TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/22 W257 2146953-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2018
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Entscheidungsdatum

22.05.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W257 2146953-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland vom 02.01.2017, Zl.:

1073511205-150670755, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 02.05.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer, stellte am 13.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Bei der Erstbefragung vor der Polizei am 15.06.2015 brachte er vor, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre, Dari spreche, keine Schuldbildung zu haben, zuletzt Schneider gewesen sei, und aus der Provinz XXXX stamme. Zu seiner Kernfamilie zählt einen Vater, zu dem er seit vier Jahren keinen Kontakt hätte, eine Mutter einen 6 Jahre alten Bruder und zwei Schwestern. Er selbst sei in Pakistan geboren und aufgewachsen und hätte zuletzt ca. vier Jahre im Iran gelebt. Zu den Fluchtgründen befragt brachte er vor, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre und diese in Pakistan verfolgten und getötet werden würden. Sie seien in den Iran geflüchtet, wo sie allerdings sehr schlecht behandelt worden sein. Sie hätten dort keine Rechte gehabt.

1.3. Befragt was er befürchte, wenn er wieder in sein Dorf zurückkehren müsse, brachte er vor das er Angst um sein Leben habe.

1.4. Am 19.06.2015 wurde er von der Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, einvernommen (erste Einvernahme). Eingangs brachte vor, dass er volljährig sei und dass er hinsichtlich seines bisher Geburtsdatums nicht die Wahrheit gesagt habe. Tatsächlich sei er volljährig. In Afghanistan hätten sie Grundstücke besessen, welche ihnen allerdings weggenommen worden seien. Die Familie sei zu diesem Zeitpunkt nach Pakistan geflohen, wo sie sich ca. sieben Jahre aufhielten. In Pakistan sei es Ihnen allerdings sehr schlecht gegangen weswegen der Vater nach Afghanistan zurückgekehrt sei. In weiterer Folge sei der Vater verschollen worden. Er wisse nicht, nicht wo er es sich befindet. Aus diesem Grunde sei er vom Pakistan über den Iran nach Österreich geflüchtet. Er sei der Einzige welche die Familie unterstützen könne.

1.5. Mit E-Mail vom 13.07.2016 brachte die Rechtsvertreterin, die Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH vor, dass der Beschwerdeführer nicht wie bisher angenommen aus Pakistan stamme, sondern aus Afghanistan.

1.6. Am 07.09.2016 wurde er von der Behörde nochmals einvernommen (zweite Einvernahme) In dieser Einvernahme wurden zwei Niederschriften angefertigt. Zum einen wurde das die genaue Nationale erfasst und zum anderen wurde die Einvernahme bezüglich seinen Fluchtgründe nochmals vorgenommen.

1.7. Der Beschwerdeführer brachte diesmal vor, dass er nie in Afghanistan gelebt zu haben. Er sei in Pakistan, in der Stadt XXXX , aufgewachsen. Er sei allerdings afghanischer Staatsbürger. Seine Eltern seien in Afghanistan aufgewachsen und wären aufgrund des Krieges in den Pakistan geflüchtet. Den genauen Grund könne er nicht mehr angeben. Der Vater sei zwei bis dreimal in Pakistan überfallen worden. Der letzte Überfall wäre gewesen, als er acht oder neun Jahre alt gewesen wäre. In Pakistan würden die Volksgruppe der Hazaras von unbekannten Personen wahllos erschossen. Der Vater wäre Hilfsarbeiter in einem Bergbaubetrieb gewesen. Ein paar Jahre nachdem sein Vater das letzte Mal überfallen worden wäre, sei sein Vater in den Iran geflüchtet. Als sein Vater verschwand hätte seine Mutter durch Arbeiten die Familie gestützt. Die Angaben, die er bei der ersten Einvernahme am 19.06.2015 (sh obigen Punkt) tätigte, nämlich, dass sie ein Grundstück in Afghanistan gehabt hätten und von dort mit der Familie nach Pakistan geflohen wären, dort ein Jahr gelebt hätten, seien falsch protokolliert worden, wobei er sich nicht erklären könne, warum dies vorgenommen wurde.

1.8. Am 13.09.2016 stellte die Behörde an die Staatendokumentation eine Anfrage. Die Staatendokumentation möge folgendes erheben (hier zusammengefasst dargestellt):

-

Kann erhoben werden ob Asylwerber tatsächlich in Iran gelebt hat (die genaue Adresse wurde mitgesandt), gibt es Informationen von seiner Mutter oder der Familie?

-

Falls die Familie im Iran lebte, kann festgehalten werden unter welchem Aufenthaltstitel der Asylwerber im Iran gelebt hat?

-

Kann erhoben werden wann und aus welchem Grund die Familie Afghanistan verließ und wo sie der Vater des Asylwerbers auffällt?

-

Welche Familienangehörigen halten sich noch in Afghanistan auf und wovon leben diese dort?

1.9. Die Staatendokumentation übersandte der Behörde am 30.10.2018 einem Bericht. Aus diesen ist auszugsweise zu entnehmen (AS 79, OZ 1):

Die seitens des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl genannte Adresse im Iran gibt tatsächlich. Die Erhebungen an der angeführten Adresse führten allerdings dazu, dass die Wohnung verlassen zu sein schien. Laut Auskunftspersonen in der Nachbarschaft, deren ein Lichtbild des Antragstellers gezeigt wurde, konnten diese den Antragsteller wiedererkennen. Laut deren Aussagen hätte der Antragsteller mit fünf oder sechs Geschwistern an der genannten Adresse gelebt und sei Schneiderlehrling gewesen. Angeblich sei die Familie nach Australien gezogen.

1.10. Der Beschwerdeführer wurde wegen des Ermittlungsergebnisses der Staatendokumentation für den 01.12.2016 nochmals vor der Behörde vorgeladen (dritte Einvernahme). Er bestätigte nochmals sein bisheriges Vorbringen. Darin brachte er vor, dass er vor ca 3 oder 4 Monaten mit seiner Familie, welche sich dazumal noch im Iran befand, Kontakt gehabt hätte. Ihm wurde das Gutachten der Staatendokumentation vorgehalten, zu dem er angab, dass es nicht stimmen kann, weil er nur drei Geschwister hätte und er sich seine Mutter und Geschwister Sorgen machen würde.

1.11. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit oben genanntem Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 02.01.2018 (Spruchpunkt III.). Die Behörde begründet dies damit, dass sich der Antragsteller im Iran befunden hat und hinsichtlich des Herkunftsstaates Afghanistan keine asylrelevante kommt vorgebracht wurde. Die Behörde ging jedoch davon aus dass im Falle einer Rückführung eine Verletzung von Art. 3 EMRK wahrscheinlich sei, weswegen ihm subsidiärer Schutz bis zum 02.01.2018 zugestanden wurde.

1.12. Mit Eingabe vom 30.01.2017 wurde gegen Spruchpunkt I des Bescheides Beschwerde erhoben und im Grunde eine mangelnde Ermittlungstätigkeit, eine unrichtige Beweiswürdigung und davon abgeleitet eine falsche rechtliche Beurteilung aufgezeigt.

1.13. Der Verwaltungsakt langte Bundesveraltungsgericht am 08.02.2017 ein.

1.14. Am 26.01.2018 langte eine gekürzte Urteilsausfertigung des LG für Strafsachen Wien vom 05.01.2018, Zl. 143 Hv 110/17 w, beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach der Beschwerdeführer am 14.11.2017 in Wien Suchtgift erworben besessen und verkauft hat. Er wurde wegen der Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz zu drei Monaten Freiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

1.15. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018 wurde dem Beschwerdeführer der subsidiäre Schutz von Amts wegen aberkannt. Gegen diesen Bescheid wurde ebenso Beschwerde erhoben, welche unter Verfahrenszahl W257 2146953-2 behandelt wird.

1.16. Die Verfahrensparteien, der Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wurden am 27.03.2018 unter Anschluss der unter Punkt 3.4 angeführten Länderfeststellungen zu einer mündlichen Verhandlung am 02.05.2018 geladen.

1.17. Mit Eingabe vom 20.04.2018, legte die Rechtsvertretung, die Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH, die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zurück, nachdem sich der Beschwerdeführer trotz Fristsetzung bis zum 26.04.2018 bei der Rechtsvertretung nicht gemeldet habe. Die Ladung vom 02.05.2018 hätte die Rechtsvertretung dem Beschwerdeführer weitergeleitet. Das Verwaltungsgericht nahm Einsicht in das zentrale Melderegister, wonach der Beschwerdeführer seit dem 02.12.2017 in 1030 Wien, in der Holweggasse 35/1+5 wohnhaft ist.

1.18. Am 02.05.2018 erschien der Beschwerdeführer nicht vor dem Gericht. Die Ladung wurde dem Rechtsvertreter ordnungsgemäß zugestellt. Der Beschwerdeführer kam seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nach. Die Behörde wurde durch zwei Organwalter bei der mündlichen Verhandlung vertreten.

1.19. Die Behörde brachte unter Hinweis auf eine mitgebrachte Sozialversicherungsauskunft vor, dass der Beschwerdeführer vom 17.09.2017 bis zum 20.03.2018 als Arbeiter in XXXX beschäftigt war. Zudem wies die Behörde auf die mittlerweile geänderte Rechtsprechung hin, wonach mittlerweile auch Angehörige der Hazaras ohne sozialen Anknüpfungspunkte in Kabul rückgeführt werden können und verwies zudem auf die Unterstützungsmöglichkeiten der Rückführenden.

1.20. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland vom 26.02.2018, Zl.:

1073511205-171420340, wurde dem Beschwerdeführer der subsidiäre Schutz von Amts wegen aberkannt. Dagegen wurde Beschwerde erhoben, welche unter der Verfahrenszahl W257 2146953-2 einer Entscheidung zugeführt wird.

1.21. Zum Beweis wurde erhoben: (i) Der Verwaltungsakt zu W257 2146953-2, die darin angeführte Beschwerde des Beschwerdeführers, (ii) den gegenständlichen Verwaltungsakt, die darin befindliche Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

2.1. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest!

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Im Alter von 8 oder 9 Jahren (2005 bzw 2006) hat der Vater, welcher in Pakistan Hilfsarbeiter war, die Familie verlassen und siedelte sich im Iran an.

Die Familie verzog im Jahr 2010 auch in den Iran. Der Beschwerdeführer war dort Schneiderlehrling und wuchs dort weiterhin bei seiner Mutter und bei seinem jüngeren Bruder und seinen beiden Schwestern auf. Die letzte Adresse ist in Teheran, XXXX . Die Familie befand sich an dieser Adresse zumindest ein Monat.

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 13.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer verfügt über mehrjährige Berufserfahrung. Im Iran war er Schneiderlehrling und in Österreich arbeite er 7 Monate als Arbeiter und war bei dem " XXXX <anonym>XXXX</anonym></person> " beschäftigt.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Der Aufenthalt seiner Familie kann nicht festgestellt werden, sie befinden sich jedenfalls nicht mehr an der oben angeführten Adresse im Iran, wovon er die Ausreise nach Europa angetreten ist.

In Afghanistan leben keine Verwandten mehr von ihm. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari, er spricht noch Urdu und Deutsch.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wegen des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz (sh dazu Punkt 1.14) verurteilt.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer verließ ca. im April 2015 den letzten Wohnort in Teheran. Dort lebte er vier Jahre und war Schneiderlehrling. Zuvor lebte er mit seiner Familie in Pakistan. Sein Vater hat die Familie ca. im Jahr 2005/2006 verlassen. Er befand sich nie in Afghanistan und hat dort keine Verwandten. Er verließ den Iran, wo er keine Aufenthaltsgenehmigung hatte, weil er Angst hatte nach Afghanistan abgeschoben zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer systematischen Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, dh. wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, insbesondere derer er angehört, der Volksgruppe der Hazaras, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt war oder ihm in Falle einer Rückkehr ihm derartiges droht.

2.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

2.4.1. Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan, insbesondere in Kabul:

2.4.1.1. Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, aktualisiert mit der letzten Kurzinformation vom 30.01.2018" Angriffe in Kabul; Seite 6

"Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

(Grafik)

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

(Grafik)

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018)."

2.4.1.2. Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, aktualisiert mit der letzten Kurzinformation vom 30.01.2018"; Sicherheitslage, Seite 44

"Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017). [...]

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

Haqqani-Netzwerk

Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).

Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).

Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).

Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).

Al-Qaida

Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).

Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).

Drogenanbau und Gegenmaßnahmen [....]

Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017). [...]

Quellen: [...]

2.4.1.3. Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, aktualisiert mit der letzten Kurzinformation vom 30.01.2018"; Sicherheitslage in Kabul

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

...Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017). Quellen:[...]"

2.4.2. Zu den Hazara; Auszug aus dem Länderinformationsblatt, Punkt

16.1

"Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).

Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vgl. auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vgl. auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Ausführliche Informationen zu den Hazara, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden."

Zu diesen Feststellungen gelangt das Gericht aufgrund folgender

3. Beweiswürdigung

3.1. Der Sachverhalt steht fest

Der Beschwerdeführer beantragte in der Beschwerde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Diese wurde vorgenommen, der Beschwerdeführer wurde zu dem Termin rechtzeitig und nachweislich geladen. Trotzdem erschien der Beschwerdeführer nicht zu dem Termin.

Für das Gericht steht auch ohne diese Verhandlung der Sachverhalt fest. Dies ergibt sich aus den drei von der Behörde vorgenommenen Einvernahmen, der örtlichen Erhebung an der letzten Wohnadresse des Beschwerdeführers und aus den Vorbringen in seiner Beschwerde.

3.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zum Namen des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor dem BFA und der Beschwerde.

Hinsichtlich seines Geburtsdatums führte der Beschwerdeführer in der ersten Einvernahme am 19.06.2015 vor der Behörde dar, dass er nicht minderjährig sei, wie er ursprünglich vor der Polizei angegeben hatte, sondern dass er 20 Jahre alt sei. Die Behörde ging daher von dem fiktiven Geburtsdatum XXXX aus.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsort, seinen Aufenthaltsorten, seinem beruflichen Werdegang, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen, seinen sozialen und familiären Anknüpfungspunkten in Pakistan und im Iran, der wirtschaftlichen Situation seiner Familie, seinen Lebensumständen, seiner Einreise nach Österreich waren durchwegs von Widersprüchen getragen. So brachte er bei der ersten Einvernahme am 19.06.2915 vor, dass die Familie in Afghanistan, in der Provinz XXXX , ein Grundstück besessen habe, der Familie alles weggenommen worden sei und sie daraufhin nach Pakistan flüchteten. Dort seien sie ein Jahr verblieben und als es dort "zu gefährlich wurde" (sh Seite 29 on OZ1) sei er nach Europa geflüchtet. Er gab kein Wort davon an, dass er in Teheran gewohnt habe, dies später eine Erhebung vor Ort klar unter Beweis stellte (sh dazu Punkt 1.9). Bei der zweiten Einvernahme am 07.09.2016 durch die Behörde brachte er vor, dass er in Pakistan in XXXX geboren und aufgewachsen sei. Die dortige Sprache würde er nicht sprechen können. Er hätte sich nur ein wenig Urdu angeeignet, weil es in seiner Unterkunft in Österreich pakistanische Staatsbürger gebe. Sonst würde er kein Urdu sprechen. Später in der Einvernahme konnte er die Zahlenreichenfolge in Urdu aufsagen. Paschtu, dies in XXXX ebenso gesprochen wird (sh https://de.wikipedia.org/wiki/Pakistan (Zugriff: 17.05.2018), könne er auch nicht sprechen. Dies mindert insgesamt seine Glaubwürdigkeit.

Insofern kann von keinem stringenten Lebenslauf ausgegangen werden. Die getroffenen Feststellungen gründen sich somit letztlich auf seine Angaben bzw. auf den Erhebungen vor Ort durch die Staatendokumentation.

Der Beschwerdeführer gab am 01.12.2016 vor der Behörde an, dass er vor ca drei bis vier Monaten mit seiner Familie das letzte Mal Kontakt hatte. Dies wäre somit ca September bzw Oktober 2016 gewesen. Die Erhebungen an der letzten Wohnadresse in Teheran (sh OZ 79 in OZ1) ergaben, dass sich die Familie sich "mindestens 1 Monat" dort befand. Zum Zeitpunkt der Erhebung, ca im September 2016 stand die Wohnung leer. Die Nachbarn gaben an, dass die Familie nach Australien verzogen seien.

Es kann somit festgehalten werden, dass laut seinen Schilderungen die Familie ohne den Vater, weil sich dieser bereits im Iran befand, im Jahr 2010 von Pakistan nach Teheran verzog. An der Adresse "Teheran, XXXX ", lebte die Familie zuletzt mindestens ein Monat.

Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer abgesehen von Schlafstörungen (sh AS 97, OZ19) gesund ist und an keinen relevanten medizinischen Beschwerden leidet, konnte aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich insbesondere daraus, dass er in Österreich vom 17.09.2017 bis zum 20.03.2018 als Arbeiter beschäftigt war.

Die Feststellung zur Bescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister und aus dem, dem Gericht vorgelegt Urteil.

3.3. Zu den Feststellungen hinsichtlich seiner Fluchtvorbringen

Der Beschwerdeführer brachte zusammengefasst vor:

-

dass sein Vater in Pakistan mehrmals geschlagen und einmal am Rücken angeschossen worden sei (AS 61, OZ 1),

-

die Hazaras, denen er angehöre, überall gefährdet seien (AS 31, OZ1),

-

dass in Pakistan alle Hazaras geschlagen und getötet werden (AS 61, OZ 1),

-

dass er als Hazara im Falle der Rückkehr nach Afghanistan gefährdet sein würde (AS 31, OZ 1).

Der Beschwerdeführer war jedoch insofern nicht glaubhaft, weil er bei den Einvernahmen zu unterschiedlichen Tagen zwei unterschiedliche Darstellungen vorbrachte:

1. In der Einvernahme am 19.06.2015 brachte er vor:

"A: Die wichtigen Sachen haben Sie mich nicht gefragt: Nachgefragt nahmen in meiner Heimat, in der Provinz XXXX uns unsere Grundstück weg und wir mussten flüchten aus Afghanistan, wir flüchteten mit meiner Familie nach Pakistan. Wir bleiben 1 Jahr in XXXX und als es auch dort gefährlich wurde für uns musste ich flüchten und jetzt bin ich hier. Da es uns finanziell sehr schlecht ging, fuhr mein Vater nach Afghanistan zurück um Geld zu verdienen und uns zu unterstützen, aber er ist spurlos verschwunden und seit vier Jahren wissen wir nicht ob er noch lebt. Dann bin ich von XXXX nach Iran, dann in die Türkei, dann nach Griechenland und dann nach Österreich."

2. In der Einvernahme am 07.09.2016 brachte er vor:

"Ich wuchs in Pakistan auf und war noch nie in Afghanistan....Ich wurde in XXXX geboren und lebte die ganze Zeit dort....Die letzten vier Jahre vor meiner Einreise nach Österreich lebte ich in Teheran.

A. Ich kam nach Österreich, weil mein Leben in Pakistan in Gefahr war. Im Iran war ich illegal. Ich durfte im Iran keine Schule besuchen und auch nicht offiziell arbeiten. Die Afghanen im Iran werden nach Afghanistan zurückgeschickt. Im Iran gibt es keine Sicherheit..."

Er konnte keine Gründe vorbringen, warum die Eltern dazumal von Afghanistan nach Pakistan verzogen.

Dass die Hazaras bzw die Afghanen generell in Pakistan oder im Iran Diskriminierungen ausgesetzt sind, ist für das Gericht aufgrund notorischen Amtswissen durchwegs glaubhaft.

3.4. Zu den Feststellungen hinsichtlich der Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist ausz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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