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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1004;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1. des J, und
2. der T in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. September 1998, Zl.870.095/65-VI/12a-98, betreffend Vertretungskosten in einem Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Oberösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfange der Anfechtung, das heißt, insoweit ein Mehrbegehren von S 41.842,80 abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes EZ. 105, Grundstücksnummer 720/1, KG S.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Bundesstraßenbehörde erster Instanz vom 16. November 1992, Zl. BauR-250437/2-1992 Ba/Sta, wurde für die Errichtung des Gehsteiges entlang der N-Bundesstraße B 130 von km 5,235 bis 5,605 links im Sinne der Kilometrierung in der Ortschaft K im Gemeindegebiet von H das dauernde und lastenfreie Eigentum an ca. 70 m2 des oben angeführten Grundstückes einschließlich des darauf befindlichen Bewuchses und der darauf befindlichen Anlagen, unbeschadet der genauen Vermessung in der Natur, für die Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, im Wege der Enteignung nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorliegenden Planunterlagen von Herrn Dipl.-Ing. F.A. in Anspruch genommen.
Der dagegen eingebrachten Berufung der Beschwerdeführer wurde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Mai 1994 mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 1. Juli 1994 keine Folge gegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/06/0150, auf welches zur weiteren Vorgeschichte verwiesen wird, als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid vom 1. August 1995 wies die belangte Behörde den Kostenersatzanspruch für rechtsfreundliche Vertretung in der verzeichneten Höhe von S 94.104,72 ab, erkannte vielmehr lediglich eine Pauschalvergütung von S 5.000,-- im Sinne des § 7 Abs. 3 Eisenbahnenteignungsgesetz (EEG) zu. Aus Anlass der dagegen an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde der Beschwerdeführer wurde diese Bestimmung mit dessen Erkenntnis vom 17. Juni 1998, G 372/97, als verfassungswidrig aufgehoben. Mit weiterem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1998, B 2818/95-15, wurde der Bescheid vom 1. August 1995 wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes gemäß Art. 144 B-VG aufgehoben.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 30. September 1998 wurde gemäß Rechtsanwaltstarif (RAT), BGBl. Nr. 189/1969 i.V.m. den Autonomen Honorarrichtlinien (AHR) des österreichischen Rechtsanwaltskammertages, dem Kostenersatzbegehren dem Grunde nach stattgegeben, die Höhe der zu ersetzenden Kosten mit S 48.480,30 bestimmt, das darüber hinausgehende Begehren im Betrag von S 45.624,42 hingegen abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als Bemessungsgrundlage der von ihr zu errechnenden Verfahrenskosten den tatsächlich zuerkannten Enteignungsentschädigungsbetrag in Höhe von S 257.248,-- an. Kontradiktorische Verhandlungen und Schriftsätze mit Sachvorbringen würden nach TP 3A, Kommissionen nach TP 7 abgegolten, wenn sie durch einen Rechtsanwalt vorzunehmen seien. Wartezeiten würden gesondert berechnet. Auf Basis der Entschädigungssumme von S 257.248,-- errechne sich daher der Anspruch wie folgt:
Kommission vom 1. Oktober 1992, Dauer 2/2 S 1.908,--
(S 1.272,-- zuzüglich 50 % ES)
Für die Verhandlung vom 22. Oktober 1992 in der Dauer
von 11/2 S 26.196,--
(S 13.098,-- zuzüglich 100 % ES nach TP 9)
Wartezeit S 435,--
Berufungsschriftsatz nach TP 3B S 7.558,50
(S 5.039,-- zuzüglich 50 % ES)
Kostenantrag TP 1 S 630,--
(S 420,-- zuzüglich 50 % ES).
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Insgesamt S 36.727,50
Streitgenossenzuschlag 10 % S 3.672,75
zuzüglich 20 % Umsatzsteuer S 8.080,05
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Insgesamt der Kostenanspruch im Verwaltungsverfahren S 48.480,30.
Da von diesem Kostenbetrag bereits ein Teilbetrag von S 5.000,-- zugesprochen worden sei, errechne sich der Ersatzanspruch mit restlichen S 43.480,30.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, ohne auf das Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer fechten den Bescheid insofern an, als ein Mehrbegehren von S 41.842,80 abgewiesen wurde (daraus ergibt sich eine unangefochtene Abweisung eines Teilbetrages von S 3.781,62). Sie sehen sich zunächst dadurch beschwert, dass für die Kommission vom 1. Oktober 1992 der Betrag von S 1.908,-- lediglich einmal und nicht doppelt, im Hinblick auf die Dauer dieser Kommission von 2/2 Stunden, zuerkannt worden sei.
Überdies sei begründungslos kein Kostenzuspruch für die im Berufungsverfahren erstattete Stellungnahme vom 26. März 1993 nach TP 3B im Gesamtbetrag von S 7.558,50 erfolgt. Ebenso wäre auch die Stellungnahme vom 3. Mai 1994 zu entlohnen gewesen, wofür sich unter Berücksichtigung einer zwischenzeitigen Tariferhöhung ein Betrag von S 8.467,50 ergebe. Aus ebenso nicht nachvollziehbaren Gründen sei im Berufungsverfahren auch der Kostenzuspruch der Berufungsverhandlung vom 25. Mai 1994 in der Dauer von 4/2 unterblieben, was bei einem Ansatz von S 8.467,50 zuzüglich 100 % ES für auswärtige Verhandlung den Betrag von S 16.935,-- ergeben hätte. Die tatsächlich richtige zusätzliche Summe
betrage daher S 34.869,--
zuzüglich 10 % Streitgenossenzuschlag S 3.486,90
zuzüglich 20 % USt. von S 6.973,80
ergebe insgesamt S 41.842,80.
Zunächst ist hinsichtlich der Höhe der zuzuerkennenden Kosten gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das grundsätzliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0231, zu verweisen, wonach die Tarife der Autonomen Honorar-Richtlinien (AHR) des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages iVm dem Rechtsanwaltstarifgesetz - RATG für die Ermittlung der angemessenen Entlohnung des Rechtsanwaltes eine maßgebliche Erkenntnisquelle darstellen.
1. Zunächst weisen die Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass Kommissionen, die außerhalb der Kanzlei vorgenommen werden, Erhebungen im Grundbuch, bei Gericht oder Behörde, Intervention beim Vollzug etc. dann, wenn die Vornahme durch einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwaltsanwärter erforderlich ist, nach TP 7 Abs. 3 RATG zu berechnen sind. Dabei gilt der Tarifbetrag pro halbe Stunde während der ganzen, mit der Ausführung der Geschäfte verbrachten Zeit. Die Beschwerdeführer weisen zutreffend darauf hin, dass die Kommission vom 1. Oktober 1992 2/2 gedauert hat, was auch von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt wurde. Aus diesem Grunde war der hiefür - der Höhe nach zutreffend errechnete - Betrag von
S 1.272,-- zuzüglich 50 % ES = S 1.908,-- zweimal zuzusprechen.
2. Die Beschwerdeführer begehren weiters Kosten für ihre im Berufungsverfahren erstattete Stellungnahme vom 26. März 1993. Auszugehen ist davon, dass die beschwerdeführenden Parteien zur Erstattung dieser Stellungnahme von Seiten der belangten Behörde mit Schreiben vom 22. März 1993 (TZ 2) aufgefordert worden waren. In dieser Stellungnahme wird auch auf das ihnen zur Kenntnis gebrachte Schreiben der oberösterreichischen Bundesstraßenverwaltung vom 12. März 1993 inhaltlich eingegangen. Hiefür gebührt daher nach TP 3B der Betrag von S 5.039,-- zuzüglich 50 % Einheitswert = S 2.519,50, sohin insgesamt S 7.558,50.
3. Die Beschwerdeführer meinen, auch ihre Stellungnahme im Berufungsverfahren vom 3. Mai 1994 sei zu entlohnen gewesen. In diesem Punkt kann sich jedoch der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeausführungen nicht anschließen. Mit Schreiben vom 14. April 1994 war den Beschwerdeführern zwar das Gutachten des Amtssachverständigen über die Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der in Rede stehenden Gehsteigerrichtung im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt worden, Stellungnahmen hierzu sollten jedoch nach dem Inhalt dieses Schreibens Gegenstand der noch anzuberaumenden mündlichen Berufungsverhandlung sein. Es diente daher nicht erkennbar zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, in einem weiteren Schriftsatz ohne Darlegung neuer Aspekte den bereits bekannten Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführer lediglich zu wiederholen und die beabsichtigte Erörterung des Sachverständigengutachtens in der Berufungsverhandlung quasi vorwegzunehmen.
4. Die Beschwerdeführer weisen aber weiters wiederum
zutreffend darauf hin, dass die Teilnahme ihres Rechtsfreundes an
der Berufungsverhandlung vom 25. Mai 1994 einen Anspruch auf
Kostenersatz ausgelöst hat. Sie irren lediglich in der von ihnen in
Anschlag gebrachten Dauer dieser Berufungsverhandlung, die nämlich
nicht 4/2, sondern nach dem hierüber aufgenommenen, und den
Beschwerdeführern auch zugemittelten Protokoll lediglich 2/2
(nämlich von 10.40 Uhr bis 11.40 Uhr) gedauert hat. Ausgehend von
TP 3B wäre nach dem nunmehr geltenden Tarif ein Betrag von
S 5.645,-- plus 50 % ES = S 8.467,50
zuzugestehen.
Damit errechnet sich der Gesamtanspruch der Beschwerdeführer
wie folgt:
Kommission vom 1. Oktober 1992 TP 7 S 3.816,--
Lokalaugenschein und Verhandlung vor der
Bundesstraßenbehörde erster Instanz am
22. Oktober 1992 TP 3A S 26.196,--
Wartezeit TP 1 S 435,--
Berufungsschriftsatz nach TP 3B S 7.558,50
Kostenantrag TP 1 S 630,--
Schriftsatz vom 26. März 1993 TP 3B S 7.558,50
Berufungsverhandlung 2/2 TP 3B S 8.467,50
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Gesamtsumme S 52.753,50
10 % Streitgenossenzuschlag S 5.275,35
zuzüglich 20 % Umsatzsteuer S 11.723,--
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Ergibt einen Gesamtkostenanspruch von S 73.268,75
abzüglich des zuerkannten Betrages von S 48.480,30
ergäbe einen (zusätzlichen) Kostenersatzanspruch
in der Höhe von S 24.788,45.
Da die belangte Behörde die Kosten im dargelegten Sinne nicht zur Gänze zuerkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er im Umfang der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Februar 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998060202.X00Im RIS seit
27.03.2001