TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/22 VGW-002/032/1447/2017, VGW-002/032/1450/2017, VGW-002/032/1452/2017, VG

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Veröffentlicht am 22.09.2017
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Entscheidungsdatum

22.09.2017

Index

L70300 Buchmacher Totalisateur Wetten
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs1
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs3
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §2 Abs4
VStG §31 Abs1
VStG §32 Abs2
VStG §45 Abs1 Z1
VStG §45 Abs1 Z3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer 1) über die Beschwerde des S. F. (VGW-002/032/1447/2017), vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36-KS 47/2016, betreffend Übertretung des § 2 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens – GTBW-G iVm § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz – VStG, 2) über die Beschwerde des S. F. (VGW-002/032/1450/2017), vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36-KS 48/2016, betreffend Übertretung des § 2 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 1 GTBW-G iVm § 9 Abs. 1 VStG, 3) über die Beschwerde des J. Ö. (VGW-002/032/1452/2017), vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36-KS 53/2016, betreffend Übertretung des § 2 Abs. 3 Z 2 GTBW-G iVm § 9 Abs. 1 VStG und 4) über die Beschwerde des J. Ö. (VGW-002/032/1453/2017), vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36-KS 54/2016, betreffend Übertretung des § 2 Abs. 3 Z 2 GTBW-G iVm § 9 Abs. 1 VStG nach mündlicher Verhandlung am 19. September 2017 den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG werden die zu den Zlen. VGW-002/032/1447/2017 und VGW-002/032/1450/2017 protokollierten Beschwerdeverfahren insoweit eingestellt, als sie sich auf die Spruchpunkte "II.) Folgende Gegenstände und Bargeldbeträge werden für verfallen erklärt:" der angefochtenen Straferkenntnisse zu den Zlen. MA 36-KS 47/2016 und MA 36-KS 48/2016 beziehen.

sowie

IM NAMEN DER REPUBLIK

zu Recht e r k a n n t:

II. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG wird in Erledigung der zur Zl. VGW-002/032/1447/2017 protokollierten Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis zur Zl. MA 36-KS 47/2016 mit Ausnahme des Spruchpunkts "II.) Folgende Gegenstände und Bargeldbeträge werden für verfallen erklärt:" behoben und das gegen S. F. geführte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

III. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG wird in Erledigung der zur Zl. VGW-002/032/1450/2017 protokollierten Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis zur Zl. MA 36-KS 48/2016 mit Ausnahme des Spruchpunkts "II.) Folgende Gegenstände und Bargeldbeträge werden für verfallen erklärt:" behoben und das gegen S. F. geführte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

IV. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG wird in Erledigung der zur Zl. VGW-002/032/1452/2017 protokollierten Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis zur Zl. MA 36-KS 53/2016 zur Gänze behoben und das gegen J. Ö. geführte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

V. Gemäß § 50 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG wird in Erledigung der zur Zl. VGW-002/032/1453/2017 protokollierten Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis zur Zl. MA 36-KS 54/2016 zur Gänze behoben und das gegen J. Ö. geführte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

VI. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang

1.        Das an S. F. gerichtete angefochtene Straferkenntnis vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36 – KS 47/2016, hat – soweit hier relevant – folgenden Spruch:

"Sie haben als im Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. gmbH (FN ...) und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung zur Vertretung nach außen Berufener dieser Gesellschaft zu verantworten, dass diese am 14.07.2015 und am 16.07.2015 um 11:30 Uhr in Wien, T.-straße (Wettlokal ...'), die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten sowie von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele (z.B. Einzelwette betr. Fußballspiel Partizan Belgrad:FC Dila Sori; Gesamteinsatz: EUR 5 ,-; mögl. Auszahlungsbetrag: EUR 87,50; Gesamtquote: 17,50), an die Buchmacherin L. gmbH (FN ...) mit 12 betriebsbereiten Wettterminals jeweils mit den Bezeichnungen A - P u. E und mit einem betriebsbereiten Wettannahmeschalter ausgeübt hat (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 36 in Wien, T.-straße, Wettlokal ...', am 14.07.2015 und am 16.07.2015, um 11:30 Uhr), obwohl die B. gmbH (FN ...) die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht erwirkt hatte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl 1919/388, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG.

I.) Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 6.300,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen.

Strafbestimmung:

§ 2 Absatz 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) idgF zu zahlen:

€ 630,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Gesamtsumme: € 6930,00

Die B. gmbH (FN ...) haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG idgF für die über Herrn S. F. verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.

[…]"

2.       Das an S. F. gerichtete angefochtene Straferkenntnis vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36 – KS 48/2016, hat – soweit hier relevant – folgenden Spruch:

"Sie haben als im Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. gmbH (FN ...) und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung zur Vertretung nach außen Berufener dieser Gesellschaft zu verantworten, dass diese am 09.07.2015 und am 16.07.2015 um 12:45 Uhr in Wien, O.-straße (Wettlokal '...'), die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten sowie von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele (z.B. Einzelwette betr. Fußballspiel Juventus Turin:Lazio Rom; Einsatz: EUR 1,--; Max. Gewinn: EUR 2,--; Quote: 2), an die Buchmacherin L. gmbH (FN ...) mit 14 betriebsbereiten Wettterminals (mit den Bezeichnungen M., Ma. sowie ohne Bezeichnungen) ausgeübt hat (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 36 in Wien, O.-straße, Wettlokal '...', am 09.07.2015 und am 16.07.2015, um 12:45 Uhr), obwohl die B. gmbH (FN ...) die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht erwirkt hatte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl 1919/388, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG.

I.) Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 6.300,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen.

Strafbestimmung:

§ 2 Absatz 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) idgF zu zahlen:

€ 630,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Gesamtsumme: € 6930,00

Die B. gmbH (FN ...) haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG idgF für die über Herrn S. F. verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.

[…]"

3.       Das an J. Ö. gerichtete angefochtene Straferkenntnis vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36 – KS 53/2016, hat – soweit hier relevant – folgenden Spruch:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Buchmacherin L. GmbH (FN ...) und somit als gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991 in der geltenden Fassung, zur Vertretung nach außen Berufener dieser Gesellschaft zu verantworten, dass die Vermittlerin B. gmbH (FNr ...) am 16.7.2015 um 17:20 Uhr in Wien, T.-straße, Wettbüro, an die Buchmacherin L. GmbH (FN ...) Wetten, Wettkundinnen und Wettkunden für Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele (z. B. Einzelwette betr. Fußballspiel Partizan Belgrad:FC Dila Sori bzw. Kombiwetten anderer Spiele; Gesamteinsatz: EUR 5,--; mögl. Auszahlungsbetrag: EUR 87,50; Gesamtquote: 17,50), gewerbsmäßig vermittelt hat, obwohl die Vermittlerin B. gmbH (FNr ...) über die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht verfügt hat (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 36 in Wien, T.-straße, Wettbüro, am 16.7.2015, um 17:20 Uhr). Die Buchmacherin - L. GmbH - hat somit an der unbefugten, gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten, Wettkundinnen und Wettkunden der Vermittlerin (B. gmbH) mitgewirkt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 2 Abs. 3 Z 2 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 9 Abs 1 VStG 1991

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 2.000,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen und 19 Stunden

gem. § 2 Abs. 3 Z 2 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG 1991.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 200,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 2.200,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gesamtsumme: € 2.200.00

gem. § 2 Abs. 3 Z 2 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG 1991.

Die L. GmbH (FN ...) haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über Herrn J. Ö., verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand.

[…]"

4.       Das an J. Ö. gerichtete angefochtene Straferkenntnis vom 5. Dezember 2016, Zl. MA 36 – KS 54/2016, hat – soweit hier relevant – folgenden Spruch:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der L. gmbH mit dem Sitz in W., H.-straße (FNr. ...) und somit als gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991 in der geltenden Fassung, zur Vertretung nach außen Berufener dieser Gesellschaft zu verantworten, dass die B. gmbH mit dem Sitz in We., R.-straße, an die L. gmbH Wetten, Wettkundinnen und Wettkunden für Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, wie z.B. Fußballspiele (z.B. Kombiwette betr. Fußballspiel: KR Reykjavik: Fylkir Reykjavi und andere Spiele, Gesamteinsatz: EUR 5 ,-; möglicher Auszahlungsbetrag: EUR 38,05; Gesamtquote: 7,61), gewerbsmäßig mittels 14 Terminals vermittelt hat, obwohl die B. gmbH über die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht verfügt hat (Überprüfung durch Organwalter des Magistrates der Stadt Wien - Magistratsabteilung 36 in Wien, O.-straße, am 16.07.2015, um 12:45 Uhr). Die L. gmbH hat somit an der unbefugten, gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten, Wettkundinnen und Wettkunden der B. gmbH mitgewirkt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 1 Abs 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 idgF in der Fassunq LGBl Nr. 26/2015

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 16.800,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Monat, 2 Tagen

§ 2 Abs 3 Z 2 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens StGBl 1919/388 idgF in Zusammenhalt mit § 9 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 - VStG idgF

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 1.680,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 18.480,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gesamtsumme: € 18.480,00

Die L. gmbH haftet gemäß § 9 Abs 7 VStG für die über Herr J. Ö., verhängte Geldstrafe zur ungeteilten Hand."

5.       Gegen diese Straferkenntnisse richten sich die – zulässigen – Beschwerden des S. F. und des J. Ö., mit welchen die angefochtenen Straferkenntnisse jeweils zur Gänze bekämpft wurden.

6.       Das Verwaltungsgericht Wien führte am 19. September 2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher eine Vertreterin der Beschwerdeführer und J. Ö. persönlich sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien schränkte der Beschwerdeführer S. F. durch seine Vertreterin seine Beschwerden dahingehend ein, dass Spruchpunkt II.) der von ihm angefochtenen Straferkenntnisse nicht mehr bekämpft werde.

II.      Sachverhalt

1.       Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Am 16. Juli 2015 ab 12:45 Uhr fand im Lokal "..." in Wien, O.-straße, eine Kontrolle der belangten Behörde nach dem GTBW-G statt, bei welcher mehrere Wettterminals betriebsbereit vorgefunden wurden. Schon am 9. Juli 2015 fand in dem Lokal eine Überprüfung der belangten Behörde statt, bei der sich der Verdacht einer Übertretung des GTBW-G ergab. Im Zuge der Kontrolle am 16. Juli 2015 wurden insgesamt 14 im Lokal vorgefundene Geräte vorläufig beschlagnahmt.

Am 16. Juli 2017 ab 11:30 Uhr fand im Lokal "..." in Wien, T.-straße, eine Kontrolle der belangten Behörde nach dem GTBW-G statt, bei welcher mehrere Wettterminals und ein Wettannahmeschalter betriebsbereit vorgefunden wurden. Schon am 14. Juli 2015 fand in dem Lokal eine Überprüfung der belangten Behörde statt, bei der sich der Verdacht einer Übertretung des GTBW-G ergab. Im Zuge der Kontrolle am 16. Juli 2015 wurden insgesamt 13 im Lokal vorgefundene Geräte vorläufig beschlagnahmt.

G. K. war zu den Tatzeitpunkten Inhaber und Betreiber der verfahrensgegenständlichen Wettlokale "..." in der O.-straße und der T.-straße sowie Eigentümer der dort vorgefundenen und beschlagnahmten Geräte.

Hinsichtlich dieser Geräte wurde in weiterer Folge bescheidmäßig die Beschlagnahme ausgesprochen; die Beschlagnahmebescheide wurden mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. Februar 2016, Zl. VGW-002/032/13320/2015 ua., bestätigt.

Mit den verfahrensgegenständlichen Geräten konnten über eine Internetverbindung mittels entsprechender Software Wettangebote der T. Limited (ab hier: T.) in Zusammenhang mit sportlichen Ereignissen aufgerufen werden. Diese Software wurde von der T. bereitgestellt und über die Internetverbindung direkt auf den Geräten installiert und aktuell gehalten. Wettkunden konnten in die Geräte Bargeld einführen und auf dem Bildschirm ein Wettanbot mit Wetteinsatz auswählen. In der Folge wurde diese Auswahl über die Internetverbindung an die T. übermittelt und binnen Sekunden von der T. angenommen oder abgelehnt. Diese Entscheidung wurde von der T. zurück an das Wettgerät gesendet und dem Wettkunden am Bildschirm angezeigt. Im Fall einer Annahme durch die T. wurde dem Wettkunden automatisiert vom Wettgerät ein Wettticket ausgedruckt. Diese Wetttickets waren mit "l.....com" betitelt und wiesen am Ende den Zusatz "Ihre Wette wurde an L. mit der Lizenz […] weitervermittelt und wird […] vergebührt. Die allgemeinen Wettbestimmungen wurden akzeptiert". Nach erfolgtem Wettabschluss wie eben dargestellt wurde die L. gmbH (ab hier: L. GmbH) automatisiert vom Wettabschluss informiert um die Vergebührung ans Finanzamt abzuführen. Ob zu den exakten Tatzeitpunkten Wettabschlüsse stattfanden, kann im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht festgestellt werden.

Zwischen der L. GmbH und der T. wurde im Jahr 2014 ein "Vermittlungsvertrag" geschlossen, in welchem die T. als "Wetthalter" sowie die L. GmbH als "Wettvermittler" bezeichnet werden und sich die T. – unter anderem – dazu verpflichtet, ein umfangreiches Wettangebot über ihre Software bereitzustellen und sich die L. GmbH – unter anderem – dazu verpflichtet, die "räumlichen, technischen und personellen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Ausübung" der "Vermittlertätigkeit" zu schaffen.

Zwischen der T. und der L. GmbH sowie G. K. war eine Gewinnaufteilung der Wetterlöse aus den verfahrensgegenständlichen Geräten nach folgendem Schlüssel vereinbart: G. K. 75%, L. GmbH 12,5%, T. 7,5%. Die Abrechnung erfolgte monatsbezogen jeweils im Nachhinein derart, dass die T. der L. GmbH ihren Anteil in Rechnung stellte, die L. GmbH stellte wiederum diesen Anteil der T. sowie ihren eigenen Anteil G. K., welcher die Wetterlöse bis dahin in bar innehatte, filialbezogen in Rechnung.

Über den eben dargestellten Ablauf hinaus war die L. GmbH am Zustandekommen der einzelnen Wettverträge in den verfahrensgegenständlichen Wettlokalen nicht beteiligt und erhielt auch erst jeweils im Nachhinein Kenntnis vom Wettabschluss.

Die B. gmbH (ab hier: B.) war zu den Tatzeitpunkten Inhaberin einer Gewerbeberechtigung mit der Gewerbebezeichnung "Vermittlung von Wettabschlüssen" an den verfahrensgegenständlichen Standorten. Sie übte diese Gewerbeberechtigung aber zu den Tatzeitpunkten nicht tatsächlich aus und spielte beim Zustandekommen der mit den gegenständlichen Wettgeräten abgeschlossenen Wettverträgen keine Rolle.

S. F. war zu den Tatzeitpunkten handelsrechtlicher Geschäftsführer der B., J. Ö. handelsrechtlicher Geschäftsführer der L. GmbH.

2.       Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens und der von den Beschwerdeführern im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen sowie durch Einvernahme des J. Ö. als Beschuldigter in der mündlichen Verhandlung.

Das Eigentum des G. K. an den verfahrensgegenständlichen Geräten steht zwischen den Verfahrensparteien außer Streit, für das Verwaltungsgericht Wien liegt auch kein Grund vor, an diesem Umstand zu zweifeln. Ebenso steht außer Zweifel, dass G. K. zu den Tatzeitpunkten Inhaber und Betreiber der verfahrensgegenständlichen Wettlokale "..." war.

Der festgestellte Sachverhalt zu den Vertragsbeziehungen zwischen der L. GmbH, der T. und G. K. ergibt sich im Wesentlichen aus den glaubhaften Angaben des Beschuldigten Ö. in der mündlichen Verhandlung sowie aus den von ihm vorgelegten unbedenklichen Unterlagen, aus welchen sich entsprechende schriftliche Vereinbarungen sowie konkrete Abrechnungen zwischen den Vertragsparteien ersehen lassen. Das Verwaltungsgericht Wien hat bei der Einvernahme des Beschuldigten nicht den Eindruck gewonnen, dass dieser falsche Angaben machte oder versuchte, gezielt einzelne Aspekte seines Geschäftsmodells zu verschweigen. Es hat sich vielmehr ein im gesamten stimmiges Bild über die Organisation des hier in Rede stehenden Wettbetriebs ergeben, das sowohl mit den im Verwaltungsakt enthaltenen – spärlichen – Ermittlungsergebnissen der belangten Behörde wie auch mit den weiteren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen in Einklang steht und den Ablauf des Wettbetriebs in den verfahrensgegenständlichen Lokalen schlüssig darstellt.

Ob genau zu den Tatzeitpunkten einzelne Wettverträge mittels der verfahrensgegenständlichen Geräte abgeschlossen wurden, lässt sich der Dokumentation der zu den Tatzeitpunkten von der belangten Behörde vorgenommenen Kontrollen im Verwaltungsakt nicht entnehmen. Insbesondere scheinen von den Kontrollorganen keine "Probewetten" vorgenommen worden zu sein, auch Wettabschlüsse durch im Lokal anwesende Spieler wurden nicht dokumentiert. Für eine Feststellung konkreter Wettabschlüsse zu den Tatzeitpunkten fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten.

Hinsichtlich einer möglichen Beteiligung der B. an den verfahrensgegenständlichen Wettabschlüssen liegt außer dem Innehaben einer Gewerbeberechtigung für die Standorte der Wettlokale keinerlei Anhaltspunkt einer wirtschaftlichen oder organisatorischen Tätigkeit der B. vor. Die belangte Behörde scheint sich hinsichtlich ihrer Annahme, dass es sich bei der B. um die Vermittlerin von Wettkundinnen und Wettkunden handle, auf den Umstand der aufrechten Gewerbeberechtigung gestützt zu haben. Das Verwaltungsgericht Wien kann aus diesem Umstand allein aber noch keinen Schluss dahingehend ziehen, dass die B. tatsächlich eine Rolle beim Zustandekommen der Wettabschlüsse gespielt haben soll. Insbesondere aus den übrigen Beweismitteln lässt sich ersehen, dass die B. für das Zustandekommen der Wettabschlüsse überhaupt nicht gebraucht wurde, weil die Software der Wettanbieterin T. direkt von dieser bereitgestellt wurde und die Wettverträge mittels Datenfluss zwischen den Geräten und der T. zustande kamen; die Abrechnung bzw. Vergebührung und Versteuerung erfolgte durch die L. GmbH. Auch am Betrieb der verfahrensgegenständlichen Wettlokale war die B. nicht beteiligt.

III.     Rechtliche Beurteilung

1.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die hier wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G), StGBl. 388/1919 in der Fassung der Novelle LGBl. 26/2015, lauten (auszugsweise):

"§ 1. (1) Die gewerbsmäßige Vermittlung und der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen ist nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig.

(2) Zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wetten der im ersten Absatz bezeichneten Art dürfen nur die im Anschluss an sportliche Veranstaltungen bestehenden besonderen Unternehmungen (Totalisateurinnen und Totalisateure) zugelassen werden. Diese müssen die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit besitzen.

(3) Die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz angeführten Wetten darf nur Personen erteilt werden, welche die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bieten. Personen, denen diese Bewilligung erteilt wurde, werden in diesem Gesetz als Buchmacherinnen und Buchmacher bezeichnet.

(3a) Die Bewilligung zur gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden darf nur Personen erteilt werden, welche die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bieten. Personen, denen diese Bewilligung erteilt wurde, werden in diesem Gesetz als Vermittlerin oder Vermittler von Wettkundinnen und Wettkunden bezeichnet.

[...]

Strafbestimmungen

§ 2. (1) Wer ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt oder vermittelt oder bei diesem Abschluss (dieser Vermittlung) mitwirkt, wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt, ferner wer die ihm erteilte Bewilligung der Landesregierung überschreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

(2) Weiters begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer in einem zur Ausübung seiner oder ihrer Erwerbstätigkeit bestimmten allgemein zugänglichen Betriebsraum (Gast- und Schankgewerbelokalität, Vergnügungsunternehmung usw.) die gewerbsmäßige Vermittlung oder den gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz bezeichneten Wetten oder die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend die im ersten Absatz bezeichneten Wetten erlaubt.

(3) Derselben Strafe unterliegt:

1. wer bei dem gewerbsmäßigen Abschluss oder der gewerbsmäßigen Vermittlung der im ersten Absatz angeführten Wetten mitwirkt;

2. wer bei der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der der im ersten Absatz angeführten Wetten mitwirkt;

3. wer in einem zur Ausübung seiner oder ihrer Erwerbstätigkeit bestimmten, allgemein zugänglichen Betriebsraum (Gast- und Schankgewerbelokalität, Vergnügungsunternehmungen usw.) die gewerbsmäßige Vermittlung oder den gewerbsmäßigen Abschluss der im ersten Absatz bezeichneten Wetten oder die Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden betreffend der im ersten Absatz angeführten Wetten duldet.

(4) Mit der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatze ist der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden.

(5) Zur Bestrafung ist die politische Bezirksbehörde und, wo sich eine staatliche Sicherheitsbehörde befindet, diese berufen. Die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren betreffend die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden obliegt dem Magistrat.

[...]"

2.       Zum Verfahrensgegenstand:

Die vorliegenden Beschwerden fechten die vier gegenständlichen Straferkenntnisse ihrem Wortlaut nach zur Gänze an. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien wurden die Beschwerden jedoch insoweit zurückgezogen, als sie sich jeweils gegen Spruchpunkt "II.)" der gegenüber S. F. ergangenen Straferkenntnisse richten. In diesen Spruchpunkten wurde der Verfall verschiedener, im Eigentum des G. K. stehender, Gegenstände ausgesprochen. Diesem wurden die angefochtenen Straferkenntnisse auch zugestellt und G. K. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als weitere Partei geführt.

Infolge der teilweisen Zurückziehung der Beschwerden war das Beschwerdeverfahren im Umfang der Zurückziehung gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG beschlussmäßig einzustellen. Die Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts Wien hat sich somit nur noch auf die verbleibenden Teile der gegenüber S. F. ergangenen Straferkenntnisse bzw. auf die gegenüber J. Ö. ergangenen Straferkenntnisse zu beziehen.

3.       Mit den angefochtenen Straferkenntnissen wird S. F. die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen durch die B. an die L. GmbH als Buchmacherin vorgeworfen. J. Ö. wird die Mitwirkung der L. GmbH an dieser Vermittlung vorgeworfen.

3.1.    Die aus diesen Tatvorwürfen resultierenden Bestrafungen der Beschuldigten erweisen sich aus verschiedenen Gründen als rechtswidrig:

3.1.1.  Zunächst bietet der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommene Sachverhalt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die B. zu den Tatzeitpunkten an den Tatorten die Tätigkeit der Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden ausgeübt hat. Sie war lediglich Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für die "Vermittlung von Wettabschlüssen" an diesen Standorten, ohne eine solche oder andere unter § 2 Abs. 1 GTBW-G subsummierende Tätigkeit tatsächlich auszuüben. Es liegt somit kein entsprechendes Sachsubstrat vor, um mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Gewissheit die Tatbegehung festzustellen; in einem solchen Fall ist das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen (vgl. die bei Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 45 Rz. 3 zitierte Judikatur).

Diese Einstellung hat sich nicht nur auf die gegen S. F. geführten Verwaltungsstrafverfahren zu erstrecken, sondern betrifft auch die gegen J. Ö. geführten Verwaltungsstrafverfahren, dem eine Mitwirkung – somit eine Beteiligung – an nicht feststellbaren Taten vorgeworfen wird. Liegt keine unmittelbare Tat vor (die im Straferkenntnis ausdrücklich zu bezeichnen wäre, vgl. VwGH 19.12.2014, Ro 2014/02/0087), kann einem weiteren Beschuldigten auch nicht eine Beteiligung an einer solchen Tat vorgeworfen werden.

Die gegenständliche Sachverhaltskonstellation lässt zudem nicht zu, den Tatvorwurf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend zu korrigieren – etwa in der Form, dass J. Ö. der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten durch die L. GmbH als Buchmacherin unmittelbar vorgeworfen würde – weil damit die Sache des vorliegenden Strafverfahrens und damit der Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überschritten würde; dem Beschuldigten würde nämlich eine andere Tat als noch vor der belangten Behörde angelastet (vgl. zur Abgrenzung des Auswechselns der Tat von jenem der verletzten Rechtsvorschrift etwa VwGH 23.2.2006, 2003/07/0056). Es kann daher in den Beschwerdeverfahren betreffend J. Ö. dahingestellt bleiben, ob auf Grund der vorliegenden Vertragskonstruktion tatsächlich die L. GmbH Buchmacherin war, zu der Wettkundinnen und Wettkunden vermittelt wurden, oder ob die T. in dieser Rolle Wettverträge abschloss.

3.1.2.  In den angefochtenen Straferkenntnissen hat die belangte Behörde eine Bestrafung für zwei im GTBW-G getrennt behandelte Delikte, nämlich für die Vermittlung und Wetten sowie für die Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden ausgesprochen, sie verhängte für diese beiden Delikte jedoch eine Gesamtstrafe (in Form einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe). Für eine allfällige Vermittlung von Wetten in Form einer Tätigkeit als Totalisateur bietet der vorliegende Sachverhalt jedenfalls keine Anhaltspunkte. Würde jedoch nur dieser Punkt der Straferkenntnisse behoben, bliebe es dem Verwaltungsgericht angesichts der Verhängung einer Gesamtstrafe für beide Delikte durch die belangte Behörde verwehrt, den verbleibenden Rest der Strafe einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zuzuführen (vgl. dazu etwa VwGH 16.12.2016, Ra 2016/02/0201).

3.1.3.  Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs. 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung etc.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat mit der Verfolgungshandlung unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. VwGH, 20.4.2006 2004/15/0030; 26.6.2003, 2002/09/0005). Die Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs. 2 VStG muss sich auf eine konkret bestimmte Verwaltungsübertretung und deren alle der späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen (vgl. VwGH 19.9.1984, 82/03/0112; 19.12.2005, 2001/03/0162). Die Bestrafung des Verdächtigen darf nach Ablauf der Verfolgungsverjährung nur wegen eines Verhaltens erfolgen, auf das sich die innerhalb der Verfolgungsverjährung gesetzte Verfolgungshandlung bezogen hat. Durch die Verfolgungshandlung kann daher auch nur bezüglich dieses Verhaltens die Verfolgungsverjährung ausgeschlossen werden. Insofern ist eine spätere Auswechslung des vorgeworfenen Verhaltens unzulässig (VwGH 17.4.1996, 96/03/0017).

Gegenüber S. F. wurden innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist als Verfolgungshandlung Aufforderungen zur Rechtfertigung zugestellt, in welchen die in den später ergangenen Straferkenntnissen genannten Taten umrissen werden. In diesen Aufforderungen zur Rechtfertigung ist jedoch weder von einem gewerbsmäßigen Vermitteln von Wettkundinnen und Wettkunden, noch von Wetten "aus Anlass sportlicher Veranstaltungen" die Rede. Konkrete Sportereignisse, wie in den späteren Straferkenntnissen genannt, sind dort nicht erwähnt. Zudem fehlt es an einem Sachsubstrat, durch welche konkrete Handlung einer Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden stattgefunden haben soll, es wird im Wesentlichen nur der Gesetzestext (unvollständig) wiedergegeben. Vergleichbar gestaltet sich die Verfolgungssituation in den gegenüber J. Ö. geführten Verwaltungsstrafverfahren.

Das Tatbild der Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden in § 2 Abs. 1 GTBW-G bzw. jenes der Mitwirkung an einer solchen Vermittlung in § 2 Abs. 3 Z 2 GTBW-G ist aber nur bei Erfüllen der Tatbestandselemente der Gewerbsmäßigkeit sowie der Vermittlung von Wetten "aus Anlass sportlicher Veranstaltungen" verwirklicht. Bei den gegenüber den Beschuldigten ergangenen Aufforderungen zur Rechtfertigung, denen ein diesbezüglicher Vorwurf ebenso fehlt wie eine Konkretisierung einer bestimmten Tathandlung schlechthin, handelt es sich insgesamt um keine tauglichen Verfolgungshandlungen. Mangels weiterer Verfolgungshandlungen innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist – die angefochtenen Straferkenntnisse sind außerhalb dieser ergangen – hat die belangte Behörde Bestrafungen für Delikte ausgesprochen, deren Verfolgung zum Zeitpunkt der Bestrafung auf Grund von § 31 Abs. 1 VStG unzulässig war.

Da somit Umstände vorliegen, die eine Verfolgung ausschließen, wären die Strafverfahren auch gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG einzustellen.

3.2.    Die aus der Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren resultierende Behebung der angefochtenen Straferkenntnisse hat sich auf den Ausspruch der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen sowie den gemäß § 64 VStG ausgesprochenen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu erstrecken.

4.       Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigt es sich, auf das übrige Beschwerdevorbringen zur Verfassungs- bzw. Unionsrechtswidrigkeit der anzuwendenden Rechtslage und auf das sonstige Beschwerdevorbringen einzugehen.

5.       Infolge des Obsiegens im Beschwerdeverfahren haben die Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten der Beschwerdeverfahren zu leisten.

6.       Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In den Beschwerdefällen waren im Wesentlichen beweiswürdigende Fragen zu beantworten; das Verwaltungsgericht Wien hat sich dabei im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Grundsätze bewegt (vgl. dazu aus der Judikatur grundsätzlich etwa VwGH 23.2.2016, Ra 2015/20/0161). Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wette; Tatanlastung; Verfolgungshandlung; Verfolgungsverjährung; gewerbsmäßig; sportliche Veranstaltung; keine Bewilligung; erforderliche Gewissheit der Tatbegehung; fehlendes Sachsubstrat; Tatvorwurf; Korrektur; Konkretisierung des Vorwurfs; in dubio

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.002.032.1447.2017

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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