Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde gegen einen den Antrag auf Bauplatzerklärung abweisenden Bescheid des Gemeinderates mangels Instanzenzugserschöpfung (Zulässigkeit einer Vorstellung gemäß §61 Nö GdO 1973); Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes mangels LegitimationSpruch
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin vom 24. April 1996 wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I.1.1. Die Einschreiter begehren einerseits die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin vom 16. Juni 1997, mit dem der Berufung gegen die Abweisung ihres Antrages, ein ihnen gehörendes Grundstück zum Bauplatz zu erklären, keine Folge gegeben wurde.
1.2. Die Einschreiter bringen vor, je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft Punktparzelle .211, inneliegend der EZ 376, KG St. Valentin, Landschach, zu sein. Mit dem von der Niederösterreichischen Landesregierung genehmigten Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin vom 24. April 1996 sei dieses - bisher als Bauland ausgewiesene - Grundstück in Grünland umgewidmet worden.
Der Antrag der Einschreiter, das gegenständliche Grundstück gemäß §11 Abs2 NÖ BauO 1996 zum Bauplatz zu erklären, sei vom Bürgermeister der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin mit der Begründung abgewiesen worden, daß aufgrund des gültigen Flächenwidmungsplanes das gegenständliche Grundstück im Grünland liege und daher keine Bauplatzerklärung erteilt werden könne.
Der Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin vom 16. Juni 1997 keine Folge gegeben.
Die Einschreiter bringen vor, daß der Instanzenzug erschöpft sei, da eine Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates jedenfalls "ein leeres Rechtsmittel" sei, da der zugrundeliegende Flächenwidmungsplan von der Niederösterreichischen Landesregierung aufsichtsbehördlich genehmigt worden sei und diese an ihre Rechtsansicht gebunden sei.
1.3. Die Einschreiter erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) sowie in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt und beantragen die Aufhebung des Bescheides vom 16. Juni 1997.
2. Weiters wird gemäß Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung des Beschlusses des Gemeinderates Grafenbach-St. Valentin vom 24. April 1996 beantragt, mit dem das örtliche Raumordnungsprogramm und der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin geändert wurde.
II.Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß Art144 Abs1 letzter Satz kann eine Beschwerde gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden an den Verfassungsgerichtshof erst dann gerichtet werden, wenn der Instanzenzug erschöpft ist. Im vorliegenden Fall begehren die Einschreiter die Aufhebung eines Bescheides des Gemeinderates, gegen den gemäß §61 NÖ Gemeindeordnung eine Vorstellung an die Aufsichtsbehörde zulässig ist. Der angefochtene Bescheid enthält auch einen Hinweis auf diese Möglichkeit.
Erst nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges kann Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts erhoben werden (vgl. auch VfSlg. 12273/1990).
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
2. Der Antrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates Grafenbach-St. Valentin vom 24. April 1996 war aus folgenden Gründen ebenfalls zurückzuweisen:
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).
Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, daß er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen läßt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Institut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes beim Verfassungsgerichtshof bewirkt (so hinsichtlich der Rechtslage in Oberösterreich etwa die Erkenntnisse VfSlg. 9773/1983, 10004/1984; hinsichtlich der Rechtslage im Land Salzburg etwa die Erkenntnisse
VfSlg. 11317/1987, 12395/1990).
Seit Inkrafttreten der 6. Novelle zur NÖ BauO 1976 (zu deren §12) besteht auch in Niederösterreich das Institut der Bauplatzerklärung, welches - hinsichtlich der Voraussetzungen leicht modifiziert - in die NÖ BauO 1996 (§11) übernommen wurde.
Dem Beschwerdeführer stand also im Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0, ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Grafenbach-St. Valentin an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Daß der Beschwerdeführer diesen Weg mangels Erhebung der Vorstellung gegen den den Antrag auf Bauplatzerklärung abweisenden Bescheid des Gemeinderates (vgl. Punkt II. 1) nicht genützt hat, berechtigt ihn nicht zur Antragstellung gemäß Art139 Abs1 B-VG.
3. Die Beschlüsse konnten in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).
Schlagworte
VfGH / Instanzenzugserschöpfung, VfGH / Individualantrag, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B1925.1997Dokumentnummer
JFT_10028873_97B01925_00