TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/9 LVwG-2018/40/0506-1

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Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 25.01.2018, Zl ****, betreffend ein Vollstreckungsverfahren nach der Tiroler Bauordnung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 27.11.2015, Zl ****, wurde Herrn AA gem § 35 Abs 3 lit a TBO 2011 aufgetragen, bis spätestens 30.04.2016 die ohne baubehördliche Bewilligung errichteten Bauteile zur Errichtung eines Hackschnitzellagers auf Gst **1 KG Y ordnungsgemäß zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand des Bauplatzes wiederherzustellen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 04.12.2015, Zl ****, wurde Herrn AA gem § 39 Abs 1 TBO 2011 die Beseitigung des ohne baubehördliche Bewilligung errichteten landwirtschaftlichen Gebäudes mit den Abmessungen 9,65 m x 5,20 m auf Gst **2 KG Y (westliches des bestehenden Feldstalles) und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Bauplatzes bis spätestens 30.04.2016 aufgetragen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 04.12.2015, Zl ****, wurde Herrn AA gem § 39 Abs 1 TBO 2011 die Beseitigung des ohne baubehördlicher Bewilligung errichteten landwirtschaftlichen Nebengebäudes mit den Abmessungen von ca 19,10 m x 4,30 m auf Gst **1 KG Y (nördlich des bestehenden Feldstalles) und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Bauplatzes bis 30.04.2016 aufgetragen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 30.12.2015, Zl ****, wurde Herrn AA gem § 39 Abs 1 TBO 2011 aufgetragen, die ohne baubehördliche Bewilligung bzw ohne Bauanzeige errichteten L-förmigen Fertigbetonprofile auf Gst **1 KG Y (südlich des bestehenden Feldstalles) bis spätestens 30.04.2016 zu beseitigen.

Mit (rechtskräftiger!) Vollstreckungsverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z vom 03.07.2017, Zl ****, wurde gem § 4 Abs 1 VVG die mit oben angeführten Bescheiden aufgetragene Beseitigung von baulichen Anlagen auf Gst **1 und **2 KG Y, welche trotz Androhung der Ersatzvornahme bis heute nicht durchgeführt worden sei, im Wege der Ersatzvornahme angeordnet. Gem § 4 Abs 2 VVG wurde Herr AA aufgefordert, die für die Beseitigung des Nebengebäudes anfallenden Kosten in der Höhe von Euro 39.403,50 binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf ein näher genanntes Konto zur Einzahlung zu bringen.

Nach wiederholter Mitteilung des Beschwerdeführers, die notwendigen Abbruchsarbeiten durchzuführen, teilte der Bauamtsleiter der Gemeinde Y nach Besichtigung der belangten Behörde schriftlich und mit Lichtbildern dokumentiert am 02.10.2017 mit, dass das westlich des Feldstalles gelegene landwirtschaftliche Gebäude nun als Pferdeunterstand mit Futterraufe verwendet werde sowie dass die west- und nordseitige Betonwand des begonnen Hackschnitzellagers und ein Eisenpfeiler entfernt, aber die restlichen Baulichkeiten nicht beseitigt worden seien.

Am 04.12.2017 erstattete der hochbautechnische Amtssachverständige des Amtes der Tiroler Landesregierung eine schriftliche Stellungnahme. Danach konnte festgestellt werden, dass die nördlichen und westlichen Wandteile des Hackschnitzellagers entfernt worden seien. Verblieben seien die Wandteile für die Mistlege. Das landwirtschaftliche Gebäude westlich des bestehenden Feldstalles mit den Abmessungen 9,65 m x 5,20 m auf Gst **2 KG Y sei mitsamt der dort errichteten Fundamentplatte entfernt worden. Das Gebäude sei allerdings weiter westlich auf demselben Grundstück wieder errichtet worden. Es spiele aus hochbautechnischer Sicht weder eine Rolle, ob die tatsächlich errichtete Anlage mit dem Erdboden verbunden sei, noch ob zu deren Errichtung bautechnische Kenntnis erforderlich seien oder nicht. Vielmehr gehe es darum, dass die fachgerechte Herstellung, in diesem Falle des Pferdeunterstandes bautechnische Kenntnisse erfordere. Es müsse also gewährleistet werden, dass die auf das Bauwerk wirkenden, inneren Einwirkungen wie zum Bespiel das Eigengewicht sowie äußere Einwirkungen wie zum Beispiel Schnee und Windlasten ordnungsgemäß aufgenommen und anschließend in den Boden abgetragen würden. Um die Anforderungen der OIB-Richtlinie 1 zu erfüllen, sei es somit jedenfalls notwendig, die Anlage mit dem Boden zu verbinden bzw im Untergrund zu verankern, um die Einwirkungen, denen das Bauwerk ausgesetzt sei, aufnehmen und in den Boden abtragen zu können. Die gegenständliche bauliche Anlage sei an drei Seiten und somit überwiegend umschlossen und überdeckt, könne von Menschen betreten werden und sei dazu bestimmt, dem Schutz von Tieren – in diesem Fall Pferden – zu dienen. Es sei somit jedenfalls von einem Gebäude zu sprechen. Darüber hinaus gebe schon der Verwendungszweck Pferdestall vor, dass es sich bei diese Anlage nicht um eine mobile Anlage handeln könne, da der Zweck eine Pferdestalles jedenfalls ein stationärer sei und keinesfalls ein Nutzen daraus bestehe, diesen Stall regelmäßig umzustellen. Das landwirtschaftliche Nebengebäude nördlich des bestehenden Feldstalles mit den Abmessungen 19,10 m x 4,30 m auf Gst **1 KG Y bestehe weiterhin. Der L-förmige Fertigbetonsteher auf Gst **1 KG Y bestehe weiterhin.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2017, Zl ****, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens den Betrag von Euro 28.613,11 auf ein näher genanntes Konto zur Einzahlung zu bringen. Es wurde darauf hingewiesen, dass der mit rechtskräftiger Vollstreckungsverfügung vom 03.07.2017 vorgeschriebene Betrag in der Höhe von Euro 39.403,50 um Euro 10.790,39 reduziert worden sei. Sollte er innerhalb der oben angeführten Frist den verfahrensgegenständlichen Beseitigungsaufträgen nachgekommen sein, so werde die Zahlungsverpflichtung gegenstandslos. Sollte der oben angeführte Betrag nicht innerhalb der oben angeführten Frist zur Einzahlung gebracht werden, so werde die Hereinbringung dieser Kosten im Wege einer Zwangsversteigerung vorgenommen werden.

Nach weiteren Fristerstreckungsanträgen seitens des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25.01.2018, Zl ****, der Bescheid (Vollstreckungsverfügung) der Bezirkshauptmannschaft Z vom 03.07.2017, Zl ****, gem § 68 Abs 2 AVG abgeändert und die Ersatzvornahme gem § 4 Abs 1 VVG für die mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 04.12.2015, Zl ****, gem § 39 Abs 1 TBO 2011 angeordnete Beseitigung des ohne baubehördliche Bewilligung errichteten landwirtschaftlichen Nebengebäudes mit den Abmessungen von ca 19,10 m x 4,30 m auf Gst **1 KG Y (nördlich des bestehenden Feldstalles) und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des Bauplatzes bis spätestens 30.04.2016 aufgetragen und 2. die mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 30.12.2015, Zl ****, gem § 39 Abs 1 TBO 2011 aufgetragene, ohne baubehördliche Bewilligung bzw ohne Bauanzeige errichteten L-förmigen Fertigbetonprofile auf Gst **1 KG Y (südlich des bestehenden Feldstalles) bis spätestens 30.04.2016 zu beseitigen. Weiters wurde der Beschwerdeführer gem § 4 Abs 2 VVG aufgefordert, die für die Beseitigung der baulichen Anlagen anfallenden Kosten in der Höhe von Euro 21.111,62 binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides auf ein näher angeführtes Konto zur Einzahlung zu bringen. Begründend wurde dazu im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 03.07.2018, Zl ****, gegen Herrn AA eine Vollstreckungsverfügung zum Abbruch von vier einzeln angeführten Bauwerken erlassen und gleichzeitig dem Verpflichteten aufgetragen worden sei, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von Euro 39.403,50 zu erlegen. Zwischenzeitlich sei der Verpflichtete hinsichtlich des Hackschnitzellagers und des auf Gst **2 befindlichen Gebäudes (Viehunterstand) seiner Verpflichtung zum Abbruch insofern nachgekommen, als im Bereich des Hackschnitzellagers zwei Mauern abgetragen worden seien und der Viehunterstand entfernt und an einer ca 15 m vom ursprünglichen Standort entfernten Stelle wieder errichtet worden sei. Für letzten bestehe zwar nach wie vor keine Baubewilligung, jedoch könne sich der Abbruchbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y nicht auf den neuen Standort des Gebäudes beziehen, zumal dieses nunmehr auch ohne betonierte Bodenplatte errichtet worden sei. Das Objekt des Abbruchbescheides habe sich somit hinsichtlich des Standorts als auch hinsichtlich der Ausführung maßgeblich geändert, sodass vom Abbruch des bescheidgemäß abzubrechenden, ursprünglichen Gebäudes samt Bodenplatte ausgegangen werden müsse. Daraus folge aber, dass sich die Vollstreckungsverfügung nur noch auf die bestehenden, im Spruch angeführten baulichen Anlagen beziehen könne und die für den Abbruch dieser beiden Anlagen errechneten restlichen Kosten in Höhe von Euro 21.111,62 durch den Verpflichteten vorzustrecken sein würden. Gem § 68 Abs 2 AVG könnten Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen sei, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen habe, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechts von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werde. Aus der Vollstreckungsverfügung vom 03.07.2017 sei niemandem ein Recht erwachsen.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass die in dieser Höhe nunmehr festgesetzten restlichen Kosten überhöht seien. Es sei davon auszugehen, dass unmittelbar mit Verwendung des bestehenden Holzlagers eine Beseitigung der errichteten L-förmigen Fertigbetonprofile vorgenommen werde, sodass eine Ersatzvornahme obsolet sei. Das Landesverwaltungsgericht Tirol möge die Vollstreckungsverfügung der Bezirkshauptmannschaft Z in der Form abändern, dass Punkt 2 des Spruches dieser Vollstreckungsverfügung ersatzlos gestrichen werde und die für die Beseitigung der baulichen Anlage anfallenden Kosten mit einem Betrag von Euro 6.998,78 festgelegt würden.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Der verfahrensrelevante Sachverhalt steht nach Ansicht des erkennenden Gerichts aufgrund der Aktenlage fest. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde trotz eindeutigen Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides nicht beantragt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher gem § 24 Abs 2 und Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden.

II.      Rechtslage:

Die maßgebliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG lautet:

§ 68 AVG

„Abänderung und Behebung von Amts wegen

(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

1.       von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

         2.       einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

         3.       tatsächlich undurchführbar ist oder

         4.       an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.

(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.“

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 – VVG lautet:

§ 4

„a) Ersatzvornahme

(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.“

III.     Erwägungen:

Bei der Anordnung der Ersatzvornahme und Vorschreibung eines Kostenvorauszahlungsbetrages handelt es sich nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung um voneinander trennbare Absprüche. Bei der Anordnung der Ersatzvornahme handelt es sich um eine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs 2 VVG. Der Auftrag zur Vorausauszahlung der Kosten selbst stellt hingegen keine Vollstreckungsverfügung dar, bei diesem Auftrag handelt es sich vielmehr um einen verfahrensrechtlichen Bescheid im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens (vgl VwGH 27.04.2017, Zl 2015/07/0037).

Unstrittig ist, dass im gegenständlichen Fall insgesamt vier rechtskräftige Abbruchaufträge des Bürgermeisters der Gemeinde Y vorliegen. Der Beschwerdeführer ist als Eigentümer der Grundstücke und der darauf errichteten baulichen Anlagen diesen Verpflichtungen nicht, nicht fristgerecht bzw nicht vollständig nachgekommen, sodass das gegenständliche Vollstreckungsverfahren zu Recht eingeleitet und mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.07.2017, Zl ****, die Ersatzvornahme der Beseitigung der insgesamt vier baulichen Anlagen angeordnet sowie der Auftrag zur Vorauszahlung der für die Beseitigung sämtlicher Anlagen anfallenden Kosten erteilt wurde. Dieser am 06.07.2017 dem Beschwerdeführer zugestellte und am 04.08.2017 in Rechtskraft erwachsene Bescheid wurde seitens der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gem § 68 Abs 2 AVG abgeändert.

Zu prüfen ist, ob die belangte Behörde zur Abänderung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Z 03.07.2017, Zl **** überhaupt berechtigt und dementsprechend zuständig war.

Die bescheiderlassende Behörde ist – wie auch jede andere – an den Bescheid gebunden, sie darf ihn nicht ändern, das heißt auch nicht aufheben, wiederrufen oder für nichtig erklären, außer sie ist durch eine spezielle gesetzliche Ermächtigung (wie zum Beispiel durch § 68 Abs 2 AVG) ausdrücklich dazu befugt.

Die Identität der Sache ist als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 AVG nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, welcher dem formell rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat (vgl VwGH 26.02.2004, Zl 2004/07/0014).

Die belangte Behörde verkennt daher insofern die Rechtslage hinsichtlich der Anwendung des § 68 Abs 2 AVG, zumal der Beschwerdeführer nach dem 03.07.2017 Veränderungen an den baulichen Anlagen vorgenommen hat. Die belangte Behörde geht selbst im nunmehr angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Hackschnitzellagers und des Pferdeunterstandes seiner Verpflichtung zum Abbruch zumindest teilweise nachgekommen ist. Damit hat sich der maßgebende Sachverhalt zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung am 25.01.2018 gegenüber dem Bescheid vom 03.07.2017 wesentlich geändert.

Dies ist jedoch lediglich in tatsächlicher Hinsicht beachtlich, als sich die tatsächlichen Abbruchkosten dementsprechend reduzieren würden. Diesbezüglich stünde es der Behörde grundsätzlich frei, die Kosten zu reduzieren – wie dies auch mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2017, Zl ****, nachweislich geschehen ist oder aber stünde es ihr frei, die vollen Kosten gegen nachträgliche Verrechnung zu vollstrecken.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass ein Anwendungsfall des § 68 Abs 2 AVG vorliegt. Zutreffend handelt es sich bei der in Rechtskraft erwachsenen Vollstreckungsverfügung vom 03.07.2017, Zl ****, samt Kostenvorauszahlungsauftrag um einen Bescheid, aus dem niemandem ein Recht erwachsen ist. Sinn und Zweck der Bestimmung des § 68 Abs 2 bis 4 AVG ist jedoch die Beseitigung von Fehlern, welche zum Zeitpunkt der Erlassung des abzuändernden Bescheides bereits vorgelegen sind. Diesbezüglich ist aus dem gesamten Verwaltungsakt nicht im Ansatz zu entnehmen, dass der belangten Behörde im Zuge der Erlassung der Vollstreckungsverfügung vom 03.07.2017 bzw den Kostenvorauszahlungsauftrag ein Fehler unterlaufen wäre.

Ein Anwendungsfall des § 68 Abs 2 AVG liegt daher in zweifacher Hinsicht nicht vor. Einerseits ist nicht mehr vom selben Sachverhalt auszugehen und andererseits liegt ein zu korrigierender Fehler der Behörde nicht vor.

Setzt sich die Behörde über die materielle Rechtskraft des Bescheides hinweg und erlässt sie trotz Unwiderrufbarkeit/Unabänderlichkeit und Unwiederholbarkeit in derselben und damit „entschiedenen Sache“ nochmals von Amts wegen eine Entscheidung ohne dazu zum Beispiel gem § 68 Abs 2 AVG ermächtigt zu sein, ist der Bescheid nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH inhaltlich rechtswidrig, aber nicht absolut nichtig (VwGH 11.10.1994, 92/05/0267).

Durch die angefochtene Entscheidung nimmt die Behörde eine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch. Durch den inhaltlich rechtswidrigen Bescheid wird die Partei im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl VfSlg 6930/1972; 10086/1984).

Eine allfällige Unzuständigkeit der belangten Behörde ist vom Landesverwaltungsgericht Tirol von Amts wegen wahrzunehmen und war daher die angefochtene Bescheidung bereits aus diesem Grunde ersatzlos zu beheben, ohne auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers näher einzugehen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

Vollstreckungsverfügung; Kostenvorauszahlungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.40.0506.1

Zuletzt aktualisiert am

06.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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