadurch keine relevante Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Eine Beurteilung der internen Diagnosen in Bezug auf das Ausmaß der angeführten Leidenszustände und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wäre fachfremd und kann daher nicht getroffen werden.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Außer den anerkannten, auch die Schmerzzustände berücksichtigenden Funktionseinschränkungen liegen aus fachärztlich-orthopädischer Sicht keine erheblichen behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten vor.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht liegen seitens des Stütz-und Bewegungsapparates keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Eine Beurteilung der internen Diagnosen in Bezug auf die körperliche Belastbarkeit wäre fachfremd und kann daher nicht getroffen werden.

ad 5) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten vor?

Bei der fachärztlich-orthopädischen Untersuchung finden sich an beiden oberen Extremitäten keine erheblichen behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität, wodurch ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben ist.

ad 6) Stellungnahme zur Art und dem Ausmaß der von dem BF angegebenen Beeinträchtigungen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Eine exakte ziffernmäßige Erfassung einer Gehleistung könnte nur durch eine Ganganalysenanlage erfolgen, die aber leider den Sachverständigen im Rahmen der Untersuchung nicht zur Verfügung steht.

In der Anamnese gibt der BF eine Gehleistung von 200-300m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe an. Eine Gehhilfe wurde bei der Untersuchung nicht mitgebracht und wird nach eigenen Angaben nur gelegentlich verwendet. Es bestehen keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten. Es ist daher davon auszugehen, dass auch eine Gehstrecke von 300-400m für den BF zuzumuten und bewältigbar ist.

Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fort-bewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels kann, wenn erforderlich im Nachstellschritt, bewältigt werden, da an den großen Gelenken beider unterer Extremitäten keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen vorliegen. Die Verwendung eines Hilfsmittels zum Gehen (Gehstock oder Krücke) erhöht die Stabilität, stellt keine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar und ist somit zuzumuten.

Aus den angeführten Gründen und der ausreichend erhaltenen selbständigen Gehfähigkeit und Orientierungsmöglichkeit ist daher aus fachärztlich-orthopädischer Sicht seitens des Stütz-und Bewegungsapparates eine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht objektivierbar.

ad 6 (?) Stellungnahme zu den Einwendungen des Beschwerdeführers und vorgelegten medizinischen Beweismitteln (Abl. 60; Abl. 7-9):

Abl. 60, Beschwerdevorbringen:

Der BF gibt in der Beschwerde eine Wegstrecke von ca. 200 m, in der Anamnese von 200-300m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe an. Eine Gehhilfe wurde bei der Untersuchung nicht mitgebracht und wird nur gelegentlich verwendet. Es bestehen keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten. Es ist daher davon auszugehen, dass auch eine Gehstrecke von 300-400m für den BF zuzumuten und bewältigbar ist.

Ein beschriebenes einmaliges Bandscheibenproblem ohne das Vorliegen sensomotorischer Defizite oder relevanter Funktionsbeeinträchtigungen begründet nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Abl. 7 (2017/01): Befund Dr. XXXX , FA Dermatologie: einmal pro Woche Verbandwechsel wegen Geschwür am Unterschenkel;

Abl. 8 : Trennblatt zu Verfahren;

Abl. 9 (2016/06): Brief Klinik XXXX (unvollständig, nur erste Seite): Dg: Polyneuropathie untere Extremitäten bei Zustand nach Stentgraft-Implantat infrarenal bei Bauchaortenaneurysma;

ad 7) Begründung einer eventuell vom bisherigen Ergebnis abweichenden Beurteilung:

Abl. 26-29, SV-Gutachten Dr. XXXX : Gegenüber dem bisherigen Ergebnis gibt es aus orthopädischer Sicht keine abweichende Beurteilung.

ad 8) Feststellung ob bzw. wann eine ärztliche Nachuntersuchung erforderlich ist:

Aus fachärztlich-orthopädischer Sicht besteht ein Dauerzustand, eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

6. Im Rahmen des gewährten Parteiengehörs gab die belangte Behörde keine Stellungnahme ab. Der BF übermittelte am 02.04.2018 eine Stellungnahme, wonach er nach 200 m Gehstrecke große Schmerzen bekomme, die ihn am Weitergehen behindern würden. Dies sei auf den verschlossenen Bypass links und den Stant am rechten Bein zurückzuführen. Er könne daher die etwa 200 Meter entfernte Tramwaystation nur mit großer Mühe erreichen. Nachdem dort ein Mischbetrieb aus Niederflurwagen und normalen Garnituren herrsche, sei auch unter Zuhilfenahme von Krücken eine weitere Mobilität kaum gegeben. ÖBB Garnituren um andere Ziele zu erreichen seien für ihn tabu, da er teilweise die Einstiegshöhe nicht bezwingen könne. Er könne sich nur in Begleitung auf die Straße begeben. Um sich halbwegs fortbewegen zu können sei er auf die Benützung eines KfZ angewiesen. Es wäre für ihn eine große Erleichterung, wenn er Parkplätze, die Invaliden vorbehalten sind, benützen könnte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 80 v.H.

Der BF stellte mit Antrag vom 10.03.2017 beim Sozialministeriumservice das gegenständliche Begehren auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Dem BF ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 07.03.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am 21.02.2018. Unter Berücksichtigung sämtlicher vom BF ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach einer persönlichen Untersuchung des BF, wurde vom medizinischen Sachverständigen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den BF zumutbar ist.

Betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bestätigt dieses vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten auch die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 11.08.2017, das bereits von der belangten Behörde eingeholt und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurde.

So führt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 07.03.2018 aus, dass beim BF aus fachärztlich-orthopädischer Sicht keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen im Bereich des Stütz-und Bewegungsapparates vorliegen würden, die die selbständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken würden. Aus orthopädischer Sicht sei eine ausreichende Gehstrecke von 300-400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe bewältigbar und zuzumuten. Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden seitens der linken Hüfte sei nicht gegeben, da durch eine konservative Therapie (Medikamente, Infiltrationen, Infusionen) und/oder einen Kuraufenthalt eine Beschwerdeerleichterung erreicht werden könne. Eine Besserung des Leidens könne durch Implantation einer Totalendoprothese unter antibiotischer Abschirmung herbeigeführt werden. Außer den anerkannten auch die Schmerzzustände berücksichtigenden Funktionseinschränkungen würden aus fachärztlich-orthopädischer Sicht keine erheblichen behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten vorliegen. Auch an beiden oberen Extremitäten hätten sich bei der fachärztlichen Untersuchung keine erheblichen behinderungsrelevanten funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität gefunden, weshalb ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel gegeben sei. In der Anamnese hat der BF selbst - wie vom Sachverständigen festgehalten - eine Gehleistung von 200-300m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe angegeben. Eine Gehhilfe wurde bei der Untersuchung nicht mitgebracht und wird nach eigenen Angaben des BF nur gelegentlich verwendet. Es bestehen keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten, weshalb davon auszugehen ist, dass auch eine Gehstrecke von 300-400m für den BF zuzumuten und bewältigbar ist. Das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, sowie das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels kann, wenn erforderlich, im Nachstellschritt bewältigt werden, da an den großen Gelenken beider unterer Extremitäten keine behinderungsrelevanten Funktionseinschränkungen vorliegen. Die Verwendung eines Hilfsmittels zum Gehen (Gehstock oder Krücke) erhöhe die Stabilität, stelle keine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar und sei somit zuzumuten. Aus diesen Gründen und der ausreichend erhaltenen selbständigen Gehfähigkeit und Orientierungsmöglichkeit konnte daher aus fachärztlich-orthopädischer Sicht seitens des Stütz- und Bewegungsapparates eine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht objektiviert werden.

Diese Schlussfolgerungen des Sachverständigen finden Bestätigung in dessen Aufzeichnungen im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes, insbesondere zu den Oberen und Unteren Extremitäten, sowie zu Gesamtmobilität-Gangbild.

Weiters führt der Sachverständige erläuternd aus, dass eine Lumboischialgie in der Anamnese nicht angegeben wurde und bei der klinischen Untersuchung der Motorik und Sensibilität auch nicht verifizierbar ist, weshalb sich auch dadurch keine relevante Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergibt.

In seiner Stellungnahme vom 02.04.2018 moniert der BF im Wesentlichen, dass er nach 200 Metern Gehstrecke große Schmerzen bekomme, die ihn beim Weitergehen behindern würden. Auch seien für ihn ÖBB-Garnituren tabu, da er teilweise die Einstiegshöhe nicht bezwingen könne. Der BF tritt durch dieses Vorbringen dem eingeholten Gutachten jedoch nicht in einer Weise fachlich entgegen, die dazu geeignet wäre, das Ergebnis des Sachverständigengutachtens zu entkräften. Es mangelt diesem Vorbringen an Objektvierbarkeit und es steht im Widerspruch zu den Ergebnissen, die die schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten zweier medizinischer Sachverständiger hervorbrachten. Wie ausgeführt, konnten beim BF aus fachärztlich-orthopädischer Sicht keine objektivierbaren erheblichen Einschränkungen der unteren oder oberen Extremitäten bzw. der körperlichen Belastbarkeit festgestellt werden, die für ihn die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würden.

Es wäre dem Antragsteller nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes freigestanden, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093). Gegenständlich geschah dies jedoch nicht. Der BF legte im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde kein Gegengutachten vor und trat auch dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten eines Sachverständigen aus dem Fachbereich Orthopädie/orthopädische Chirurgie nicht auf gleicher fachlicher Weise entgegen. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 07.03.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:

Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032). In den Erläuterungen zu § 1 wird ausgeführt, dass ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" Funktionseinschränkungen relevant seien, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin ist nicht ausreichend. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Wie unter Punkt II. 2. eingehend ausgeführt wurde, wird der Entscheidung das Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 07.03.2018 zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen Beurteilung ist dem BF zum Entscheidungszeitpunkt die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Beim BF liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen oder unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen.

Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus (Schuheinlagen, Gehstock, Stützkrücke, orthopädische Schuhe) ist - da die Funktionalität der oberen Extremitäten beim BF ausreichend gegeben ist - zumutbar und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren (objektivierten) Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel betreffend den BF unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen überprüft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Sohin konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2171920.1.00
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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