Entscheidungsdatum
24.05.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
I414 2195026-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. am XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Mag. Birgit Salzburger, BA, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien vom 07.05.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 1 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 19.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 22.06.2017 negativ beschieden, eine Rückkehrentscheidung erlassen und gleichzeitig die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Dagegen erhob er Beschwerde, die aktuell unter I419 2163921-1 beim Bundesverwaltungsgericht behängt. Die aufschiebende Wirkung wurde zwischenzeitlich nicht zuerkannt.
Am 31.07.2017 wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates gestartet. Hierzu wurde dem Beschwerdeführer gemäß §46 Abs 2a iVm Abs 2b mittels Bescheid vom 20.04.2018, Zl. XXXX, die Pflicht auferlegt, an der Erlangung von Ersatzreisedokumenten mitzuwirken und zu diesem Zweck den Interviewtermin vor der Experten-Delegation Nigeria am 04.05.2018 wahrzunehmen. Im Falle der Nichtbefolgung werde über ihn eine Haft in der Dauer von 14 Tagen verhängt.
Am 21.04.2018 versuchte die Polizei SPK 15, dem Beschwerdeführer den Bescheid zuzustellen. Dieser wurde jedoch in seiner Unterkunft in 1140 Wien nicht angetroffen und daher die Verständigung der Hinterlegung lt. Zustellschein ins Hausbrieffach eingelegt. Das Schriftstück selbst wurde in der PI XXXX zur Abholung ab 21.04.2018 hinterlegt und innerhalb der Hinterlegungsfrist nicht behoben.
Nachdem der Beschwerdeführer nicht zum vorgegebenen Interviewtermin erschien, wurde am 07.05.2018 ein Festnahmeauftrag erteilt. Der Beschwerdeführer wurde am selben Tag in den Räumlichkeiten der belangten Behörde festgenommen und ins PAZ XXXX verbracht.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.05.2018, Zl. XXXX, wurde über den Beschwerdeführer die im Titelbescheid vom 20.04.2018 angedrohte Beugehaft in der Dauer von 14 Tagen verhängt und der Bescheid dem Beschwerdeführer nachweislich am selben Tag persönlich ausgehändigt.
Als neuen Interviewtermin vor der nigerianischen Delegation wurde der 18.05.2018, 09:30 Uhr festgelegt.
Gegen den Vollstreckungsbescheid richtet sich die rechtzeitige und zulässige Beschwerde vom 11.05.2018. Es wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer von der Verständigung der Hinterlegung keine Kenntnis erlangt habe. Er habe erst später durch einen Mitbewohner erfahren, dass die Polizei nach ihm gefragt habe und deshalb sei er sofort am darauffolgenden Tag in der nächstgelegenen PI vorstellig geworden. Dort sei er an die belangte Behörde verwiesen worden, wo er angehalten und über ihn die Beugehaft verhängt wurde.
Beschwerde und zugehöriger Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.05.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
Betreffend der Verständigung über die Hinterlegung stellte das erkennende Gericht eigene Ermittlungen an und hielt am 18.05.2018 Rücksprache mit der belangten Behörde. Nach mehrmaligen Schriftverkehr und telefonischen Rückmeldungen wurde von der belangten Behörde zur Hinterlegung von Schriftstücken in der Unterkunft des Beschwerdeführers zusammengefasst, dass Verständigungen über eine Hinterlegung von den zustellenden Polizeibeamten immer an den dortigen Hausmeister ausgehändigt werden. Dieser führe eine tägliche Anwesenheitsliste und trage stets abends ein, wenn ein Unterkunftsnehmer nicht erscheine. Die Anwesenheitsliste für den betreffenden Zeitraum ab 21.04.2018 könne jedoch nicht beschafft werden, da diese nur drei bis vier Tage aufbewahrt werde. Es könne sohin nicht genau nachvollzogen werden, wann und wie lange sich der Beschwerdeführer dort aufgehalten habe.
Am 18.05.2018 wurde die Identität des Beschwerdeführers festgestellt und die Schubhaft angeordnet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und darüber hinaus folgende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer weist seit 26.09.2016 in Österreich einen Wohnsitz in der XXXX in XXXX auf. Derzeit ist er seit 07.05.2018 im PAZ XXXX untergebracht und gemeldet.
Am 21.04.2018 versuchten Beamte der SPK 15, den Bescheid der belangten Behörde dem Beschwerdeführer zuzustellen. Der Beschwerdeführer selbst war nicht anzutreffen und so wurde eine Verständigung über die Hinterlegung in der Unterkunft hinterlassen.
Es kann nicht festgestellt werden, wo und auf welche Weise die Verständigung über die Hinterlegung in der Unterkunft zurückgelassen wurde.
Auch kann nicht festgestellt werden, ob sich der Beschwerdeführer im Zeitraum 21.04.2018 bis 06.05.2018 in seiner Unterkunft aufgehalten hat. Ob er Kenntnis von der Hinterlegung erlangte, kann ebenso nicht festgestellt werden.
Eine gewillkürte Vertretung bestand zum Zeitpunkt 21.04.2018 nicht, der Beschwerdeführer erteilte erst am 09.05.2018 eine entsprechende Vertretungsvollmacht inkl. Zustellvollmacht.
Der Bescheid der belangten Behörde vom 20.04.2018, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer nicht zugestellt und sohin nicht erlassen.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen zum Verfahrensgang und zu den Bescheiden ergeben sich aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde und dem Gerichtsakt.
Die Angaben zu seinem Wohnsitz und der Meldeadresse ergeben sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Dass der Beschwerdeführer am Tag des Zustellversuches durch die Polizei (21.04.2018) in seiner Unterkunft nicht anzutreffen war und daher eine Verständigung mittels Hinterlegung erfolgte, ergibt sich aus dem Bericht des SPK 15 vom 03.05.2018.
Ob eine Verständigung über die Hinterlegung erfolgte, kann aus folgenden Gründen nicht festgestellt werden: Auf dem Zustellschein (AS 31) wurde von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (SPK 15) angekreuzt, dass die Verständigung über die Hinterlegung ins Hausbrieffach eingelegt worden sei. Im Antwortschreiben der belangten Behörde vom 18.05.2018 wurde nach Rücksprache mit dem SPK 15 am selben Tag aber ausgeführt, dass Verständigungen über die Hinterlegung von Schriftstücken beim dortigen Hausmeister hinterlegt werden, welche dieser dann an die Adressaten aushändige.
Aufgrund der divergierenden Angaben zur Hinterlassung von Verständigungen der Hinterlegung musste diesbezüglich eine Negativfeststellung getroffen werden.
Ebenso konnte nicht mehr festgestellt werden, ob sich der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum überhaupt in der Unterkunft aufgehalten hat. Im Bericht der SPK 15 vom 03.05.2018 ist angegeben:
"Es wurde zu verschiedensten Tages- und Nachtzeiten versucht den AW zu erreichen. Die verlief negativ. [...] Am heutigen Tage in den späten Abendstunden wurde noch einmal versucht den AW zu erreichen. Der Portier an genannter Einrichtung (Caritasheim) gab jedoch an, das[s] [sic!] der AW an genannter Adresse wohne, jedoch jetzt nicht anwesend sei. [...]".
Diesbezüglich konnte vom erkennenden Gericht ermittelt werden, dass der Portier bzw. Hausmeister Anwesenheitslisten führt und einträgt, wenn ein Unterkunftsnehmer abends nicht erscheint. Diese Liste konnte aber nicht mehr beschafft werden, da eine solche nur drei bis vier Tage lang aufbewahrt wird. In Zusammenschau gibt es somit keinen Anhaltspunkt, wann und ob sich der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum überhaupt in der Unterkunft aufgehalten hat.
Da der Bescheid mit 20.04.2018 datiert ist und der Zustellversuch und die Hinterlegung am nächsten Tag (21.04.2018) erfolgten und erst im Nachhinein mehrfach versucht wurde, den Beschwerdeführer anzutreffen, hat sich der Zusteller auch nicht vergewissert, dass der Adressat (der Beschwerdeführer) sich tatsächlich an der Abgabestelle aufhält. Daher konnte nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer dort jedenfalls Kenntnis von der Verständigung über die Hinterlegung erlangt hat.
Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde aus, dass er keinerlei Kenntnis von einem für ihn hinterlegten Schriftstück hatte und nur durch Mitbewohner erfahren habe, dass die Polizei nach ihm suchte. Aufgrund der fehlenden Anwesenheitsliste und der Unklarheit über das Zurücklassen der Verständigung über die Hinterlegung des Schriftstückes muss im Zweifel angenommen werden, dass der Beschwerdeführer keine Kenntnis davon erlangen konnte, das Zurücklassen der Verständigung der Hinterlegung nicht geeignet war und der Bescheid der belangten Behörde vom 20.04.2018 dem Beschwerdeführer nicht zugestellt und somit nicht erlassen wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
Der mit "Hinterlegung" betitelte § 17 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:
"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."
Im gegenständlichen Fall wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, dass er nicht einmal Kenntnis von der Hinterlegungsanzeige gehabt habe und der Bescheid somit nicht rechtmäßig zugestellt worden sei. Daher ist gegenständlich zu prüfen, ob die Zustellung des Bescheides rechtswirksam erfolgt ist.
Grundsätzlich ist ein Dokument an der von der Zustellbehörde ausgewählten Abgabestelle zuzustellen. Um ein Dokument zuzustellen, sucht der Zusteller die Abgabestelle auf und versucht in erster Linie, direkt an den bezeichneten Empfänger zuzustellen. Im Zuge eines Zustellversuches hat der Zusteller die Ermittlungspflicht, sich mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu überzeugen, ob der Empfänger anwesend ist. Hierfür kommen ein Läuten oder Klopfen an der Haustüre oder ein Befragen von Nachbarn in Frage.
Wenn vom Zusteller an der Abgabestelle niemand angetroffen wird, dem er ein zuzustellendes Dokument ausfolgen kann, so bleibt als (letzte) Möglichkeit nur mehr die Möglichkeit, eine Verständigung über die Hinterlegung des zuzustellenden Dokumentes an der Abgabestelle zurückzulassen. Bei der Verständigung handelt es sich um einen formal anspruchsvollen und unabdingbaren Akt, der bei der Zustellung durch Hinterlegung eine zwingende Voraussetzung ist.
Wenn gemäß § 17 Abs 1 Zustellgesetz das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselbe Gemeinde befindet, zu hinterlegen. § 17 Abs 2 Zustellgesetz ordnet an, dass der Empfänger schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen ist.
Insgesamt benötigt es daher zwei Voraussetzungen für die Zulässigkeit eine Zustellung durch Hinterlegung: Die Voraussetzungen, damit hinterlegt werden darf, sind zu einem die Abwesenheit des Empfängers bzw. eines geeigneten Ersatzempfängers an der Abgabestelle und zum anderen die begründete Annahme des Zustellers, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Abwesend ist ein Empfänger dann, wenn er an der Abgabestelle tatsächlich nicht anwesend ist oder aber wenn dem Zusteller die Anwesenheit des Empfängers trotz seiner Bemühungen nicht bekannt wird. Wenn einem Zusteller etwa trotz Läuten nicht geöffnet wird und dem Zusteller nicht erkennbar ist, dass sich dennoch jemand an der Abgabestelle befindet, so hat er berechtigt von einer Abwesenheit auszugehen. § 17 Abs 1 Zustellgesetz fordert nur, dass ein Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann. Gründe für eine derartige Unmöglichkeit nennt das Zustellgesetz ausdrücklich nicht, daher wird auch bei Klärung der Frage, ob ein Empfänger oder geeigneter Ersatzempfänger tatsächlich anwesend war, auf den subjektiven Eindruck des Zustellers abzustellen sein. Wenn ein Zusteller aus objektiven Gründen mit einiger Sicherheit Schlüsse zieht, so hat er berechtigten Grund zur Annahme im Sinne des Zustellgesetzes.
Die zweite Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Hinterlegung ist die begründete Annahme des Zustellers, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Beantwortung dieser Frage um die Klärung einer Voraussetzung für die Zulässigkeit der Zustellart geht; davon getrennt zu beurteilen ist aber die Rechtswirkung der Hinterlegung. Während für die Zulässigkeit der Hinterlegung der subjektive Eindruck des Zustellers entscheidend ist, ergibt sich die Rechtswirksamkeit der Zustellung aus objektiv feststellbaren Fakten. Die positive Beurteilung der Anwesenheit des Empfängers durch den Zusteller bewirkt nur die vorläufige Zulässigkeit der Hinterlegung.
Von einer regelmäßigen Rückkehr des Empfängers kann ein Zusteller dann ausgehen, wenn er bereits früher an dieser Abgabestelle zugestellt hat, ein Türschild vorhanden ist und allfällige anwesende Mitbewohner oder ein Hausbesorger diesbezügliche Auskünfte erteilen. Wesentlich ist, dass der Zusteller zwar anwesende Personen zu befragen hat, aber ein weitergehendes Nachforschen von ihm nicht verlangt werden kann. Ein Zusteller darf auf die Richtigkeit der ihm erteilten Auskünfte vertrauen und muss diese nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen.
Wenn ein Zusteller somit davon ausgeht, dass eine Zustellung durch Hinterlegung zulässig ist, so hat er eine weitere Voraussetzung zu beachten, um eine rechtswirksame Zustellung zu erreichen. Er muss eine taugliche Verständigungsanzeige an der Abgabestelle in geeigneter Weise zurücklassen.
Die Verständigungsanzeige muss gemäß § 17 Abs 2 Zustellgesetz den Ort der Hinterlegung bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist angeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinweisen. Die in Schriftform ergehende Verständigung ist unabdingbare Voraussetzung für eine Zustellung durch Hinterlegung. Wenn eine Verständigung unterbleibt oder fehlerhaft ist, so bleibt eine Hinterlegung ohne Wirkung. In diesem Sinne fehlerhaft ist eine Verständigung, wenn beispielsweise der Beginn der Abholfrist, der Hinterlegungsort oder der Hinweis auf die Rechtsfolge fehlen. Andererseits ist nur der gesetzlich normierte Mindestinhalt in der Verständigung erforderlich, so kommt es etwa nicht auf eine Unterschrift des Zustellers an.
Die Bestimmung, dass der Empfänger von einer Hinterlegung schriftlich zu verständigen ist, bedeutet, dass eine Hinterlegung ohne schriftliche Verständigung oder mit fehlerhafter Hinterlegung keine Rechtswirkungen entfaltet. Fehlen auf dem Rückschein wesentliche Angaben im Sinne des § 17 Abs 2 Zustellgesetz über die Hinterlegung der Verständigung, so liegt keine Beurkundung einer erfolgten Verständigung von der Hinterlegung vor. Das Fehlen eines Zustellnachweises der im § 24 Zustellgesetz iVm § 22 Abs 2 leg. cit. vorgesehenen Art hat zur Folge, dass die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen hat. Sie darf in einem solchen Fall daher nicht weiter davon ausgehen, dass eine Verständigung von der Hinterlegung erfolgt wäre.
Einer der wesentlichsten Akte bei einer Zustellung durch Hinterlegung ist die Zurücklassung der Verständigung. Gemäß § 17 Abs 2 Zustellgesetz ist die Verständigung in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen.
Die Judikatur zur Frage der tauglichen Zurücklassung ist zum Teil älter als das Zustellgesetz und durchwegs von einer formalen Strenge getragen. So entsprach es der strengen Judikatur des VwGH, dass etwa das Einwerfen einer Verständigung in eine Hausbrieffachanlage untauglich ist. Dem entsprechend ist auch ein Einwerfen in einen an der Abgabestelle befindlichen Briefkasten nur dann zulässig, wenn dieser ausschließlich einer Abgabestelle dient. Dem gegenüber ist die Judikatur des OGH etwas liberaler, denn hier die Abgabe in einen Briefkasten an der in der Zustellverfügung genannten Abgabestelle.
Grundsätzlich ist aber die erste Wahl für die Zurücklassung einer Verständigung ein Briefkasten oder Brieffach. Die Zurücklassung der Hinterlegungsanzeige ist noch keine Zustellung, sondern eine rechtserhebliche Tatsache. Die Zustellung einer Hinterlegungsanzeige hängt zwar von der Ordnungsmäßigkeit des Zustellvorgangs ab, aber nicht davon, dass sie dem Empfänger zur Kenntnis kommt. Gemäß § 17 Abs 4 Zustellgesetz ist die im Weg der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die in Abs 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Das Risiko der Beschädigung bzw. Entfernung einer ordnungsgemäß hinterlassenen Hinterlegungsanzeige trägt der Empfänger. Dasselbe gilt auch bei einer unterlassenen oder verspäteten Weitergabe der Hinterlegungsanzeige durch einen Heimleiter oder Pensionsinhaber. Allerdings bilden derartige Sachverhalte, sofern sie vom Empfänger belegt werden können, regelmäßig die Grundlage für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Im Sinne der obigen Ausführungen bedeutet dies für den gegenständlichen Fall:
Der Zusteller hat vor Hinterlegung zu prüfen, ob er berechtigterweise annehmen kann, dass sich der Adressat regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Wie und ob sich der Zusteller davon überzeugt hat, geht aus dem Bericht vom 03.05.2018 nicht hervor. Der Beschwerdeführer war jedenfalls am Tag des Zustellversuches nicht anwesend bzw. konnte nicht angetroffen werden. Grund zur Annahme, dass er sich hier regelmäßig aufhält, ergibt die Auskunft aus dem Zentralen Melderegister, wonach er bereits seit 26.09.2016 dort wohnsitzlich gemeldet ist. Erst nachdem in den darauffolgenden Tagen kein Antreffen des Beschwerdeführers an der Adresse möglich war und der Portier Auskunft darüber gab, dass der Beschwerdeführer hier zwar wohne, derzeit aber nicht anwesend sei und dabei keinerlei genauen Datumsangaben oder Zeiträume dokumentiert sind, musste angenommen werden, dass sich der Beschwerdeführer dort also nicht regelmäßig aufhält.
Zudem hat der Zusteller eine taugliche Verständigungsanzeige mit allen gesetzlich erforderlichen Angaben erstellt; allerdings wurde diese Verständigung nicht in geeigneter Weise an der Abgabestelle zurückgelassen bzw. konnte ein Zurücklassen aufgrund von abweichenden Angaben nicht festgestellt werden. Einerseits wurde angekreuzt, dass die Verständigung über die Hinterlegung ins Hausbrieffach eingelegt wurde, nach Rücksprache mit der belangten Behörde wurde vom Zusteller angegeben, dass Verständigungen über hinterlegte Schriftstücke beim Hausmeister hinterlassen werden. Die Angaben des Zustellers sind derart divergierend und im gegenständlichen Fall auch nicht konkretisiert, sodass über das tatsächliche Zurücklassen der Verständigungsanzeige keine nachvollziehbare und schlüssige Art und Weise dargelegt werden konnte.
Da die Zustellung einer Hinterlegungsanzeige von der Ordnungsmäßigkeit des Zustellvorgangs abhängt und diese schon nicht gegeben ist, kann eine weitere Prüfung über die Kenntniserlangung in diesem Fall unterbleiben.
Es wurde somit schon die Verständigungsanzeige über die Hinterlegung des Schriftstückes nicht ordnungsgemäß durchgeführt und daher ist in weiterer Folge keine gültige Zustellung zustande gekommen. Ein Bescheid gilt erst als erlassen, wenn er zumindest einem Adressaten gegenüber zugestellt wurde. Im gegenständlichen Fall wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 20.04.2018, Zl. XXXX, nicht erlassen.
Gemäß § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53/1991 idgF, wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird (Abs 1).
Abs 2 leg. cit. gibt vor, dass die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen hat. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.
Basierend darauf hat die belangte Behörde den Vollstreckungsbescheid vom 07.05.2018, Zl. XXXX, erlassen und die im Titelbescheid vom 20.04.2018 angedrohte Haftstrafe verhängt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seiner auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen sei, da er den Titelbescheid schon nicht behoben habe und in weiterer Folge auch nicht zum anberaumten Termin erschienen sei.
Gegen den Bescheid vom 07.05.2018 wurde zulässig und berechtigt Beschwerde erhoben und ist dieser aus folgenden Gründen stattzugeben:
Da der Titelbescheid vom 20.04.2018 wie oben ausführlich dargelegt dem Beschwerdeführer nicht zugestellt wurde und somit nicht erlassen wurde, ist dieser auch nicht in Rechtskraft erwachsen und kann nicht die Grundlage für den gegenständlichen angefochtenen Bescheid bilden. Dieser hätte somit nicht erlassen werden dürfen und war daher aus dem Rechtsbestand zu entfernen. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Das erkennende Gericht hat umfangreiche Ermittlungen angestellt, um den Zustellvorgang nachvollziehen zu können. Da keine zweckdienlichen Beweismittel mehr vorhanden sind und auch nach mehrmaligem Schriftverkehr keine weiteren brauchbaren Tatsachen erörtert werden konnten, kann davon ausgegangen werden, dass auch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht zur weiteren Klärung des Sachverhaltes beitragen wird. Alle Ermittlungsergebnisse und die Aktenlage wurde bereits schriftlich mit den Verfahrensparteien abgeklärt und erwies sich die Beschaffung der bisherigen Beweismittel als schwierig und nicht weiter zielführend. Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abgabestelle, Aufenthaltsort, Behebung der Entscheidung, ersatzloseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2195026.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.06.2018