TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/17 W159 2152822-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W159 2152822-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Absatz 1, 8 Absatz 1, 57 und 10 Absatz 1 Z 3 Asylgesetz 2005 idgF in Verbindung mit §§ 9 BFA-VG, 52 Absatz 2 Z, 52 Absatz 9, 46 und 55 Absatz 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan, gelangte (spätestens) am 23.09.2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 24.09.2015 wurde er von der Polizeiinspektion XXXX einer Erstbefragung nach dem Asylgesetz unterzogen. Dabei wurde als Geburtsdatum der XXXX und als Sprache bzw. Volksgruppe "Dari" protokolliert. Zu den Fluchtgründen gab der Antragsteller an, dass er ein Computergeschäft gehabt habe und an junge Leute Spiele verkauft habe. Die Taliban hätten gefordert, dass er dieses Geschäft zusperre und mit ihnen zusammenarbeite. Er sei dann nach Hause geflüchtet und habe sich versteckt und sei aus Afghanistan geflüchtet. Sein Bruder XXXX habe auch Probleme mit den Taliban gehabt und sei nach Dubai geflüchtet. Bei einer Rückkehr fürchte er, dass ihn die Taliban töten würden.

Der Beschwerdeführer legte eine Vollmacht an den XXXX vor. Am 07.12.2016 wurde er vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion NÖ einvernommen. Er gab an, dass es bei der polizeilichen Erstbefragung Fehler gegeben habe. Zum Beispiel habe er zwölf Jahre lang die Schule besucht und nur zwei Jahre gearbeitet und keine acht Jahre gearbeitet. Er sei weder verheiratet, noch habe er Kinder und sei gesund. Er habe in XXXX , XXXX , zuletzt gemeinsam mit seinem älteren Bruder in der Wohnung seines Onkels mütterlicherseits in Afghanistan gelebt. Die restliche Familie habe sich im Bezirk XXXX , im Dorf XXXX aufgehalten. Seine Eltern, drei Brüder und vier Schwestern würden noch dort leben. Er habe aber seit seinem achten Lebensjahr bei seinem Onkel in XXXX gelebt, weil er dort in die Schule gehen konnte und er in seinem Heimatort diese Möglichkeit nicht gehabt habe. Außerdem der bereits erwähnten Kernfamilie habe er noch drei Tanten mütterlicherseits und fünf Onkel mütterlicherseits, während sein Vater ein Einzelkind gewesen sei. Die Bekannten und Onkel würden teilweise in XXXX und teilweise in XXXX wohnen. Sein Vater habe eine eigene Tischlerei und seine Brüder würden ihm helfen. Sein Onkel in XXXX sei Arzt und die Onkel würden in der Lebensmittelbranche arbeiten. Das Haus in XXXX gehöre der Familie. Sie hätten auch ein Grundstück. Seinen Reisepass habe er bereits vorgelegt. Weiters legte er ein Schuldiplom, eine Tazkira, einen Drohbrief, einen Mietvertrag für das von ihm gemietete Geschäftslokal, sowie Deutschkursbestätigungen und Bestätigungen für ehrenamtliche Arbeit vor.

Er sei Paschtune und Sunnit. Seine Muttersprache sei Paschtu. Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und anschließend zwei Jahre lang in XXXX ein Geschäft geführt, wobei er die Örtlichkeit näher beschrieb. Seine wirtschaftliche Situation sei mittelmäßig gewesen. Er habe sowohl mit seinen Eltern, als auch mit seinem Onkel telefonischen Kontakt, mit seinem Onkel sogar wöchentlich. Er habe erfahren, dass sein Vater von den Taliban mitgenommen worden sei, aber von den Dorfbewohnern befreit worden sei. Für die Kosten der Flucht habe ihn sein Bruder unterstützt. Er sei von Afghanistan in den Iran geflogen. Er habe ein Visum für den Iran besessen und sei dann schlepperunterstützt über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen.

Aufgefordert, die Fluchtgründe zu schildern, gab er an, dass er sein Dorf verlassen habe, weil es dort keine Schule gegeben habe. Er sei nach XXXX gegangen und habe dort die Schule beendet. Anschließend habe er ein Geschäft betrieben und zwar habe er Computerspiele und Musik verkauft. Er habe auch auf USB-Sticks Filme und Musik heruntergeladen. Seit ungefähr November 2013 habe er dieses Geschäft betrieben. Nach sechs Monaten sei er zum ersten Mal telefonisch bedroht worden. Sie hätten ihm gesagt, dass er gegen die Tradition handeln würde und dass er sein Geschäft schließen solle. Außerdem hätten sie gesagt, dass sein Bruder für die Amerikaner arbeiten würde und schon ein paarmal gewarnt worden sei. Zweimal hätten sie ihn telefonisch bedroht und dann hätten sie ihm einen Drohbrief geschickt. Er habe dann Angst gehabt. Im Dezember 2014 sei die amerikanische Firma, wo sein Bruder gearbeitet habe, wieder zurück in die USA gegangen und sein Bruder sei arbeitslos gewesen. Er sei dann gemeinsam mit seinem Bruder an einem Feiertag ins Dorf zurückgefahren. Da seien dann bewaffnete Leute in ihr Haus gekommen. Sein Vater habe die Tür geöffnet, weil er gedacht habe, dass es Nachbarn seien. Sein Bruder und er seien aber sofort geflüchtet und noch in der gleichen Nacht zurück nach XXXX gefahren. Er habe dann mit seiner Mutter telefoniert und diese habe ihm sauer und aggressiv berichtet, dass die bewaffneten Männer seinen Vater mitgenommen hätten, obwohl sie eigentlich die Brüder hätten mitnehmen wollen. Nach ein bis zwei Tagen in XXXX seien sie nach Kabul geflüchtet. Sie hätten dort Pässe beantragt und ein Visum für den Iran, da man ihnen gesagt hätte, dass es länger gedauert hätte, seien sie nach Mazar-e Sharif gefahren. Dort hätten sie innerhalb von drei Tagen ein Visum für den Iran bekommen und seien in den Iran geflogen. Sein Bruder sei noch dort geblieben, sei zu den Amerikanern gegangen, aber nunmehr sei er glaublich in Dubai.

Den Drohbrief habe er am 08.11.2014 erhalten. Der Brief sei einem kleinen Kind mitgegeben worden, dass den Brief in sein Geschäft gebracht habe und gesagt habe, dass zwei Männer ihm diesen Brief übergeben hätten. Darin stehe, dass er zweimal gewarnt worden sei, weil er etwas Falsches getan habe und er das Leben der Jugendlichen kaputtmachen würde. Es stehe auch drinnen, dass sein Bruder bedroht worden sei, weil er für die Amerikaner gearbeitet habe und dass nach islamischem Recht beide festzunehmen und zu verurteilen seien. Sie seien in einem islamischen Land und hätten sich an die Regeln zu halten. Bei den Drohanrufen hätten sie ihn zuerst gefragt, wer er sei und hätten sie sich dann als Mitglieder der Islamischen Partei ausgegeben und hätten ihm gesagt, dass das, was er mache verboten sei und dass er sein Geschäft zusperren solle. Beim zweiten Mal hätten sie ihm dann gesagt, dass er etwas Falsches mache und dass er vom Gericht verurteilt werden sollte. Sie hätten auch erwähnt, dass sein Bruder mit seiner Arbeit bei den Amerikanern aufhören solle und hätten weiters gedroht, dass sie sie beide töten würden, wenn sie ihr Verhalten nicht ändern würden und sie sie antreffen würden. Dann hätte er den Brief bekommen. Den ersten Anruf habe er im April 2014 erhalten. Zwei Monate später sei der zweite Anruf gekommen. Er wisse nicht genau, was sein Bruder für die Amerikaner gemacht habe. Er habe für eine Firma in der Nähe des Flughafens von XXXX gearbeitet. Wie diese Firma genau geheißen habe, wisse er nicht.

Er selbst habe hauptsächlich Musik-CDs verkauft, und zwar sowohl afghanische, als auch ausländische Musik und auch Filme. Im Geschäft habe es auch die Möglichkeit gegeben, Computer zu spielen und habe man auch Spiele herunterladen können auf USB-Sticks und den Kunden mitgeben. Es seien auch Männer gekommen, die Pornofilme haben wollten, das habe aber mehr Geld gekostet. Neben dem Geschäft habe er einen Englischkurs besucht und habe einen Mitarbeiter gehabt, der ihn vertreten habe. Für die Eröffnung des Geschäftes habe ihn sein Bruder finanziell unterstützt.

Der Vorfall in seinem Heimatdorf habe am 25.07.2015 stattgefunden. Er sei mit seinem Bruder gemeinsam zu seinen Eltern gefahren. Nach dem Abendessen um ca. 23:00 Uhr, habe jemand geklopft und angegeben, dass er der Gebietsverantwortliche für das Dorf sei. Sein Vater habe die Tür aufgemacht. Dann seien mehrere bewaffnete Leute hereingekommen und hätten geschrieen: "Festnahme, wenn jemand wegläuft, schießen wir". Er sei dann gemeinsam mit seinem Bruder über den Hinterausgang hinaus und über den Zaun auf das Nachbarhaus gesprungen. So hätten sie bis Jalalabad flüchten können. Als er dann bei den Eltern angerufen habe, habe ihm seine Mutter berichtet, dass sein Vater mitgenommen worden sei. Es seien jedenfalls Taliban gewesen. Wegen dieses Vorfalls sei er nicht bei der Polizei gewesen, denn diese würden nichts machen. Bei einer Rückkehr würde er 100% getötet werden und sein Leben sei in Gefahr. Die Taliban hätten überall in Afghanistan eine starke Macht und würden jede Information bekommen. Erst wenn es dort Sicherheit gebe und er ohne Angst und Probleme dort leben könne, würde er wieder zurückkehren. Wegen seiner Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit habe er keine Probleme gehabt.

In Österreich lebe er in einem Flüchtlingsheim in XXXX . Er werde durch die Grundversorgung unterstützt. In Österreich habe er keine Verwandten. Er besuche zweimal in der Woche einen Deutschkurs und sei ehrenamtlich für die Gemeinde tätig. In seiner Freizeit spiele er Fußball und lerne Deutsch. Er habe auch schon österreichische Bekannte.

Dem Beschwerdeführer wurden Länderfeststellungen vorgehalten.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion NÖ, vom 13.03.2017, Zl. XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürden Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und unter Spruchteil IV. eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen eingeräumt.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und sämtliche Dokumente aufgelistet. Weiters wurden Feststellungen zum Herkunftsstaat getroffen. In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, dass das Vorbringen zu den Fluchtgründen den Erfordernissen für die Glaubhaftmachung nicht entsprechen würde. Es sei beispielsweise befremdlich, dass in dem Drohbrief ausdrücklich die militärische Tätigkeit seines Bruders angesprochen werde, der Beschwerdeführer jedoch überhaupt keine Angaben über diese Tätigkeit habe machen können. Er habe nicht einmal den Namen des angeblichen Arbeitgebers nennen können und keineswegs davon gesprochen, dass sein Bruder eine militärische Tätigkeit ausgeübt hätte. Die Echtheit des vorgelegten Drohbriefes werde stark bezweifelt und in diesem Zusammenhang auf die Fälschungshäufigkeit derartiger Drohbriefe verwiesen. Es sei auch befremdlich, dass er den bewaffneten Männern auf die von ihm geschilderte Art und Weise entkommen habe können. Es sei vielmehr zu vermuten, dass der Beschwerdeführer die Geschehnisse im Zusammenhang mit seiner Ausreise frei erfunden habe und die Gründe im rein privaten Bereich, nämlich in der Verbesserung der Lebenssituation, gelegen sein würden. Rechtlich begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller nicht glaubhaft machen können habe, in seinem Heimatstaat einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Selbst bei Wahrunterstellung sei von einer grundsätzlichen Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates auszugehen und hätte auch eine inländische Fluchtalternative gerade in Kabul bestanden. Auch hätten sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Verfolgungsgefahr, etwa auf Grund der persönlichen Eigenschaften ergeben, weswegen der Asylantrag abzuweisen gewesen sei. Zu Spruchpunkt II. wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass wohl seine Heimatprovinz XXXX unsicher sei, aber dem Antragsteller eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul offen stehe und sei auf Grund der Zugehörigkeit zur Volkgruppe der Paschtunen mit Unterstützungsleistungen durch Clanangehörige zu rechnen. Er habe auch schon zwei Wochen in Kabul verbracht, habe dort einen Pass beantragt und sei daher ortskundig. Kabul sei auch vom Ausland jederzeit per Flugzeug zu erreichen. Aus den Feststellungen zu den persönlichen Eigenschaften könne abgeleitet werden, dass die Lebenssituation des Beschwerdeführers besser sei, als die seiner durchschnittlichen Mitbürger und gehöre er auch nicht zu einer sozialen Risikogruppe. Er habe die Schule mit Matura abgeschlossen und dann Berufserfahrung in einem Geschäft sammeln können. Er sei jung, gesund, gebildet und arbeitsfähig und würde seine Familie zur "Elite des Landes" gehören. Auf Grund des vorhandenen familiären Anschlusses, des tadellosen Gesundheitszustandes, der Arbeitsfähigkeit und der gesammelten Berufserfahrung sei es ihm möglich und zumutbar, seinen Lebensmittelpunkt erneut in Afghanistan zu setzen. Auch sei die allgemeine politische und menschenrechtliche Situation, sowie die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan nicht so, dass er im Falle einer Rückkehr (überall in Afghanistan) einer realen Gefahr der Verletzung der Artikel 2 und 3 EMRK, sowie der Protokolle Nummer 6 und 13 zur Konvention ausgesetzt wäre. Zu Spruchteil III. wurde zunächst ausgeführt, dass keine Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz vorliegen würden und der Antragsteller erst im September 2015 ins Bundesgebiet eingereist sei. Er habe keine Verwandten in Österreich, während sich seine Familie in Afghanistan befinden würde. Er führe daher kein Familienleben in Österreich. In Österreich habe er keine besonderen Bindungen und lebe von der Grundversorgung. Es hätten auch keine Hinweise auf eine besondere Integration festgestellt werden können und sei erst hier in Österreich erst kurz aufhältig. Es sei daher ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht zu erteilen gewesen und diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden gewesen. Wie bereits unter Spruchteil II. dargelegt, ergebe sich im vorliegen Fall keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG. Auch bestünde keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die einer Abschiebung nach Afghanistan entgegenstünde, sodass diese für zulässig zu befinden gewesen sei. Auch Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch den XXXX , innerhalb offener Frist gegen alle Spruchteile Beschwerde. In dieser wurde zunächst (gerafft) das Beschwerdevorbringen wiederholt und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus XXXX stamme, was im Einvernahmeprotokoll als " XXXX " aufgenommen worden sei. Die Situation in der Provinz XXXX verschlechtere sich. Außerdem würde der Antragsteller nach langer Abwesenheit in Afghanistan nicht Fuß fassen können und leide er unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung, weswegen er kaum schlafe. Er habe auch keine Ausbildung und könne sich in Afghanistan den Lebensunterhalt nicht finanzieren. Außerdem sei die Gefahr groß, dass er Opfer eines terroristischen Angriffes werde, insbesondere in Kabul, wobei auszugsweise aus Länderberichten zitiert wurde. Zusammenfassend wurde ausgeführt, dass in Afghanistan weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen herrschen würden und es einen Krieg zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung gebe. Ausdrücklich wurde gefordert, dass durch das BFA nähere Ermittlungen in Bezug auf die Sicherheitslage in Afghanistan hätte vornehmen müssen. Außerdem sei es dem Bundesamt in keiner Weise gelungen, die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin (?) zu widerlegen, fehle den Schlussfolgerungen des Asylamtes (?) jeglicher erkennbarer Begründungswert und beschränke sich die Beweiswürdigung im Wesentlichen auf das Zitieren vorgeformter formelhafter Textbaustein. Das Vorbringen des Beschwerdeführers hingegen entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig und grundsätzlich gründlich substantiiert. Der Beschwerdeführer wünsche sich ausdrücklich eine mündliche Beschwerdeverhandlung, um seine Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen und sich zur Beweiswürdigung zu äußern.

Die Beschwerdeführervertretung legte mit Schriftsatz vom 06.07.2007 eine Stellungnahme einer Vertrauensperson über den Ablauf der Einvernahme beim Bundesamt und die Situation des Beschwerdeführers, sowie ein Deutschzertifikat im Niveau A1 vor und ersuchte um rasche Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine mündliche Beschwerdeverhandlung für den 04.04.2018 an, zu der sich die belangte Behörde wegen Nichtteilnahme entschuldigen ließ und der Beschwerdeführer nicht nur in Begleitung eines Mitarbeiters seiner ausgewiesenen Vertretung, sondern auch von drei Vertrauenspersonen erschien. Der Beschwerdeführervertreter legte ein Deutschzertifikat im Niveau A2, eine Arbeitsbestätigung der Marktgemeinde XXXX , eine weitere Arbeitsbestätigung der Pfarre XXXX , eine Kursbestätigung der XXXX , sowie ein Unterstützungsschreiben der XXXX vor.

Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und wollte korrigieren, dass falsch protokolliert worden sei, wo er der Gefahr einer Drohung ausgesetzt gewesen sei. Er habe sich nämlich in der Provinz XXXX gegenüber der Universität aufgehalten und sei mit einem Fahrrad unterwegs gewesen. Als er ein Getränk konsumiert habe, sei ein Fahrzeug vorbei gefahren, ein Mann habe ihn mit seinem Namen angesprochen und gefragt, ob er tatsächlich so heiße. Daraufhin habe er gefragt, was er von ihm brauche und habe der Mann gesagt, dass er nur so gefragt habe, dann sei er weitergefahren. Dieser Vorfall habe Angst in ihm ausgelöst und sei auch protokolliert worden, dass dieser Mann ihn mit einem Motorrad verfolgt habe. In Wirklichkeit sei dieser mit einem Auto vorgefahren. Über Vorhalt, dass er bisher angegeben habe, aus der Provinz XXXX zu stammen und auch dort bedroht zu werden, aber diese Szene nicht erwähnt zu haben, gab er an, dass die Drohungen im Distrikt XXXX , in der Provinz XXXX begonnen hätten, er jedoch in der Provinz XXXX verfolgt worden sei, weil er dort sein Geschäft betrieben habe.

Er sei afghanischer Staatsbürger, Moslem, Sunnit und Paschtune. Er spreche Paschtu und Dari, seine Muttersprache sei aber Paschtu. Dari habe er lediglich in der Schule gelernt. Weiters könne er Urdu und ein bisschen Deutsch. Er sei am XXXX in der Provinz XXXX , im Distrikt XXXX , geboren. Über Vorhalt, dass in der Erstbefragung das Geburtsdatum XXXX protokolliert wurde, gab er an, dass er damals nicht nach seinem Geburtsdatum gefragt worden sei und dass er seinen Reisepass vorgelegt habe. Es könne auch sein, dass sich der Dolmetscher geirrt habe. Der Beschwerdeführervertreter ergänzte, dass der Dolmetscher Farsi in beiden Befragungen gesprochen habe.

Bis zu seinem achten Lebensjahr habe er in seinem Heimatdorf XXXX im Distrikt XXXX gelebt. Dann sei er mit seinem älteren Bruder zu seinem Onkel mütterlicherseits nach XXXX gezogen. Zu den Festtagen habe er seine Eltern im Heimatdorf besucht. Es sei auch vorgekommen, dass er ein bis zwei Monate sich in seinem Heimatdorf aufgehalten habe, zum Beispiel in Schulferien. Abgesehen davon habe er bis zu seiner Ausreise in XXXX gelebt.

Er habe nach seinem achten Lebensjahr bei seinem Onkel mütterlicherseits gelebt, der ihn finanziell unterstützt habe. Sein älterer Bruder habe dann die zwölfte Schulstufe abgeschlossen und angefangen für die Amerikaner zu arbeiten. Schon während der zwölften Schulstufe habe er mit finanzieller Hilfe seines Bruders ein Geschäft für Videospiele und Filme eröffnet. Sein Vater habe als Tischler im Distrikt XXXX gearbeitet. Seit sechs bis sieben Monaten wisse er nicht mehr, wo sich seine Angehörigen aufhalten würden. Sein Onkel mütterlicherseits habe als Arzt gearbeitet. Sie hätten keine finanziellen Probleme gehabt. Gefragt, ob er sich erklären könne, warum bei der Erstbefragung angeführt worden sei, dass er acht Jahre als Arbeiter gearbeitet habe (AS 3) gab er an, dass dies auch ein Missverständnis gewesen sei und er erklärt habe, dass er ab seinem achten Lebensjahr nach XXXX übersiedelt sei.

Seine Eltern würden noch leben. Er habe fünf Schwestern und drei Brüder. Über Vorhalt, dass bei der Erstbefragung vier Brüder und vier Schwestern angeführt würden, gab er an, dass er sich das nicht erklären könne. Befragt nach der Lage seines Geschäftes beschrieb er dieses und gab an, dass er zwei Räume verbunden habe. Die Lage des Geschäftes sei gut gewesen. Er habe das Geschäft angemietet. Die Ware habe aber ihm gehört. Er habe Videospiele für Erwachsene, Musik und Filme verkauft. Er habe auch Lieder aufgenommen und über USB-Stick zum Verkauf gebracht. Weiters habe er auch Videospiele für Kinder und Jugendliche verkauft. Schließlich habe er auch Pornofilme verkauft. Die Nachfrage sei groß gewesen. Dies sei offiziell in Afghanistan überall verboten. Das Geschäft sei gut gelaufen. Er habe auch einen Mitarbeiter angestellt. Er habe das Geschäft von 07:00 Uhr bis 20:00 Uhr/21:00 Uhr offen gehalten.

Etwa sechs bis sieben Monate habe er das Geschäft ohne Probleme geführt. Dann sei er telefonisch bedroht worden. Genauer könne er das nicht angeben. Das Geschäft habe er im Zeitraum 22. November bis 21. Dezember 2013 eröffnet. Er sei anonym angerufen worden. Das Gespräch habe so angefangen, dass ihm sein Name gesagt worden sei und gefragt worden sei, ob er diese Person sei. Er habe es bejaht. Dann habe der Mann gesagt, dass er zur Hezb-e-Islami gehöre und habe ihn dieser Mann belehrt, dass seine Arbeit gegen den Islam sei, dass dies verboten sei. Er solle sein Geschäft schließen. Im Erstgespräch habe er noch gedacht, dass dieser Mann mit ihm einen Scherz mache. Etwa zwei Monate nach dem ersten Gespräch sei noch ein Anruf gekommen. Er habe ihm gesagt, dass er bereits belehrt worden sei und gefragt, warum er das Geschäft nicht geschlossen habe und gesagt, dass er selbst verantwortlich sei für das, was ihm zustoßen werde. Ein paar Monate später sei ein Drohbrief gekommen. Im Drohbrief sei sein Name gestanden und dass er mehrere Male aufgefordert worden sei, das Geschäft zu schließen und dass auch sein Bruder, der für die Amerikaner arbeite, aufgefordert worden sei, seine Arbeit aufzugeben, dies aber nicht getan habe. Ein Kind habe ihm das Drohschreiben gegeben. Er habe dann mit seinem Bruder über diesen Drohbrief gesprochen und dieser habe ihm mitgeteilt, dass er auch einige Drohanrufe erhalten habe. Dann habe er ihm gesagt, dass er auf sich aufpassen solle und seine Arbeit fortsetzen solle. Er habe diesen Brief bereits bei der Befragung durch das BFA vorgelegt, wobei festgehalten wurde, dass sich im Akt weder der Originalbrief, noch eine Übersetzung befinde. Sein Bruder habe im Stützpunkt der Amerikaner gearbeitet. Er habe über seine Arbeit nichts sagen können, außer dass sie auf dem Stützpunkt am Flughafen von XXXX gewesen sei.

Über Vorhalt, dass er beim BFA angegeben habe, nicht genau zu wissen, was sein Bruder konkret gearbeitet habe (AS 103), in dem Schreiben der Vertrauensperson hingegen stehe, dass er als Tischler gearbeitet habe, gab er an, dass dies nicht stimme. Sein Vater sei Tischler gewesen. Er habe immer dasselbe gesagt. Dies sei ein Missverständnis. Er wisse nicht genau, welche Arbeit sein Bruder gehabt habe. Er habe aber Bestätigungen, dass er für die Amerikaner gearbeitet habe. Diese legte er vor und wurden diese der Dolmetscherin in Kopie zur Übersetzung gegeben und weiters diese Bestätigungen der Verhandlungsschrift angeschlossen.

Befragt, was der konkrete Inhalt des Drohbriefes gewesen sei, gab er an, dass darin sein Name, der Name seines Vaters und die Arbeit, die er verrichtet habe, gestanden sei und dass er der Aufforderung nicht nachgekommen sei und dass sie ihn hinrichten würden, wenn sie ihn erwischen würden. Auch sein Bruder sei erwähnt worden. Die Drohung habe ihnen beiden gegolten. Gefragt, ob er näher ausführen könne, wie er vor dem Erhalt des Drohbriefes verfolgt worden sei, gab er an, dass er an einem Freitag das Geschäft lange offen gehalten habe, weil viele Kunden gekommen wären. Nachdem er das Geschäft geschlossen habe, habe er sein Fahrrad genommen und sei ihm dann ein Auto, das dort geparkt habe, nachgefahren. Als er stehen geblieben sei, sei das Fahrzeug auch stehen geblieben. Das habe ihm eigenartig erschienen. Er sei dann bis zum Haus seines Onkels mütterlicherseits verfolgt worden, als er in die Straße, wo er gewohnt habe, abgebogen sei, sei das Auto weiter gefahren.

Gefragt nach einem weiteren Vorfall führte er aus, nachdem er das Drohschreiben erhalten habe, ein Fahrzeug gegenüber des Universitätsspitals, wo er gestanden sei, vorgefahren sei und sich der Fahrer nach seinem Namen erkundigt habe. Der Fahrer habe auch seinen Arbeitsplatz mit Namen benannt und habe dann verneint, als er gefragt habe, ob es ein Problem gebe. Dann sei der Mann weiter gefahren.

Sieben Tage nach den Festtagen sei er mit seinem Bruder in sein Heimatdorf XXXX gefahren. Dort hätten sie zwei Nächte verbracht. Am zweiten Abend, nach dem Abendessen, ungefähr gegen 23:00 Uhr, sei an die Türe geklopft worden, sein Vater sei hinausgegangen und gefragt, wer da sei. Der Mann habe dann gesagt, dass er der Dorfmullah sei. Sein Vater habe die Tür geöffnet und es seien dann fünf oder sechs Männer hineingestürmt und hätten gebrüllt. Einer habe gesagt, wenn ihr sie erwischt, sofort erschießen. Sie hätten sehr viel Glück gehabt. Die Geschwister und er seien am Dach gewesen. Sie hätten sich in den Sommermonaten oft dort aufgehalten. Sie seien dann von dem Dach auf das Dach des Nachbarn gesprungen und er sei dann gemeinsam mit seinem Bruder nach unten gesprungen. Sie seien so schnell als möglich in Richtung Distrikthauptstadt XXXX gelaufen. Bei der Klinik würden immer zwei Fahrzeuge stehen, die notfalls erkrankte Patienten wegbringen könnten. Mit einem solchen seien sie dann gefahren. Über Vorhalt, dass er beim BFA (AS 103) davon gesprochen habe, dass er über einen Zaun gesprungen wäre, seine Vertrauensperson habe von einer Mauer gesprochen und er nunmehr von einem Dach spreche, wiederholte er, dass er von einem Dach auf das andere gesprungen wäre und eine Mauer das Haus vom Nachbarhaus trenne. Sie hätten dann die Gartentüre geöffnet und wären weitergelaufen. Sein Bruder habe dann angegeben, dass er krank sei und wären sie in die Provinzhauptstadt von XXXX gefahren. Sein Bruder habe den Fahrer gebeten, ausnahmsweise weiter bis XXXX zu fahren, was er dann gemacht habe. Sie seien dann zu ihrem Onkel mütterlicherseits. Sie hätten dann zu Hause angerufen und hätte seine Mutter sehr laut geweint und gesagt, dass sie ihren Vater mitgenommen hätten. Zwei Tage hätten sie in XXXX verbracht. Dann seien sie weiter nach Kabul gefahren, um einen Reisepass zu bekommen. Sie seien auch auf der iranischen Botschaft gewesen, wo ihnen mitgeteilt worden sei, dass die Ausstellung eines Visums sehr viel Zeit beanspruchen würde und hätte man ihnen geraten, nach Mazar-e Sharif zu fahren. Dort würden sie schnell ein Visum bekommen. Das hätten sie dann gemacht und seien sie dann weiter in den Iran und zwar nach XXXX gefahren. Sie hätten sich sechs oder sieben Tage in Kabul in einem Hotel aufgehalten. Dann hätten sie sich drei Tage in Mazar-e Sharif aufgehalten. Sie hätten aber weder in Kabul, noch in Mazar-e Sharif Verwandte oder Freunde. In Kabul sei in der Nacht die Polizei gekommen und hätte gefragt, wer sie seien und von wo sie kommen würden. In Mazar-e Sharif habe es so einen Vorfall nicht gegeben.

Er wisse nicht, wie lange die Taliban seinen Vater festgehalten hätten. Als sie in Mazar-e Sharif angekommen wären, hätten sie zu Hause angerufen und erfahren, dass die Dorfältesten und der Dorfvorsteher bei den Taliban gewesen seien und für seine Freilassung gebürgt hätten. Auch die Angehörigen hätten ihnen gesagt, dass sie das Land einfach verlassen sollten.

Befragt nach dem unmittelbaren Anlass der Ausreise gab er an, dass das Geschäft, das er geführt habe, für die Taliban als anti-islamisch gegolten habe und sei seine Arbeit als Aktivität gegen den Islam gesehen hätten. Die Taliban hätten sich an ihm und seinem Bruder rächen wollen. Sie hätten gesagt, dass sie sie überall finden und töten würden, da sie nicht die Ideologie der Taliban verfolgt hätten.

Er fühle sich krank. Es sei eine Blutuntersuchung gemacht worden. Mit den Ergebnissen sei nach Auskunft des Rechtsvertreters in ca. drei Wochen zu rechnen.

Das letzte Gespräch mit seinen Familienangehörigen habe er vor sechs oder sieben Monaten geführt. Man habe ihm gesagt, dass die Gegner nicht aufgegeben hätten und dass sie alle paar Wochen auftauchen würden. Auch seine jüngeren Brüder, die nunmehr älter geworden seien, hätten Angst. Seit ca. sechs bis sieben Monate habe er keinen Kontakt mehr zu seinen Familienangehörigen. Er sei nicht angerufen worden. Er wisse nicht, was mit ihnen geschehen sei. Er habe aber mit seinem Onkel gesprochen. Dieser habe auch nichts über seine Familie in Erfahrung bringen können. Er habe ihm nur gesagt, dass er nicht zurückkehren solle und dass er nicht mehr bei ihm wohnen könne. Denn er habe auch selbst Angst.

Der Onkel gehe aber nach wie vor seiner Arbeit nach und gehe es ihm gesundheitlich gut.

Gefragt, was er derzeit in Österreich mache, gab er an, dass er seit drei Jahren in Österreich lebe. Er sei ca. zwei Jahre in XXXX gewesen und habe dort zweimal in der Woche Deutschunterricht erhalten. Die heute anwesende Vertrauensperson Frau XXXX habe ihn unterrichtet. Nunmehr habe er in XXXX eine Schule gefunden, die er täglich von 09:00 Uhr bis 15:00 Uhr besuche und zwar sei dies ein Kurs für den Pflichtschulabschluss. Er habe weder in Afghanistan, noch in Österreich in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft gelebt. Sprachdiplome A1 und A2 habe er bereits erworben und beginne er in einigen Tagen mit dem B1-Kurs. Er habe in der Gemeinde XXXX schon ehrenamtliche Tätigkeiten verrichtet. Bei Vereinen oder Institutionen sei er allerdings nicht Mitglied. Er spiele oft Fußball und habe viele österreichische Freunde.

Gefragt, was mit ihm geschehen würde, wenn er nach Afghanistan zurückkehren würde, gab er an, dass es ungewiss sei, was mit ihm im Falle der Abschiebung geschehe. Die Leute hätten Rache geschworen. Seit sechs oder sieben Monaten wisse er nichts mehr über seine Angehörigen, aber diese Leute würden ihn nach wie vor verfolgen. Gefragt, ob er sich nicht etwa in Kabul oder Mazar-e Sharif niederlassen könne, wo er sich schon aufgehalten habe, gab er an, dass er dort nur sehr kurz gewesen sei und es auch dort ungewiss sei, was ihm passieren würde. Er habe auch dort niemanden, der ihn unterstützen könne. Er habe auch keine Ausbildung, um dort irgendwie überleben zu können. Er sei auf sich alleine gestellt. Er könne nicht einfach sein altes Leben weiterführen.

Der Rechtsvertreter fragte, ob die Taliban die Möglichkeit hätten, ihn in einer Großstadt zu finden; daraufhin antwortete er, dass die Taliban sehr viele Möglichkeiten besäßen und sogar uniformierte Personen im Staatsdienst seien für sie tätig. Über kurz oder lang würden sie ihn finden. Auch Distrikte oder Gegenden, die bisher sicher gegolten hätten, seien von den Taliban überfallen worden. Die Rache der Taliban gelte solange er am Leben sei.

Am Schluss der Verhandlung wurden den Verfahrensparteien folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist von drei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt:

o) Aktuelles Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan (auszugsweise)

o) Bericht über afghanische Netzwerke von EASO vom Jänner 2018, deutsche Arbeitsübersetzung

Innerhalb gleicher Frist könnten auch noch weitere Dokumente (zum Beispiel medizinische Befunde oder Integrationsunterlagen vorgelegt werden). Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, in dem keine Verurteilung aufscheint.

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung nicht Gebrauch, es wurden lediglich Kopien medizinischer Befunde vorgelegt. Daraus ergibt sich ein altersentsprechender unauffälliger Befund an den Thoraxorganen, eine Vergrößerung der Milz bei sonst unauffälligem Befund und eine Hausstaubmilbenallergie, sowie Kopfschmerzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist Moslem/Sunnit. Er wurde am XXXX im Distrikt XXXX in der Provinz XXXX geboren. Bis zum achten Lebensjahr lebte er in seinem Heimatdorf XXXX , anschließend bei seinem Onkel in XXXX ( XXXX ), wo er die Schule mit der zwölften Schulstufe abschloss und in der Folge ein Geschäft für Videospiele, Musik- und Filmaufnahmen betrieb. Zu seinen Fluchtgründen könne mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden.

Sein Onkel, der Arzt ist, lebt nach wie vor in Jalalabad. Mit seinem Vater, der eine Tischlerwerkstätte im Heimatort betrieb, mit einem eigenen Haus und Grundstück, hat er behauptetermaßen seit einigen Monaten keinen Kontakt mehr. Er hat auch außer seinen Eltern und mehreren Brüdern und Schwestern, die im Heimatdorf leben. Der Beschwerdeführer hatte in Afghanistan keine wirtschaftlichen Probleme. Es können keine schwerwiegenden psychischen oder organischen Erkrankungen festgestellt werden.

Vor der Ausreise hat sich der Beschwerdeführer kurz in Kabul und Mazar-e Sharif aufgehalten. Der Beschwerdeführer ist legal in den Iran ausgereist und gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle am 23.09.2015 nach Österreich, wo er sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer ist ledig und führt in Österreich kein Familienleben. Er hat in Österreich bereits mehrere Deutschkurse besucht und ein Zertifikat im Niveau A2 erworben. Weiters hat er für die Gemeinde XXXX im Bezirk Mistelbach mehrfach Freiwilligenarbeit geleistet, ebenso für die Pfarre Maria Schutz in Großenzersdorf. Er ist wohl bei keinen Vereinen oder Institutionen Mitglied, hat aber schon mehrere österreichische Freunde, die ihn auch durch die Anwesenheit in der Verhandlung bzw. Empfehlungsschreiben unterstützt haben. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Zu Afghanistan wird folgendes verfahrensbezogen festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

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The Guardian (24.1.2018)

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

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The Guardian (22.1.2018)

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).

Quellen:

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Asia Pacific (30.1.2018): Taliban and IS create perfect storm of bloodshed in Kabul,

https://www.channelnewsasia.com/news/asiapacific/taliban-and-is-create-perfect-storm-of-bloodshed-in-kabul-9909494, Zugriff 30.1.2018

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BBC (29.1.2018): Kabul military base hit by explosions and gunfire, http://www.bbc.com/news/world-asia-42855374, Zugriff 29.1.2018

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BBC (24.1.2018): Save the Children offices attacked in Jalalabad, Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-42800271, Zugriff 29.1.2018

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BBC (21.1.2018): Kabul: Afghan forces end Intercontinental Hotel siege, http://www.bbc.com/news/world-asia-42763517, Zugriff 29.1.2018

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DW - Deutsche Welle (21.1.2018): Taliban militants claim responsibility for attack on Kabul hotel, http://www.dw.com/en/taliban-militants-claim-responsibility-for-attack-on-kabul-hotel/a-42238097, Zugriff 29.1.2018

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NYT - The New York Times (28.1.2018): Attack Near Kabul Military Academy Kills 11 Afghan Soldiers, https://www.nytimes.com/2018/01/28/world/asia/kabul-attack-afghanistan.html, Zugriff 29.1.2018

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NYT - The New York Times (21.1.2018): Siege at Kabul Hotel Caps a Violent 24 Hours in Afghanistan,

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Reuters (28.1.2018): Shock gives way to despair in Kabul after ambulance bomb,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast/shock-gives-way-to-despair-in-kabul-after-ambulance-bomb-idUSKBN1FG086, Zugriff 29.1.2018

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Reuters (24.1.2018): Islamic State claims attack on Jalalabad in Afghanistan,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-claim/islamic-state-claims-attack-on-jalalabad-in-afghanistan-idUSKBN1FD1HC, Zugriff 29.1.2018

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Reuters (20.1.2018): Heavy casualties after overnight battle at Kabul hotel,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-attacks/heavy-casualties-after-overnight-battle-at-kabul-hotel-idUSKBN1F90W9, Zugriff 29.1.2018

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The Guardian (29.1.2018): Afghanistan: gunmen attack army post at Kabul military academy,

https://www.theguardian.com/world/2018/jan/29/explosions-kabul-military-academy-afghanistan, Zugriff 29.1.2018

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The Guardian (28.1.2018): 'We have no security': Kabul reels from deadly ambulance bombing,

https://www.theguardian.com/world/2018/jan/28/afghanistan-kabul-reels-bomb-attack-ambulance, Zugriff 29.1.2018

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The Guardian (27.1.2018): Kabul: bomb hidden in ambulance kills dozens,

https://www.theguardian.com/world/2018/jan/27/scores-of-people-wounded-and-several-killed-in-kabul-blast, Zugriff 29.1.2018

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The Guardian (24.1.2018): Isis claims attack on Save the Children office in Afghanistan,

https://www.theguardian.com/world/2018/jan/24/explosion-attack-save-the-children-office-jalalabad-afghanistan, Zugriff 29.1.2018

KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).

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(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)

Zivilist/innen

Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).

Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).

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(UNAMA 10.2017)

High-profile Angriffe:

Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)

Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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