Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Werner S***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 28. November 2017, GZ 12 Hv 7/17h-74, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch I, demzufolge auch im Strafausspruch nach dem FinStrG, sowie im Strafausspruch nach dem StGB aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen und die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner S***** „des“ Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG (I) und des Vergehens des vorsätzlichen umweltgefährdenden Behandelns und Verbringens von Abfällen nach § 181b Abs 1 Z 3 und 4 StGB idF BGBl I 2006/56 (II) schuldig erkannt.
Danach hat er als Geschäftsführer der D*****
(I) im Bereich des Zollamts Eisenstadt Flughafen Wien vorsätzlich (US 11) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten, nämlich durch Unterlassen der Anmeldung, Selbstberechnung und Entrichtung des Altlastenbeitrags „für den Zeitraum vom dritten Quartal 2009 bis zum zweiten Quartal 2012 eine Abgabenverkürzung in der Höhe von 1.050.317,65 €“ bewirkt, „wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen und er bereits zwei solche Taten begangen hat (strafbestimmender Wertbetrag in der Höhe von 3.150.952,95 €)“;
(II) vom 13. August 2009 bis zum 26. Mai 2011 in S***** entgegen der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Qualitätsanforderungen an Komposte aus Abfällen (Kompostverordnung) und der gewerberechtlichen Genehmigung zum Betrieb und der Baubewilligung zur Errichtung der Kompostierungsanlage in *****, beide ausgestellt durch die Bezirkshauptmannschaft ***** am 30. Juli 2009 zu AZ ***** und *****, auf dem Grundstück in *****, Abfälle, und zwar kommunalen Klärschlamm, sowie Grün-, Strauch- und Baumschnitt angenommen, gesammelt und so gelagert, dass die Gefahr der Versickerung stark organisch und mit Nährstoffen belasteter Sickerwässer in den Untergrund bestand und eine lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers oder des Bodens sowie ein Beseitigungsaufwand in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag entstehen konnte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die vom Angeklagten aus Z 4, 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde.
Soweit sie sich gegen den Schuldspruch I richtet, kommt ihr Berechtigung zu:
Gewerbsmäßigkeit verlangte früher die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung der in Rede stehenden strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Gemäß § 38 Abs 2 FinStrG idF BGBl I 2015/163 muss aber nunmehr die Absicht des Täters darauf gerichtet sein, sich durch die wiederkehrende Begehung des in Rede stehenden Finanzvergehens einen nicht bloß geringfügigen fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen. Einen solchen kann sich nur das Steuersubjekt verschaffen. Durch die Absicht, (bloß) einem Dritten – also beispielsweise dem vom Täter vertretenen Unternehmen – den vom Gesetz verlangten Vorteil zu verschaffen, wird der Qualifikationstatbestand des § 38 FinStrG idF BGBl I 2015/163 nicht erfüllt (RIS-Justiz RS0131593).
Davon ausgehend zeigt die Subsumtionsrüge (Z 10) zutreffend auf, dass die Entscheidung hinsichtlich der von § 38 Abs 2 FinStrG idF BGBl I 2015/163 verlangten Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung des in Rede stehenden Finanzvergehens (Verkürzung von Abgaben durch Nichterrichtung des Altlastenbeitrags) einen (nicht bloß geringfügigen) fortlaufenden abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen, der unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion unerlässliche Sachverhaltsbezug fehlt. Ein – als Bezugspunkt von gewerbsmäßiger Begehungsweise (§ 38
FinStrG) infrage kommender – Sachverhalt, der den Angeklagten (selbst) zum Abgabenschuldner hätte werden lassen, wurde nämlich nicht konstatiert. Wann die beitragspflichtigen Tätigkeiten im Jahr 2012 endeten, ist dem Ersturteil im Übrigen auch nicht zweifelsfrei zu entnehmen (vgl US 9 und 11).
Aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers war von der (zudem eine Orientierung am finanzstrafrechtlichen Tatbegriff vermissen lassende) Schuldspruch I und der diesbezügliche Strafausspruch – wie aus dem Spruch ersichtlich – schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO).
Hierauf war der Beschwerdeführer mit seinem weiteren gegen den Schuldspruch nach dem FinStrG gerichteten Vorbringen zu verweisen.
Hinzugefügt sei, dass Begründungsmängel in Betreff des Verkürzungsbetrags (§ 33 Abs 5 FinStrG) unter dem Aspekt der Z 5 nur dann beachtlich sind, wenn sich der strafbestimmende Wertbetrag (US 11) bei einer der Taten auf Null reduziert hätte oder die gerichtliche Zuständigkeit (§ 53 FinStrG) sonst nicht erreicht worden wäre (RIS-Justiz RS0124509). Mit Blick auf den zu leistenden Altlastenbeitrag von 87 Euro pro angefangener Tonne (§ 6 Abs 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz) betrifft der behauptete Widerspruch der Feststellungen dazu, ob das Gesamtgewicht des entgegengenommenen Klärschlamms 8.856 Tonnen (US 17) oder mehr (vgl dazu die Auflistung auf US 11) betrug, keine entscheidende Tatsache. Im Fall einer neuerlichen Verurteilung werden aber zur Vermeidung allfälliger Nichtigkeit nach Z 11 diesbezüglich unmissverständliche Konstatierungen zu treffen sein.
Soweit sich die Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch II wendet, geht sie fehl:
Der Verfahrensrüge (Z 4, nominell verfehlt auch Z 5) zuwider verfiel der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens „aus der Umweltchemie, Naturschutz, Umweltschutz oder Wasser und Abwasserschutz unter dem Bereich Bedachtnahme auf Reinhaltung des Bodens und/oder des Wassers zum Beweis dafür, dass die Ablagerung von Kompost in den Räumlichkeiten des Angeklagten unter Dach, aber auch auf seinen Flächen im Freien keine im Sinne des § 181b Abs 1 Z 3 StGB lange Zeit andauernde Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft verursacht hat bzw keine Beseitigung des Materials notwendig ist, um eine Umweltgefährdung zu vermeiden, wobei das Gutachten auch die Frage behandeln möge, ob und wenn überhaupt ein Abtransport des Materials nötig wäre, der dadurch nötige Aufwand dafür über Euro 50.000 betragen würde“ (ON 73 S 27 iVm ON 70), zu Recht der Abweisung.
Da die von § 181b Abs 1 StGB unter Strafe gestellten Verhaltensweisen keinen Erfolgseintritt voraussetzen (13 Os 32/13z; Manhart SbgK § 181b Rz 4, Kienapfel/Schmoller StudB BT III2 §§ 181a–183; Schwaighofer, PK-StGB § 181b Rz 1), hätte es einer Darlegung bedurft, inwieweit der angesprochene – für sich genommen keine entscheidende Tatsache betreffende – Umstand die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage hätte beeinflussen können.
Weshalb ein Sachverständiger zum Schluss kommen sollte, dass es durch die Handlungsweisen des Angeklagten (ex ante betrachtet) zu keiner Gefahr einer Verschlechterung des Zustands eines Gewässers, des Bodens oder der Luft kommen konnte, obwohl der Amtssachverständige G***** bei einer am 29. Oktober 2009 und am 18. November 2010 vorgenommenen Prüfung zum gegenteiligen Ergebnis kam (vgl dazu US 5 f und 14), legte der Beweisantrag ebensowenig dar.
Die beantragte Klärung, „ob der für den Abtransport nötige Aufwand über 50.000 Euro betragen würde“, zielte schon nach der Formulierung auf eine im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS-Justiz RS0099353 [insbesondere T3], RS0118123).
Ob für die Beurteilung der Höhe des Beseitigungsaufwands ein besonderes Fachwissen erforderlich ist, muss im Übrigen stets anhand der Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) beurteilt werden. Hier konnten sich die Tatrichter auf die Kostenangaben im Insolvenzverfahren (ON 69, S 53) und jene der Amtssachverständigen DI L***** stützen, die sich für die Entsorgung des Abfalls von Unternehmen Angebote legen ließ (ON 73 S 9 f; US 17).
Auf das den Beweisantrag unzulässig ergänzende (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117) Vorbringen der Verfahrensrüge ist nicht einzugehen.
Ob der Angeklagte ungefähr 8.856 (US 17) oder (laut Aufstellung auf US 11) 10.192,56 Tonnen Klärschlamm entgegennahm, ist für die Lösung der Schuld- und der Subsumtionsfrage irrelevant und daher einer Anfechtung aus Z 5 entzogen.
Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 18) begegnet deren
Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 7) unter dem Aspekt der
Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671). Indem die Beschwerde den von ihr als „absurd“ bezeichneten Sachverhaltsannahmen der Tatrichter eigene Auffassungen und Erwägungen gegenüberstellt, erschöpft sie sich in einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung der Tatrichter.
Die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers wurde von den Tatrichtern als widerlegt erachtet (US 12). Mit dem darauf bezogenen Vorbringen wird vom Beschwerdeführer weder der geltend gemachte (nominell Z 9 lit a) noch ein anderer Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt bezeichnet.
Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte ab 13. August 2009 Abfälle, und zwar Klärschlamm und Grünschnitt, entgegen, vermengte diese und lagerte diese am Betriebsgelände entgegen behördlichen Aufträgen vorsätzlich so ab, dass bis 26. Mai 2011 eine Gefährdung des Grundwassers und ein Beseitigungsaufwand von über 50.000 Euro nicht ausgeschlossen werden konnten (US 4 bis 10). Dieses Verhalten zog ein Tätigwerden der Verwaltungsbehörden am 29. Oktober 2009, 29. Juni 2010, 12. Oktober 2010, 18. November 2010, 1. Februar 2011 und 26. Mai 2011 nach sich (US 5 bis 7). Nicht festgestellt werden konnte, dass nach dem 26. Mai 2011 eine Verschlechterung des Zustands eines Gewässers bzw des Bodens durch das auf dem Betriebsgelände des Angeklagten gelagerte Material eintreten konnte, weil sich die Rotte („der Kompost“) ab diesem Zeitpunkt bereits stabilisiert hatte und dadurch keine (oder nur mehr sehr schwach) belasteten Sickerwässer in den Boden eindrangen (US 8).
Unter Bezugnahme auf die Feststellungen zum Nichtvorliegen einer abstrakten Gefahr ab 26. Mai 2011 und die Aussage des Zeugen DI Sa*****, wonach der Angeklagte nach der Vor-Ort-Überprüfung am 26. Mai 2011 diverse Maßnahmen ergriffen bzw die Auflagen erfüllt habe (vgl dazu auch US 14), behauptet die Rüge (Z 9 lit b, nominell verfehlt auch Z 9 lit a) Straflosigkeit zufolge tätiger Reue (§ 183b Abs 1 StGB) und bringt dazu vor, dass die von der Bezirkshauptmannschaft ***** erstattete Sachverhaltsmitteilung erst am 4. Oktober 2011 bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt einlangt sei.
Weshalb der Umstand der Beendigung der Gefährdung durch natürliche Verrottungsprozesse oder das erst nach wiederholter Feststellung vorschriftswidrigen Verhaltens erfolgte Umsetzen von verwaltungsbehördlichen Aufträgen zur Aufhebung der Strafbarkeit gemäß § 183b Abs 1 StGB führen sollte, leitet die Rüge nicht aus dem Gesetz ab.
Hinzugefügt sei, dass der Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue nach § 183b Abs 1 StGB vom Täter die Beseitigung der von ihm herbeigeführten Gefahren, Verunreinigungen oder sonstigen Beeinträchtigungen verlangt. Das Fortsetzen umweltgefährdenden Verhaltens und Ignorieren behördlicher Anordnungen (vgl dazu US 6, 7, 9) bis zur Beendigung der Gefahr durch natürliche Verrottungsprozesse genügt daher zur Erlangung der Straffreiheit nicht (vgl dazu Manhart SbgK § 183b Rz 7 f, Kienapfel/Schmoller, StudB BT III2 Vorbem § 180 Rz 81). An der von § 183b Abs 1 StGB zusätzlich geforderten Freiwilligkeit fehlt es, wenn die Maßnahmen verwaltungsbehördlich aufgetragen werden (Manhart SbgK § 183b Rz 11, Hinterhofer/Rosbaud, BT II6 § 183b Rz 4 Bertel/Schwaighofer, BT II12 § 183b Rz 2; Schwaighofer, PK-StGB § 183b Rz 4; Reindl-Krauskopf/Salimi, Umweltstrafrecht § 183b Rz 263).
Mit dem Einwand, „als Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 10 wird aus Gründen anwaltlicher Vorsicht, auch unter Bezugnahme auf § 281 Abs 9 lit b aufgegriffen, dass der Angeklagte wegen § 33 FinStrG, so in einem Vorsatzdelikt, verurteilt wurde“, wird kein Nichtigkeitsgrund prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht. Soweit auf das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit b) verwiesen wird, verkennt die Beschwerde, dass die Nichtigkeitsgründe wesensmäßig verschieden sind und daher getrennt ausgeführt werden müssen (RIS-Justiz RS0115902). Die Behauptung (Z 10), eine Verurteilung wegen eines Finanzvergehens stünde einem Schuldspruch nach dem Strafgesetzbuch entgegen (vgl dazu § 22 FinStrG), entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116569).
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810).
Daran orientiert sich die Rechtsrüge (nominell nur Z 9 lit a) nicht, wenn sie die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 10) bestreitet, substanzlosen Gebrauch der „verba legalia“ einwendet, den im Urteil hergestellten Sachverhaltsbezug (US 10) aber übergeht, oder ohne Bezugnahme auf ein Verfahrensergebnis der Hauptverhandlung in Missachtung der Konstatierungen zum Wissen und Wollen unter Hinweis auf die Kompliziertheit der Vorschriften schlicht behauptet, der Beschwerdeführer wäre einem
Tatbild- oder einem Rechtsirrtum unterlegen.
Der Vorwurf eines Rechtsfehlers, weil der Beschwerdeführer nicht freigesprochen worden sei, obwohl im gesamten Verfahren nie von einer Schädigung, sondern immer nur von einer Gefährdung die Rede gewesen sei, entfernt sich vom Wortlaut des § 181b Abs 1 StGB.
Hinzugefügt sei, dass § 181b Abs 1 StGB bestimmte Formen des Umgangs mit Abfall im Vorfeld einer Verunreinigung oder Beeinträchtigung der Umwelt unter Strafe stellt. Im Unterschied zu §§ 180, 181 StGB muss noch keine Beeinträchtigung von Gewässer, Boden oder Luft eingetreten sein (Kienapfel/Schmoller, StudB BT III2 §§ 181a-183; Schwaighofer, PK-StGB § 181b Rz 1). Die bloße Gefahr, dass durch den verwaltungsrechtswidrigen Umgang mit Abfällen bestimmte Schäden für Menschen, Tiere oder Pflanzen (Schwaighofer, PK-StGB § 181b Rz 1) oder ein 50.000 Euro übersteigender Beseitigungsaufwand entstehen können genügt (13 Os 32/13z).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungen zum zeitlichen Element des § 181b Abs 1 Z 3 StGB vermisst, gleichzeitig aber die Konstatierungen übergeht, wonach die Gefährdungshandlungen am 13. August 2009 begannen (US 10) und am 26. Mai 2011 endeten, weil sich die Rotte ab diesem Zeitpunkt stabilisiert hatte (US 8), verfehlt sie erneut die prozessförmige Darstellung (RIS-Justiz RS0099810). Hinzugefügt sei, dass der konstatierte Zeitraum von weit mehr als einem Jahr dem Tatbestandserfordernis genügt (vgl dazu Kienapfel/Schmoller, StudB BT III2 §§ 180–181 Rz 27; Hinterhofer/Rosbaud, BT II5 §§ 180, 181 Rz 9; Manhart SbgK § 180 Rz 35 f; Aicher-Hadler in WK2 StGB § 180 Rz 19 ff).
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO, ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld, zurückzuweisen.
Mit seiner den Strafausspruch nach dem FinStrG betreffenden Berufung war der Beschwerdeführer auf die Aufhebung jenes Sanktionsausspruchs zu verweisen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO), dass dem Erstgericht bei der Strafbemessung ein weiterer, nicht geltend gemachter Rechtsfehler unterlaufen ist, der darin besteht, dass das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen – entgegen § 22 Abs 1 FinStrG – bei beiden Strafaussprüchen als erschwerend gewertet wurde (US 23). Die Anordnung der separaten Sanktionierung von Finanzvergehen und anderen strafbaren Handlungen (§ 22 Abs 1 FinStrG) ist auch in Bezug auf die Strafbemessung zu beachten (RIS-Justiz RS0086070 und RS0086221). Da die darin begründete materielle Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) dem Angeklagten zum Nachteil gereicht, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, auch den Strafausspruch nach dem StGB aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Im zweiten Rechtsgang wird Folgendes zu beachten sein:
Der
strafbestimmende Wertbetrag richtet sich – soweit hier von Bedeutung – nach dem Ausmaß der Abgabenverkürzung (vgl dazu Lässig in WK2 FinStrG § 53 Rz 2). Davon zu unterscheiden ist die Sanktionsmöglichkeit nach § 33 Abs 5 oder § 38 Abs 1 FinStrG (demzuwider US 1 f und US 23).
Nach § 7 Abs 1 Altlastensanierungsgesetz entsteht die Beitragsschuld mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde. Gemäß § 9 Abs 2 Altlastensanierungsgesetz hat der Beitragschuldner spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr (Anmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung bei dem für die Einhebung zuständigen Zollamt einzureichen, in der er den für den Anmeldungszeitraum zu entrichtenden Beitrag selbst zu berechnen hat. Sachverhaltsmäßig wird hinsichtlich jedes solchen Zeitraums unabhängig von der Höhe der Hinterziehungsbeträge eine selbstständige Tat und damit ein Finanzvergehen verwirklicht. Die Zusammenfassung von im „dritten Quartal 2009 bis zum zweiten Quartal 2012“ (vgl dazu US 11) begangenen Taten zu einem Finanzvergehen, entspricht daher nicht dem Gesetz.
Textnummer
E121589European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00029.18S.0509.000Im RIS seit
07.06.2018Zuletzt aktualisiert am
17.01.2019